Archiv der Kategorie: MedienScreen

MedienScreen # 108 [UEFA EURO 2016. War da was?]

[Fundstück] Jürgen Roth, “Am See is’ schee“, konkret, 6/2016 –

(…) Fußball heute ist die Pest, ist Parafaschismus, ist ein penetrantes, hysterisches, narzisstisches, größenwahnsinniges System, das aufgeblasenen Ramsch ausspeit, und Spieler und Journalisten sind gemästete, blind befehlsempfangende Paladine. “Sport war früher mal“ (Stefan Erhardt). Möglicherweise.

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Erst wenn der letzte Abstoß geschlagen, die letzte Flanke weggefangen und der letzte Strafstoß vergeben ist, werdet ihr merken, dass Autofähnchen keine Tore schießen (PPQ, Juni 2010).

Remember?

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… & quasi in der Verlängerung noch ein nett klitzekleines Ping-Pong, alldieweil PPQ wiederum MeyView zitiert, in Anbetracht des Zitats zur Zeit aus der Vergangenheit.

Im Auge des Krah

Gute Freunde kann niemand trennen, lautet eine landläufige Weisheit. Und Freunde stehen einander bei, besonders in der Not. Wenn sie echt sind. Über Kameradschaft hinaus.

Mehr oder weniger sinnhafte Volksweisheiten gibt es ja einige. Zuweilen nicht einmal von Parteigrenzen aufzuhalten. Da ist einer in der FDP, ein anderer nennt die CDU seine politische Heimat. Passiert.

Nun gut, einer der beiden sieht sich eher parteipolitisch unabhängig. So als amtierender Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt.

Der andere wiederum, so munkelt es hier und da, erwarb Meriten beispielsweise bei Tätigkeiten als “weltweiter Anwalt der Piusbruderschaft“ mit “Kanzleisitz in Dresden“ (Alternative Dresden News, 5. August 2011).

Einer der beiden, Dirk Hilbert, hat Aufmerksamkeit. Welche auch immer. Allein aus seiner Position heraus. Der andere wiederum sucht offenbar noch die ihm letztendlich vorhergesehene Beachtung. Hier und da.

“’Lange Wickelröcke sind unmoralisch, weil hässlich’. Diese provokante These vertritt Maximilian Krah, der sich selbst als Vollblutanwalt, Vollblutkatholik und Vollblutvater bezeichnet“ (Katholische Nachrichten, 6. Oktober 2015). Plakativ flach herbeizitiertes Beispiel? Geschenkt.

Möglicherweise sucht der Mann aber einfach nur Freunde. Auch über Parteigrenzen hinweg. Oder politische Gruppengräben überwindend. Letztendlich kennen sich Maximilian Krah (CDU) und Dirk Hilbert (FDP) eventualiter ja sogar. In Dresden ist einiges möglich …

Apropos Pegida: Da war doch mal diese Kathrin Oertel. Eben jene, die nunmehr offenbar als Mitarbeiterin für die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt (Oppa, hol’ die Flaggen vom Boden) arbeiten möchte. Na hallo, Frau Oertel kann ja mal Leute kennen. Und scheinbar auch gekannt werden. Zart geschützt und verteidigte politische Freundesbande hier und da? Wer weiß.

Kann man sich Freunde aussuchen? Also: politische? Und sprachlich sodann wehrhaft füreinander einstehen? Die selbst gewählte Wagenburg per se verteidigen? Ohne sich zu kennen? Fragen über Fragen …

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(Screenshot Twitter: O.M.)

Eine literarische Anleihe? In aller Freundschaft? Politisch verbrämt? “Was er unter Freundschaft zu verstehen habe, erfuhr er nie“ (Heinrich Mann in Professor Unrat). Historisch ohne Zusammenhang? Schade. Aber einen Versuch war es wert.

“Wer sich als Mann an Schönheit, und dazu gehört nunmal ein gewisser Sex Appeal, nicht still erfreuen kann, muss an sich arbeiten“ (Maximilian Krah, a.a.O.). Billig aus dem Kontext gezerrt? Unpolitisch? Hat mit der Frage von Matthias Meisner nichts gemein? Und mit der Krah’schen Antwort noch weniger? Bleibt aber einfach mal so stehen. Wie auch immer. Sei’s drum.

Erbärmlich ist wohl manches. Hier und da. Aber das wäre dann schon wieder eine andere Geschichte. In Dresden. Oder anderswo.

– Nachschiebsel vom 16. Juli –

“(…) Vorwürfe, er sei rechtslastig, lässt er an sich abprallen. ’Ich bin realistisch’ (…)“ [“Der Provokateur“, Maximilian Krah porträtiert von Andreas Weller, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 16. Juli 2016]

– Nachschiebsel vom 19. September –

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(Screenshots Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 21. September –

(…) Eine Internetseite, auf der offen zum Austritt aus der CDU aufgerufen wird, und wenige Stunden später ein Fax, das den Abgang offiziell macht: Maximilian Krah hat seinen Unmut über die CDU, ihre Asylpolitik und seinen Austritt zelebriert (…) [Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 21. September 2016]

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(Screenshot Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 8. Oktober –

(…) Kürzlich trat Krah mit großem Aplomb aus der CDU aus – nun geht er den logischen nächsten Schritt: “Ich werde nächste Woche den Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Dresden treffen und mit ihm die Modalitäten meines Beitritts besprechen“ (…) [“CDU-Refugees Welcome“, DER SPIEGEL, 8. Oktober 2016].

MedienScreen # 106 [Pyro Spotlight: Coca-Cola feat. UEFA EURO 2016]

[Fundstück] Marco Bertram, “’Euer Team braucht Euch!’ – Und angefeuert wird mit Rauch und Bengalen“, turus.net, 30. Mai 2016 –

Zugegeben, Werbespots von Coca-Cola interessieren mich nicht das viel zitierte Böhnchen. Als mir im Netz jedoch ein Bericht eines Kollegen “über den Weg“ huschte, wurde ich neugierig. Mal wieder ein Werbespot eines allseits bekannten Weltkonzerns, in dem – weil es so hübsch aussieht – Pyrotechnik zum Einsatz kommt. Und wahrlich, das Mitte April dieses Jahres ins Netz gestellte 30-sekündige Filmchen hat es in sich. Wow! In Sekunde 25 heißt es: “Euer Team braucht Euch!“ und zu sehen ist ein prall gefülltes Stadion. “Deutschland!“ ist Weiß auf Rot in Form einer großen Zettel-Choreo zu lesen. Links und rechts in den Kurven brutzeln dazu die Bengalen. Zwei rote nicht zu übersehende Brandherde. Einmal Unterrang, einmal Oberrang. Und nicht am Zaun, sondern hübsch mittendrin. Richtig Old School. Sieht ja auch besser aus. Einfach runterbrennen lassen die Teile und dann sorgsam unter einen Sitz gelegt. Aber vielleicht kommt ja auch ein netter Ordner mit einem Sandeimer vorbei. Keine Ahnung, was sich die Werbestrategen bei diesem Werbeclip gedacht haben, aber eine Frage stellt sich da schon: Wird solch eine Werbekampagne nicht mit den Verbänden abgesprochen? Immerhin ist Coca-Cola einer der wichtigsten Werbepartner der Fußballgroßveranstaltungen. Oder wurde einfach in Guerilla-Marketing-Manier der Clip ins Netz gehauen? (…)

Wie in einem Kino-Film (Jason Bourne lässt grüßen) gibt es zu Beginn eine Luftaufnahme von Berlin inklusive Telespargel. Ja, die ganze City Ost als Panorama! Meine Fresse, das ganze ZK der SED tanzt bei diesem Anblick in der Gruft. “Ooh, das sieht nicht gut aus. Die deutsche Mannschaft braucht jetzt die Unterstützung der Fans …“ hört man im Hintergrund eine Kommentatorenstimme. Jetzt aber. Wir alle! Gemeinsam! Zusammen packen wir das! Auferstanden aus Ruinen! Aufbau Ost, äh, Aufbau deutsche Nationalmannschaft, äh Mannschaft! Was auch immer! Runter von den Kissen, rauf auf die Straße! Jetzt! Angesprochen werden im Spot “nicht nur Fußballfans“, nein, “alle“ sollen helfen. Dabei sein. Anfeuern. Aus dem Büro direkt zum Stadion. Sogar vom Laufsteg. Und ja, auch die Mütter mit Kinderwagen werden aufgerufen. Und sogar vom Pflegeheim aus soll es direkt zum Ort des Geschehens gehen.

Und plötzlich befinden sich alle auf der Straße. Arme hoch. Deutschlandfahnen wehen. Und im Hintergrund – schön indirekt angeleuchtet (vielleicht legten paar Fans auch ein paar “Breslauer“ hin) – steigt der Rauch auf. Doch bevor es im Dunkeln zur Massenversammlung kommt, ist eine der Sequenzen davor auch bemerkenswert. Eine Nahaufnahme von ein paar Männern, die sich mit den Cola-Flaschen in der Hand auf den Weg machen. Betrachtet man das Ganze mal als Standbild, erkennt man, dass ein paar kernige Kerlchen dabei sind. Voila! Der in der ersten Reihe ganz rechts erscheint fast wie aus “Football Factory!“. Lächelnd zum nächsten Fight. Und die drei Typen im Hintergrund ganz rechts sehen auch aus wie Jungs von der dritten Halbzeit. Bei Sekunde 18 können sich auch zwei, drei Männer in der erstem Reihe sehen lassen. Na geht doch! Da hat die Casting-Abteilung doch mal recht ordentlich gearbeitet. Keine Typen mit bemalten Gesichtern und albernen schwarz-rot-goldenen Perücken. Nein, richtige Kerle! Bereit zu allem!

Vom Weichgespülten mal wieder zurück zu etwas mehr Kernigkeit? Was die Mütter mit Kinderwagen beim Aufmarsch sollen, ist dann jedoch die große Frage. Bei solch hitziger Atmosphäre sollte ein Baby nun vielleicht wirklich nicht mit dabei sein. Sein “Baby“ auf den Schultern hat indes am Ende des Spots einer der charismatischen Typen. Der Mob feiert, die sexy Lady auf den Schultern des Raspelkurzhaarigen schwingt die Arme wie auf einem Konzert, und im Hintergrund wurde wieder fröhlich gezündet. Roter und weißer Rauch wabert – als wäre es das Normalste der Welt – durch die Lüfte.

Schön anzuschauen? Na klar, kann sich sehen lassen. Wäre doch mal was, wenn solch ein Ausleben der Emotionen im realen Fußballleben wieder erlaubt, ja geradezu erwünscht ist. Solange aber im Ligaalltag mit medialen Keulen und verbandstechnischen Knüppeln auf jegliches Ausleben in den Fankurven eingeschlagen wird, ist solch ein Werbespot einfach nur eine reine Farce (…)

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Mit Dank & Gruß an Marco Bertram.