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’Football Army Dresden’. Ultras Dynamo. Geheimakte Trabant?

Nach wie vor, so berichtet aktuell die Sächsische Zeitung, ermittelt die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hinsichtlich des nachgänglich nicht gerade wenig Aufsehen erregenden Fan-Marsches Dresdner Fußballanhänger aller Provenienz zum vorsaisonal 33. Spieltag der bundesdeutsch zweithöchsten rasenballsportlichen Spielklasse – am 14. Mai 2017, you remember?

“Wir werten immer noch das beschlagnahmte Material aus“, zitiert die Sächsische Zeitung Tobias Wagner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Bei dahingehenden Durchsuchungen waren nachfolgend Anfang Dezember 2017 insgesamt 300 Smartphones, Computer und andere Speichermedien beschlagnahmt worden. Außerdem wurden der beim damaligen Fan-Marsch anführend mitgeführte Trabant, Pyrotechnik, eine Gummigeschosswaffe sowie ein Schlagring sichergestellt.

Staatsanwalt Wagner betont, dass Tabletts, Laptops und Personalcomputer wieder zurückgegeben worden seien. Nur die Auswertung der Smartphones sei noch nicht abgeschlossen und auch der Trabant vorerst weiter beschlagnahmt [Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 17. März 2018].

Der Trabi? Ist seine Aussage zu erwarten? Zeitnah? Was weiß er wirklich? Fragen über Fragen.

Seit einiger Zeit koordiniert unterdessen ein Solidaritätskomitee Dynamo die Unterstützung von Anhängern der SG Dynamo, die unmittelbar zu den damaligen Karlsruher Ereignissen in den staatsanwaltlichen Fokus geraten sind: “28 Betroffene – Gemeint sind alle“ … und der Trabant.

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MedienScreen # 187 [Ultras. Deadlines. Over the Top?]

[Fundstück] “Braucht Ultrà ein Ende?“, Ein anonymer Leserbrief @ ERLEBNIS FUSSBALL (Print-Ausgabe 73), Februar 2018 –

(…) Es wird weiter gehen und man wird sich weiter biegen und hadern, um dann trotzdem jeden erdenklichen Scheiß zu fressen. Wir haben uns allen irgendwann mal eine rote Linie gezogen. In ferner Zukunft sollte es etwas geben, das für einen unverhandelbar ist. Ganz nach dem Leitspruch: Wenn das so kommt, dann kann ich nicht mehr weitermachen (…) Es wurden besagte rote Linien gezogen, Spitzen von Eisbergen erklommen, um letztendlich zu signalisieren: Bis hierher und nicht weiter! Doch wo die endgültige Konsequenz dann für Ultrà insgesamt liegt, beantwortet ein jeder für sich selbst. Wann kann ich nicht mehr in den Spiegel schauen? Wann muss ich mir eingestehen, dass all das, was früher noch in so “ferner Zukunft“ war, Realität geworden ist? Wann kann ich da nicht mehr hingehen? Und es geht mir nicht darum, mit Ultrà zu brechen und den Samstagabend in der Großraumdisko zu verbringen. Es geht darum, mit den roten Linien umzugehen und seine Konsequenzen zu ziehen – Ultras weiterzuentwickeln. Wie das auszusehen hat, konnte bisher noch keine Szene zeigen. Es scheint mir vielmehr so, dass sich überhaupt kaum eine Szene bisher solche Fragen gestellt hat (…)

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Ultra-Kunst im SPIEGEL. Weil das Magazin es kann?

Es könnte, angenommen, ein Lückentext als Grundlage gedient haben. In den dann vorgegebene – holzschnittartig urteilende – Begriffe möglichst kunstvoll verquirlt einzufügen waren, günstigstenfalls in einem Halbsatz kulminierend. So schwierig konnte das Unterfangen für die Kulturredaktion des SPIEGEL nicht gewesen sein.

Und so steht in besagtem Nachrichtenmagazin vom 24. Februar dieses Jahres auf einer der Kulturseiten unter der Headline “Fotografie – Ultras für die Oper“ mehr als nur wenig verquast zu lesen …

“… Für ein anderes Plakat fotografierte er [Andreas Mühe] 1200 Fans des Fußballvereins Dynamo Dresden in der Semperoper – und zwar die oft als rechte Hooligans verrufenen Ultras. Wie lassen sich die Vermummten mit klassischer Musik, in diesem Fall mit Giacomo Meyerbeers ’Die Hugenotten’, in Einklang bringen? … Wie passen die Motive, die allesamt irritieren, zusammen? Der Fotograf sagt, die Bilder hätten zu tun ’mit der Zeit, in der wir leben’. Ganz sicher sorgt er dafür, dass nun alle über die Oper reden.“

Offenbar von Ulrike Knöfel (Autorenkürzel uk) verfasst, wurde eine fußballerische Fanszene selten so prägnant undifferenziert dargestellt – quasi Punktlandung in einem Halbsatz. Alle vorverurteilenden Begriffe abgearbeitet, begrifflich leicht verwürfelt sowie noch dazu pseudorelativierend. Wenn das keine tiefer greifende journalistische Sprachkunst ist. Chapeau.

Und bevor “nun alle über die Oper reden“, sei an dieser Stelle erst einmal leise Dank gesagt. Ganz einfach so. Wofür, mag jeder selbst entscheiden.

“Es ist eine phantastische Aufnahme entstanden. Andreas Mühe hat uns drei Motive zur Auswahl gestellt, gemeinsam haben wir uns dann für das Foto entschieden, das wir alle für das stärkste halten“, erklärte Susanne Springer, Leiterin Kommunikation und Marketing der Semperoper. “Die Oper voll mit maskierten Dynamo-Fans, das ist sehr ungewöhnlich. Gleichzeitig ist es eine unglaubliche Chance, diese zwei verschiedenen Kulturen, die vielleicht gar nicht so verschieden sind, auf einem Bild zu vereinen.“

“In diesem Bild steckt viel Energie, es transportiert die Stimmung, die ich auf der Bühne als Beobachter empfunden habe. Vielleicht trifft es auch das Gefühl, wenn ich sage, dass wir die Semperoper an diesem Abend für ein paar Minuten alle zusammen geentert haben. Ohne dabei einen einzigen Kratzer zu hinterlassen“, sagte Fotograf Andreas Mühe. “Es war für mich eine Ehre, dass Ultras Dynamo mir ihr Vertrauen geschenkt und sich einhundertprozentig auf die Arbeit mit mir eingelassen haben.“ [dynamo-dresden.de, 26. Februar 2018 (500 Internal Server Error)].

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[DynamoTV, YouTube.com, 12. März 2018]

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MedienScreen # 186 [’Football Army Dresden’. Ultras Dynamo. Und ein Trabant als solcher.]

[Fundstück] “Durchbruch bei Ermittlungen gegen Ultras Dynamo: Trabi packt aus“, spuckelch.de, 4. Februar 2018 –

(…) Neue Nachrichten dürften in Teilen der Szene von Dynamo Dresden für Unruhe sorgen.

Die Ermittlungsgruppe “Dynamo“ beim Polizeipräsidium Karlsruhe hat einen Durchbruch bei der Verfolgung der Hintermänner des Einmarschs der Dynamoarmee in die badische Kulturmetropole gemacht. Der bei Razzien Anfang Dezember 2017 verhaftete Trabant hat dem Vernehmen nach ausgesagt und seine Mitwisser schwer belastet.

Wie Spuckelch aus Ermittlerkreisen erfuhr, konnten dadurch konkrete Beweise und neue Ansätze gegen die Hintermänner des martialischen Auftritts gewonnen werden.

Wie die Ermittlungen ergaben, hat der Trabi eine militärische Laufbahn absolviert und ist nach seinem Ausscheiden aus der Armee, in die Fußballszene abgerutscht. Dort hat er sich immer stärker radikalisiert und schließlich den Ultras Dynamo angeschlossen. Er kletterte in der Hierarchie schnell nach oben, bis er sich in Karlsruhe sogar an die Spitze der Football Army setzte. Die Ultrafahnder haben keinen Zweifel daran, dass er enge Kontakte in die Führungsebene pflegt und dadurch über umfangreiches Wissen über die Strukturen des Ultras-Dynamo-Clans verfügt.

Ein Insider erklärte gegenüber Spuckelch, man wisse nun näheres über die Organisation des Marsches und das Abbrennen von Pyrotechnik.

So hätten hochdekorierte Ultrapaten Bengalos und Tarnkleidung beschafft. Dies geschehe allerdings meist über Mittelsmänner bei Versandhandel und Post. Sie selber würden sich die Hände nicht schmutzig machen, sondern beispielsweise die Tarnkleidung bei einem Firmengeflecht in Auftrag gegeben. Diese Unternehmen seien dann für Stoff und Farbe bezahlt worden.

Weiter sollen ranghohe Ultras von dem Trabi belastet worden sein, dazu aufgerufen zu haben, die Tarnkleidung anzuziehen. Über so genannte Verteiler gelangten die Camouflage-Nickis in den Besitz der Fußsoldaten. Um die Hemmschwelle zu senken, wurden sie in vielen Fällen mit Alkohol gefügig gemacht.

Eigentlich gilt in diesen Kreisen das Gesetz des Schweigens. Was den Trabant zu dem Tabubruch veranlasste, entgegen der Gepflogenheiten der Szene mit der Polizei zu kooperieren, ist nicht bekannt. Es wurde aber bislang nicht dementiert, dass ihm damit gedroht wurde, ihn lila-weiß zu streichen.

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Mit Dank & Gruß an den Spuckelch und dortselbst im Original [error left].

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Wenn heute gestern ist. Morgenpostlich.

Die Botschaft war klar und unmissverständlich. Als Ansage der Ultras aus dem K-Block im Rudolf-Harbig-Stadion zu Dresden. Präsentiert bei der Begegnung gegen SSV Jahn Regensburg (1:0) am diessaisonalen 23. Zweitliga-Spieltag.

(Screenshot Twitter: O.M.)

So ein – eindeutiges – Statement von den Stadionrängen kann schon für Verwirrungen sorgen. Politisch gesehen. Gerade in Dresden. Oder nur bei der Dresdner MorgenPost? Wo sich irgendwer – den Kalauer mit der Praktikantin oder dem Praktikanten an der Tastatur lassen wir jetzt mal weg – vor lauter Verwirrung augenscheinlich in eine klitzekleine Zeitreise verfingerte …

(Dresdner Morgenpost Online, 18. Februar 2018 – Screenshots: O.M.)

… online up to date. Gestern? Heute? Morgen?

Eine terminliche Dreiteilung von rasenballsportlichen Spieltagen kann schon verwirren. Die Botschaft der Ultras Dynamo dagegen nicht.

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