Archiv der Kategorie: CulturalScene

MedienScreen # 273 [Happy Springtime (War Is Over?)]

[Fundstück] Alexander Osang, “Showdown“, DER SPIEGEL, 27. März 2021 –

(…) stieg ich auf den Mont Klamott, einen Trümmerberg in der Mitte Berlins. Auf der Spitze saßen Leute auf den besprayten Bunkerresten und sahen Richtung Westen, wo die Sonne über einer Skyline unterging, vor der amerikanische Kalter-Krieg-Filme gedreht werden könnten. Sie tranken Wegebiere, rauchten, in ihren Augen leuchtete das Abendrot. Es roch nach Weed. In meinem Kopf sang die unsterbliche Tamara Danz: “Auf dem Dach von Berlin, sind die Wiesen so grün.“ Es wurde Frühling, dachte ich. Der Krieg war vorbei (…)

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[Mont Klamott, Silly (1983) @ YouTube.com]

MedienScreen # 269 [Talk to go]

[Fundstück] Margarete Stokowski, “Talkrunden im TV – Schweigen kann so sexy sein“, SPIEGEL ONLINE, 2. Februar 2021 –

(…) Es ist ein Problem, dass politische Talksendungen unterhalten müssen, aber zugleich eben Themen behandeln, bei deren Behandlung Unterhaltung als Priorität nicht unbedingt hilfreich ist. Das kann manchmal gut gehen, es kann aber eben auch komplett schiefgehen, sodass Talkformate oft nur noch die Karikatur einer echten Diskussion sind. Wobei es durchaus unterhaltsam und zugleich der Sache dienlich wäre, wenn in einer politischen Talksendung eine der befragten Personen nach einer Frage einfach aufsteht, sich die Mikrokabel aus der Kleidung zieht und sagt: “Es tut mir leid, ich muss erst mal einmal um den Block gehen und darüber nachdenken, bin gleich wieder da.“ (…)

MedienScreen # 268 [Kulinarisch kulturelle Kulturlandschaften]

[Fundstück] Alexander Osang, “High Noon am Strand“, DER SPIEGEL, 30. Januar 2021 –

(…) Jeden Morgen lese ich, noch im Bett, in einem speziellen Corona-Newsletter, wie es Künstlern so geht, ohne Publikum, was sie machen, was sie lesen, fernsehen, worüber sie lachen, was sie kochen. Die meisten Kulturschaffenden leben anscheinend vegan. Niemand isst ein Spiegelei zum Frühstück, von Speck will ich gar nicht reden. Die Schlemmer unter den Autoren, Malern, Schauspielern und Musikern essen Porridge mit einem Schuss Hafermilch. Ich frage mich, was das alles mit der deutschen Kunst macht. Um munter zu werden, lese ich anschließend ein paar Kolumnen von Harry Rowohlt, der auf öffentlichen Lesungen rauchte und Whisky trank. Er sah nicht so gesund aus und ist auch schon tot. Seine Texte aber sind sehr lebendig.

Ein klassisches Rowohlt-Zitat lautet: “Freiheit ist, wenn man sich morgens fragt, was man wohl tun wird, Zwang ist, wenn man es weiß.“ (…)