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Hooligans Elbflorenz: Im Karussell der Gerichte

Am 13. November dieses Jahres endete in Dresden ein erneuter Prozess gegen drei Männer der Führungsriege der Hooligans Elbflorenz mit so nicht erwartet harten Strafen. Das Landgericht fällte zwei Urteile ohne Bewährung über drei Jahre und zehn Monate sowie zwei Jahre und drei Monate und eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Das Dresdner Landgericht hatte am 29. April 2013 fünf Männer wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise auch Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Durch die Staatsanwaltschaft wurden sie beschuldigt, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Gerichtsauftakt im Verfahren war am 24. August 2011.

Nach dem Revisionsprozess verkündete der Bundesgerichtshof (BGH) am 22. Januar 2015 seinen Urteilsspruch (3 StR 233/14), dem zufolge Hooligan-Gruppen grundsätzlich als kriminelle Vereinigungen angesehen werden können. Gleichzeitig wurde das Urteil des Landgerichts Dresden zum Teil aufgehoben und an selbiges zurück verwiesen. Verteidiger Endrik Wilhelm legte am 9. April 2015 “im Namen aller fünf Angeklagten“ gegen das Grundsatzurteil des BGH Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Auch die drei erneuten Urteile des Dresdner Landgerichts werden von der Verteidigung der Angeklagten – wiederum vor dem BGH – angefochten werden. Verteidiger Martin Wissmann bezeichnete das Strafmaß “fernab von Gut und Böse“ und sprach von einem “politischen Urteil“. “Wenn schon die Gerichte so lange brauchen, um ein Urteil zu finden, wie sollten dann die Angeklagten erkennen, dass sie sich strafbar gemacht haben?“, wird der Anwalt zitiert.

Darüber hinaus berichtet aktuell die Sächsische Zeitung, dass die Staatsanwaltschaft im Komplex Hooligans Elbflorenz “bis zu 40 weitere Verdächtige anklagen“ will. Etwa zehn davon sollen sich auch vor der Staatsschutzkammer wegen Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung verantworten müssen, so Oberstaatsanwalt Jürgen Schär in wiederholter Bestätigung seiner vormaligen Ankündigung vom Mai 2013. “In dem ersten Dresdner Hooligan-Verfahren ist also längst noch kein Ende in Sicht“, resümiert Gerichtsreporter Alexander Schneider.

Hooligans Elbflorenz: Higher Court?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 22. Januar dieses Jahres sein Urteil (3 StR 233/14) im Verfahren gegen die Hooligans Elbflorenz verkündet, dem zufolge Hooligan-Gruppen nunmehr grundsätzlich als kriminelle Vereinigungen angesehen werden können.

Das Landgericht Dresden verurteilte am 29. April 2013 fünf Männer wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise auch Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Die Angeklagten standen seit 24. August 2011 vor Gericht. Durch die Staatsanwaltschaft wurden sie beschuldigt, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Die Verteidigung der Beschuldigten war nach dem Dresdner Urteilsspruch vor dem BGH in Revision gegangen.

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(Screenshot: YouTube.com)

Die Sächsische Zeitung lässt aktuell ihren Gerichtsreporter Alexander Schneider einen wohl allerdings eher als vorläufig einzuordnenden Rundblick (“Abpfiff für die Hooligans“) nach dem BGH-Urteil über die bundesweite Hooligan-Szene als solche – und mit Sicht auf die Hooligans Elbflorenz im Besonderen – relativ ausführlich resümieren.

(…) Die Polizei kann mit diesem BGH-Urteil nun überall in Deutschland gegen Hooligans wegen “Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermitteln, wenn sie dem Verdacht solcher konspirativen Wettkämpfe nachgeht. Dabei ermöglicht der oft als Schnüffelparagraf kritisierte Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs deutlich mehr als in “üblichen“ Fällen von Körperverletzung: Telefonüberwachungen, Funkzellenabfragen, Observationen, den Einsatz verdeckter Ermittler und dergleichen mehr (…) [Sächsische Zeitung, 10. April 2015]

Martin Wissmann, Anwalt eines der Beschuldigten, wiederum sieht im “BGH-Urteil ’eine Art Gesinnungsstrafrecht’: Es sei der Versuch, Hooligan-Wettkämpfe als gesellschaftlich nicht erwünschtes Phänomen ’von den Straßen zu beseitigen’“. Ein weiterer Verteidiger, Endrik Wilhelm, habe zudem nunmehr am 9. April “im Namen aller fünf Angeklagten Beschwerde gegen das BGH-Urteil beim Bundesverfassungsgericht“ eingelegt. Dabei sei beim weiteren Verfahren vor dem Verfassungsgericht des Bundes einer der Kritikpunkte “die Feststellung zur Sittenwidrigkeit“.

[Dieser Artikel wurde am 10. April 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz – stay rules?

Am 29. April 2013 verurteilte das Landgericht Dresden fünf Männer wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise auch Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Die Angeklagten standen seit 24. August 2011 vor Gericht. Durch die Staatsanwaltschaft wurden sie beschuldigt, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

Die Verteidigung der Beschuldigten kündigte nach dem damaligen Urteilsspruch umgehend eine Revision vor dem Bundesgerichtshof an. “Die Urteile wurden noch nicht zugestellt“, wurde zwischenzeitlich allerdings erst Anfang des Jahres 2014 kolportiert.

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(Foto: O.M.)

In der heutigen Sächsischen Zeitung wundert sich nunmehr Gerichtsreporter Alexander Schneider – bei einem anderweitigen Verfahren vor dem Dresdner Amtsgericht (“Dynamo-Schlachtenbummler wegen Raubes verurteilt“) – randseitig ein wenig über Stadion-Verbote hin oder her …

“(…) Apropos Stadion-Verbote: Während der Angeklagte wie viele Dynamo-Schläger sehr schnell noch im Ermittlungsverfahren aus den Stadien verbannt wurde, gilt das offenbar nicht für vier der fünf mutmaßlichen Rädelsführer der sogenannten ’Hooligans Elbflorenz’. Die Männer wurden im April 2013 am Landgericht teilweise zu Haftstrafen von mehr als vier Jahren verurteilt – doch die Männer besuchen weiter Dynamo-Spiele, als wäre nichts gewesen.“

So lange sich sonst niemand wundert. Aber vielleicht könnte man ja beim Pressesprecher von Dynamo Dresden, Henry Buschmann, einmal nachfragen …

[Dieser Artikel wurde am 25. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Ein Oberstaatsanwalt spricht über …

Das Landgericht Dresden hat am 29. April dieses Jahres fünf Männer wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise auch Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung, verurteilt. Die Angeklagten standen seit 24. August 2011 vor Gericht. Durch die Staatsanwaltschaft wurden sie beschuldigt, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Unterdessen kündigten am 6. Mai alle zehn Verteidiger eine Revision des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof an.

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(Foto: O.M.)

Die Sächsische Zeitung publizierte nunmehr am 16. Mai in ihrer Print-Ausgabe – Headline und Teaser: “Rechte Kampagnen und heimliche Schießübungen im Wald – Oberstaatsanwalt Jürgen Schär spricht nach dem Prozess gegen Dresdner Hooligans über die Schnittmenge zwischen Fußball-Gewalttätern und der Neonazi-Szene“ – ein Interview ihres Gerichtsreporters Alexander Schneider [A.S.] mit Oberstaatsanwalt Jürgen Schär [J.S.].

Nachfolgend sei es erlaubt, einige Passagen besagten Interviews zu dokumentieren –

[A.S.] – Herr Schär, vor Kurzem wurden fünf Angeklagte zu Strafen von bis zu vier Jahren Haft verurteilt. Was bedeutet das Urteil gegen die “Hooligans Elbflorenz“ für die weiteren Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft?

[J.S.] – Die Staatsschutzkammer des Landgerichts hat alle fünf Angeklagten auch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Damit folgt das Gericht unserer Rechtsauffassung. Es war das erste Verfahren gegen Hooligans nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs in Deutschland. Hinzu kommt, dass erstmals auch einvernehmliche Hooligan-Matches als strafbar angesehen wurden. Für unsere Verfahren hat das eine große Bedeutung.

(…)

Die Einleitung der Ermittlungsverfahren gegen die Gruppe im Frühjahr 2009 folgte dem Bedürfnis, eine intensive Strafverfolgung zu betreiben. Wir hatten schon vor rund zehn Jahren eine zunehmende Kriminalisierung der gewaltbereiten Fußballfan-Szene beobachtet (…) Wir stellten dabei fest, dass darunter auch zunehmend gewaltbereite Rechtsextremisten waren. Offenbar nutzten sie die Hooligan-Auseinandersetzungen als Training.

[A.S.] – Hooligans und Rechtsextremisten schlagen gemeinsam los?

[J.S.] – Ja, natürlich. Unser Verdacht war, die Rechten suchen gezielt Erfahrung im Straßenkampf. Die Neonazi-Szene hat sich verändert. Im Jahr 2000 gab es 50 Kameradschaften in Sachsen, heute sind es nur noch 15. Die Täter suchen sich neue Betätigungsfelder, moderne Aktionsplattformen, nutzen das Internet. Sie sind weniger organisations-, sondern vielmehr aktionsbetont (…) So wurden auch Hooligans für sie attraktiv.

[A.S.] – Wurden die “Hooligans Elbflorenz“ von Neonazis unterwandert?

[J.S.] – Das würde ich so nicht sagen. Es ist aber eine Gruppe “mit braunen Einsprenkelungen“, wie ich es nenne. Nicht alle Hooligans sind rechtsextrem, aber unter den Mitgliedern gibt es natürlich eine große geistige Nähe, eine gemeinsame Schnittmenge (…)

[A.S.] – Wie gerieten die “Hooligans Elbflorenz“ ins Visier der Staatsanwaltschaft?

[J.S.] – Den Ausschlag für das Ermittlungsverfahren gab der organisierte Überfall auf türkische Lokale in der Dresdner Neustadt im Juni 2008. Die Vorgehensweise, der Modus Operandi, zeigte, dass hinter den “Dönerüberfällen“ eine hierarchisch gegliederte, gut geführte Organisation steht. Wir mussten die gewalttätigen Hooligans aus ihren Strukturen reißen – sonst wäre es nicht gelungen, auch den Anführer zur Verantwortung zu ziehen, der sich selbst nicht aktiv an dem Überfall beteiligt hatte, aber im Hintergrund wirkte.

[A.S.] – Yves L. erhielt in dem 92-tägigen Prozess vier Jahre Gefängnis. Seine Verteidiger wollen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof anfechten. Sie auch?

[J.S.] – Nein, warum sollten wir in Revision gehen? Das Urteil geht so in Ordnung. Für uns ist es wichtiger, endlich auch die übrigen Mitglieder dieser Gruppe anzuklagen. Wir haben insgesamt gegen mehr als 40 Beschuldigte ermittelt. Etwa ein Dutzend Männer werden wir jetzt auch vor der Staatsschutzkammer anklagen (…)

[A.S.] – Erwarten uns wieder so lange Prozesse?

[J.S.] – Davon gehe ich nicht aus. Es wird jetzt einfacher sein, den Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nachzuweisen. Eines muss ich hier aber einmal deutlich sagen: Die Ermittlungen waren sehr umfangreich und aufwendig. Aber diese Hooligan-Gruppe hat den Rechtsfrieden massiv bedroht. Man darf den Erfolg dieses Verfahrens, der Ermittlungen und des Prozesses nicht allein unter betriebswirtschaftlichen Kosten-und-Nutzen-Gesichtspunkten betrachten, wenn man diese Form der organisierten Kriminalität erfolgreich bekämpfen will (…)

[A.S.] – Dem Beobachter drängt sich der Eindruck auf, die Dresdner Staatsanwaltschaft führt besonders viele solcher Strukturverfahren gegen Hooligans und mutmaßliche Extremisten. Wie viele Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gibt es derzeit?

[J.S.] – Na ja, zu den Beschuldigten der Hooligans-Gruppe kommen schon noch einige Komplexe hinzu. Die Verfahren sind doch bekannt. Wir ermitteln gegen mehr als 100 Beschuldigte der “Faust des Ostens“, auch Gewalttäter im Dresdner Fußball-Umfeld. Darüber hinaus haben wir größere Verfahren (…)

[Dieser Beitrag wurde am 16. Mai 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Munteres Gerichtstreiben

Während dnn-online.de in der vorvorigen Woche wohl etwas voreilig bereits den bevorstehenden Abschluss im Prozess um die Hooligans Elbflorenz am Dresdner Landgericht vermeldete, geht derweil das Treiben vor dem Gericht in der sächsischen Landeshauptstadt scheinbar etwas munterer als sonst nach wie vor weiter vor sich hin.

“Unter journalistischen Gesichtspunkten war die gestrige Vernehmung [am 28. Februar] eines Justizbediensteten ein Glanzlicht im oft staubtrockenen Hooligan-Prozess am Landgericht Dresden. Der 45-Jährige berichtete als Zeuge, wie er im Mai 2009 die ’akustische Überwachung’ eines Gesprächs von drei der nun fünf angeklagten Hooligans erlebt hatte. Zwei Polizisten versteckten damals eine Wanze im Schirm einer Deckenlampe, um die Unterhaltung mitzuschneiden. Es war das einzige Mikrofon im Besucherraum des Dresdner Gefängnisses. Der Lauschangriff sollte kläglich scheitern. ’Das können wir vergessen’, habe einer der Polizisten danach gesagt, berichtete der Justizvollzugsbeamte“ (Sächsische Zeitung, 1. März).

Wie Gerichtsreporter Alexander Schneider (Sächsische Zeitung) weiter formuliert, sei nunmehr klar, “dass die Ermittlerin, die ein eineinhalbseitiges Protokoll dieser Unterhaltung erstellt hatte, gar nicht anwesend war, etwa um das Gespräch live mitzuhören“.

Und die Verteidiger der Angeklagten fragen sich schon wiederholt sowie nunmehr erneut, “wie die Beamtin in der Lage war, aus den unverständlichen Gesprächsfetzen einen Sinn zu erkennen“.

Überraschenderweise wurde allerdings durch einen Verteidiger für den nächsten Verhandlungstag eine Einlassung seines Mandanten angekündigt. “Es wäre die erste Aussage eines der Angeklagten in dem Prozess überhaupt“ (Sächsische Zeitung).

Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Für den Prozess wurden anfangs ursprünglich rund 30 Verhandlungstage angesetzt.

[Dieser Artikel wurde am 4. März 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]