Archiv der Kategorie: Anno 2010

Dynamo Dresden und die Lizenz – Ganz oder nur verloren?

Die vorab vollmundig angkündigte LiveStream-Übertragung von Dresden Fernsehen der letztendlich über das weitere Wohl und Wehe der SG Dynamo Dresden (SGD) entscheidenden Sitzung des Sport- und Finanzausschusses der sächsischen Landeshauptstadt Dresden war teilweise nur unter Aufbietung größter Geduld und zeitweiliger Nutzung scheinbar nötiger außerterrestrischer Technologien uneingeschränkt genießbar. Die fast LiveStream-Diskussion im offiziellen Dynamo-Forum offenbarte, neben allerlei Verbalien, kaum genießbare, geschweige denn aufschlussreicherere Informationen, als bis dato sowieso bekannt.

Vor und während der Sitzung des städtischen Ausschusses hatten Fans der SGD zu einer Kundgebung vor dem Rathaus aufgerufen. Zwischenzeitlich berichtete Radio Dresden, dass nach über vier Stunden Verhandlungen im Rathaus eher “Ernüchterung“ herrsche. So habe sich der Finanzausschuss auf keinerlei Kompromiss einigen können. Möglicherweise solle nun die Thematik im Stadtrat – in einer Sondersitzung – behandelt werden.

So eine Sondersitzung des Stadtrates “sei innerhalb weniger Tage möglich“, sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) gegenüber Radio Dresden. Nach diesem Stand allerdings muss die SGD bei einer fristgerechten Abgabe der Lizenzunterlagen am 1. März an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) die geforderten Unterlagen mit bereits vorab bilanzierten Finanzlücken einreichen.

Ob es zum Thema Mietzuschuss für das Rudolf-Harbig-Stadion (RHS) möglicherweise wirklich noch eine Sondersitzung des Dresdner Stadtrates geben wird, war nach dem Abend des 26. Februar letztendlich nicht eindeutig einschätzbar. Sicher dagegen ist allerdings ein Datum: Lizenzunterlagen-Abgabe, 1. März 2010, 15:30 Uhr. Punkt. Aus?

[Dieser Artikel wurde am 26. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Ist der FSV Zwickau noch zu retten?

Nicht erst seit gestern rumort, kriselt und führungsschwächelt es beim FSV Zwickau (Oberliga NOFV-Süd) vor sich hin. Im Mai 2009 trat kurz vor dem Ende der Saison 2008/09 der gesamte Verwaltungsrat zurück. Vorausgegangen war ein kolportierter Schuldenberg in Höhe von 70.000 Euro, von einer angeblichen Zahlungsunfähigkeit der Westsachsen war die Rede. Dem Verwaltungsrat wurde die Einsicht in Bilanz-Unterlagen verwehrt und nach einem Hausverbot konnte das Kontrollgremium letztendlich nicht mehr in den Geschäftsräumen des Vereins tagen. Zum damaligen Zeitpunkt bezifferte der FSV Zwickau die Lücke im Etat offiziell mit 80.000 Euro.

Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juni 2009 gab das Präsidium die aktuelle Etatlücke dann mit 200.000 Euro an. Gemunkelt wurde außerdem, auch bei den Berufsgenossenschaften würde zudem noch eine Summe im fünfstelligen Bereich fehlen. Nach dem damals vorgelegten Etatentwurf wollte der FSV Zwickau in der Saison 2009/2010 rund 1,4 Millionen Euro erwirtschaften, die Hälfte davon sollte der Schuldentilgung dienen. Zwischenzeitlich wurde im Oktober 2009 – wegen “sportlichem Misserfolg in der bisherigen Saison und anhaltender Kommunikationsprobleme“ – Trainer Matthias Zimmerling entlassen, dessen Vertrag mit dem FSV Zwickau allerdings noch bis 2011 datiert sein soll. Die Nachricht, dass das Westsachsenstadion mit Fördermitteln des Freistaates Sachsen bis 2012 saniert werden wird, war zum Jahresende 2009 zumindest in dieser Hinsicht ein Lichtblick.

Indes ist der FSV Zwickau ohne Präsidium und Trainer. Nach Michael Luther und Ingo Heinicke sind nunmehr auch die bislang verbliebenen Präsidiumsmitglieder Matthias Weichsel und Karsten Vogel zurückgetreten. Trainer Dirk Barsikow hat gekündigt. Als Interimstrainer agiert derzeit Mannschaftskapitän Khvicha Shubitidze. Erklärungen zu den neuesten Rücktritten gibt es bisher nicht, auch die offizielle Homepage des Vereins hüllt sich dahingehend nach wie vor in Schweigen. “Die Verbindlichkeiten des FSV sollen, so ist aus Vereinskreisen zu hören, bereits in siebenstelliger Höhe liegen“, berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Sollte beim FSV Zwickau wirklich ein Insolvenz-Drude die Geschäfte übernehmen? Eingeschaltet worden sei mittlerweile auch die Spielergewerkschaft VDV. “Manche Fußballer haben seit drei bis vier Monaten kein Geld gesehen“, so Lars Kindgen, der stellvertretende VDV-Geschäftsführer.

Wie aktuell der MDR meldet, hat unterdessen die Spielergewerkschaft VDV beim FSV Zwickau “das Heft des Handelns übernommen“. So sei mittlerweile beim zuständigen “Amtsgericht die Einsetzung eines Notvorstandes bei dem Oberligisten“ beantragt worden. Der VDV wolle so “zumindest vorerst den Spielbetrieb aufrechterhalten“.

[Dieser Artikel wurde am 26. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Erste Reaktionen auf Polizei-Gewaltexzesse bei Hansa Rostock vs. Union Berlin

Nur wenige Stunden nach den Krawallen beim Ostderby zwischen dem FC Hansa Rostock und dem 1. FC Union Berlin gibt es – zum Teil erstaunliche – öffentliche Statements zu den Vorfällen am 24. Februar in und um das Ostseestadion. Wie berichtet wird, hat außerdem in Rostock fast umgehend bereits am Morgen des 25. Februar ein erstes Auswertungsgespräch um die Geschehnisse am Vorabend zwischen Verein und der Polizei stattgefunden.

Wie der FC Hansa Rostock nach diesem Gespräch auf seiner Website mitteilt, sei “der Polizeieinsatz (…) anders geplant“ gewesen. Und weiter: “Laut Rostocker Polizei-Chef Peter Mainka sollten sich die Beamten im Hintergrund halten. Durch ’individuelle Fehlleistungen einzelner Polizisten’ (O-Ton Mainka) konnte dieses Konzept jedoch nicht umgesetzt werden“. Darüber hinaus habe der Verein das im Stadiongelände beim Veranstalter liegende Hausrecht “auf Grund der polizeilichen Maßnahmen (…) nicht wahrnehmen“ können. “Im Gespräch mit der Polizei machte Peter Mainka deutlich, dass es dafür keinen Grund gab. Daraus entstand eine Situation, die nicht akzeptabel war. Das Fanverhalten war nicht der Auslöser für diesen massiven Polizeieinsatz.“ – “So ein Spiel habe ich noch nie erlebt“, formulierte es ein Augenzeuge im ultras.ws-Forum.

Das “Konzept der strikten Fantrennung“, so jedenfalls im ersten offiziellen Polizeibericht, “wurde beibehalten“. Immerhin “bedauern“ Polizei – “Glanzvoll (…) in Sachen Desorientierung und Planlosigkeit“ [turus.net] – und auch der FC Hansa Rostock mittlerweile “die Vorkommnisse“.

[Dieser Artikel wurde am 25. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Kommandos 13. Februar?

Berlin. Der verhinderte Aufmarsch von Dresden gebiert nachträglich offenbar militante Drohgebärden aus dem rechtsextremen Milieu.

Dass der Verlauf des diesjährigen 13. Februar in rechtsextremen Strukturen und Zusammenhängen Spuren hinterlassen hat, ist unschwer zu verfolgen. Ob der für sie desaströse Tag die Szene letztendlich verunsichert oder eher zusammen geschweißt hat, bleibt allerdings abzuwarten.

Während die durchaus emotional geführten Auswertungsdiskussionen in den einschlägig bekannten rechtsextremen Internetforen langsam zu verebben scheinen, zeigt sich augenscheinlich, dass der Stachel der Blockade von Dresden – Keinen Meter gelaufen zu sein – bei einigen wohl doch viel tiefer im rechten Fleisch sitzt, als auch nur halböffentlich zugegeben. Nach ersten internen Irritationen beginnt die so genannte nationale Bewegung, nachdem es im unmittelbaren Umfeld des 13. Februar bereits beispielsweise in Gera und wiederholt in Pirna militante Aktionen gegeben hatte, offensichtlich noch offensiver zu agieren.

So wird mittlerweile beispielsweise aus Berlin berichtet, dass mehrere linke Organisationen und Aktivisten; größtenteils Unterzeichner des Blockadeaufrufs von Nazifrei! – Dresden stellt sich quer, Drohbriefe erhalten haben, in denen ein sich selbst so betitelndes “Kommando 13. Februar“ sehr andeutungsweise militant mitteilt: “… dein Leben interessiert uns brennend“. Teilweise sei den Briefen zudem ein Streichholz beigefügt gewesen, so die Nachrichtenagentur ddp. Aus offenbar ebenso rechtsextremen Zusammenhängen heraus war übrigens bereits am 14. Februar in einer anonymisierten E-Mail an redok unter anderem angekündigt worden: “Die kommenden 364 Tage werden ganz spannend“ und weiter: “was glaubt ihr denn was passiert wenn die Polizei nicht vor Ort ist ?“ (Schreibweise so im Original).

Unterdessen warnte Heinz Fromm, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, in einem Tagesspiegel-Gespräch vor einer steigenden Aggressivität der rechtsextremen Szene. So könne sich eine “Jetzt-Erst-Recht-Stimmung“ entwickeln. Der rechtsextreme Veteran Christian Worch fordert derweil nach dem diesjährigen 13. Februar in Dresden auf seiner Website weniger als mehr verklausuliert: “Also: Umdenken. Flexibler planen. Koordinierter handeln. Egoismen zurückstellen. Und sich nicht mehr wie eine Hammelherde an einem einzelnen Ort einpferchen lassen“.

[Dieser Artikel wurde am 24. Februar 2010 bei redok veröffentlicht.]

Dynamo Dresden: Positionspapier zu Stadionkosten und Lizenz-Gefahr

Die Vereinsführung der SG Dynamo Dresden (SGD) ist im nach wie vor schwelenden Streit mit der sächsischen Landeshauptstadt um die Betreibungskosten und Nutzungsverträge des neuen Rudolf-Harbig-Stadions in die Offensive gegangen und hat “als Zusammenfassung der vorliegenden Informationen“ nunmehr ein aktuelles Positionspapier “zur Information der Dresdner Stadträte und der Öffentlichkeit“ zusammen gestellt. Damit hoffe man “einen weiteren Beitrag zur Transparenz und zu einer fairen Diskussion leisten zu können“ (SGD-Pressesprecher Enrico Bach).

Das vorliegende Papier umfasst auf 45 Seiten folgende Inhalte:

  1. Zusammenfassung der Positionen Finanzverwaltung Landeshauptstadt Dresden ./. SG Dynamo Dresden incl. Bewertung/Aufarbeitung der vorliegenden Präsentation von Herrn BM Vorjohann
  2. Übersicht über die Finanzentwicklung und wirtschaftliche Konsolidierung des Vereins im Zeitraum der Spielzeiten 2007/2008 bis 2010/2011
  3. Überblick über die Kosten- und Vergleichsanalyse 3. Liga des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) incl. schriftlicher Bestätigung des vorliegenden Zahlenmaterials durch den DFB-Direktor, Herrn Helmut Sandrock
  4. Überblick über den Zeitplan des anstehenden Lizenzierungsverfahrens für die Saison 2010/11

Neben durchaus bereits in der Öffentlichkeit kolportierter Zahlen bezüglich der Kostenrechnungen für das Rudolf-Harbig-Stadion ist es der SGD in dem Positionspapier noch einmal wichtig darauf hinzuweisen, dass seitens der Landeshauptstadt “durch Mehrerträge und die lediglich geringfügige Mehrbelastung im Zusammenhang mit dem neuen Stadion die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation“ der SGD suggeriert werden solle. Zudem sei die Betrachtung “unvollständig“, es wäre “nicht mit den absoluten Zahlen der Spielzeiten gearbeitet“ worden. Die städtische Analyse vernachlässige “durch die oberflächliche Betrachtung die tatsächlich vorhandenen Kostenstrukturen und insbesondere die vorgenommenen Sparmaßnahmen der SG Dynamo Dresden“. Das Ergebnis sei “eine schwer zu durchschauende, in einem Detail auf Schätzungen beruhende, Aufstellung einzelner Erlöspositionen der SGD“. Ein weiterer SGD-Kritikpunkt wird dahingehend formuliert, dass für “die Bestimmung eines wirtschaftlichen, marktgerechten und fairen Mietzinses […] ein objektives Gesamtbild nötig“ sei, das nur durch “eine vollständige Betrachtung der wirtschaftlichen Gesamtsituation“ vermittelt werden könne.

In Auswertung der Kosten- und Vergleichsanalyse der 3. Liga durch den DFB kommt die Vereinsführung der SGD zu dem Fazit, dass “die strukturelle Benachteiligung der SG Dynamo Dresden gegenüber ihren Wettbewerbern evident“ ist. Während beispielsweise 2008/2009 zirka fünf Prozent der Gesamtaufwendungen der SGD in die Stadionnutzung flossen, steige dieser Beitrag 2009/2010 auf 18 Prozent und letztendlich 2010/2011 auf ungefähr 30 Prozent. Vergleichbare Vereine der 3. Liga investieren den vorgelegten DFB-Angaben zufolge durchschnittlich rund 7 Prozent in die reine Nutzung des Stadions.

Ziel seitens der SGD ist auch aus diesem Grund “eine gemeinsame faire, marktgerechte und langfristige Lösung zwischen Landeshauptstadt und Verein gemäß folgender Prämissen:

Einerseits eine Anpassung der Stadionkosten, die
• den Rahmenbedingungen der Liga Rechnung trägt,
• die Leistungsfähigkeit des Hauptmieters berücksichtigt,
• die eingeleitete Konsolidierung des Vereins unterstützt und
• sich an erfolgreichen Modellen anderer Standorte orientiert.
Andererseits weitere Sparmaßnahmen des Vereins, flankiert von anhaltendem
• seriösen und den Bedingungen angepassten Wirtschaften,
• transparenten und regelmäßigen Informieren der Partner sowie
• Aufarbeiten und Korrigieren der Verfehlungen der Vergangenheit“.

Ein weiteres Fazit des vorliegenden Papiers lautet allerdings: “Ohne eine grundsätzliche strukturelle Veränderung kann der Verein die Zulassungsvoraussetzungen des DFB für die Spielzeit 2010/2011 unter keinen Umständen erfüllen. Die Folge wäre der Ausschluss vom Spielbetrieb der 3. Liga und die Insolvenz der SG Dynamo Dresden“.

Die Lizenz-Unterlagen für die kommende Saison müssen bis 1. März, 15:30 Uhr, beim DFB vorliegen. Unter Umständen durch den DFB gesetzte Auflagen für die letztendliche Lizenz-Erteilung müssten bis zum 3. Juni erfüllt werden.

[Dieser Artikel wurde am 23. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]