Schlagwort-Archive: CDU

MedienScreen # 126 [Urlaubsgrüße?]

[Fundstück] DER SPIEGEL, 10. September 2016 –

(…) Aufrufe zum Ferienboykott hatte es bereits nach dem guten Abschneiden der AfD in Sachsen-Anhalt gegeben, bis sich herausstellte, dass dort kaum jemand freiwillig Urlaub macht. In Mecklenburg-Vorpommern mit seinen über sieben Millionen Touristen pro Jahr ist das anders (…)

Markus Feldenkirchen, “Antifaschistisch im Strandkorb“

(…) Diese Woche fragten deutsche Medien: “Kann man noch Urlaub auf Usedom machen?“ Die AfD war bei der Landtagswahl am Sonntag in den meisten Gemeinden auf der Insel auf über 30 Prozent gekommen. Dabei liegt die größte Hochburg der Rechtspopulisten eigentlich 20 Kilometer weiter westlich. In der kleinen Gemeinde Blesewitz stimmten 48,2 Prozent für die AfD und 17,3 Prozent für die NPD, insgesamt zwei Drittel der Wähler. Die SPD kam gerade noch auf sechs Stimmen (5,5 Prozent), die CDU auf zehn (9,1). Aber hier will sowieso niemand Urlaub machen (…)

Laura Backes, “’Nischt is’ passiert’“

Im Auge des Krah

Gute Freunde kann niemand trennen, lautet eine landläufige Weisheit. Und Freunde stehen einander bei, besonders in der Not. Wenn sie echt sind. Über Kameradschaft hinaus.

Mehr oder weniger sinnhafte Volksweisheiten gibt es ja einige. Zuweilen nicht einmal von Parteigrenzen aufzuhalten. Da ist einer in der FDP, ein anderer nennt die CDU seine politische Heimat. Passiert.

Nun gut, einer der beiden sieht sich eher parteipolitisch unabhängig. So als amtierender Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt.

Der andere wiederum, so munkelt es hier und da, erwarb Meriten beispielsweise bei Tätigkeiten als “weltweiter Anwalt der Piusbruderschaft“ mit “Kanzleisitz in Dresden“ (Alternative Dresden News, 5. August 2011).

Einer der beiden, Dirk Hilbert, hat Aufmerksamkeit. Welche auch immer. Allein aus seiner Position heraus. Der andere wiederum sucht offenbar noch die ihm letztendlich vorhergesehene Beachtung. Hier und da.

“’Lange Wickelröcke sind unmoralisch, weil hässlich’. Diese provokante These vertritt Maximilian Krah, der sich selbst als Vollblutanwalt, Vollblutkatholik und Vollblutvater bezeichnet“ (Katholische Nachrichten, 6. Oktober 2015). Plakativ flach herbeizitiertes Beispiel? Geschenkt.

Möglicherweise sucht der Mann aber einfach nur Freunde. Auch über Parteigrenzen hinweg. Oder politische Gruppengräben überwindend. Letztendlich kennen sich Maximilian Krah (CDU) und Dirk Hilbert (FDP) eventualiter ja sogar. In Dresden ist einiges möglich …

Apropos Pegida: Da war doch mal diese Kathrin Oertel. Eben jene, die nunmehr offenbar als Mitarbeiterin für die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt (Oppa, hol’ die Flaggen vom Boden) arbeiten möchte. Na hallo, Frau Oertel kann ja mal Leute kennen. Und scheinbar auch gekannt werden. Zart geschützt und verteidigte politische Freundesbande hier und da? Wer weiß.

Kann man sich Freunde aussuchen? Also: politische? Und sprachlich sodann wehrhaft füreinander einstehen? Die selbst gewählte Wagenburg per se verteidigen? Ohne sich zu kennen? Fragen über Fragen …

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(Screenshot Twitter: O.M.)

Eine literarische Anleihe? In aller Freundschaft? Politisch verbrämt? “Was er unter Freundschaft zu verstehen habe, erfuhr er nie“ (Heinrich Mann in Professor Unrat). Historisch ohne Zusammenhang? Schade. Aber einen Versuch war es wert.

“Wer sich als Mann an Schönheit, und dazu gehört nunmal ein gewisser Sex Appeal, nicht still erfreuen kann, muss an sich arbeiten“ (Maximilian Krah, a.a.O.). Billig aus dem Kontext gezerrt? Unpolitisch? Hat mit der Frage von Matthias Meisner nichts gemein? Und mit der Krah’schen Antwort noch weniger? Bleibt aber einfach mal so stehen. Wie auch immer. Sei’s drum.

Erbärmlich ist wohl manches. Hier und da. Aber das wäre dann schon wieder eine andere Geschichte. In Dresden. Oder anderswo.

– Nachschiebsel vom 16. Juli –

“(…) Vorwürfe, er sei rechtslastig, lässt er an sich abprallen. ’Ich bin realistisch’ (…)“ [“Der Provokateur“, Maximilian Krah porträtiert von Andreas Weller, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 16. Juli 2016]

– Nachschiebsel vom 19. September –

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(Screenshots Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 21. September –

(…) Eine Internetseite, auf der offen zum Austritt aus der CDU aufgerufen wird, und wenige Stunden später ein Fax, das den Abgang offiziell macht: Maximilian Krah hat seinen Unmut über die CDU, ihre Asylpolitik und seinen Austritt zelebriert (…) [Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 21. September 2016]

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(Screenshot Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 8. Oktober –

(…) Kürzlich trat Krah mit großem Aplomb aus der CDU aus – nun geht er den logischen nächsten Schritt: “Ich werde nächste Woche den Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Dresden treffen und mit ihm die Modalitäten meines Beitritts besprechen“ (…) [“CDU-Refugees Welcome“, DER SPIEGEL, 8. Oktober 2016].

Regionale Querfront von CDU und NPD?

Dresden/Köthen. Aufgrund eines angeblichen Unterstützungsgesuches aus dem CDU-Kreisverband Anhalt-Bitterfeld verkündet die sächsische NPD bereits plakativ, die politischen Kontakte zwischen NPD und CDU würden sich über Ländergrenzen hinweg “auf unterer Ebene intensivieren“.

Sollte das, was der sächsische NPD-Landespressesprecher Andreas Storr als fast unscheinbare Mitteilung am 30. Mai veröffentlicht hat, auch nur annähernd den Tatsachen entsprechen, dann könnte es durchaus sein, dass in den nächsten Tagen der eine oder andere CDU-Politiker im benachbarten Sachsen-Anhalt in mittelschweren Erklärungsnotstand gerät.

Nach NPD-Darstellung habe sich kürzlich der sachsen-anhaltinische CDU-Kreisverband Anhalt-Bitterfeld mit einem Schreiben an den sächsischen NPD-Vorsitzenden gewandt, in dem der ebenso als Mitglied des Landtages agierende Winfried Petzold um Unterstützung ersucht worden sei. “Eure CDU-Freunde aus Köthen/Anhalt, Bitterfeld und Zerbst“ würden sich “über einen Eintrag im Gästebuch und auch über eine Verlinkung unserer Seite sehr freuen“, zitiert dahingehend die sächsische NPD-Pressestelle. Petzold selbst kündigte daraufhin seine Unterstützung an. Der Bitte um Vernetzung werde er “gern nachkommen“ und zudem freue er sich sehr über das erfolgte “Dialogangebot“.

Aktuell ist allerdings auf der Homepage der NPD Sachsen der vollmundig zugesagte bezügliche Link-Verweis nicht sichtbar. Auch in den “Verweisen ins Netz“ des CDU-Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld sowie im dortigen Gästebuch herrscht eher vornehm zurückhaltende virtuelle Stille. Die Geschäftsstellen des CDU-Kreisverbandes in Bitterfeld und Köthen/Anhalt sowie die CDU-Landesgeschäftsstelle in Magdeburg waren für Stellungnahmen nicht erreichbar beziehungsweise reagierten bislang nicht auf entsprechende Anfragen von redok.

[Dieser Artikel wurde am 1. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]

Nitzsche gegenwärtig parteilos

Dresden. Nachdem der Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche seine christlich-demokratische Parteimitgliedschaft beendet hat, befürchten sächsische CDU-Bundesparlamentarier den Wechsel des weit rechts-außen stehenden Populisten zur NPD.

Seinen heute bekannt gewordenen Partei-Austritt garnierte Henry Nitzsche mit erneuten Rechtfertigungsversuchen ob seiner wiederholt deutlich rechtsextremistisch angehauchten Verlautbarungen sowie mit Vorwürfen gegen die sächsische CDU-Führung bezüglich des politischen Umgangs mit ihm.

So publizierte die Sächsische Zeitung ein Interview mit Nitzsche, in dem dieser beispielsweise ausführte:

“Ich habe niemanden beleidigt, also kann ich mich auch bei niemandem entschuldigen. Ich habe nur einen Trend beschrieben. Ich fühle mich dabei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Ich bin 1989 gerade für die Freiheit des Wortes auf die Straße gegangen. Im Gegensatz übrigens zu anderen Leuten in der CDU wie Sachsens Generalsekretär Michael Kretschmer oder führenden Repräsentanten unseres Freistaates wie Ministerpräsident Georg Milbradt. (…) Man mag mir zu Recht vorwerfen, dass ich bei der Vermittlung meiner Botschaften zu überzogenen und provokanten Formulierungen neige. Ich weiß, das ist eine Gratwanderung. (…) In hölderlinscher Lyrik erreichen wir die Bürger einfach nicht.“

Desweiteren führt Nitzsche in dem Interview an:

“(…) Meine umstrittenen Äußerungen sind schon Anfang Juni gefallen. Und als ich im Juli Herrn Kretschmer anrief, um ihn um seine Meinung zu fragen, erklärte er wörtlich: Ach, das geht gerade noch so. Der gleiche Mann hat auch noch nach parteiinternen Krisensitzungen im November erklärt, das war populistisch, was Du gesagt hast, aber ansonsten ging es. Nur drei Tage später beschimpft er mich dann aber öffentlich als eine rechtsradikale Belastung. Ein Chamäleon ist eine graue Maus gegen ihn. Dazu gibt plötzlich auch Milbradt als CDU-Landeschef Interviews und erregt sich über meine Bezeichnung ’Multikulti-Schwuchtel’ für den politischen Gegner und erklärt öffentlich, Nitzsche ist nur von unten fertigzumachen. Das ist für mich nicht nur eine Instinktlosigkeit. (…)“

Seinen Austritt aus der CDU ummantelte Henry Nitzsche mit einer vom indianischen Stamm der Dakota überlieferten und so von dem Parlamentarier zitierten Weisheit: “Wenn Du merkst, Du reitest ein totes Pferd, dann steige ab“.

Der sächsische Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Georg Milbradt sieht – wie die Sächsische Zeitung weiter berichtet – dagegen “bei seiner Partei keine Fehler im Umgang mit dem Fall Henry Nitzsche“. In der CDU gebe es “keine rechtsextremistische Grauzone“. Mit dem Austritt Nitzsches aus der Partei sei der Fall für ihn erledigt, so Milbradt. Michael Kretschmer, der sächsische CDU-Generalsekretär, warf Nitzsche laut Focus online “Uneinsichtigkeit“ vor und wies die erhobenen Vorwürfe gegen die Parteiführung zurück.

Mittlerweile herrsche allerdings – wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet – unter sächsischen Bundestagsabgeordneten “Sorge, dass … Henry Nitzsche zur NPD wechseln könnte“. Wie beim Online-Magazin Telepolis nach den zuletzt bekannt gewordenen rechts-außen Ausfällen von Nitzsche zu lesen war, hatte der Fraktionsvorsitzende der NPD im Sächsischen Landtag, Holger Apfel, am 30. November dem damals noch CDU-Mitglied Nitzsche öffentlichkeitsheischend geschrieben: “Sie wissen sicherlich so gut wie ich, dass Sie mit Ihrer politischen Positionierung keine Zukunft in Ihrer Partei haben“ – um den Politiker gleichzeitig aufzufordern: “Herr Nitzsche, schreiben Sie Geschichte und werden Sie erster Bundestagsabgeordneter der NPD!“.

[Dieser Artikel wurde am 15. Dezember 2006 bei redok veröffentlicht.]

Eine letzte Verwarnung à la CDU

“Multi-Kulti-Schwuchteln“ als Unwort des Jahres? Beteiligt sich auch die CDU an der Abstimmung – oder nur noch dumpf-nationale Patrioten?

Als der Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche Ende des Jahres 2003 mit rassistischen Äußerungen gegenüber Muslimen erstmals auf sich aufmerksam machte, war er – trotz Bundestagsmandat – überregional ein noch nahezu politisch Unbekannter. Für seine dazumal “möglicherweise missverständliche ’Wortwahl’“ entschuldigte er sich sogar nachträglich. Nichts desto trotz wurde Nitzsche von der damaligen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel sogar kritisiert. Aber auch seine schon vordem der sehr rechtskonservativen Zeitschrift Junge Freiheit gewährten politischen Einsichten hatten ihn nicht unbedingt aus seinem Hinterbänkler-Dasein heraustreten lassen.

In die relativ kurzfristig anberaumte Bundestagswahl im Herbst 2005 zog dann Henry Nitzsche bereits in einen CDU-Provinz-Wahlkampf von Rechtsaußen unter der bei weitem nicht nur von ihm allein bevorzugten politischen Kampf-Parole “Arbeit, Familie, Vaterland“. Offiziell wies Nitzsche zu jener Zeit allerdings erneut “jeden Bezug zu rechtsextremem Gedankengut“ von sich. Holger Apfel, jetziger Fraktionsvorsitzender der NPD im Sächsischen Landtag, zeigte sich im damaligen Wahlkampf bezüglich des Nitzsche-Mottos “erfreut … dass nun sogar unser Parteitagsmotto übernommen“ wurde.

Aktuell verkürzt der gern von seiner ganz eigenen Art des Patriotismus fabulierende Nitzsche – nach seinem erneuten Einzug in den Deutschen Bundestag – die Zeitspanne für keineswegs nur demokratisch-provokative Äußerungen mittlerweile reinweg um die Hälfte. Wie erst jetzt – durch den darauf bezogenen Rücktritt des CDU-Stadtvorsitzenden im sächsischen Wittichenau am 27. November – bekannt wurde, hat Nitzsche bereits im Juni des Jahres auf einer Diskussionsveranstaltung im ostsächsischen Lieske erneut tiefbraunes Wasser zu Brunnen getragen. Nitzsche habe auf dieser Veranstaltung ausgeführt, man brauche den Patriotismus, “um endlich vom Schuldkult runterzukommen“ und damit zu erreichen, dass “Deutschland nie wieder von Multi-Kulti-Schwuchteln in Berlin regiert“ werde. Der besagte zurückgetretene CDU-Stadtvorsitzende von Wittichenau, Staatsanwalt Ludwig Altenkamp, bezeichnete diese Äußerungen von Henry Nitzsche als “rechtsextrem“.

Durchaus politisch pikant ist zudem die Tatsache, dass bei dieser Veranstaltung auch der ehemalige sächsische Kultusminister Matthias Rößler (CDU) zugegen war. Rößler agiert seit 2004 als so betitelter Patriotismusbeauftragter der sächsischen Christlich Demokratischen Union, um “als Antwort auf den Einzug der NPD [in den Landtag von Dresden] das Thema Patriotismus in der sächsischen Union wieder stärker zur Geltung kommen zu lassen“.

Der CDU-Landesvorsitzende Georg Milbradt, in Personalunion auch Ministerpräsident, verwarnte Nitzsche inzwischen ob dessen Äußerungen. Für einen noch weiteren Wiederholungsfall sei Henry Nitzsche der Ausschluss aus der Partei angedroht worden. Berichten zufolge sollen Milbradt und auch Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer vom Auftritt Nitzsches in Lieske bereits seit Juni informiert gewesen sein. Der Vorsitzende der sächsischen CDU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag Michael Luther erklärte derweil, er halte Nitzsche “nicht für einen Rechtsradikalen“. Zudem habe der ja unterdessen “seine Äußerungen im Vorstand der Landesgruppe und auch öffentlich bedauert“. Ihm sei darüber hinaus angeraten worden, “sich das künftig besser zu überlegen“ – wie auch immer dies gemeint sein mag. Damit sei, so Luther weiter, allerdings “für uns die Sache erst einmal abgeschlossen“. Nitzsche habe eben “manchmal die Tendenz, Dinge zu vereinfachen und sehr kräftig zu formulieren“, versuchte Michael Luther noch zu erklären.

Weniger zurückhaltend bilanzierte Sachsens vormaliger Innenminister Heinz Eggert: “Die Grenze des Erträglichen ist schon lange überschritten“ (Sächsische Zeitung). Michael Kretschmer bezeichnete Nitzsches Äußerungen immerhin als “dumm, unanständig und völlig inakzeptabel“. Zur – freilich nur unterstellten – Bedeutung und Rolle von Matthias Rößler in dieser Angelegenheit und darüber hinaus gibt es des weiteren kein offizielles Wort.

Offizielle Worte gab es derweil von der NPD. Öffentlichkeitsheischend bot Holger Apfel am 30. November einen NPD-Aufnahmeantrag an Henry Nitzsche dar: “Sie wissen sicherlich so gut wie ich, dass Sie mit Ihrer politischen Positionierung keine Zukunft in Ihrer Partei haben … Herr Nitzsche, schreiben Sie Geschichte und werden Sie erster Bundestagsabgeordneter der NPD!“. In verschiedenen Internet-Foren gilt “Multi-Kulti-Schwuchteln“ mittlerweile als einer der ersten Anwärter auf das Unwort des Jahres.

[Dieser Artikel wurde am 3. Dezember 2006 bei Telepolis veröffentlicht.]