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MedienScreen # 305 [Pitti grimmelt]

[Fundstück] “Riesenehre für PPQ-Aushängeschild: Trostpreis für Pittiplatsch“, politplatschquatsch.com, 25. April 2023 –

(’Als erster Schwarzer Mann im Fernsehen der ehemaligen Ex-DDR muss Pittiplatsch immer noch um Anerkennung der westdeutschen Mehrheitsgesellschaft betteln.’ – PPQ]

Noch ein rauschendes Fest, noch eine Zusammenkunft gesellschaftlicher Creme. Und mitten unter den überwiegend westdeutschen Fernsehmachern ein kleiner, verwachsener Ostdeutscher, älter sogar als die alten weißen Männer, die beim Grimme-Preis traditionell den Ton angeben. Aber es ist wahr: Angeheizt durch die aktuelle Diskussion um die immer noch mangelhafte Integration ehemaliger Ostdeutscher in die demokratische Gesellschaft der schon viel länger hier Lebenden hat die Grimme-Jury ein Zeichen gesetzt und die traditionelle Sendereihe “Sandmännchen“ ausgezeichnet.

Unter den Preisträgern in der Kategorie “Transkulturelle Serienproduktion“ fand sich damit auch Pittiplatsch, von seinen Anhängern “der Liebe“ genannt – eine Ikone des zivilgesellschaftlichen Widerstandes in der ehemaligen Ex-DDR, die sich trotz ihrer Tätigkeit direkt unter den Augen der Machthaber niemals angepasst hatte und dafür so manche bittere Rechnung bezahlen musste. Mittlerweile gehört der frischgebackene Grimme-Preisträger zwar zum umstrittenen ARD-Establishment. Dazu hatten die Verantwortlichen den Original-Pitti allerdings erst einem sogenannten großen Austausch unterziehen müssen.

Der kleine schwarze Kobold, der jetzt den Ritterschlag des deutschen Fernsehens empfing, ist also keineswegs identisch mit dem wilden rebellischen Kerl, der unter Ulbricht und Honecker Millionen Kinder mit antiautoritären und obrigkeitsfeindlichen Ideen infizierte. Und doch war der Kerl, der seinen Namen nach Stefan Schwarz’ vielbeachteter Monografie “Soziologie des DDR-Abendgrußes“ mutmaßlich einer Herkunft aus dem Niger oder dem Kongo verdankt, weil sich sein Name vom suahelischen Wort “Pitia“ wie “Vorbeikommen“ ableitet, das bemerkenswerteste Ereignis auf dem diesjährigen Klassentreffen der Feierbiester aus den vielen, vielen Fernsehsender. Bei der Gala zur Preisverleihung heimste Pitti im Marler Stadttheater den größten Applaus ein, als sein Name auf der Bühne verkündet wurde, gab es rundherum strahlende Gesichter und die in der Branche beliebten High-five-Abklatscher.

Die dunkle Seite der durchaus auch immer politischen Auszeichnung: Während selbst progressive Blätter die Ehrung der saftigen Satiresendungen (…) zumindest auf ihren hinteren Seiten zur Kenntnis nahmen (…), gingen Sandmann und mit ihm auch Pittiplatsch bei der Generierung öffentlicher Aufmerksamkeit durch die Verteilung von inzwischen gleich 16 undotierten, aber heiß begehrten TV-Preisen leer aus. Ihrer Protokollpflicht kamen allenfalls ostdeutsche Sender mit schlechtem Ruf [nach].

Die Hauptnachrichtensendung “Tagesschau“ sah ihre Berichterstattungspflicht von der Premiere der Verleihung des Preises an eine ostdeutsche Puppe offenbar als erfüllt an, weil vor einem Monat über die Entscheidung der Jury berichtet worden war. Vom “ausgezeichneten Preisjahrgang“, wie ihn die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, schwärmerisch genannt hatte, blieb so ein schaler Nachgeschmack. Einmal mehr richtete die westdeutsche TV-Gesellschaft die Scheinwerfer auf sich selbst (…)

(…) Pitti aber, der sich nicht nur als erster Schwarzer Mann im fremdenfeindlichen Klima des ostdeutschen Sozialismus behauptet hatte, sondern wie das Ampelmännchen auch nach 1990 auf dem Bildschirm präsent blieb, fiel unter den Tisch (…)

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[Mit Dank & Gruß an PPQ’Pittis Geist wohnt hier’ – und dortselbst im vollständigen Original.]

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