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Hooligans Elbflorenz – to finish?

Die wiederholt als ’Mammut-Prozess’ titulierte gerichtliche Verhandlung um die angebliche Führungsriege der Hooligans Elbflorenz würde noch im April dieses Jahres zu Ende gehen, wurde kürzlich Richter Peter Lames, Vorsitzender der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden, zitiert. Medienseitig kolportiert könnte nach mittlerweile 91. Sitzungstagen am kommenden 29. April besagter Hooligan-Prozess vorerst enden – mit welchen weiteren Folgen auch immer.

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(Gerichtsdämmerung? – Screenshot: YouTube)

Die Sächsische Zeitung lässt unterdessen ihren Gerichtsreporter Alexander Schneider die bisherigen Vorgänge zum Prozess um die Hooligans Elbflorenz ein wenig zusammenfassend darstellen –

“(…) Am Landgericht Dresden könnte Rechtsgeschichte geschrieben werden. Erstmals müssen sich Hooligans in Deutschland wegen ’Bildung einer kriminellen Vereinigung’ verantworten (…) Die Richter müssen klären, ob die fünf Angeklagten eine Vereinigung, die sogenannten Hooligans Elbflorenz, geführt haben, deren Zweck es war, Straftaten zu begehen (…)

Fünf Angeklagte, zehn Verteidiger, die Kammer mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, dazu ein Ersatzrichter und eine Ersatzschöffin. In jeder Hinsicht sprengt der Hooligan-Prozess den Rahmen üblicher Verfahren. Die Anzahl der Verhandlungstage – ein neuer Rekord am Landgericht. Gewaltig sind auch die Kosten des Verfahrens. Genau kennt sie zwar noch niemand, doch sie sollen sich straff auf die Millionengrenze zubewegen.

Schon das Ermittlungsverfahren wurde mit einem immensen Aufwand betrieben. Vor knapp fünf Jahren leitete die Staatsschutzabteilung der Dresdner Staatsanwaltschaft gegen die Hooligangruppe ein sogenanntes Strukturverfahren ein (…) Der oft als ’Schnüffelparagraf 129’ kritisierte Tatbestand eröffnet Ermittlern weit mehr Möglichkeiten: Observationen, monatelanges Abhören von Telefonen, eine groß angelegte Funkzellenabfrage in der Dresdner Innenstadt, Polizeispitzel und dergleichen. Kurz: Hier wurde die schwere Artillerie der Strafverfolgung aufgefahren.

Das Ergebnis jedoch überzeugt nicht voll. Die Beweise lassen Fragen offen. Abgehörte Telefonate und belauschte Gespräche sind unterschiedlich auslegbar (…)

(…) Hunderte schlagen sich beim Fußball, möglicherweise auch Mitglieder dieser Hooligan-Gruppe. Zweck der Gruppe sei jedoch gewesen, sich mit anderen Hooligans zu sportlichen Kämpfen zu verabreden – mit Regeln, Schutzvorkehrungen und sogar Schiedsrichtern (…)

Erst am Ende des Prozesses beteuerten die Angeklagten erstmals, die ’Hooligans Elbflorenz’ habe es nie gegeben. Sie bezeichnen sich als ’Sportgruppe’ oder ’Ackertruppe’. Die Matches fanden bewusst abseits der Öffentlichkeit, im Wald, auf Parkplätzen und in Gewerbegebieten statt. Man wollte ja nicht auffallen. Nie hätten sie gedacht, sich strafbar zu machen.

Ihre Verteidiger nennen Kämpfe und konspirative Planung ’archaische’ Verhaltensweisen Spätpubertierender oder ’Räuber- und Gendarm-Spiel für Erwachsene’ – man muss solche Matches nicht mögen, das mache sie noch nicht zur Straftat (…)“ [sz-online.de, 27. April]

Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

[Dieser Artikel wurde am 27. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Show-down?

Im Prozess um die mutmaßlichen Anführer der Hooligans Elbflorenz hatte in der vorvorigen Woche Staatsanwalt Ingolf Wagner in seinem Plädoyer vor dem Dresdner Landgericht harte Haftstrafen für alle fünf Angeklagten gefordert. Unterdessen plädierten am 16. April beim nunmehr 89. Prozesstag die Verteidiger – und forderten Freisprüche.

“(…) Erstmals stehen Fußball-Hooligans in Deutschland wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hält die Vorwürfe für erwiesen und plädierte (…) auf unbedingte Haftstrafen zwischen knapp zwei und dreieinhalb Jahren (…)

Verteidiger Endrik Wilhelm dagegen bezweifelt, dass es eine solche kriminelle Vereinigung überhaupt gegeben hat (…) Er sagte, schon der gesetzlich geforderte Zweck einer kriminellen Vereinigung – die Begehung von Straftaten, von denen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht – sei nicht erfüllt (…)“ [Sächsische Zeitung, 17. April]

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(Screenshot: YouTube.com)

Denn der Zweck der “Sportgruppe“ der Angeklagten seien lediglich Kämpfe, “Matches“, mit anderen Hooligans gewesen – einvernehmlich, nach Regeln, mit Schiedsrichtern, abseits der Zivilisation. Dazu brauche es Absprachen und etwas Logistik zum Training und für die Planung solcher Treffen. Niemand sei zudem zur Teilnahme gezwungen worden. “Wenn 20 Einbrecher einen Fußballverein gründen, ist das noch kein Einbrecher-Verein“, zitiert die Sächsische Zeitung den Anwalt. Endrik Wilhelm bemängelte darüber hinaus, im Fall der Dresdner Fan-Klientel werde im Prozess nicht genug differenziert (Sächsische Zeitung).

Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Der Prozess könnte noch im April dieses Jahres zu Ende gehen, wird nunmehr Richter Peter Lames, Vorsitzender der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden, zitiert.

[Dieser Artikel wurde am 23. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Alle ins Gefängnis?

Es mag Zufälle geben, ja. Allerdings behaupten auch manche, es gäbe keine Zufälle.

Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein Urteil (Aktenzeichen 1 StR 585/12) bekannt gegeben, nach dessen Lesart es sittenwidrig und damit strafbar ist, wenn sich Gruppen zu Schlägereien verabreden und mit gegenseitiger Einwilligung verprügeln.

“Beim nach wie vor andauernden Prozess [um die Hooligans Elbflorenz] vor dem Dresdner Landgericht wurde ein Grundsatzurteil zur Frage der Strafbarkeit solcher FWW-Drittortauseinandersetzungen erwartet. Der BGH in Karlsruhe hat gesprochen?“

Und während des terminlich nächstfolgenden 88. Sitzungstages in besagtem Prozess am 8. April dieses Jahres vor dem Landgericht Dresden dauerte es dann wohl auch “ein paar Minuten, ehe die fünf Angeklagten und ihre Verteidiger wieder ihre Fassung zurückerlangen“.

Denn erstaunlicherweise wohl rein zufällig dem BGH-Urteil fast zeitgleich gehorsamst nachfolgend, hat Staatsanwalt Ingolf Wagner nunmehr “harte Haftstrafen für alle fünf gefordert“ – “Als hätte es keine eineinhalbjährige Beweisaufnahme gegeben“, schimpft ein Anwalt (…) “Was haben wir eigentlich die ganze Zeit gemacht?“ Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft sei “Unfug“, ein “Trauerspiel“, pflichtet ein Kollege bei (Sächsische Zeitung, 9. April).

Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

“Die höchste Strafe von dreieinhalb Jahren Haft soll der mutmaßliche Chef der Gruppe erhalten, ein 37-jähriger Versicherungsmakler aus Pirna. Sein Stellvertreter, ein 36-jähriger Unternehmer aus Dresden, sowie zwei Mitangeklagte (27, 29) aus Dresden und Pirna, die laut Wagner ’in der Hierarchie der Vereinigung nicht ganz so weit oben angesiedelt’ gewesen seien, sollen je zweieinhalb Jahre in Haft. Die mit 22 Monaten geringste Strafe fordert Wagner für [einen] bereits einschlägig vorbestraften […] (26) – jedoch ohne Bewährung.“ (Sächsische Zeitung)

Die Verteidiger werden in folgenden Sitzungstagen auf Freisprüche plädieren, denn sie “sehen in den Matches einvernehmliche Sportwettkämpfe, mit Regeln und Schiedsrichtern“. Diese “müsse man ja nicht gutheißen, aber nicht alles, was man nicht gut findet, erfülle zwangsläufig einen Straftatbestand“, zitiert die Sächsische Zeitung einen der Verteidiger der fünf Angeklagten.

[Dieser Artikel wurde am 13. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Bundesgerichtshof und “Dritte Halbzeit“

Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

Bei dem Prozess vor dem Landgericht Dresden geht es unter anderem auch um die juristische Wertung so genannter Drittortauseinandersetzungen, also um Verab­redungen (szenetituliert als FWW – Feld-Wald-Wiese) mit anderen Hooligan-Gruppen jenseits vom Geschehen in und um die Fußballstadien, um sich nach vereinbarten Regeln gegenseitig körperlich attackierend zu stellen.

Nun hat aktuell der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein Urteil (Aktenzeichen 1 StR 585/12) bekannt gegeben, nach dessen Lesart es sittenwidrig und damit strafbar ist, wenn sich Gruppen zu Schlägereien verabreden und mit gegenseitiger Einwilligung verprügeln.

“Die Entscheidung betrifft nach Aussage der Richter auch ausdrücklich Schlägereien zwischen rivalisierenden Hooligan-Gruppen“ (zeit.de). “Die Richter schaffen mit dem Urteil juristische Klarheit für handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Hooligan-Gruppen – häufig als ’Dritte Halbzeit’ bezeichnet. Das Argument, solche Schlägereien seien vergleichbar mit sportlichen Wettkämpfen, bei denen alle Beteiligten wüssten, was sie erwartet, wies das Gericht zurück“ (tagesschau.de). “Das Argument, solche Schlägereien seien vergleichbar mit sportlichen Wettkämpfen, ließen die Richter nicht gelten. Prügeleien könnten jederzeit eskalieren“ (spiegel.de).

Zu Beginn des Dresdner Gerichtsprozesses um die Hooligans Elbflorenz wird der Schweizer Soziologe und Hooligan-Experte Marice Illi von der Zeitschrift Jungle World folgendermaßen zitiert –

“Hooligans im klassischen Sinne, die ihre Aktionen bewusst planen und mit den gegnerischen Hooligans teils sogar in kollegialem Kontakt stehen, halten sich bei ihren Kämpfen an einen Ehrenkodex: gleich große Gruppen, kein schweres Schuhwerk, keine Waffen, kein Nachtreten bei Fall zu Boden. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass bei einem fairen Fight dies auch eingehalten wird. Unsere Gesellschaft, wenn auch immer zivilisierter, bringt ein gewisses Maß an Gewaltbereitschaft mit sich. Wenn durch solche Hooligan-Aktionen dieses Potential auf Feld, Wald und Wiese abgebaut werden kann, sehe ich darin nicht nur Nachteile.“

Beim nach wie vor andauernden Prozess vor dem Dresdner Landgericht wurde ein Grundsatzurteil zur Frage der Strafbarkeit solcher FWW-Drittortauseinandersetzungen erwartet. Der BGH in Karlsruhe hat gesprochen?

[Dieser Artikel wurde am 2. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Sportgruppe?

Wie bereits informiert, wurde im Prozess um die Hooligans Elbflorenz vor dem Dresdner Landgericht für den 82. Verhandlungstag am 11. März 2013 eine Einlassung eines der fünf Angeklagten angekündigt, welcher sich unterdessen wiederum aktuell wegen des erneuten Vorwurfs mehrerer Körperverletzungen und Drogendelikte vor dem Amtsgericht Dresden zu verantworten hat. Im nunmehr über achtzehn Monate andauernden Prozess gegen die mutmaßlichen Anführer der Hooligans Elbflorenz war es die erste Aussage eines der Angeklagten überhaupt.

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(Erzgebirgsstadion, Mai 2009 – Foto: dehli-news.de)

“Wasch mich, aber mach mich nicht nass“, bilanzierte die Sächsische Zeitung nach der vierminütigen Erklärung des Angeklagten vor dem Landgericht, “die wenig Neues enthielt“. Danach wurde der mutmaßliche Anführer vom Jungsturm Dynamo mehrere Stunden von der Staatsschutzkammer befragt. “Allerdings: Je konkreter die Fragen des Vorsitzenden Richters Peter Lames wurden, desto diffuser blieben die Antworten des Angeklagten“ (Sächsische Zeitung, 12. März).

“’Aus meiner Sicht sind die Hooligans Elbflorenz eine Trainingsgruppe.’ Sie hätten gemacht, was die Polizei geraten habe – man habe im Wald gekämpft. Es habe keine Auseinandersetzungen in Stadien gegeben, die Teilnahme an Training und Kämpfen sei freiwillig gewesen. Anführer der ’Sportgruppe’ (…) nannte er nicht, auch nicht, wer zu bestimmten Anlässen welche Entscheidungen getroffen habe (…) die Übergänge [vom Jungsturm Dynamo] zu den Hooligans seien fließend, sagte er“ (Sächsische Zeitung).

“Nur ich war damals vor Ort, keiner der anderen Angeklagten“, wird zudem der 25-Jährige – hinsichtlich der so genannten ’Döner-Überfälle’ am 25. Juni 2008 in der Dresdner Neustadt nach dem EM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Türkei – zitiert.

Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Für den Prozess wurden anfangs ursprünglich rund 30 Verhandlungstage angesetzt.

[Dieser Artikel wurde am 16. März 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]