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Im Auge des E-Sports

Bis hin zum Finale in Singapur setzte die diesjährige World-Cyber-Games-Saison erneut Maßstäbe – mit einer scheinbar weiter nach oben offenen Zukunft

Die Statistik der World Cyber Games (WCG) beeindruckt in ihrem fünften Jahr mittlerweile mehr denn je. Weltweit beteiligten sich seit dem Saison-Start im März rund 1,2 Millionen Spielerinnen und Spieler aus 80 Nationen. Zirka 1 Million Euro wurden an Preisgeldern und Sachpreisen ausgereicht, ermöglicht durch namhafte Sponsoren vor allem aus dem Elektronik-Bereich. Offizielle Spiele der WCG 2005 waren Need for Speed: Underground 2, FIFA Football 2005, Warcraft 3: The Frozen Throne, Starcraft: Broodwar, Dawn of War je im PC-Einzelspielermodus, dazu Counterstrike: Source im Fünf gegen Fünf sowie die Xbox-Einzel-Disziplin Dead or Alive Ultimate sowie Halo 2 im Duo gegeneinander.

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(Counterstrike-Wettbewerb – Bild: worldcybergames.com)

Deutschsprachige Printmedien begleiteten auch diese WCG-Saison zumeist emotionslos zurückhaltend und mitunter versteckt in Spezial-Rubriken. Der unmittelbar nach den WCG-Finaltagen erschienene Spiegel griff eine – spätestens nach dem damaligen tödlichen Amoklauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium (Aufmerksamkeitsterror) – immer wieder kontrovers diskutierte Problematik auf. Die TNS-Infratest-Frage “Halten Sie ein Verbot von gewalttätigen Computer- und Videospielen wie ’Counterstrike’ zum Schutz von Kindern und Jugendlichen für sinnvoll?“ beantworteten nicht weniger als 83 Prozent der Befragten mit “Ja“.

Einer der Mitorganisatoren der WCG, Thomas von Treichel, bezeichnete fast zeitgleich im Deutschlandradio Kultur ein beispielsweise im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD gefordertes Verbot von so genannten Killerspielen dagegen für “wirkungslos“ und prognostizierte dahingehend “keine größeren Auswirkungen“ (“Unsere Forderung ist nicht populistisch“). Die Frage, ob die bundesdeutsche Fußball-Nationalmannschaft real besser kicken würde, wenn das FIFA-Football-Game zum offiziellen Trainingsprogramm gehören würde, ist in diesem Zusammenhang schon öfter mehr oder weniger sinnhaft persifliert worden.

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(Need-for-Speed-Spieler – Bild: worldcybergames.com)

Dabei sind die gut 180.000 registrierten WCG-Spielerinnen und -Spieler aus der Bundesrepublik Deutschland ja eine nicht gerade zu vernachlässigende Größe. Wer beispielsweise einmal die Games Convention in den Leipziger Messehallen (Großereignis der Spaßgesellschaft) besucht hat, weiß um die ständig wachsende Begeisterung für Gaming und E-Sport. Zudem kann an den WCG theoretisch jeder teilnehmen, der sich registrieren lässt und hernach über nationale Liga-Ausscheide dann vielleicht sogar auch noch die Qualifikation ins jeweilige Final-Nationalteam schafft.

In der Szene vorherrschend sind allerdings mittlerweile durchaus bekannte Einzelspielerpersönlichkeiten und mehr oder weniger schon länger miteinander eingespielte Clans mit futuristisch anmutenden Namensgebungen. Wie beim Profi-Fußball auf dem grünen Rasen gibt es, dann in einschlägigen Communities teils heftig kommentierte, Clan-Wechsel, -Auflösungen und –Neugründungen. Kolportiert werden eben so auch Gerüchte um angebliche Ablösesummen und Transferzahlungen in der Game-Clan-Szene. Hauptsächliche Grundlage für die Erfolge beim E-Sport ist allerdings unbestritten ausdauerndes Training, darüber sollte sich niemand mit einer wie auch immer gearteten Daddel-Romantik täuschen lassen.

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(Dawn of War-Spieler – Bild: worldcybergames.com)

Zum diesjährigen Finale der vom Veranstalter der WCG gern so bezeichneten “Olympischen Spiele der PC- und Videospieler“ trafen sich über 700 Gamer aus 67 Ländern vom 16. bis 20. November unter dem Motto: “Beyond the Game“ im süd-ostasiatischen Singapur. Die rund 1.000 Vor- und Endrunden-Spiele in den acht Game-Bereichen wurden in einer auf 18 Grad Celsius abgekühlten Hallenumgebung unter der Leitung von 47 Schiedsrichtern an 600 Monitoren um ein Gesamt-Final-Preisgeld von seriös geschätzten 450.000 US-Dollar ausgetragen. Dabei schlugen sich einzelne Prämierungen für Games-Winner – mit beispielsweise 50.000 US-Dollar bei Counter-Strike: Source sowie 20.000 US-Dollar bei FIFA Soccer 2005, Need for Speed: Underground 2 und Dawn of War – mit nicht gerade unerquicklichen Summen aufs jeweilige Konto nieder. Die Spiele in Singapur konnten natürlich live im Internet verfolgt werden.

Nach den koreanischen Seoul (2001 und 2003) sowie Daejeon (2002) und dem US-amerikanischen San Francisco (2004) fiel die Wahl auf Singapur als Finalort für die WCG 2005 nicht unbedingt zufällig: E-Sports hat außerhalb Europas längst einen lukrativen Status erreicht. So soll der vorjährige Starcraft-Weltmeister Ji-Hoon Seo alias XellOs[yG] aus Korea jährlich mehr als 50.000 US-Dollar allein als Profi-PC-Spieler verdienen. Dafür sind allerdings Trainingszeiten von 12 Stunden täglich nicht unüblich, aber PC-Games vor mehreren 10.000 Zuschauern auch keine Seltenheit. Zum finanziellen Vergleich sei erwähnt, dass beispielsweise bei den nicht gerade unbedeutenden WCG 2005 – Samsung Euro Championship auf der CeBIT unter 300 Teilnehmern um ein Gesamtpreisgeld von rund 150.000 Euro gespielt wurde. Das Auge des E-Sports scheint nach wie vor eher östlich glänzend zu sein.

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(Siegerehrung für FIFA 2005, in der Mitte Dennis ’Styla’ Schellhase – Bild: wcg-europe.org)

Wenige Monate vor der schon jetzt zum Mega-Hype stilisierten Fußball-Weltmeisterschaft in den bundesdeutschen Stadien ist – allerdings weit weniger beachtet – zumindest der Cyber-WM-Titel ins Land geholt worden. Neben weiteren beachtlichen Ergebnissen aus deutscher Sicht gewann Dennis Schellhase alias styla in Singapur herausragend Gold beim FIFA Soccer 2005 und wiederholte damit seinen Erfolg aus dem Jahr 2003. Insgesamt belegte das deutsche Game-Team mit seinen 23 Cyberathleten den vierten Platz in der Nationenwertung, hinter den USA, Korea und Brasilien. Das Finale der WCG 2006 findet erstmals in Europa statt, Austragungsort wird dann das italienische Monza sein. The games go on.

[Dieser Artikel wurde am 28. November 2005 bei Telepolis veröffentlicht.]

CDU-Provinz-Wahlkampf von Rechtsaußen

Der sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche gefällt sich nicht zum ersten Mal in deutlicher Rechts-Pose

Gerade in Zeiten kurzer Wahlkämpfe gilt es wohl, punktuiert Aufmerksamkeit zu erheischen, für manche Politiker scheinbar auch um fast jeden Preis. Bereits seit einiger Zeit prangt so das Wahlkampfmotto “Arbeit, Familie, Vaterland“ auf der Homepage des CDU-Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche. Dieses scheinbar frei gewählte Motto für Nitzsches Bundestagswahlkampf scheint bei etwas näherer Betrachtung allerdings nicht mehr unbedingt ganz so frei und zufällig.

Allein dagegen stehen frühere pseudo-demokratische Äußerungen Nitzsches (vgl. Die Fahne hoch!), so seine nach wie vor herausragend rassistische Ansage: “(…) Eher wird einem Moslem die Hand abfaulen, als dass er bei der Christlich-Demokratischen Union sein Kreuz auf den Wahlzettel macht.“

Die Parole “Arbeit, Familie, Vaterland“ erhielt ihre ursprüngliche politische Bedeutung unter dem von 1940 bis 1944 mit Nazi-Deutschland kollaborierenden französischen Vichy-Regime. Gut ein halbes Jahrhundert später zog die rechtsextreme Front National unter Führung von Jean-Marie Le Pen 2002 mit “Travail, Famille, Patrie“ in den französischen Wahlkampf. Und das will Nitzsche, der bisher “jeden Bezug zu rechtsextremem Gedankengut zurückgewiesen“ hat (Sächsische Zeitung), bei der Auswahl seines Wahlkampfslogans als gelernter deutscher Politiker nicht gewusst haben?

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) übrigens hielt ihren so betitelten 30. Ordentlichen Bundesparteitag Ende Oktober 2004 im thüringischen Leinefelde ab – unter dem Motto “Arbeit, Familie, Vaterland“. Bereits im Bundestagswahlkampf 2002 hatte die NPD während einer so genannten Hessenfahrt mehrere Veranstaltungen unter der Überschrift “Wir haben eine Zukunftsvision Arbeit – Familie – Vaterland“ angekündigt. Und so verwundert es dann auch nicht weiter, dass sich Holger Apfel (NPD), wie Nitzsche aktueller Bundestagskandidat im Wahlkreis Kamenz – Hoyerswerda – Großenhain, “erfreut“ dazu äußerte, “dass nun sogar unser Parteitagsmotto übernommen wird“.

Trotz mehrerer Anfragen an seine Büros war Henry Nitzsche für eine Stellungnahme gegenüber Telepolis nicht erreichbar. Wie einen willfährig gereicht bekommenen Schutzschild präsentiert er statt dessen mittlerweile auf seiner Website einen Interviewausschnitt der Leipziger Volkszeitung mit dem vormaligen Ministerpräsidenten Sachsens zum eigenen Wahlkampfmotto:

“Was ist daran schlecht? Wer die Verwendung des Wortes Vaterland kritisiert, den kann ich nur bedauern. Hier kommt eine gewisse Deformation des Denkens zum Ausdruck, die den nationalsozialistischen Missbrauch solcher Worte signalisiert. Aber wir müssen uns doch nicht über Generationen hinweg diesen Missbrauch vorhalten lassen.“ (Kurt Biedenkopf)

Für Falk Neubert, Abgeordneter der Linkspartei.PDS im Sächsischen Landtag, ist es “politisch pikant“, wenn Nitzsche nun ausgerechnet Biedenkopf als Kronzeugen für seine “wohl bewusst so gewählte rechtsextrem behaftete Parole“ präsentiert. Schließlich habe Biedenkopf dahingehend nicht immer mit auch nur ansatzweise fundiertem Wissen geglänzt. Neubert bezog sich gegenüber Telepolis dabei auf eine Äußerung von Biedenkopf vom November 2000 als damals amtierender Ministerpräsident:

“In Sachsen haben noch keine Häuser gebrannt, es ist auch noch niemand umgekommen (…) Und die sächsische Bevölkerung hat sich als völlig immun erwiesen gegenüber rechtsradikalen Versuchungen. In Sachsen gibt es keinen Grund, auf der Grundlage des Wahlverhaltens der Bevölkerung von einer Gefahr von Rechts zu reden.“

Neubert betonte im Telepolis-Gespräch weiter: “Herr Nitzsche muss sich in der Summe seiner gemachten Äußerungen schon sehr deutlich fragen lassen, ob er seine politische Heimat eigentlich selbst noch im demokratischen Spektrum sieht.“

“Warum bin ich Mitglied in der NPD?“, fragte übrigens bereits seit 1980 Günter Deckert in seiner “Handreichung für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit“, um “als Nationalist“ gleich auch selbst zu antworten:

“(…) Weil die NPD die grundlegenden Werte des Gemeinschaftslebens wie Arbeit, Familie, Vaterland als verbindend wie verpflichtend für alle Deutschen ansieht. (…)“

[Dieser Artikel wurde am 25. August 2005 bei Telepolis veröffentlicht.]

Der Weihnachtsosterhase

Eine ungewöhnliche Jahresendkartenaktion mit dem landeseigenen Ministerpräsidenten soll Aufsehen erregend für Sachsen werben

Zur Zeit kann man dem sächsischen Ministerpräsidenten, Georg Milbradt (CDU), kaum entgehen, obwohl die politische Weihnachtszeit auch in Sachsen fast schon angebrochen ist. Vielleicht liegt es aber am relativ bescheidenen Bekanntheitsgrad des CDU-Politikers Milbradt, dass die eine oder andere mit seinem Gesicht nicht unbedingt sofort einen Zusammenhang herstellen kann. Im Gegensatz jedenfalls zu seinem Vorgänger, Kurt Biedenkopf (CDU), der ja bekanntlich seiner Titulierung als “Landesvater“ gar geschmeichelt und gar nicht ablehnend gegenüberstand.

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(Faksimile: O.M.)

Nun steht, liegt oder hängt in vielen Gaststätten, Kinos und weiter derart prädestinierten Orten der sonst kaum so omnipräsente aktuelle sächsische Ministerpräsident, quasi als “Landespappi in immer noch Lauerstellung“. Damit aus dem “Landespappi“ vielleicht auch mal ein “Landesvater“ werden kann, wurden garantiert schlaue Taktiken in Erwägung gezogen, wieder verworfen, um dann durch noch geschicktere PR-Kampagnen den eher dürftigen politischen Inhalt schönend unters Wahlvolk zu bringen. Und mit so einem PR-Produkt werden nun beispielsweise unschuldige Kneipenbesucher und Kinogänger wie aus heiterem Weihnachtshimmel, sagen wir, konfrontiert, um die Worte “erschreckt“ oder “irritiert“ an dieser Stelle tunlichst doch zu vermeiden.

Sie sehen einen etwas krampfhaft grinsenden Ministerpräsidenten unter dem Weihnachtsbaum, der ihnen ein “Frohes Fest“ wünscht. So weit, so noch ganz gut. Für den vielleicht, der diese als City-Card angelegte propagandistische Fest-Botschaft per Post an die lieben Verwanden ins nicht CDU-regierte Ausland zu versenden beabsichtigt. Doch etwas mag den Betrachter, auch im CDU-regierten Sachsen, dann doch leicht stutzig machen: Im Arm des sächsischen Ministerpräsidenten kuschelt sich, unterm Weihnachtsbaum, ein Osterhase. Was will uns Herr Milbradt, was will uns die sächsische Union damit sagen?

Politische Geschenke vielleicht, zu jeder Zeit fürs Wahlvolk, ob Weihnachten oder Ostern? Die diese Karte zudem zierende Botschaft “Sachsen – wieder einen Schritt voraus“, macht eine treffende Erklärung auch nicht unbedingt einfacher. Aufhellende Auskunft erfährt der politinteressierte Weihnachtsosterforscher dann über die Website der CDU Sachsen. Die so genannte “WOster-Karte“, selbstredend online als “originell“ bezeichnet, “soll zeigen, dass Sachsen ein besonders innovatives und vorausschauendes Völkchen ist“.

[Dieser Artikel wurde am 24. Dezember 2003 bei Telepolis veröffentlicht.]

Die Fahne hoch!

Auch der “Jungen Freiheit“ gab der Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche mit deutlichen Worten Auskunft

“Wer ist Herr Nitzsche?“, soll CSU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Ramsauer nach dem Bekanntwerden rassistischer Äußerungen gegenüber Muslimen des Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche (CDU) gefragt haben. Nitzsche hatte gesagt, in Deutschland könne “der letzte Ali aus der letzten Moschee Zuflucht nehmen“. Im DS-Magazin meinte er, dass einem Muslim eher “die Hand abfaulen“ werde, als dass er die CDU wählt. Für die möglicherweise missverständliche “Wortwahl“ hat sich der Bundestagsabgeordnete mittlerweile entschuldigt. Vielleicht kennt Ramsauer den sächsischen Hinterbänkler wirklich nicht, bei dessen Affinität zur bayrischen CSU allerdings schwer vorstellbar.

Bekannter ist Nitzsche da schon bei der rechtsextremen Zeitschrift “Junge Freiheit“. Im März 2003 gab er als “CDU-Bundestagsabgeordneter“ und “Mitbegründer des Demokratischen Aufbruch“ dem rechten Periodikum unter dem Titel “Die deutsche Fahne schwenken“ ein Interview. Das Gespräch in der rechtsextremen Postille firmierte unter der Headline “Der CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche widersetzt sich in der Irak-Frage seiner Fraktion und fordert nationales Selbstbewußtsein statt ’Dank für die Befreiung’“.

Angesprochen auf seine bekannte Haltung zum Mangel an deutscher Souveränität, antwortete Nitzsche, “dass viele Menschen in den alten Bundesländern offenbar vergessen haben, wie die deutsche Fahne aussieht!“ Er weiß es und habe sie natürlich auch geschwenkt, betont Nitzsche, und zwar “nicht nur für die Einheit unseres Vaterlandes, sondern auch für die Freiheit und den ’aufrechten Gang’“. Seine Begründung für Schwarz-Rot-Gold ist so simpel wie politisch eindeutig:

“Für viele Deutsche hier war sie ein Zeichen, endlich das sagen zu dürfen, was man denkt und seinem Gewissen folgen zu können, statt tun zu müssen, was man uns im Namen der angeblichen ’Lehren aus der Vergangenheit’, – damals war das der Antifaschismus, heute ist es die ’Vergangenheitsbewältigung’ und der ’Dank für die Befreiung’ – aufzwingen will.“

Zudem sieht das Ex-DSU-Mitglied Nitzsche die deutsche Vergangenheit in für ihn ganz eigenem Licht:

“Wir sollten nicht vergessen, dass weder Amerika noch die ’Vergangenheitsbewältigung’ unser Souverän ist, sondern das deutsche Volk.“

Ein frei gewählter CDU-Bundestagsabgeordneter ist Nitzsche also, der nach 1989 nun endlich sagen darf, was er denkt. Ein Politiker, der Vergangenheitsbewältigung auf ganz eigene Art betreibt.

Nitzsche führt in der “Jungen Freiheit“ außerdem an, er habe seinen damaligen “Protest“ gegen den Irak-Krieg satzungsgemäß der Fraktionsführung vorher informativ zur Kenntnis gegeben. Kann man also davon ausgehen, die CDU/CSU-Fraktionsspitze sei nicht unbedingt so uniformiert über Nitzsches aktuelle rassistische Ausfälle gewesen?

Ebenfalls in der “Jungen Freiheit“ versuchte Nitzsche bereits im November 2002 mit einer politischen Verbal-Attacke über die von “Rot-Grüne angestrebte Zuwanderung und damit Veränderung des Deutschen Volkes“ braun punkten zu wollen. Der Ort solcher Veröffentlichungen spricht, wie Nitzsche selbst, eine deutliche Sprache.

Nitzsche wurde im Wahlkreis Kamenz-Hoyerswerda direkt in den Bundestag gewählt. Bei der geografischen Heimat sei zumindest die Nachfrage erlaubt, wo Herr Nitzsche, vormals auch Abgeordneter des Sächsischen Landtages, eigentlich im September 1991 während des rund einwöchigen Pogroms gegen vietnamesische und mosambikanische Arbeiter und ein Flüchtlingswohnheim in Hoyerswerda war? Aber vielleicht ist das ja alles, auch Nitzsches ausländer- und demokratiefeindlich zu interpretierenden Ausführungen vor der Dresdner Burschenschaft Cheruscia, nur “eine Erfindung des Jusos“, wie ein CSU-Mann die “Nitzsche-Affäre“ gegenüber den Medien einstufte.

Auf der Homepage von Nitzsche sind derzeit, aus welchen Gründen auch immer, Gästebuch und Linksammlung nicht auffindbar. Immerhin erreicht man Nitzsches Website noch unter power-cdu. Wem das nicht Kraft für Taten gibt?

[Dieser Artikel wurde am 9. November 2003 – bebildert – bei Telepolis veröffentlicht.]