MedienScreen # 86 [Sachsen-Anhalt – Blood, Sweat and Tears?]

[Fundstück] Reinhard Bingener, “Sachsen-Anhalt – Zehn Gründe, warum die AfD durch die Decke schießt“, FAZ Online, 1. März 2016 –

(…) Wer durch das Land fährt, beobachtet gleichwohl eine Unzufriedenheit, die zur Lebenshaltung geworden ist. Wenn die Aufnahmegeräte ausgeschaltet sind, beklagen sich Landespolitiker, dass der Wähler in Sachsen-Anhalt ziemlich oft ein verdrießlich schauendes, schnoddriges, mürrisch-mauliges Wesen ist. Im “Glücksatlas“ belegt Sachsen-Anhalt in der Tat regelmäßig einen der hintersten Plätze (…)

(…) Kommunalwahlen in dem Bundesland werden regelmäßig als Feste des Desinteresses begangen. Mit dem Fernbleiben von der Wahl wollen viele Nichtwähler ihre Verachtung für das politische System dokumentieren – ein politisches System, das zig Milliarden Euro für die Sanierung der Städte ausgegeben hat und viele weitere Milliarden für den Bau der Straßen, auf denen sie tagtäglich fahren. Ohne das Geld aus Westdeutschland würden auch die Nichtwähler noch heute durch verrottete Innenstädte laufen. Man kann lange darüber grübeln, worauf ein solcher Mangel an Einsicht über den Grund für den eigenen Lebensstandard beruht. Man kann die Sache aber auch einfach moralisch betrachten: als Undankbarkeit (…)

Mit mehr als achtzig Prozent Konfessionslosen ist Sachsen-Anhalt das Bundesland, in dem die Entchristlichung am weitesten vorangeschritten ist (…)

[Fundstück] “Hass in Fontänen: Die Schande Ostdeutschland“, politplatschquatsch.com, 3. März 2016 –

(…) Was für ein Hass, den der FAZ-Analyst Reinhard Bingener da in Fontänen ausstößt (…)

Es ist die Logik eines wahren Gläubigen: Wo kein Christ, da kein Gott. Wo kein Gott, da kriminelle Enthemmung, Verfall der Sitten, Grenzbruch und Gewalt (…)

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Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im vollständigen Original.

“Die schützende Hand“ spricht

“Wolfgang Schorlau hat einen Detektiv erfunden, der an den Säulen der Gesellschaft sägt“ (Neue Ruhr Zeitung) – steht im Klappentext zum fünften Fall von Georg Dengler, besagtem Detektiv, zu lesen.

Nunmehr durchlebt der fiktive Privatermittler mit BKA-Vergangenheit seine achte Geschichte und erfreut sich dabei offenbar einer gewissen Aufmerksamkeit. Was nicht allein am – aus der bisherigen Dengler-Reihe herausragenden – Buchformat liegt.

Die Krux scheint im Inneren, beim Thema von “Die schützende Hand“, zu finden sein. Geht es doch zuvorderst um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Besser gesagt: Was war oder was nicht war. Und was wahr sein könnte. Denn allein strafprozesstechnisch ist die Geschichte des NSU längst nicht durchreflektiert. Und der so genannte NSU-Prozess ist nur eine Seite der Historie. Open End?

Offene Fragen scheint es auch in puncto Schorlaus Werk zu geben. Auf jeden Fall deutliches Interesse. Oder Schwierigkeiten beim Verständnis. Teilweise zumindest. Vielleicht auch nur Interpretationsfragen. Tiefergehend?

Rund um die “Schützende Hand“ (Kiepenheuer & Witsch, 2015) möge das Folgende – mit keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit – einfach mal so stehen bleiben. Vorerst? Lesen bildet …

friedensblick.de [7. Dezember 2015, Dirk Gerhardt] – (…) Eine fiktive Aufbereitung eines Themas bedeutet nicht, dass alles Fiktion ist. Dies ist nur der Wunschglaube oder besser das, was einige gerne glauben wollen oder glaubend gemacht werden sollen. Die Phantasten sind doch diejenigen, die meinen, nur weil es fiktiv daherkommt, können die behandelten Fakten auf keinen Fall der Wahrheit entsprechen, weil “Die so etwas nicht machen würden” (kategorisch, a priori) oder “Irgend jemand davon berichtet” hätte oder andere, naive Weltvorstellungen (…)

rotfuchs.net [7. Dezember 2015, Arnold Schölzel] – (…) Die Rezensenten der “Schützenden Hand“ trauen sich nicht, das Fazit des Buches zu formulieren: Behörden und Beamte der Bundesrepublik Deutschland sind Urheber und Vertuscher von Kapitalverbrechen. Da ist die Rede von “irritierend“ (Hessischer Rundfunk), “dubiose Rolle der Ämter für Verfassungsschutz“ (Freitag), “Blick in den Abgrund“ (Süddeutsche Zeitung). Das ist gegenüber dem “Pannen“-Gefasel ein enormer Schritt, aber das BRD-Biedermeier wird nicht verlassen, etwa um für Aufklärung zu sorgen. Schorlau liefert sie (…)

Telepolis [11. Dezember 2015, Walter Gröh] – NSU-Terroristen: Ungereimtheiten an der Selbstmord-Hypothese (…)

hagalil.com [28. Januar 2016, Ramona Ambs] – (…) Es ist ein mühsames Buch. Mühsam zumindest für Journalisten, die beim Lesen ständig gegen checken (wollen & müssen), was Fiktion ist, und was real. Und vieles von dem, was real ist, würde man sich ins Reich der Fiktion wünschen, … in das Hirn eines verschrobenen Autors, der sich wilde Verschwörungstheorien baut. Leider aber sind die schockierendsten Details stets real – und die schöneren Momente – fiktiv … (…)

konkret [2/2016, Friedrich C. Burschel] – (…) An Wolfgang Schorlaus neuem Polit-Krimi zum NSU werden auch Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger ihre Freude haben (…)

nsu-watch.info [13. Februar 2016] – (…) Eine literarische oder künstlerische Verarbeitung des Stoffes des NSU-Komplexes ist legitim, sie ist auch wünschenswert und die vielen meist guten, mitunter misslungenen Theaterstücke zeigen, dass das möglich ist. Doch der Krimi “Die schützende Hand“ verkauft sich als “Dokufiktion“, er will mehr sein als nur Literatur – und das ist sein großer Fehler (…)

lecorte.de [15. Februar 2016, Tomas Lecorte] – (…) Ein Kriminalroman darf gewiss zuspitzen, manches übertreiben, ohne sich am gleichen Maßstab messen zu lassen wie ein Sachbuch. Doch Schorlaus Buch ist kein Kriminalroman. Schorlau selbst ist es, der die Messlatte bedeutend höher legt, wenn er sagt, sein Buch solle der Aufklärung dienen und “zeigen, wie es wirklich ist“, es sei die “Ermittlung eines Staatsverbrechens“ und seines Erachtens “deutlich realitätstüchtiger als die offiziellen Bekundungen“ (…)

Telepolis [20. Februar 2016, Wolfgang Schorlau] – Mundlos und Böhnhardt: Zweifel an Selbstmord-Hypothese. Antwort und Richtigstellung eines Telepolis-Artikels (…)

lecorte.de [22. Februar 2016, Tomas Lecorte] – NSU: Schorlau verteidigt seine “Schützende Hand“ gegenüber telepolis (…)

Telepolis [1. März 2016, Walter Gröh] – Mundlos und Böhnhardt: Ungereimtheiten an der Selbstmord-Hypothese. Eine Antwort auf Wolfgang Schorlaus Richtigstellungen seiner Argumentation in “Die schützende Hand“ (…)

“Sprich zu der Hand!“, fabulierte der Terminator in Rebellion der Maschinen. So zweifelsfrei einfach ist es allerdings nicht immer.

MedienScreen # 85 [Fischer im Recht. Journalismus und neutrale Qualität]

[Fundstück] Thomas Fischer, “Verbrechen, Strafe, Presse – Was von Strafe zu halten ist, darüber schwankt die Einschätzung der Medien: Mal ist sie Allheilmittel, dann wieder Verderberin, Erlöserin oder Inbegriff staatlicher Arroganz.“, Zeit Online, 23. Februar 2016 –

(…) Wer als Journalist allein “in einen Markt hinein“ produziert (oder produziert wird), kann bestenfalls affirmativ abbilden, was vorgegeben ist. Selbstverständlich bleibt (oder wird) er dabei nicht “neutral“: Bestätigung eines eingeübten Verständniskonzepts ist das glatte Gegenteil von Neutralität.

Daher ist die bis zur Ermüdung benutzte Ausrede für schlechte journalistische Arbeit, man erfülle doch nur die Wünsche der Leser/Zuschauer/Hörer, nichts als ein billiger Spruch, der die eigene Kenntnislosigkeit, Ratlosigkeit oder Machtlosigkeit bemänteln soll. Für den da angesprochenen Rezipienten, den “lieben“ Leser und die “liebe“ Zuschauerin, ist es nicht mehr als ein Tritt in den Hintern (…)