Sachsen-Anhalt: Haft- und Bewährungsstrafen

Stendal/Burg. Nach einem Überfall Anfang August auf eine vietnamesische Familie wurden jetzt drei Rechtsextremisten verurteilt. Nach dem Überfall waren sie von der Polizei nicht festgenommen worden; später kehrten sie in die Wohnung der Überfallenen zurück und stahlen Einrichtungsgegenstände.

Wie ein Sprecher des Landgerichtes Stendal gegenüber der Nachrichtenagentur ddp erklärte, wurden zwei Angeklagte im Alter von 18 und 19 Jahren zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ein weiterer 38-jähriger Angeklagter erhielt eineinhalb Jahre auf Bewährung. Zusätzlich muss letzterer 500 Euro jeweils an die geschädigte Familie sowie an den Verein Miteinander entrichten.

Die Anklage gegen die drei in der rechtsextremen Szene verorteten Männer lautete auf gemeinschaftliche Körperverletzung, Volksverhetzung und Hausfriedensbruchs, gegen zwei von ihnen zudem auf Einbruch und Diebstahl. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der 18-Jährige muss seine Haftzeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Bernburg verbringen und dort eine Alkoholentziehung machen.

In der Nacht zum 2. August diesen Jahres hatten die drei Männer in angetrunkenem Zustand die Wohnungstür besagter vietnamesischer Familie aufgebrochen und die Eltern, den 14jährigen Sohn, die neunjährige Tochter sowie deren achtjährige Freundin attackiert. Später kehrten die Rechtsextremisten in die inzwischen von den zuvor Anwesenden aus Angst verlassene Unterkunft zurück, stahlen diverse Elektrogeräte und verwüsteten die Wohnung.

Als in jener Nacht zwei an den Tatort alarmierte Polizisten von der zuständigen Einsatzleitung Verstärkung anforderten, wurden sie von ihren Vorgesetzten statt dessen umgehend auf das Polizei-Revier zurück beordert. Der dafür verantwortliche Dienstgruppenleiter und auch sein Stellvertreter wurden daraufhin suspendiert.

[Dieser Artikel wurde am 17. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Anti-Antifa, Behörden und Rechtsstaat

Nürnberg/Dresden. Staatliche Behörden nutzen offenbar bei ihren Ermittlungen auch gern schon mal von der Anti-Antifa veröffentlichte Porträtaufnahmen. In Nürnberg bedienten sich Polizisten bei einer Neonazi-Internetseite, auf der Fotos von Nazigegnern veröffentlicht worden waren.

“Die bayerische Polizei nutzt Internetseiten von Neonazis für Ermittlungen gegen Personen aus dem linken Milieu“, berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ). Dieses eher ungewöhnliche und so nicht vordergründig zu vermutende Vorgehen einer Behörde ist am 12. Dezember von einem Sprecher des Polizeipräsidiums Nürnberg gegenüber der SZ bestätigt worden.

Dem vorausgehend hatten zwei Polizeibeamte bei einem Verfahren vor dem Nürnberger Amtsgericht angegeben, einer älteren Frau zwecks einer angestrebten Täterermittlung mehrere Fotos vorgelegt zu haben, die sie sich von einer rechtsextremen Internetseite besorgt hatten. Die Frau hatte zwei Studenten bei einer in Nürnberg angemeldeten Demonstration gegen den Weltwirtschaftsgipfel fotografiert und gefilmt.

Beide wurden von der 60-jährigen auf Grund einer angeblichen Rangelei wegen Nötigung beschuldigt. In Folge der Fotoschau im braunen Dämmerlicht wurden von der Rentnerin dann zwei Personen angezeigt, die – so die zu Hilfe genommene Anti-Antifa-Darstellung – an Demonstrationen gegen Rechtsextremisten teilgenommen hatten und dabei offenbar von jenen fotografiert worden waren. Die zwei wegen Nötigung Beschuldigten wurden mittlerweile von dem zuständigen Amtsgericht freigesprochen.

Im Nachgang räumte die so agierende Polizeibehörde – in diesem Fall die Nürnberger Polizeiinspektion West – immerhin ein, dass die verwendeten Bilder “’vermutlich illegal’ auf den von Rechtsextremisten publizierten Seiten veröffentlicht wurden“. Allerdings sei eine Verwendung auch solcher Fotos “im Einzelfall“ durchaus gängige Praxis.

Nach Darstellung der SZ rechtfertigten Polizei und Innenministerium das so praktizierte Vorgehen. Schließlich seien Ermittler laut Strafprozessordnung dazu verpflichtet, öffentlich zugängliche Quellen zu nutzen, wolle man sich nicht dem Vorwurf der Strafvereitelung aussetzen.

Vielleicht hätten die staatlichen Organe gut daran getan, sich zumindest ansatzweise darüber zu informieren, wessen “Informationen“ sie sich da in durchaus gängiger Praxis zu bedienen scheinen. Die “Anti-Antifa“ sieht sich als “nationaler Informationsdienst“, der “Infos über linke Gruppen, Personen und antinationale Zusammenhänge“ beschafft und veröffentlicht. Dabei gehen die Macher der Denunziations-Webseiten anonym vor:

“Aus den staatlichen Repressalien/Divergenzen entspringt für uns eine weitere Notwendigkeit, die Notwendigkeit zur Anonymität. Da wir ständig mit der Gefahr leben müssen, dass unsere – von staatlicher Seite eigentlich zu leistende aber meist unterlassene – Arbeit kriminalisiert wird, ist es in den meisten Fällen unserer Aktivitäten versagt, offen aufzutreten. Anti-Antifa-Arbeit ’mit offenem Visier’ wäre in diesem System dümmlich und selbstmörderisch.“

Wer dabei als “linke Gruppen“ oder “antinationale Zusammenhänge“ behandelt wird, hängt allein vom Feindbild und der Definition der Neonazis ab:

“Angriffspunkte sehen wir grundsätzlich überall dort, wo national denkende Personen ausgegrenzt, benachteiligt oder angegriffen werden.“

Auf besagter Internetpräsenz der Anti-Antifa wird übrigens auch beispielsweise der Abgeordnete des Sächsischen Landtages Johannes Lichdi (Bündnis 90/Die Grünen) porträtiert – als “Grüner Linksextremist“. Seit fast einem Jahr bereits ist die Dresdner Anti-Antifa-Akte ein brisantes Thema – geografisch zwar ein wenig fern von Nürnberg, aber doch irgendwie so nah.

[Dieser Artikel wurde am 13. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Braune Spinne im südlichen Osten

Sachsen. Erst jetzt attestiert auch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) mit einer aktuellen Einschätzung der rechtsextremen Szene eine “neue Qualität der Vernetzung“.

So sei es vormals eher regional agierenden Rechtsextremisten aller Couleur aus Sachsen in letzter Zeit mehrfach gelungen, “unter überregionaler Beteiligung und mit konspirativer Koordinierung öffentlichkeitswirksam in Erscheinung zu treten“. Dahingehend aktiv wirksame Strukturen seien besonders in den angrenzenden Bundesländern des Freistaates zu beobachten. Bei den Aktionen – so das LfV – “wurden sowohl ein hohes Maß an Mobilität als auch ein weiträumiger Aktionsradius erkennbar“.

Eines der vom LfV angeführten Beispiele für die staatlicherseits so als neu proklamierten rechtsextremistischen Vernetzungsaktivitäten bezieht sich auf den 1. Mai diesen Jahres. An diesem Tag “kam es – neben weiteren Szeneveranstaltungen – zu drei nicht angemeldeten, von Rechtsextremisten organisierten Demonstrationen in Roßwein (Landkreis Döbeln), Riesa (Landkreis Riesa-Großenhain) und Oschatz (Landkreis Torgau-Oschatz)“. Das LfV weiß nun, dass die Demos “in enger zeitlicher Abfolge mit überwiegend identischem Teilnehmerkreis und unter Verwendung gleicher Themen und Parolen durchgeführt“ wurden und dass der “Großteil der rund 200 Teilnehmer aus Sachsen und Brandenburg“ stammte. Mehrheitlich soll es sich “nach einem szeneinternen Internetbericht“ um “Freie Nationalisten“ gehandelt haben, teilen die Verfassungsschützer mit. Allerdings thematisierte bereits vor Monaten das Antifa Recherche Team Dresden (ART) – detailliert und ausführlicher, als jetzt vom LfV zu lesen – den rechtsextremistischen Kleinstadtmarathon am 1. Mai in Sachsen.

Das LfV, als staatliches Auge auch auf rechtsextreme Umtriebe, informierte augenscheinlich seit spätestens Mai des Jahres die Öffentlichkeit weniger als mehr aktuell, wenn es erst am 11. Dezember eine nun scheinbar völlig “neue Qualität bei der Vernetzung rechtsextremistischer Szenen im Freistaat Sachsen“ feststellt. Allerdings ist resümierend festzuhalten, dass mittlerweile auch dem Landesamt für Verfassungsschutz die öffentlichkeitsheischenden rechtsextremistisch überregional vernetzten Aktionen gegen Behördengebäude als Rache für ein Demo-Verbot und ein brauner Adventsauftritt nicht verborgen geblieben zu sein scheinen – und von der Behörde jetzt umgehend im entsprechenden Zusammenhang veröffentlicht wurden.

[Dieser Artikel wurde am 12. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Brauner Adventsauftritt

Mittweida. Unmittelbar zum eigentlichen Beginn der Bergparade marschierten Nazis durch die westsächsische Kleinstadt.

Am 8. Dezember sollte ab 16 Uhr in Mittweida die traditionelle Parade der Bergmänner stattfinden. Statt dessen demonstrierten rund 150 Rechtsextremisten durch das Spalier von Tausenden Schaulustigen durch die Straßen der Stadt. Berichten zufolge waren die Teilnehmer dieses Aufmarsches teilweise vermummt, riefen Sprechchöre und führten Plakate sowie Transparente mit sich und verteilten Flugblätter. Nach Angaben der Polizei war die Demonstration weder angemeldet noch genehmigt.

Der Nazi-Aufzug im direkten Vorfeld eines regional stark frequentierten öffentlichen Adventsereignisses kann als Ersatzveranstaltung für eine – an diesem Tag im etwas mehr als 100 Kilometer entfernten Bautzen – verbotene Demonstration eingeschätzt werden und scheint Bestandteil einer dem Demonstrationsverbot folgenden “Aktionswelle der Widerstandsbewegung“ (Freie Offensive) zu sein. Mittweida als Ausweichort für Bautzen ist fernerhin garantiert nicht zufällig gewählt worden.

Die Dresdner Morgenpost am Sonntag berichtet: “Tausende Einwohner standen geschockt am Straßenrand“. Bei der Polizei seien zudem “keine Notrufe“ eingegangen, lediglich ein “Insider-Tip“ findet Erwähnung. Gegen 16.30 Uhr beendeten die Rechtsextremisten ihren Auftritt von selbst und waren – offenbar so unbehelligt, wie sie aufgetaucht waren – wieder verschwunden. “Die Bergparade musste 30 Minuten später starten. Der Staatsschutz ermittelt“, erklärte ein Polizeisprecher.

[Dieser Artikel wurde am 9. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

SVP-Schaf-Plakate von Lega Nord kopiert

Schweiz/Italien. Die rechtspopulistische Lega Nord verwendet ein als deutlich ausländerfeindlich erkennbares Plakat der Schweizerischen Volkspartei für eine eigene Kampagne.

Wie die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) berichtet, ist die politisch eindeutig formulierte Sujet-Vorlage der Schweizerischen Volkspartei (SVP) nun auch in Italien aufgetaucht. Im erst kürzlich zurückliegenden Wahlkampf in der Schweiz hatte dieses Plakat durchaus heftigen Reaktionen gegen die so von der SVP mehr als nur fremdenfeindlich plakativ angedeutete Aussage hervorgerufen. Besagtes Plakat der SVP zeigte drei weiße Schafe, die ein schwarzes Schaf sinnbildlich aus dem Schweizer Hoheitsgebiet hinaustreten.

Auf der jetzt aktuell von der Lega Nord verwendeten Darstellung werfen nunmehr drei weiße Schafe ein schwarzes von einer so dargestellten grün-weißen Fläche. Die Parteifarbe der Lega Nord ist bekanntermaßen Grün.

“Wir werden es in ganz Norditalien verteilen“, zitiert SDA den Lega-Senator Roberto Castelli. Auf den abgewandelt aktualisierten SVP-Plakaten sind neben der comicartig gehaltenen Zeichnung die beiden Parolen “Aufenthaltsrecht nur den ehrlichen Ausländern, die arbeiten“ und “Sichert unser Haus“ zu lesen.

Erst vor wenigen Tagen hatte ein Kommunalpolitiker der Lega Nord für Aufsehen gesorgt. Giorgio Bettio, Mitglied des Gemeinderats von Treviso, hatte verlangt, dass Immigranten drei Monate lang unter Kontrolle gestellt werden, um ihr Verhalten zu überprüfen. “Mit den Immigranten muss man SS-Methoden anwenden: Zehn Einwanderer bestrafen, wenn einer gegenüber einem italienischen Staatsbürger straffällig wird“, sagte Bettio.

Der ebenfalls der Lega Nord angehörende Vize-Bürgermeister von Treviso, Gianfranco Gentilini, hatte vor einigen Monaten seine Mitbürger aufgefordert, keine Wohnungen an Ausländer zu vermieten oder zu verkaufen. Im August hatte Gentilini eine “ethnische Säuberung“ von Schwulen angekündigt.

In Deutschland sind die von der SVP stammenden Schaf-Plakate von der NPD Hessen unter der Überschrift “Wir räumen auf“ zum Einsatz im Landtagswahlkampf abgekupfert worden.

[Dieser Artikel wurde am 7. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

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