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Parteitag in Sachsen-Anhalt: NPD will Spitzeln ans Vermögen

Weddersleben. Ihren Landesparteitag hat die NPD Sachsen-Anhalt am 2. Dezember in Weddersleben (Landkreis Quedlinburg) abgehalten. Als Landesvorsitzender wurde Andreas Karl bestätigt. Laut Beschluss des Parteitags will die NPD solchen Vorstandsmitgliedern ans Privatvermögen, die für den Verfassungsschutz arbeiten.

Noch vor der Vorstandswahl beschlossen die Rechtsextremen, dass alle künftigen Vorstandsmitglieder eine schriftliche “Ehrenerklärung“ abgeben müssen, wonach sie nicht für den Verfassungsschutz oder einen “anderen Geheimdienst der BRD oder der Besatzer“ arbeiten. Über eine solche Erklärung hinaus müssen sich jedoch nach dem Willen des Parteitags alle gewählten Vorstandsmitglieder bei einem Notar verpflichten, “beim Bruch der Ehrenerklärung mit ihrem Privatvermögen bürgen zu müssen“.

Als Landesvorsitzender wurde Andreas Karl wiedergewählt, der sich gegen die Gegenkandidatin Carola Holz (Wolfen, Landkreis Bitterfeld) durchsetzte. Sie wurde anschließend zur stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt, als weitere Stellvertreter amtieren Andreas Kittner (Magdeburg) und Volkmar Neugebauer (Merseburg). Als Beisitzer im Landesvorstand fungieren Jens Bauer (Magdeburg), Matthias Heyder (Wernigerode), Henry Kurt Lippold (Hettstedt), Peter Machleid (Halle) sowie Judith Rothe (Sotterhausen). Dort ebenfalls stimmberechtigt ist Philipp Valenta in seiner Funktion des Landesvorsitzenden der Jungen Nationaldemokraten (JN).

Valenta, ehemaliger JN-Landesvorsitzender und stellvertretender NPD-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz, wurde im April 2002 in Trier zu einem Arbeitseinsatz in einem Tierheim verurteilt, weil er in einem Kino eine Waffe getragen hatte. Im September 2002 verurteilte ihn das Amtsgericht Trier wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen; der damals 20-jährige Schüler Valenta hatte bei einer NPD-Party einen betrunkenen Gesinnungsgenossen geschlagen und getreten. Valenta wurde im November 2005 zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der JN gewählt.

Mit dem Parteitag hat die NPD Sachsen-Anhalt die enge Zusammenarbeit mit Neonazi-Gruppen der so genannten “Freien Kräfte“ weiter vertieft. Laut Parteitagsbeschluss steht ab sofort im “öffentlichen Teil“ der NPD-Landesvorstandssitzungen “immer“ einem Vertreter der “Freien Kräfte“ Rederecht zu. Des weiteren wurde der jetzige Landesvorstand vom Parteitag aufgefordert, “die Volksfront mit den freien Kräften unbedingt zu stärken“.

Per Mehrheitsbeschluss gaben die Delegierten dem als “NPD-Mitglied“ bezeichneten Andreas Biere (Magdeburg) Rederecht auf dem Parteitag. Der als Kader der “Kameradschaft Festungsstadt Magdeburg“ bekannte Biere ließ sich laut Bericht auf der NPD-Webseite über die “Wichtigkeit des Volksfrontgedankens“ aus und gab seine Meinung zur vergangenen Arbeit des Landesvorstandes und “einiger seiner Mitglieder“ kund.

[Dieser Artikel (Olaf Meyer/Albrecht Kolthoff) wurde am 5. Dezember 2006 bei redok veröffentlicht.]

Da waren’s nur noch acht

Dresden. Mit zwölf Abgeordneten war die NPD im September 2004 in den Sächsischen Landtag eingezogen – jetzt sind es nur noch acht. Nach einem geheim durchgeführten Votum ist Klaus-Jürgen Menzel heute einstimmig aus der NPD-Fraktion ausgeschlossen worden. Vordergründig wurde der Rauswurf Menzels mit finanziellen Unregelmäßigkeiten des Landtagsabgeordneten begründet. Kolportiert wird in diesem Zusammenhang das schwebende Ansinnen der Finanzbehörden, auf Menzels Diäten zugreifen zu wollen. Bereits vor einem Jahr waren drei NPD-Abgeordnete aus der Partei ausgetreten.

Menzel hatte erst vor wenigen Tagen für Aufmerksamkeit gesorgt , als er sich – nicht zum ersten Mal – unmissverständlich zum Nationalsozialismus bekannte, Adolf Hitler einen “großen Staatsmann“ nannte und darüber hinaus erklärte: “Zum Führer stehe ich nach wie vor.“ Nachfolgend leise angedeuteter Kritik aus den eigenen Parteireihen hielt Menzel entgegen: “Wir dürfen uns doch nicht immer nur verkriechen“. Prompt handelte sich Menzel Strafanzeigen von SPD- und CDU-Abgeordneten wegen Volksverhetzung ein, denen die Staatsanwaltschaft jetzt nachgeht.

Der NPD-Führung konnten solch grobe Nazi-Lobeshymnen durchaus nicht recht sein, denn dort betreibt man neonazistische Politik lieber unterhalb der Strafbarkeits-Schwelle. Dennoch blieb heute Johannes Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der NPD im sächsischen Landtag, bei Allgemeinplätzen. Menzel vertrete nicht die Meinung von Fraktion und Partei, sagte Müller, vermied es aber, sich eindeutig vom Hitler-Lob Menzels zu distanzieren. “Er ist ein alter Mann“, tat Müller den Nazi-Lautsprecher Menzel ab.

Tatsächlich hatte Menzel die Presse schon auch mal mit eher abseitigen Sprüchen beglückt, wie etwa: “Odin ist in uns, wir sind die Kinder der Eiche“. Solche Weisheiten wie auch Menzels Hitler-Verehrung seien aber, so Johannes Müller heute, nicht der entscheidende Grund für den Rauswurf – an den NS-Parolen hat sich die sächsische NPD offenbar nicht gestört.

Kein Widerspruch kam von der NPD auch zu Menzels deutlich postulierten geopolitischen Ansprüchen, über die das Online-Magazin Telepolis bereits im Juli 2005 berichtete: “Unser Land geht von den blauen Bergen der Vogesen bis zu der Mühle von Tauroggen. Von der Königsau in Nordschleswig bis nach Brixen in Südtirol. Und keinen Quadratmeter weniger!“

In einer heute verbreiteten Pressemitteilung der NPD-Fraktion unter dem Titel “Für saubere Verhältnisse auch in den eigenen Reihen“ wurde über Menzels Nationalsozialismus-Bezug keine Silbe verloren. Gegenüber der Presse erklärte Johannes Müller die Hitler-Sprüche vage als Menzels “Privatmeinung“. Das “notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Herrn Menzel und den anderen Abgeordneten“ sei nicht mehr gegeben, heißt es weiter in der Fraktions-Mitteilung. Unmittelbarer Auslöser für den Menzel-Rauswurf sei der Brief einer 80-jährigen Frau aus Norddeutschland gewesen, die sich “aus Verzweiflung“ an die Fraktion gewandt habe. Menzel habe sich von ihr einen vierstelligen Betrag geliehen, sie dann aber mit der Rückzahlung “über Monate“ hingehalten.

“Nach und nach“ seien weitere finanzielle Unregelmäßigkeiten Menzels bekannt geworden, so etwa eine Verurteilung wegen Subventionsbetrug, die er der Fraktion verschwiegen habe, “betrügerische Jagdreisen“, nicht zurückgezahlte Darlehen von Gesinnungsgenossen sowie Mietschulden und erhebliche Steuerschulden. Ein Finanzamt soll versucht haben, die Abgeordneten-Diäten von Menzel zu pfänden.

Die Fraktion hatte Menzel schon seit einiger Zeit nicht mehr im Landtagsplenum reden lassen. Dem Rauswurf aus der Fraktion soll auch ein Partei-Ausschlussverfahren folgen, das die Fraktion beim Parteivorstand beantragen will.

Der Fraktionsvorsitzende Holger Apfel gab den Saubermann und teilte mit, gerade angesichts des aktuellen Falls eines “betrügerischen ehemaligen Funktionärs in Thüringen“, der die Partei finanziell schwer belaste, wolle man “das Fehlverhalten Einzelner“ konsequent ahnden.

Im letzten Jahr hatte die sächsische NPD-Landtagsfraktion erhebliche Probleme gehabt, den vorgeschriebenen Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2004 vorzulegen. Anfang Dezember 2005 erteilte Holger Apfel den Auftrag an den Wirtschaftsprüfer Werner Linn und legte den Bericht dann erst Anfang 2006 vor. Anfang Oktober 2006 berichtete das Nachrichtenmagazin Focus über eine Untersuchung der Parlamentsverwaltung, die in mehreren Schreiben an den Rechnungshof massive Hinweise auf Missbrauch von Fraktionsmitteln für die NPD-Parteiarbeit gegeben hatte.

Schon vor seinen Hitler-Lobpreisungen war Menzel ins Visier der Strafverfolger geraten. Bereits vor einem Monat verlor er seine Immunität als Landtagsabgeordneter, weil er wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung vor Gericht muss. Nach Erkenntnis der Staatsanwaltschaft Dresden hatte Menzel einem Neonazi ein falsches Alibi verschafft, der bei Demonstrationen mehrfach auf politische Gegner eingeprügelt hatte.

Ende letzten Jahres waren die drei Abgeordneten Mirko Schmidt, Jürgen Schön und Klaus Baier aus der NPD ausgetreten. Mit der jetzigen Schrumpfung auf acht Abgeordnete muss die NPD-Landtagsfraktion mit weiteren finanziellen Einbußen rechnen, denn die vom Steuerzahler aufgebrachten Fraktionsmittel bemessen sich an der Größe der Landtagsfraktion. Nach Menzels Rauswurf verringern sich die Fraktionsmittel monatlich um 2.380 Euro, sagte ein Landtagssprecher.

[Dieser Artikel (Olaf Meyer/Albrecht Kolthoff) wurde am 14. November 2006 bei redok veröffentlicht.]