Archiv der Kategorie: Anno 2014

Sachsen: Rechtsextreme Fußballfans im Fokus oder so

“Fans aus dem Umfeld von Dynamo Dresden werden – Innenminister Markus Ulbig (CDU) zufolge – gegenwärtig nicht durch das LfV Sachsen überwacht. Gegen die ’derzeit nicht in Erscheinung tretende Gruppierung’ Faust des Ostens läuft allerdings unterdessen ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (September 2012).

Im damaligen Zusammenhang listete im Jahr 2012 dann das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen “wegen rechtsextremer Umtriebe“ unter Beobachtung stehende Fußballfans auf. Nach Angaben des Staatsministers zählten die Fan-Gruppen Scenario Lok und Blue Caps LE aus dem Umfeld des 1. FC Lok Leipzig sowie – den Chemnitzer FC tangierend – New Society/NS Boys und Hoonara zu den Beobachtungszielen des Verfassungsschutzes in Sachsen.

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis. Bei MDR-Online kommt (…) CFC-Geschäftsstellenleiter Lutz Fichtner zu Wort, dem derzeit keinerlei Informationen vorliegen, dass der Verein oder einzelne Fans unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen würden. Im Gegenteil, die Gruppierung “Hoonara“ bestünde in ihren Strukturen bereits seit dem Jahr 2000 nicht mehr; ebenso wurde die zweite Gruppe, die “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [cfc-fanpage.de, 19. September 2012]

alttolkewitz_9_13
(Dresden, Herbst 2013 – Foto: O.M.)

“Das sächsische Innenministerium sieht derzeit vier rechtsextreme Fangruppen im Fußball aktiv“, vermeldet DPA aktuell am 12. Februar dieses Jahres. “Im Zusammenhang mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig wird die Gruppierung ’Scenario Lok’ mit etwa 70 Mitgliedern genannt. Bei Dynamo Dresden geht es um die ’Faust des Ostens’. ’Sie bestand zeitweise aus über 180 Mitgliedern. Die aktuelle Mitgliederzahl ist nicht bekannt’, hieß es. ’Hoonara’ und ’New Society’ (NS Boys) gehören zur Szene beim Chemnitzer FC. Auch hier wird das Potenzial auf 70 Leute beziffert.“

Wie weit darf die Verarschung der öffentlichen Wahrnehmung, auch bei einem per se unterstellt gutgemeinten Ansinnen (“Kampf gegen Rechtsextremismus“), durch eine landesbehördliche Institution mit bundesweiter Einbindung eigentlich von demokratischen Gremien unhinterfragt so schamlos billig plakativ betrieben werden? – Was an dieser bereits 2012 in den Raum gestellten Frage scheint größtenteils nach wie vor unverändert keine Aktualität mehr zu haben, und einen Anspruch auf Klärung darüber hinaus? Herr Innenminister Ulbig, übernehmen Sie!

[Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Live-Fußball: 3, 2, 1 … MDR

Manche Zuschauerin und mancher Zuschauer mag sich doch etwas verwundert die Augen gerieben haben, als die Live-Bilder von der Begegnung FC Rot-Weiß Erfurt gegen RasenBallsport Leipzig über den heimatlichen Bildschirm flimmerten oder via Livestream auf dem Bildschirm des Rechners zu sehen waren. Aber warum?

Ja, da waren Menschen zu sehen. Fußballerisch beschäftigte Menschen auf dem mehr oder weniger grünen Rasen des Steigerwaldstadions – und zuschauende Individuen auf den Traversen. Sogar ziemlich gut besucht war augenscheinlich diese Begegnung in der 3. Liga am 8. Februar in Erfurt, wenn denn den Live-Bildern zu trauen war. Aber wem kann heute schon noch vorbehaltlos getraut werden …

rwe_rbl_8_2_14_youtube
(Erfurt, 8. Februar 2014 – Foto: YouTube.com)

Und so sucht sich der informationshungrige Mensch der heutigen Zeit gern noch eine zweite Quelle, um vielleicht wenigstens annähernd Gewissheit zu erlangen, oder sich eben einfach nur mehrquelleninformiert eine eigene Meinung von den Geschehnissen bilden zu können. Beim Stand von 2:0 für die rasenballerischen Red-Bull-Artisten ist das Spiel gegen Ende sowieso so gut wie gelaufen, da lohnt sich vielleicht nebenbei – quasi mit dem Schlusspfiff von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus – auch einmal ein Blick auf die blanke Statistik der Begegnung.

Erstaunlicherweise erblickte da der geneigte informationshungrige Mensch, die Live-Bilder des MDR aus Erfurt noch vor dem inneren Auge, neben dem Ticker zum Spielverlauf, den Aufstellungen der beiden Mannschaften und den Torschützen auch eine doch etwas ominös erscheinende Zahl, nämlich die der Zuschauer …

mdr_ef_8_2_14
(Screenshot: O.M.)

… der Mitteldeutsche Rundfunk live ist schon etwas ganz Besonderes.

“RW Erfurt hat das mitteldeutsche Derby gegen Aufsteiger und Neuling RB Leipzig verloren. Vor der Saisonrekordkulisse von 11.240 Zuschauern siegten die Messestädter im Steigerwaldstadion mit 2-0 und kamen damit zu ihren ersten Punkten im neuen Jahr“, so die News auf rot-weiss-erfurt.de – und mittlerweile stimmte dann auch bei mdr.de die Zuschauerzahl.

Gut, dass dem MDR so ein kleiner Lapsus zum ersten Mal passiert, ansonsten könnte ja die gebührenzahlende mitteldeutsche Seh- und Hörgemeinde leicht noch mehr verwirrt werden …

[Dieser Artikel wurde am 9. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

VFC Plauen: Deadline?

Beim Siebtplatzierten der Regionalliga Nordost scheint im vogtländischen Revier sinnbildlich nicht nur eine Tanne in Flammen zu stehen. Die Dresdner Morgenpost jedenfalls beschreibt aktuell “Chaostage beim VFC Plauen“.

So haben Mitte der zurückliegenden Woche die VFC-Spieler das anberaumte Training boykottiert. Grund dafür sei unter anderem eine regelmäßig unpünktliche Zahlung der Gehälter gewesen.

“Das war ein letzter Hilfeschrei. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber die Ausmaße sind für einzelne Spieler nicht mehr zu verantworten. Seit zwei Jahren gibt es immer wieder massive Probleme mit den Gehaltszahlungen“ (Kai Zimmermann, Stürmer beim VFC).

Auf einer 90 Minuten dauernden Pressekonferenz am 6. Februar “gaben Präsident Wilfried Hub und Finanzvorstand Matthias Gräf ein jämmerliches Bild ab“ (Morgenpost); mehrmals musste Gräf von Hub in seinen Aussagen korrigiert werden.

“Durch einen Glücksumstand sind wir in der Lage, alle ausstehenden Gehälter zu zahlen. Wir leben trotzdem weiter von der Hand in den Mund, weil einige Sponsoren nicht pünktlich zahlen. Die Situation wird möglicherweise so bleiben. Wir dürfen die Lage aber nicht schlechter reden als sie ist. Uns ist immer etwas eingefallen“ (Wilfried Hub).

Allerdings klingen dahingehend zitierte Worte von Kai Zimmermann irgendwie nicht ganz so optimistisch: “Wir haben nicht das Gefühl, dass hier alle alles geben“. Denn: “Trotz der jetzt geleisteten Zahlungen ist die sportliche Zukunft des VFC unklarer denn je“ (vogtland-sport.de).

VFC Plauen – Quo vadis?

[Dieser Artikel wurde am 7. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Ralf Minge und Dynamo Dresden

Die durchaus facettenreiche Beziehung “des wohl populärsten Dynamo-Spielers“ (Zitat aus dem Buch “Die Stars des DDR-Fußballs“) zum schwarz-gelben Verein aus Elbflorenz erhält ein weiteres Geschichtskapitel – als neuer Sportdirektor und wohl zugleich auch als Geschäftsführer Sport.

Von 1980 bis 1991 spielte Ralf Minge für Dynamo Dresden auf dem grünen Rasen, erzielte dabei 103 Tore in der DDR-Oberliga und führte 1991 als damaliger Kapitän die Dresdner in die Bundesliga der wiedervereinigten Republik. Später folgten in Dresden von 1992 bis 1995 die Tätigkeiten als Co- und Interimstrainer und noch später ab 2006 im Aufsichtsrat und ab 2007 als Sportdirektor.

dehli_news_rm_08
(Ralf Minge, November 2008 – Foto: dehli-news.de)

Aber da war doch noch etwas?

“Warum zum Beispiel übernimmt er wieder exakt jene Position, von der er nach nicht einmal zwei Jahren Amtszeit am 3. April 2009 zurückgetreten war? Hauptgrund damals: Die ungewisse Zukunft Dynamos aufgrund der immer wieder neu zu verhandelnden Stadionverträge mit der Stadt, wie er in einem flammenden Plädoyer im Dresdner Fußballmuseum erklärte. An diesem Problem hat sich seitdem nichts verändert. Darüber hinaus hatte sich Minge mit Dynamo verstritten, nachdem der Vorgänger-Aufsichtsrat ihm 2011 einen Mahnbescheid in Höhe von 270.000 Euro wegen angeblich zu viel gezahlter Aufstiegsprämien in der Saison 2007/08 zugestellt hatte“ (Sächsische Zeitung, 4. Februar 2014).

Und nach der Suspendierung von Peter Pacult gab es bekanntlich erst im Frühherbst 2013 ein unrühmliches Kasperletheater um die Neubesetzung des Trainerstuhls beim amtierenden Zweitligisten, auf dem Ralf Minge aus verschiedenen Gründen damals nicht zu sitzen kam. “Die vergangenen Unstimmigkeiten liegen hinter uns. Die intensiven Gespräche mit dem neuen Aufsichtsrat waren sehr positiv. Es ist eine Basis für ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis entstanden“, zitiert die Sächsische Zeitung aktuell Ralf Minge.

Zuvor hatte in einer einzigen Sitzung der Aufsichtsrat von Dynamo Dresden die sofortige Beurlaubung von Hauptgeschäftsführer Christian Müller und die Freistellung von Steffen Menze als Sportlicher Leiter beschlossen. “Die Trennung von Müller kam zumindest zum jetzigen Zeitpunkt überraschend. Die Freistellung von Menze wurde jedoch erwartet, nachdem der 45-Jährige in der vergangenen Woche bekanntgegeben hatte, dass er den Verein im Sommer nach drei Jahren Amtszeit verlassen wird“ (Dresdner Morgenpost, 4. Februar 2014).

Ralf Minge wird bis spätestens 1. März seine Tätigkeiten aufnehmen, sein Vertrag ist bis Juni 2016 datiert. Erst einmal soll ihm der bisherige zweite Geschäftsführer Ralf Gabriel zur Seite stehen. Allerdings wird diese Stelle “neu ausgeschrieben. Sobald ein neuer kaufmännischer Geschäftsführer gefunden wurde, wird Ralf Gabriel eine andere leitende Position im Verein übernehmen“, teilte Dynamo Dresden mit.

“Ehrlich, konsequent und ohne faule Kompromisse bleibt Minge später auch als Trainer und Manager“, so steht seit 2011 in “Die Stars des DDR-Fußballs“ zu lesen. Dieser Satz hat keine korrigierende Ergänzung verdient – und der Mensch Minge schon gar nicht.

Unbesehen sei ’Mingus’ wiederum in Dresden nur Gutes gewünscht. “Kaputt geht Dynamo nicht durch Fans und Ultras“ (Scotch & Smart).

[Dieser Artikel wurde am 4. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

1. FC Union Berlin: Testspiel unter Pyro-Beleuchtung abgebrochen

In zwei Wochen startet die 2. Bundesliga aus ihrer diessaisonalen Punktspiel-Winterpause. Am 8. Februar empfangen die Unioner dann Dynamo Dresden im heimischen Stadion An der alten Försterei.

In der Vorbereitungsphase auf den Punktspielauftakt wollte der 1. FC Union Berlin am 25. Januar in Stockholm gegen den dort beheimateten Klub Djurgårdens IF fußballerisch testspielen. Doch was stimmungstechnisch durchaus euphorisch empfunden anfing – “Die Stimmung ist prächtig. Beide Seite machen hier richtig Alarm!“ [Union-Liveticker] – kippte dann, sich vom Vorfeld dieses Testspiels quasi wie ein roter Handlungsfaden weiterentwickelnd, letzendlich ins beabsichtigte (?) Gegenteil und endete schließlich mit einem Spielabbruch.

Unterdessen kursieren auf Video-Plattformen sowie in einschlägigen Online-Foren mehr und mehr Aufnahmen vom Geschehen rund um besagte Partie und die Randereignisse.

Anhand auszugsweise leicht redigierter Schilderungen aus dem Liveticker des 1. FC Union Berlin sei es erlaubt, den Nachmittag in Stockholm dokumentarisch nachvollziehbar darzustellen –

(…) [Vor dem Spiel] Keine schönen Szenen jetzt. Fans beider Lager stürmen den Platz. Im schwedischen Block wurde ein Banner eines fast in Vergessenheit geratenen Fußballvereins aus Berlin-Hohenschönhausen hochgehalten. Unschöne Provokation – rechtfertigt natürlich nicht die Reaktion unserer Fans (…)

(…) [Vor dem Spiel] Die Situation beruhigt sich ein wenig. Jetzt ist natürlich die Frage, woher dieses ominöse Banner stammt. Sind etwa nicht nur Unioner aus Berlin angereist? (…)

(…) [Vor dem Spiel] Da kommen die Mannschaften. Sieht so aus, als ob es jetzt losgehen wird. Sehr schön. Jetzt ist das auch die Stimmung, die zu so einem Fußballspiel gehört. Auf beiden Seiten gibt es eine Choreo (…)

(…) [Vor dem Spiel] Nochmals zur Erklärung der unschönen Szenen vor wenigen Minuten: Leider gehen wir stark davon aus, dass sich ein paar Unverbesserliche aus Berlin-Hohenschönhausen auf den Weg gemacht haben, um hier zu stören. Daraufhin sind ein paar Union-Fans auf den Platz gestürmt. Das wiederum veranlasste die DIF-Fans, ebenfalls auf den Platz zu stürmen. Die Einsatzkräfte hatten die Situation jedoch schnell unter Kontrolle (…)

stockholm_25_1_14_bfc_banner
(Gruß aus Hohenschönhausen? – Screenshot: O.M.)

(…) [1. Minute] Anpfiff der ersten Hälfte – Los geht’s. Die Partie läuft endlich!

[3. Minute] Wahnsinn! Freundschaftsspiel, und hier ist eine Stimmung wie beim WM-Finale – nur besser! (…)

(…) [6. Minute] Was für ein wunderschöner Treffer von Chrissi!!! Tusche [Torsten Mattuschka] mit dem Eckball auf den langen Pfosten. Chrissi [Christopher Quiring] steht völlig frei und nimmt die Kugel aus vollem Lauf. Direkt in die untere linke Ecke. Keine Chance für den Keeper. Traumtor! (…)

(…) [20. Minute] Hier entwickelt sich ein richtig gutes Spiel. In jeder Aktion steckt viel Intensität. Beide Teams spielen mit offenem Visier und suchen ihr Glück in der Offensive (…)

(…) [46. Minute] Anpfiff der zweiten Hälfte. Das Spiel geht weiter. Erneut ist dieses unsägliche Banner in der anderen Ecke des Stadions zu sehen. Diesmal bleibt es vergleichsweise ruhig in unserem Block (…)

(…) [52. Minute] Das Spiel ist kurz unterbrochen. Warum wohl? Ein paar aus dem Union-Block wollen allem Anschein nach die Sache mit dem Banner “klären”. Da der Weg über das Feld vorhin nicht geklappt hat, suchen sich die Jungs andere Wege. Aber die Polizei scheint jedoch alles unter Kontrolle zu haben.

[57. Minute] Das Spiel läuft wieder (…)

(…) [64. Minute] Trotz der unschönen Szenen an dieser Stelle nochmal ein Kompliment. Die Stimmung ist für ein Testspiel wirklich fantastisch. Auch was die Heimfans für Stimmung machen, nötigt uns hier oben den höchsten Respekt ab (…)

(…) [69. Minute] Da ist der Ausgleich. Roberto sieht sich Erton Fejzullahu und Aleksander Prijovic gegenüber und kann nicht verhindern, dass sich beide gemeinsam gegen ihn durchsetzen. Fejzullahus’ Schussversuch kann Klinge noch parieren, aber Prijovic drückt die Kugel im Nachschuss über die Linie.

[73. Minute] Das Spiel ist mal wieder unterbrochen. Das ist echt scheiße. Langsam wird es langweilig. Die DIF-Anhänger zünden nach dem Ausgleich Pyro. Die Unioner lassen sich natürlich nicht bitten und machen mit. Wir glauben nicht, dass es hier jetzt noch weitergeht. Sehen kann man hier unter dem Hallendach nicht mehr viel. Dichter Nebel zieht hier durch die Arena. Soeben versuchten die DIF-Fans den Platz zu stürmen, kamen jedoch nicht weit. Das ist wirklich traurig. Wird wohl unser letztes Testspiel in Schweden gewesen sein. Beide Fanlager bekleckern sich hier nicht mit Ruhm. Jetzt ist es offiziell. Das Spiel wurde in der 73. Minute abgebrochen. Damit verabschieden wir uns aus Stockholm. Schade, dass es so enden musste [fc-union-berlin.de/ticker (*)].

[Dieser Artikel wurde am 25. Januar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

(*) Der zitierte Liveticker zur Begegnung Djurgårdens IF vs. 1. FC Union Berlin steht seit 26. Januar 2014 am angegebenen Ort online nicht mehr zur Verfügung.