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Fußball-Sicherheitsgipfel: Ja, da geht noch was in deutschen Stadien

Nun wurde also getagt, auf der so genannten Sicherheitskonferenz – ersatzweise: Sicherheitsgipfel – des deutschen Fußballs; gleichwohl durch und durch strukturiert sowie hochrangig besetzt, glaubt man vielleicht flüchtig hinschauend jedenfalls zu meinen.

(…) Während im Hotel Intercontinental in Berlin die Vertreter der Politik und des Fußballs über die Situation in selbigem sprechen und mögliche Maßnahmen gegen Gewalt und Pyrotechnik diskutieren, werden die Fanvertreter der Organisationen Pro Fans und der IG Unsere Kurve in der gleichen Straße knapp 200 Meter weiter im Hotel Palace Stellung beziehen und dort ihre Sicht der Dinge darstellen. So nah und doch so fern (…) [“Sicherheitsgipfel ohne Fanvertreter“, stuttgarter-zeitung.de, 17. Juli]

Beschlüsse, so wird berichtet, wurden durch das hochrangig besetzte und durch und durch strukturierte Gremium auch gefasst. Demzufolge “haben sich Deutschlands Fußballbosse und Innenminister Friedrich auf einen Maßnahmenkatalog geeinigt. Der Einsatz von Pyrotechnik und gewalttätiges Verhalten werden stärker bestraft. Ein Stehplatzverbot gibt es jedoch vorerst nicht“ [spiegel.de, 17. Juli].

Wohlfein formuliert klingt dabei nach wie vor das Wörtchen ’vorerst’ in seiner eigentlichen Bedeutung durch den Raum. Wie war das gleich noch mal –

(…) Für Stehplätze in bundesdeutschen Fußballstadien treten DFB und DFL angeblich weiterhin ein, obwohl auch da nach gewissen Medienberichten in den letzten Tagen die eine oder andere Möglichkeit halboffiziell erörtert worden sein soll, und zugleich auch wiederum dementiert wurde – vorerst jedenfalls. Allerdings scheinen die Innenminister der Bundesländer nach wie vor an einem Konzept zu arbeiten, das ein Verbot der Stehplätze in der Bundesliga zur Folge haben könnte, wenn Gewalt und das Abbrennen von Pyrotechnik in der Rückrunde nicht nachlassen. Die DFL wiederum will bislang die “heilige Kuh Stehplätze“ noch nicht anfassen (…) [Gesichtsscanner her? Stehplätze weg? – Da geht noch was in deutschen Stadien, 14. Januar]

Nach dem jetzigen Sicherheitsgipfel betonten sowohl die anwesenden Politiker als auch die vertretenen Vereine, “dass ein Verbot von Stehplätzen derzeit kein Thema sei. Dies geschehe ’zum Schutz der einzigartigen Fankultur in Deutschland’, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. ’Stehplätze sind ein Markenzeichen des deutschen Profifußballs, Stehplätze wird es weiter geben’, sagte Ligapräsident Reinhard Rauball: ’Das ist eine gute Nachricht für Millionen von friedlichen Fußballfans. Allerdings ist es keine endlose Schleife’“ [sportschau.de, 17. Juli].

Kann die wahrlich nun nicht gerade endlos hintergründig zu interpretierende Bedeutung von ’derzeit’ und ’vorerst’ unter Umständen bedeutungsschwanger zusammenhängend mit dem unterstellt angedachten Zungenschlag ’Erpressung’ gelesen werden?

“Ich bin sehr dankbar, dass der Verhaltenskodex verabschiedet wurde“, wird Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zitiert.

“Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass wir zu dem sogenannten Gewaltgipfel nicht eingeladen worden sind. Im Grunde ist es ohne Fanvertreter zwecklos, über Maßnahmen gegen Gewalt im Fußball zu diskutieren“, sagte Jakob Falk von der Fanvertretung Pro Fans. Die Fanvertreter fürchten nun populistische Schnellschüsse und härtere Sanktionen“ [zeit.de, 17. Juli]

Beschlossen wurde übrigens auch, dass verhängte Stadionverbote zukünftig – in bislang allerding noch offiziell nicht näher definierten Ausnahmefällen – nicht maximal drei, sondern bis zu zehn Jahre gültig sein können.

Auf der Innenministerkonferenz der Bundesländer am 23. Juli steht dann das Thema Fußball erneut auf der Tagesordnung. Da geht noch was …

[Dieser Artikel wurde am 17. Juli 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 21 [Dynamo Dresden, Borussia Dortmund, So oder so – DFB?]

[Fundstück] “Wird Dortmund wie Dynamo bestraft?“, Dresdner Morgenpost, 16. Mai 2012 –

(…) Gleiches Recht für alle: Droht dem frischgebackenen Pokalsieger Borussia Dortmund jetzt auch der Ausschluss aus dem Wettbewerb oder ein Geisterspiel so wie Dynamo?

Es geschah beim DFB-Pokal-Finale kurz nach 21 Uhr im Berliner Olympia-Stadion: Als die Spieler von Bayern München und Dortmund zur zweiten Halbzeit auf den Rasen kamen, brannten im BVB-Block über 30 Bengalos. Eine dicke Rauchwolke zog durchs Stadion. Nach dem Spiel gab’s Ausschreitungen von Dortmund-Fans (…)

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(Dresdner Lichter, Dortmund, 25. Oktober 2011 – Foto: dehli-news.de)

Die Geschehnisse (…) erinnerten leider exakt an die 2. DFB-Pokal-Runde in Dortmund (…) Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc sagte damals: “Ich hoffe, dass das angemessen geahndet wird.“ (…)

(…) Allerdings war der deutschlandweite Aufschrei damals größer (…) Für Tage bestimmte Dynamo die Negativschlagzeilen. Und jetzt: Die Dortmunder Chaoten sind gerade mal eine Randnotiz in der heilen Welt des Doublesiegers wert. Von den Bengalos im Bayern-Block ist gar keine Rede (…)

[Dieser Beitrag wurde am 16. Mai 2012 bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 20 [Argusaugen des DFB?]

[Fundstück] ’Meine Meinung’ von Nordfried Hönig, “Sind auch vorm DFB alle gleich?“, Dresdner Morgenpost, 7. Mai 2012 –

(…) Die Bundesliga-Saison ist seit gestern Geschichte und um die schönste Nebensache der Welt, den Fußball, wird es für kurze Zeit ruhiger.

Was haben wir erlebt? Spiele mit großer Leidenschaft und voller Spannung (…)

Und die echten, leider auch die falschen Fans haben wieder Fußball-Geschichte geschrieben. Dynamo Dresden wurde wegen schwerer Ausschreitungen beim Pokalspiel in Dortmund zur Kasse gebeten. Der DFB griff ungewohnt hart durch (…)

Dafür gab es beim Abstiegskracher des 1. FC Köln wieder Bilder, die irgendwie an das unrühmliche Dynamospiel erinnerten: Tribünen voller Rauch, Polizei auf dem Rasen und Spieler, die aus Angst um ihre Gesundheit vor sogenannten in die Kabine flüchteten.

Ich bin gespannt, wie der DFB reagieren wird. Ob ein reicher Klub mit Nationalspielern und Fußballverbands-Lobby genauso hart bestraft werden wird wie Dynamo? Muss wohl! Es geht hier um Glaubwürdigkeit des Verbandes, um gewaltfreien Sport und die schönste Nebensache der Welt (…)

[Dieser Beitrag wurde am 7. Mai 2012 bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 19 [Red Bull, Gefahr für den Fußball]

[Fundstück] “Die Dose der Pandora“, 11freunde.de, 27. April 2012 –

(…) Eigentlich dürfte es diesen Klub gar nicht geben. Jedenfalls dann nicht, wenn sich die Fußballverbände an ihre Regeln halten würden. Als RB Leipzig am 8. August 2009 zum ersten Spiel seiner Vereinsgeschichte gegen die zweite Mannschaft von Carl Zeiss Jena antrat, war das noch so. Damals hatte der Sächsische Fußball-Verband (SFV) alle Entwürfe für das Vereinsemblem abgelehnt, weil es dem Markenzeichen des Konzerns zu ähnlich war. Denn genau das verbietet die Satzung des Verbandes, in § 12 heißt es: “Änderungen, Ergänzungen oder Neugebung von Vereinsnamen und Vereinszeichen zum Zwecke der Werbung sind unzulässig.“ Das gilt nicht nur in Sachsen, sondern im gesamten deutschen Fußball. § 15 der Satzung des Deutschen Fußball-Bundes benutzt die exakt gleiche Formulierung, und auch für die Deutsche Fußball Liga ist sie verbindlich.

Ausnahmen von der Regel gibt es nur dort, wo Klubs als Betriebssportgemeinschaften gegründet wurden und daher Unternehmensnamen bzw. dessen Logo im Vereinsemblem tragen, wie etwa bei Bayer Leverkusen oder Carl Zeiss Jena. In den Siebzigern hatte es in der zweiten Liga noch zwei Fälle gegeben, bei denen Sponsoren Klubs umbenannten. Der SV Waldhof hieß damals nach einem Chipshersteller SV Chio Waldhof Mannheim, und ein Geldgeber brachte beim SC Westfalia Herne zwischenzeitlich den Namen seiner Tankstellenkette unter: Westfalia Goldin Herne. Ende der siebziger Jahre untersagte der DFB solche Umbenennungen.

Der Trick, das Verbot zu umgehen, wurde aber nicht in Leipzig erfunden, sondern in der westfälischen Provinz. Als der TuS Ahlen und Blau-Weiß Ahlen 1996 fusionierten, hieß der neue Verein verblüffend umständlich Leichtathletik und Rasensport Ahlen. Die Abkürzung LR stand wie zufällig auch für das Unternehmen des Sponsors Helmut Spikkers: LR International. Das Verbot, mit dem Vereinsnamen zu werben, unterläuft RB Leipzig jedoch viel konsequenter, als es LR Ahlen getan hat. Offiziell steht das Kürzel zwar für RasenBallsport, doch der Klub benutzt den Namen fast nirgends. Auf den Plakaten in der Stadt, der Stadionzeitung oder Homepage ist konsequent von den “Roten Bullen“ die Rede, als sei das ein Traditionsname wie “Die Roten Teufel“ oder “Die Knappen“. Einer besonderen Transferleistung von Roten Bullen zu Red Bull bedarf es da nicht mehr.

Doch wie konnte es passieren, dass der Sächsische Fußball-Verband so gegen Wort und Geist seiner Satzung verstoßen hat? Für Stephan Oberholz, als Vizepräsident für Rechtsfragen zuständig, stellt sich die Frage nicht. Das aktuelle Motiv habe “für alle Beteiligten ausgereicht“, sagt er. Eine hübsche Formulierung ist das, die nach Hinterzimmerabsprache klingt: Mach noch ein paar Striche dran, dann winken wir das durch. Im Mai 2010 wurde das heutige Emblem durch einen Präsidiumsbeschluss des SFV akzeptiert (…)

[Dieser Beitrag wurde am 2. Mai 2012 bei Ostfussball.com publiziert.]

Gesichtsscanner her? Stehplätze weg? – Da geht noch was in deutschen Stadien

An diesem zweiten Januar-Wochenende 2012 tagt in Berlin ein Kongress. Auf dem geht es unter anderem um die Rechte von Fans im alltäglichen Fußballbetrieb, ob nun in Liga oder im Pokal. Es ist ein so betitelter Fan-Kongress, der beispielsweise auch via Ticker bei schwatzgelb.de aktuell verfolgt werden kann.

Kurz vor diesem Wochenende trat im Januar 2012 Lorenz Caffier (CDU) seine Amtszeit als nunmehr fungierender Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) der Bundesrepublik Deutschland an. Sogleich – quasi als Einstand in der IMK – verkündigte Caffier vorerst scheinbar nur für seinen eigentlichen Amstsbereich Mecklenburg-Vorpommern postulierend “schärfere Einlasskontrollen mit modernster Technik bei Heimspielen des Zweitligisten Hansa Rostock“. Dabei wiederum will der amtierende IMK-Vorsitzende “Kameras mit Gesichtserkennungs-Software zum Einsatz bringen. Die Kameras sollen in den Eingangsbereichen des Stadions biometrische Daten von Gesichtern aufnehmen, die dann automatisch mit Bildern aus der Hooligan-Datei verglichen werden. Die Kameras sollen in Verbindung mit personifizierten Eintrittskarten zum Einsatz kommen. Gespräche mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz seien geplant“, so jedenfalls berichtete die Schweriner Volkszeitung.

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(Foto: pyrotechnik-legalisieren.de)

Für Stehplätze in bundesdeutschen Fußballstadien treten DFB und DFL angeblich weiterhin ein, obwohl auch da nach gewissen Medienberichten in den letzten Tagen die eine oder andere Möglichkeit halboffiziell erörtert worden sein soll, und zugleich auch wiederum dementiert wurde – vorerst jedenfalls. Allerdings scheinen die Innenminister der Bundesländer nach wie vor an einem Konzept zu arbeiten, das ein Verbot der Stehplätze in der Bundesliga zur Folge haben könnte, wenn Gewalt und das Abbrennen von Pyrotechnik in der Rückrunde nicht nachlassen. Die DFL wiederum will bislang die “heilige Kuh Stehplätze“ noch nicht anfassen, war bei welt.de zu lesen.

Offiziell monolog offen lag vor diesem zweiten Januar-Wochenende natürlich auch der Komplex Pyrotechnik – Schluss!, Aus!, Sense!, Finito! Wer dahingehend jemals etwas anderes vom DFB oder der DFL erwartet haben mag, möge sich melden – oder wische sich bitte endlich seine träumenden Äuglein aus. Für wen und was ist denn die vom DFB und der DFL bei tns-infratest beauftragte so genannte Pyro-Umfrage, mittlerweile fast schon bis zum Erbrechen unkritisch vom Mainstream herbeizitiert, so letztendlich eigentlich repräsentativ? – “Fans gegen Pyrotechnik? Was sagt die DFB-Umfrage wirklich aus?“(turus.net)

Veräppeln können wir uns auch selbst – aber nichtsdestotrotz und sowieso liegt Ostfussball.com garantiert nicht nur allein mit sich weiter träumend im Rasenbett der Fußball-Geschichte 2012, im Gegensatz zu anderen vielleicht.

[Dieser Artikel wurde am 14. Januar 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]