Archiv der Kategorie: ReftLight

“Sturm 34” – under construction by Staatsschutz?

Dresden/Mittweida. Unter den Angeklagten der führenden Kräfte der militant rechtsradikalen Kameradschaft “Sturm 34“ soll sich auch ein V-Mann des Staatsschutzes befinden, der zudem laut Medienberichten maßgeblich an der Gründung der mittlerweile verbotenen Gruppierung beteiligt gewesen sei. Die Behörden halten sich bedeckt.

Publik wurde der Sachverhalt durch ein Hilfeersuchen an den Petitionsausschuss des sächsischen Landtages. Der Petent offenbarte – nach Darstellung der Sächsischen Zeitung – er sei Mitglied einer Neonazi-Kameradschaft in Mittweida und außerdem Informant des Staatschutzes der Chemnitzer Polizei. Ihm sei im Zuge der Ermittlungen gegen die rechtsextremistische Kameradschaft “Sturm 34“ durch die Staatsanwaltschaft zwar eine Kronzeugenregelung angeboten worden, allerdings ist er trotz seiner – wohl szeneinternen – Informationen verurteilt worden und befindet sich nunmehr seit Juli 2007 wegen Körperverletzung in Haft.

Durchaus pikant wird der Sachverhalt allein schon dadurch, dass der Staatsschutz-Informant – angeklagt als einer der führenden Köpfe des “Sturm 34“ – wohl der Einzige der Beschuldigten gewesen ist, der bei der damaligen Gründung des “Sturm 34“ schon volljährig war. Nach einem Bericht der Chemnitzer Freien Presse ist der Fall allerdings noch pikanter. So soll der besagte Informant “bereits vor der Gründung des ’Sturm 34’ im März 2006 mit der Chemnitzer Polizei zusammengearbeitet haben“. Im Juni 2006 dann sei der Staatsschutz-Informant enttarnt worden und wurde daraufhin für kurze Zeit in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen (dpa). Fast unmittelbar folgend gab es die erste Razzia gegen die rechtsextreme Kameradschaft – im April 2007 wurde der “Sturm 34“ verboten.

Das zuständige Innenministerium und auch das Justizministerium halten sich – mit Hinweis auf das laufende Verfahren – bedeckt. Allerdings stellt sich schon die Frage, “ob der Schlägertrupp in Mittweida unter aktiver Mitwirkung eines V-Mannes der Polizei gegründet wurde“ (Sächsische Zeitung). Prozessauftakt gegen die fünf Angeklagten “wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung“ ist am 10. April vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden.

[Dieser Artikel wurde am 3. April 2008 bei redok veröffentlicht.]

Heß-Gedenken vor Bundesverwaltungsgericht

Wunsiedel/Leipzig. Am 25. Juni geht das Tauziehen um das Verbot von Kundgebungen zum vorgeblichen Gedenken an den früheren Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in eine neue juristische Runde. Erstmals befasst sich dann das Bundesverwaltungsgericht mit einem jahrelangen Rechtsstreit, dem ein Verbot des Landratsamtes Wunsiedel gegen die rechtsextremen Zelebrierungen vorangegangen ist.

Das Landratsamt Wunsiedel hatte einen für den 20. August 2005 geplanten rechtsextremistischen Aufmarsch anlässlich des Todestages von Rudolf Heß verboten. Die sterblichen Überreste des vormaligen Hitler-Stellvertreters haben in dem oberfränkischen Ort ihre letzte Ruhestätte gefunden und sind – in zeitlicher Nähe zum Heß-Todestag – seit Jahren Anlass für nicht gerade unerhebliche Aufmärsche der rechtsextremen Szene geworden.

Besagtes Versammlungsverbot wurde durch das Bundesverfassungsgericht bislang zweimal bestätigt – allerdings jeweils in Eilverfahren. Eine letztendliche Entscheidung in der Hauptsache steht bis dato aus. Infolge der bisherigen juristischen Verfahren sahen das Verwaltungsgericht Bayreuth und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das verhängte Versammlungsverbot seitens des Landratsamtes Wunsiedel durch eine 2005 in Kraft getretene Strafrechtsverschärfung bezüglich Neonazi-Veranstaltungen gedeckt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer in einer öffentlichen Versammlung die Würde der NS-Opfer verletzt sowie nationalsozialistische Gewalt und Willkürherrschaft billigt (dpa). Laut dem diesbezüglichen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stört demnach ein Neonazi-Aufmarsch den öffentlichen Frieden.

Im vorigen Jahr waren eine angekündigte Heß-Mahnwache in München verboten, anderweitige diesbezügliche rechtsextreme Aufmärsche allerdings teilweise zugelassen worden. Ein Aufmarsch in Wunsiedel wurde durch das Karlsruher Bundesverfassungsgericht untersagt.

In gut drei Monaten müssen nun die Bundesrichter – unter Beachtung von verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – prüfen, ob die bisherige Beurteilung staatsrechtlich korrekt ist.

[Dieser Artikel wurde am 24. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

Fremdenfeindliche Attacke in Sachsen-Anhalt

Sangerhausen. Eine 29-jährige Vietnamesin ist auf dem Bahnhof der nahe an der thüringischen Grenze gelegenen Stadt von drei unbekannten jungen Männern rassistisch beleidigt, bespuckt und körperlich angegriffen worden.

Der Vorfall ereignete sich bereits am 14. März, wurde von der Polizei in Halle allerdings erst am heutigen Tag bekannt gegeben.

Wie die Nachrichtenagentur ddp berichtet, sei die junge Studentin an besagtem Freitag während ihrer Durchreise auf dem Sangerhausener Bahnhof “aus einer Gruppe von drei unbekannten jungen Männern heraus rassistisch beschimpft und angespuckt“ worden. Zudem hätte ein etwa 21- bis 25-jähriger Mann die Vietnamesin “in Richtung eines einfahrenden Zuges gestoßen, getreten und ins Gesicht geschlagen“.

Die junge Frau habe bei dem Übergriff Prellungen erlitten, konnte sich aber Berichten zufolge selbstständig in einen Zug Richtung Nordhausen retten. Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd hat Ermittlungen aufgenommen.

[Dieser Artikel wurde am 18. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

Nazi-Schmierereien in Westsachsen

Hainichen/Mittweida. Innerhalb weniger Stunden wurden mehrere öffentliche Einrichtungen mit rechtsextremen Parolen verunziert. Die Täter schmierten NS-Symbole und Losungen des verbotenen “Sturm 34“.

Am frühen Abend des 14. März seien am Amtsgericht Hainichen verfassungsfeindliche Symbole entdeckt worden, so die Nachrichtenagentur ddp. Die Polizei geht von einem Tatzeitpunkt zwischen 19 und 21 Uhr aus. Kurz vor Mitternacht wiederum sei dann das Mittweidaer Rathaus Opfer von weiteren Nazi-Schmierereien geworden.

Die Dresdner Morgenpost am Sonntag berichtet dahingehend über gesprayte “Hakenkreuze, SS-Runen, Sturm-34-Schriftzüge und antijüdische Symbole“. Zudem sei Mittweidas Bürgermeister, Matthias Damm (CDU), “im miesesten Nazi-Jargon“ beleidigt worden. Die Parolen reichten – so die Dresdner MoPo – von “Sieg Heil“ über “Mittweida bleibt braun“ hin zu “Freiheit für Tom W.“ und “Damm verrecke Du Jude“. Allerdings schienen die rechtsextremen Aktivisten der deutschen Schriftsprache nicht übermäßig mächtig zu sein, denn “ihre Beleidigungen strotzten vor Rechtschreibfehlern“, wird der Mittweidaer Bürgermeister zitiert, der sich von der Aktion jedoch nicht einschüchtern lassen will.

Unmittelbar nach der Beweissicherung wurden die rechtsextremen Losungen entfernt beziehungsweise notdürftig übermalt. Die Staatsschutz-Abteilung der Kriminalpolizei ermittelt im einschlägig bekannten rechtsextremen Milieu, vermutet wird “an beiden Orten die selbe Tätergruppe“.

[Dieser Artikel wurde am 16. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

Übergriffe im Landkreis Mecklenburg-Strelitz

Neustrelitz. In der Kreisstadt des Landkreises Mecklenburg-Strelitz wurde am Wochenende erst ein Asylbewerber aus dem Libanon tätlich angegriffen und später dann der örtliche jüdische Friedhof geschändet.

Wie mehrere Nachrichtenagenturen berichten, hat im – nach Eigenwerbung inmitten der Mecklenburgischen Seenplatte, eingebettet in eine verträumte Seenlandschaft und weiten, stillen Wäldern liegenden – mecklenburg-vorpommerschen Neustrelitz am Abend des 15. März ein tätlicher Angriff auf einen libanesischen Asylbewerber “von mutmaßlich rechtsextremen Jugendlichen“ (dpa) stattgefunden.

Die augenscheinlich der rechten Szene angehörenden Täter hätten dabei grundlos auf den 30-Jährigen eingeschlagen und ihn beschimpft. Als der Angegriffene vor der Attacke flüchtete, seien Steine und Bierflaschen hinter ihm her geworfen worden, während von den Angreifern dabei immer wieder “Ausländer raus“ intoniert wurde. Der bei dem Angriff ohne nennenswerte Verletzungen gebliebene Libanese sei in der Lage gewesen, die Polizei zu verständigen, welche die drei Tatverdächtigen im Alter von 14, 16 und 18 Jahren nach relativ kurzer Fahndung im Stadtgebiet von Neustrelitz stellen konnte (AP).

In der darauffolgenden Nacht zum Sonntag wurden Teile des jüdischen Friedhofs in Neustrelitz geschändet. So hätten laut Polizeiangaben bisher Unbekannte das schmiedeeiserne Tor des Friedhofes aus den Angeln gerissen und auf dem Friedhofsgelände Grabsteine umgestoßen.

Die Kriminalpolizei Neubrandenburg hat Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Störung der Totenruhe und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung aufgenommen. Zudem werde im Zuge der laufenden Ermittlungen geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen beiden Taten besteht.

[Dieser Artikel wurde am 16. März 2008 bei redok veröffentlicht.]