“Sturm 34“ – ein politisch missglückter Koitus interruptus?

Dresden/Mittweida. Der sächsische Innenminister hatte für die durch ihn letztendlich plakativ verbotene rechtsextrem-militante Kameradschaft wohl nicht alle Facetten im Blick – zur mittlerweile bekannt gewordenen augenscheinlichen Vorgängerorganisation “Division Sächsischer Sturm“ schweigt er bisher.

Die Freie Presse berichtet aktuell – “Wie aus der ’Division Sächsischer Sturm’ in Mittweida der ’Sturm 34’ wurde“ – nach offenbar neu gesichteten Materialien, dass “die gewalttätigen Aktivitäten von Mitgliedern der Gruppe nicht erst im Jahr 2005, sondern bereits im Jahr 2003“ begonnen hätten.

So zitiert die Zeitung beispielsweise einen Sachstandsbericht der Staatsschutzabteilung der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge vom 15. Mai 2006: “Der Großteil dieser Personen [’Sturm 34’] ist als Gruppe schon seit mehreren Jahren unter dem Namen ’Division Sächsischer Sturm’ zusammen, wo sie bereits gemeinsam Straftaten aus politischer Motivation heraus begangen haben.“

Am 21. Mai 2007 formulierte Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU): “Im Zusammenhang mit der verbotenen rechtsextremistischen Kameradschaft ’Sturm 34’ wird von organisierten Übergriffen ausgegangen, die im Jahr 2006 im Landkreis Mittweida durch Mitglieder der Kameradschaft veranlasst und begangen wurden. Da verschiedene Angehörige dieses Personenzusammenschlusses bereits im Jahr 2005 als gemeinsame Tatverdächtige bei rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten ermittelt wurden, ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch diese Taten gezielt begangen worden sind.“

Ein wenig merkwürdig erscheinen Buttolos dahingehende Äußerungen schon, wenn man sie – wie es die Freie Presse getan hat – mit der von ihm selber unterzeichneten Verbotsverfügung gegen den “Sturm 34“ vom April 2007 vergleicht: “In der Nacht vom 04.03. zum 05.03. wurde die Kameradschaft ’Sturm 34’ gegründet. Sie setzt sich im wesentlichen aus Mitgliedern der ehemaligen ’Division Sächsischer Sturm’ zusammen, die sich aus der rechtsextremistischen Szene Mittweida heraus bildete.“ Laut Angaben der Freien Presse habe ein Insider aus der Szene berichtet, “dass ’Sturm 34’ wohl nur gegründet wurde, um ein Verbot der Division ’Sächsischer Sturm’ zu umgehen“.

In den öffentlich zugänglichen Dokumenten des sächsischen Verfassungsschutzes (LfV) findet sich – so die Freie Presse – nur ein einziger Hinweis auf die “Division Sächsischer Sturm“ – und zwar “in einer Aufzählung über rechtsextremistische Bands“. Nach Recherchen spielte der mutmaßliche Rädelsführer von “Sturm 34“ in einer gleichnamigen Band sowie auch in der Vorgänger-Band mit dem Namen “Division Sächsischer Sturm“ – ebenso wie ein weiteres Mitglied des vor einem Jahr offiziell verbotenen “Sturm 34“.

Allein schon das Text-Repertoire der Bands zeige “die wahren Absichten der Truppe“ (Freie Presse):

“Das Dritte Reich muss wieder auferstehn. Die schwarz-weiß-rote Flagge wird wieder wehen.“

“Marschier für deine Sache, stell die Bonner an die Wand. Wir werden uns organisieren, Skinheads werden die Welt regieren.“

Bedeutend schwerer als diese Liedzeilen wiegen wohl allerdings die Straftaten aus dem Umkreis der “Division Sächsischer Sturm“ sowie nachfolgend des “Sturm 34“, die zudem noch nach der augenscheinlichen Enttarnung eines V-Mannes – mittlerweile “Joker“ genannt – und der ersten großen Razzia im Juli 2006 gegen die Kameradschaftsstrukturen weiter verübt worden sind. Das offizielle Verbot des “Sturm 34“ erfolgte im April 2007. Allerdings sei augenscheinlich “die Skinhead-Kameradschaft bereits seit 2003 aktiv [gewesen] und nicht erst ab 2005, wie Behörden und Staatsregierung bislang erklärten“ (ddp).

Zu Fragen “wieso nicht schon die Gründung von ’Sturm 34’ verhindert [wurde], wo doch bekannt war, dass ein Großteil der späteren ’Sturm-34’-Mitglieder bereits in der ’Division Sächsischer Sturm’ aktiv an politisch motivierten Straftaten beteiligt waren“ (Freie Presse), lehnt Sachsens Innenminister Buttolo bislang jede Stellungnahme ab.

[Dieser Artikel wurde am 8. April 2008 bei redok veröffentlicht.]

“Sturm 34” – under construction by Staatsschutz?

Dresden/Mittweida. Unter den Angeklagten der führenden Kräfte der militant rechtsradikalen Kameradschaft “Sturm 34“ soll sich auch ein V-Mann des Staatsschutzes befinden, der zudem laut Medienberichten maßgeblich an der Gründung der mittlerweile verbotenen Gruppierung beteiligt gewesen sei. Die Behörden halten sich bedeckt.

Publik wurde der Sachverhalt durch ein Hilfeersuchen an den Petitionsausschuss des sächsischen Landtages. Der Petent offenbarte – nach Darstellung der Sächsischen Zeitung – er sei Mitglied einer Neonazi-Kameradschaft in Mittweida und außerdem Informant des Staatschutzes der Chemnitzer Polizei. Ihm sei im Zuge der Ermittlungen gegen die rechtsextremistische Kameradschaft “Sturm 34“ durch die Staatsanwaltschaft zwar eine Kronzeugenregelung angeboten worden, allerdings ist er trotz seiner – wohl szeneinternen – Informationen verurteilt worden und befindet sich nunmehr seit Juli 2007 wegen Körperverletzung in Haft.

Durchaus pikant wird der Sachverhalt allein schon dadurch, dass der Staatsschutz-Informant – angeklagt als einer der führenden Köpfe des “Sturm 34“ – wohl der Einzige der Beschuldigten gewesen ist, der bei der damaligen Gründung des “Sturm 34“ schon volljährig war. Nach einem Bericht der Chemnitzer Freien Presse ist der Fall allerdings noch pikanter. So soll der besagte Informant “bereits vor der Gründung des ’Sturm 34’ im März 2006 mit der Chemnitzer Polizei zusammengearbeitet haben“. Im Juni 2006 dann sei der Staatsschutz-Informant enttarnt worden und wurde daraufhin für kurze Zeit in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen (dpa). Fast unmittelbar folgend gab es die erste Razzia gegen die rechtsextreme Kameradschaft – im April 2007 wurde der “Sturm 34“ verboten.

Das zuständige Innenministerium und auch das Justizministerium halten sich – mit Hinweis auf das laufende Verfahren – bedeckt. Allerdings stellt sich schon die Frage, “ob der Schlägertrupp in Mittweida unter aktiver Mitwirkung eines V-Mannes der Polizei gegründet wurde“ (Sächsische Zeitung). Prozessauftakt gegen die fünf Angeklagten “wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung“ ist am 10. April vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden.

[Dieser Artikel wurde am 3. April 2008 bei redok veröffentlicht.]

Heß-Gedenken vor Bundesverwaltungsgericht

Wunsiedel/Leipzig. Am 25. Juni geht das Tauziehen um das Verbot von Kundgebungen zum vorgeblichen Gedenken an den früheren Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß in eine neue juristische Runde. Erstmals befasst sich dann das Bundesverwaltungsgericht mit einem jahrelangen Rechtsstreit, dem ein Verbot des Landratsamtes Wunsiedel gegen die rechtsextremen Zelebrierungen vorangegangen ist.

Das Landratsamt Wunsiedel hatte einen für den 20. August 2005 geplanten rechtsextremistischen Aufmarsch anlässlich des Todestages von Rudolf Heß verboten. Die sterblichen Überreste des vormaligen Hitler-Stellvertreters haben in dem oberfränkischen Ort ihre letzte Ruhestätte gefunden und sind – in zeitlicher Nähe zum Heß-Todestag – seit Jahren Anlass für nicht gerade unerhebliche Aufmärsche der rechtsextremen Szene geworden.

Besagtes Versammlungsverbot wurde durch das Bundesverfassungsgericht bislang zweimal bestätigt – allerdings jeweils in Eilverfahren. Eine letztendliche Entscheidung in der Hauptsache steht bis dato aus. Infolge der bisherigen juristischen Verfahren sahen das Verwaltungsgericht Bayreuth und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das verhängte Versammlungsverbot seitens des Landratsamtes Wunsiedel durch eine 2005 in Kraft getretene Strafrechtsverschärfung bezüglich Neonazi-Veranstaltungen gedeckt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer in einer öffentlichen Versammlung die Würde der NS-Opfer verletzt sowie nationalsozialistische Gewalt und Willkürherrschaft billigt (dpa). Laut dem diesbezüglichen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stört demnach ein Neonazi-Aufmarsch den öffentlichen Frieden.

Im vorigen Jahr waren eine angekündigte Heß-Mahnwache in München verboten, anderweitige diesbezügliche rechtsextreme Aufmärsche allerdings teilweise zugelassen worden. Ein Aufmarsch in Wunsiedel wurde durch das Karlsruher Bundesverfassungsgericht untersagt.

In gut drei Monaten müssen nun die Bundesrichter – unter Beachtung von verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – prüfen, ob die bisherige Beurteilung staatsrechtlich korrekt ist.

[Dieser Artikel wurde am 24. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

Fremdenfeindliche Attacke in Sachsen-Anhalt

Sangerhausen. Eine 29-jährige Vietnamesin ist auf dem Bahnhof der nahe an der thüringischen Grenze gelegenen Stadt von drei unbekannten jungen Männern rassistisch beleidigt, bespuckt und körperlich angegriffen worden.

Der Vorfall ereignete sich bereits am 14. März, wurde von der Polizei in Halle allerdings erst am heutigen Tag bekannt gegeben.

Wie die Nachrichtenagentur ddp berichtet, sei die junge Studentin an besagtem Freitag während ihrer Durchreise auf dem Sangerhausener Bahnhof “aus einer Gruppe von drei unbekannten jungen Männern heraus rassistisch beschimpft und angespuckt“ worden. Zudem hätte ein etwa 21- bis 25-jähriger Mann die Vietnamesin “in Richtung eines einfahrenden Zuges gestoßen, getreten und ins Gesicht geschlagen“.

Die junge Frau habe bei dem Übergriff Prellungen erlitten, konnte sich aber Berichten zufolge selbstständig in einen Zug Richtung Nordhausen retten. Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt-Süd hat Ermittlungen aufgenommen.

[Dieser Artikel wurde am 18. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

Nazi-Schmierereien in Westsachsen

Hainichen/Mittweida. Innerhalb weniger Stunden wurden mehrere öffentliche Einrichtungen mit rechtsextremen Parolen verunziert. Die Täter schmierten NS-Symbole und Losungen des verbotenen “Sturm 34“.

Am frühen Abend des 14. März seien am Amtsgericht Hainichen verfassungsfeindliche Symbole entdeckt worden, so die Nachrichtenagentur ddp. Die Polizei geht von einem Tatzeitpunkt zwischen 19 und 21 Uhr aus. Kurz vor Mitternacht wiederum sei dann das Mittweidaer Rathaus Opfer von weiteren Nazi-Schmierereien geworden.

Die Dresdner Morgenpost am Sonntag berichtet dahingehend über gesprayte “Hakenkreuze, SS-Runen, Sturm-34-Schriftzüge und antijüdische Symbole“. Zudem sei Mittweidas Bürgermeister, Matthias Damm (CDU), “im miesesten Nazi-Jargon“ beleidigt worden. Die Parolen reichten – so die Dresdner MoPo – von “Sieg Heil“ über “Mittweida bleibt braun“ hin zu “Freiheit für Tom W.“ und “Damm verrecke Du Jude“. Allerdings schienen die rechtsextremen Aktivisten der deutschen Schriftsprache nicht übermäßig mächtig zu sein, denn “ihre Beleidigungen strotzten vor Rechtschreibfehlern“, wird der Mittweidaer Bürgermeister zitiert, der sich von der Aktion jedoch nicht einschüchtern lassen will.

Unmittelbar nach der Beweissicherung wurden die rechtsextremen Losungen entfernt beziehungsweise notdürftig übermalt. Die Staatsschutz-Abteilung der Kriminalpolizei ermittelt im einschlägig bekannten rechtsextremen Milieu, vermutet wird “an beiden Orten die selbe Tätergruppe“.

[Dieser Artikel wurde am 16. März 2008 bei redok veröffentlicht.]

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