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“Sturm 34“ verboten

Mittweida/Dresden. Das sächsische Innenministerium hat heute die rechtsextreme Kameradschaft Sturm 34 verboten. In den Morgenstunden durchsuchten rund 200 Beamte in West-Sachsen Räumlichkeiten von mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe. Ermittelt wird gegen den Sturm 34 aus dem Raum Mittweida bereits seit fast einem Jahr.

Bei der heutigen Großrazzia in Wohnungen mutmaßlicher Sturm 34-Mitglieder in den Landkreisen Mittweida, Chemnitzer Land und Stollberg sind laut dem sächsischen Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) Schreckschusswaffen, Würgehölzer, Helme, Masken, Hakenkreuzfahnen, rechtsextremistisches Propagandamaterial und Computer sichergestellt worden.

Der Sturm 34 wurde nach dem Vereinsrecht als kriminelle Vereinigung verboten. Buttolo sagte, die Gruppe habe eine klare Nähe zur Ideologie des Nationalsozialismus und verfolge rassistische Ziele. Seit der Gründung im März 2006 bestehe das Ziel des Sturm 34 darin, die Region Mittweida von politisch Andersdenkenden und Ausländern zu “befreien“ und zur “National befreiten Zone“ zu machen.

Die Gesinnung komme schon durch die Namenswahl der Gruppe zum Ausdruck. Während der Herrschaft des Nationalsozialismus habe es im Raum Chemnitz eine SA-Brigade gleichen Namens gegeben. Bereits 2005 sei die Gruppe mit Straftaten in Erscheinung getreten, offiziell gegründet wurde sie im März 2006. Der Verfassungsschutz des Landes sieht Parallelen zu den Skinheads Sächsische Schweiz, die im April 2001 verboten wurden. Bei beiden Gruppen seien klare, hierarchische Strukturen mit Führungspersonen aus der Region erkennbar.

Gegen einzelne Mitglieder des Sturm 34 ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Landfriedensbruchs, Volksverhetzung und Körperverletzung.

In den letzten Wochen hatten sich rechtsextrem motivierte Übergriffe im Raum Mittweida gehäuft. Laut Innenministerium hat die Kameradschaft in den vergangenen Monaten mehrfach Döner-Imbisse überfallen und ausländische Studenten angegriffen. Nach Angaben der sächsischen Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linkspartei.PDS) hatte es seit Jahresbeginn mehr als 50 nachgewiesene Übergriffe durch Neonazis im Kreis Mittweida gegeben. Nach einem erneuten rechtsextremistischen Übergriff vor einer Woche in Mittweida wurden sechs Tatverdächtige vorübergehend festgenommen. Gegen einen mutmaßlichen Rädelsführer erging am 23. April Haftbefehl.

Bereits vor neun Monaten hatte es eine groß angelegte Razzia gegen den Sturm 34 gegeben. Vor einem Monat wurden die Ermittlungen gegen 26 Verdächtige im Alter von 17 bis 48 Jahren abgeschlossen. Die Verbotsverfügung wurde heute 24 Personen zugestellt, die laut Innenminister zum harten Kern der Gruppierung zählen. Zum Sturm 34 zählte ein engerer Kreis von etwa 40 bis 50 Personen und rund hundert Sympathisanten aus allen sozialen Schichten; ein Drittel davon sollen Frauen sein. Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl der rechtsextremen Kameradschaften in Sachsen auf etwa 20 bis 30, die auch mit der NPD zusammenarbeiteten. Laut Innenminister Buttolo wird derzeit geprüft, ob es Verbindungen zur rechtsextremen NPD gibt.

Nach Angaben des sächsischen Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi (Bündnis 90/Die Grünen) diente ein Haus des Immobilienhändlers Rudolf Schlotter als Treffpunkt von Sturm 34. Bei dem aus Bayern stammenden Schlotter soll es sich laut der Sächsischen Zeitung vom 21. Juli 2007 um den früheren NPD-Chef Mittweidas handeln.

[Dieser Artikel (Olaf Meyer/Albrecht Kolthoff) wurde am 26. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Sturm 34“ offenbar Schoß für rechtsextreme Gewalt

Mittweida. Scheinbar unbeeindruckt von einer Razzia gegen die rechtsextremistische Kameradschaft Sturm 34 vor knapp einem Jahr reißt die Kette von Attacken wider politisch Andersdenkende sowie als Nicht-Deutsch Vermutete in West-Sachsen nicht ab. Gegen einen mutmaßlichen Rädelsführer erging jetzt Haftbefehl.

Im Juli 2006 wurden im westsächsischen Raum insgesamt 27 Objekte von vermutlich dem Sturm 34 zugehörigen Personen durch die Polizei durchsucht. Dabei seien beispielsweise Rechner, Handys, Tonträger sowie als Waffen geeignete Gegenstände sichergestellt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem gegen 26 mutmaßliche Mitglieder dieser Kameradschaft unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ähnlich wie die Skinheads Sächsische Schweiz etwas weiter südöstlich in Sachsen soll Verlautbarungen nach der Sturm 34 das Ziel verfolgen, die Region Mittweida im weitesten Sinne von politisch Andersdenkenden und Ausländern “befreien“ zu wollen. Die eigens so gewählte Namensgebung des Sturm 34 wird verschiedentlich mit den politischen Legenden um den 1934 stattgefundenen so genannten Röhm-Putsch in Verbindung gebracht. Darüber hinaus – und dahingehend wohl eindeutiger – wird kolportiert, der unterstellt szenebewusst assoziierende Bezug auf eine zur damaligen Zeit im nahe gelegenen Chemnitz stationierte so titulierte SA-Brigade 34 sei seitens des Sturm 34 so nicht gerade unbeabsichtigt gewählt worden.

Kurz nach besagter Razzia bilanzierte bereits im November 2006 die Sächsische Landjugend e.V. im Rahmen ihres Projektes “Mobile Jugendclubbetreuung im ländlichen Raum des Landkreises Mittweida“ weiterhin “aktive Mittweidaer Rechtsextremisten im Landkreis“. Dabei sei allerdings nunmehr eine “neue Strategie“ der Rechtsextremisten festzustellen: “Scheinbar werden vor allem selbstverwaltete Jugendclubs im Landkreis Mittweida von der Kameradschaft ’besucht’, um herauszufinden, in welchen Jugendclubs Informationsmaterial und Aufkleber gegen rechte Umtriebe zu finden sind und wo Jugendliche gegen rechtsextrem orientierte Gewalt eingestellt sind“. Bei diesen “Auftritten“ werde durch die Rechtsextremisten gleichzeitig auch “Angst und Schrecken“ verbreitet und zudem versucht deutlich zu machen, “dass Initiativen und Aktionen gegen Rechtsextremismus im Landkreis mit Gewalt beantwortet werden“.

Die aktuelle “Chronik rechter Aktivitäten“ von AMAL dokumentiert allein für den Landkreis Mittweida im Jahr 2007 bisher 24 Einträge. Auch das mittlerweile gegründete Bündnis Mittweida (“für Menschenwürde – gegen Rechtsextremismus“) führt nunmehr eine eigene Chronik über bekannt gewordene Angriffe – so beispielsweise wiederholt auf ein PDS-Bürgerbüro sowie gegen Döner-Geschäfte und das örtliche Studentenwohnheim. In der zweiten April-Woche dieses Jahres schließlich veröffentlichten AntifaschistInnen aus der Region bei indymedia die Dokumentation “Mittweida – das braune Herz Sachsens“.

Nach dem zuletzt in Mittweida stattgefundenen rechtsextremistischen Übergriff ist nunmehr die Justiz erneut aktiv geworden. Wie die Generalstaatsanwaltschaft am 23. April mitteilte, ist gegen einen Tom W. Haftbefehl erlassen worden. Dieser “sei der rechtsextremistischen Kameradschaft ’Sturm 34’ zuzurechnen“ (epd). Zudem arbeite – so zitierte die Freie Presse Ende März 2007 Oberstaatsanwalt Jürgen Schär – die Staatsanwaltschaft Dresden mit “höchster Priorität“ am Verfahren gegen den Sturm 34. Schär terminierte beim damaligen Stand der Ermittlungen erste Anklageerhebungen noch auf voraussichtlich Mitte April.

[Dieser Artikel wurde am 25. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

Rechtsextremistischer Übergriff in Westsachsen

Mittweida. Nach einer ausländerfeindlichen Attacke sind sechs Tatverdächtige inhaftiert worden. Zumindest einer der Beteiligten soll während des Vorfalls eindeutig den Hitler-Gruß gezeigt haben.

Am Abend des 19. April ist nach Polizeiangaben in Mittweida ein 39-jähriger aus Kamerun stammender Mann mit seiner deutschen Frau offensichtlich von Rechtsextremisten beleidigt und bedroht worden. Auf dem Parkplatz eines örtlichen Einkaufszentrums hinderten nach zunächst verbalen Angriffen besagte augenscheinliche Jung-Nazis das Paar am Verlassen ihres Auto-Stellplatzes, nachdem dieses sich vorher aus Angst in ihrem Auto eingeschlossen hatte. Berichten zufolge soll mindestens einer der rechtsextremen Parkplatz-Blockierer vor dem Auto des Paares stehend mit gezeigtem Hitler-Gruß keine zweifelhafte Deutung der politischen Gesinnung dieses Übergriffes offen gelassen haben.

Nach vorliegenden Informationen hat die Polizei am 20. April sechs Tatverdächtige festgenommen. Bei den “der rechtsextremen Szene zugeordneten“ (AP) handelt es sich um zwei 20-jährige Frauen und vier Männer im Alter von 18 bis 20 Jahren. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dresden wurde gegen den 19-jährigen mutmaßlichen Rädelsführer Haftbefehl “wegen Wiederholungsgefahr“ erlassen. Wie ddp berichtet, sind die anderen fünf Tatverdächtigen mittlerweile wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

[Dieser Artikel wurde am 20. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Der 1. Mai liegt dieses Jahr mitten in der Woche“

Hamburg. Der mitunter gar nicht so NPD-ferne “freie Nationalist“ Christian Worch fordert wie schon in den letzten Jahren “Heraus zum 1. Mai!“ – in diesem Jahr nicht nach Leipzig, sondern nach Dortmund. Darüber hinaus wollen Nazis an diesem Tag in Erfurt, Neubrandenburg sowie Nürnberg, Raunheim, Rüsselsheim und Vechta aufmarschieren.

Rechtsextreme Aufzüge am “Tag der Arbeit“ waren Ende März in Nürnberg, Raunheim, Rüsselsheim und Erfurt bekannt. Ein zwischenzeitlich avisierter Aufmarsch in Berlin sowie die jährlich wiederkehrenden Demonstrationsversuche in Leipzig waren für dieses Jahr bereits frühzeitig abgesagt worden.

Mittlerweile sind von NPD-Funktionären organisierte Demonstrationen in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) und Vechta (Niedersachsen) dazugekommen. An beiden Orten wurden die Aufzüge allerdings von den Stadtverwaltungen verboten. Gegen das Verbot in Neubrandenburg haben die Veranstalter Klage angekündigt. Dagegen ist von der NPD in Niedersachsen nichts über eine Klage zu hören, die Partei hat bislang noch nicht einmal über das Verbot selbst berichtet.

Von parteiunabhängigen Neonazis wird spekuliert, das Schweigen der Niedersachsen-NPD zum Vechta-Verbot könne mit dem morgigen Landesparteitag zusammenhängen, bei dem eine Neuwahl des Landesvorstandes auf der Tagesordnung steht. Der Termin für diesen Parteitag war offenbar unter großer Geheimhaltung angesetzt worden, nachdem der erste Versuch vor einem Monat im Raum Oldenburg gescheitert war. Der amtierende Landesvorsitzende Ulrich Eigenfeld will seinen Vorsitz verteidigen, während eine beachtliche innerparteiliche Opposition mit guten Kontakten zu den radikalen “Kameradschaften“ ihn ablösen will.

Dortmund ist in diesem Jahr der wichtigste Aufmarschort am 1. Mai für die rechte Szene. Die Demo wird von parteiunabhängigen Neonazis organisiert und von der NPD unterstützt. Als Redner sind unter anderem die Neonazis Siegfried Borchardt (“SS-Siggi“, Dortmund), Sascha Krolzig (Hamm) und Christian Worch (Hamburg) sowie der Vorsitzende der niederländischen NVU, Constant Kusters, vorgesehen; für die NPD werden deren Chef Udo Voigt und der stellvertretende NRW-Landesvorsitzende Claus Cremer das Wort ergreifen. Drei Nazi-Rockbands sollen das braune Ereignis begleiten.

Für seine lesende Kameraden- und Parteien-Gemeinde hat Worch noch einen bedeutsamen Hinweis parat: “Da der 1. Mai in diesem Jahr auf einen Dienstag fällt und somit mitten in der Woche liegt, ist es nicht möglich mit dem Wochenendticket der Deutschen Bahn anzureisen“.

[Dieser Artikel wurde am 14. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

Erster Menzel-Prozess: Zeuge bestätigt Tatvorwurf

Dresden. Im laufenden Prozess gegen Klaus-Jürgen Menzel erhärtet eine Zeugenaussage den Verdacht einer uneidlichen Falschaussage durch das Ex-NPD-Mitglied.

Der wahrlich nicht mit wenigen strafrechtlich relevanten Vorwürfen konfrontierte Klaus-Jürgen Menzel erlebte wohl am 11. April vor dem Amtsgericht in Dresden einen ihm durchaus nicht genehmen Prozess-Auftakt. Vor Gericht bestätigte ein Zeuge den Vorwurf gegen Menzel, dieser hätte den be- und erkannten rechtsextremistischen Schläger Sven Hagendorf im Nachhinein mit einem falschen Alibi schützen wollen. Hagendorf war im November 2005 in erster Instanz wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden; er hatte im Herbst 2004 auf dem Dresdner Postplatz im Zusammenhang mit den Montagsdemonstrationen mehrfach auf politische Gegner eingeprügelt.

Im damaligen Prozess hatte Menzel mit seiner Aussage Hagendorf gedeckt. Bei dem im aktuellen Prozess gegen Menzel aufgetretenen Zeugen handelt es sich nach Angaben der Sächsischen Zeitung um “das Opfer des Schlägers“. Zusätzlich wird gegen Menzel – abgesehen vom Vorwurf der uneidlichen Falschaussage – wegen versuchter Strafvereitelung und des Verdachtes auf unerlaubten Waffenbesitzes ermittelt.

Zu den fünf von der Staatsanwaltschaft Dresden wegen ihrer Beteiligung am so genannten “Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ im August 2006 im sächsischen Meißen Angeklagten gehört auch Sven Hagendorf, “der Rechtsextremist, dem der Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel in einem anderen Prozess als Zeuge ein Alibi verschafft haben soll“ (ddp).

[Dieser Artikel wurde am 13. April 2007 bei redok veröffentlicht.]