Schlagwort-Archive: Medien

Dresdner Morgenpost auf Gleis 23?

Lesen bildet. Doppelt hält besser. Ohne Frage landläufige Volksweisheiten.

Doch auch Sentenzen dürfen hinterfragt werden. Wobei zuweilen Fragen offen bleiben können. Beispielsweise beim bildenden Lesen der Dresdner Morgenpost vom Tage.

Doppeltes Zeilenhonorar für Reporter Torsten Hilscher? Mehrfachabrechnung beim Fotografen Marko Förster hinsichtlich nahezu identisch gedruckter Bilder? Layoutprämierung für ein gesetztes Doppel mit fast wortgleichem Inhalt?

Und welche journalistische Botschaft ist der Doublette zum Opfer gefallen? Was für eine Rolle spielen zudem die Seitenzahlen 10 und 13 bei der gleichzeitig abgeschnittenen Entstellung eines Artikels auf Seite 12?

Fügt sich überdies aus 10 plus 13 nicht zufällig exakt 23? Es gibt keine Zufälle?

“Der Fehler begleitet den Menschen“ (Platon). Sei’s drum. “Nichts ist so wie es scheint“ …

mopo_2_4_16
(Dresdner Morgenpost, 2. April 2016 – Foto: O.M.)

Post Scriptum – Als ob es sich so lapidar exemplifizieren ließe …

mopo_4_4_16
(Dresdner Morgenpost, 4. April 2016 – Foto: O.M.)

Eins durch Eins ist Null

Als gehobenere Verwirr-Variante funktioniert “Eins und Eins macht Vier“ natürlich ebenso. Wie beim gleichnamigen Kinderfilm (Original “It Takes Two”) von Andy Tennant. Sehr frei nach dem Kästner’schen ’Doppelten Lottchen’.

Einser, doppelte Zweier, Vierer, kein Dreier. Mathematische Phänomene allenthalben. Die es zu ergründen gilt. Mitunter auf dem zweiten oder dritten Bildungsweg. Beispielsweise. Möglich ist einiges. Auch virtuell.

ntv_26_03_16_x
(Screenshot n-tv – O.M.)

Mithilfe der nach wie vor so genannten ’neuen Medien’ stellen sich allerdings nicht zwangsläufig Bildungstriumphe ein. Möglich ist aber einiges.

Und Erfolge stehen im Raum. Unbestritten. Nachgewiesen. Mögen es auch Einzelresultate sein. Dahingestellt. Wie gleichsam jenes von Joe. Der Weg ist schließlich das Ziel. Unter Umständen zum Einser-Abi. Oder so.

ntv_26_03_16_xx
(Screenshot a.a.O. – O.M.)

Da frei nach Konstantin Wecker indes ’genug nicht genug ist’, bleibt das jetzt einfach mal so stehen. Als positiver Anreiz. Klassischen Nachilfe-Kandidat*innen auf den Weg. Zum Ziel. Irgendwie. Möglich scheint nicht nur einiges. Mehr oder weniger. Whatever.

MedienScreen # 90 [Endless Waves]

[Fundstück] Svenna Triebler, “Good vibrations“, konkret, 4/2016 –

[…] Schließlich ist die Entdeckung der Gravitationswellen auch noch der letzte abgehakte Punkt auf der “Einstein-Checkliste“ von Vorhersagen des großen Physikpromis […]

Als letzter Punkt vor den Gravitationswellen stand auf der Checkliste übrigens das berühmte Einsteinsche Postulat: “Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Zumindest die Sache mit der Dummheit darf einige Jahrzehnte nach Inbetriebnahme des globalen Deppendetektors namens Internet als erwiesen gelten.

MedienScreen # 89 [DDR-Märchenwald. Pittiplatsch, Schnatterinchen, Mischka. Geheimnisse?]

[Fundstück] Stefan Schwarz, “Pitti kam aus Afrika“, schwarzleser.de, 18. Oktober 2010 –

[…] Kurz gesagt geht es mir um den Nachweis, dass die Charaktere des DDR-Kinderfernsehens Problemlagen und Gruppenkonflikte des Ostens zwar im Puppenformat aber ansonsten völlig unverhüllt darstellten. Genauer gesagt: Was da jeden Abend über den Bildschirm flimmerte, war ein realistischer Spiegel der Gesellschaft, gegen die jede Prenzlberger Untergrund-Lesung wie eine Grußadresse ans Politbüro wirken musste. Dass die Oberen dessen nie gewahr wurden, kann man nur dem professionellen Tunnelblick der Parteizensoren zuschreiben, der – wie der Betrunkene seinen Schlüssel unter der Laterne – seine Feinde immer nur dort suchte, wo er sie üblicherweise zu finden hofft. Was also verkörperten die Figuren des DDR-Abendgrußes?

Pittiplatsch

Pittiplatsch wird immer als Kobold bezeichnet. Das ist nicht nachvollziehbar. Ein oberflächlicher Blick auf Begriff und Bild des Kobolds in der germanischen Mythologie zeigt, dass keinerlei Ähnlichkeiten bestehen. Tatsächlich ist Pittiplatsch von außerordentlich dunkler Hautfarbe, hat eine runde Nase und große leuchtende Augen (die Ähnlichkeit mit dem ehemaligen mosambiquanischen Präsidenten Samora Machel geht ins Doppelgängerische), trägt eine saucoole Pelzweste, wie sie später verständlicherweise von der afroamerikanischen Rapperszene (vgl. Piff Diddy) übernommen wurde. Wenn man jetzt dazu noch weiß, dass Pittiplatsch Anfang der 1960er plötzlich bei Meister Nadelöhr auftaucht, also in der Zeit der intensiven Kontaktaufnahmen zwischen dem sozialistischen Lager und den afrikanischen Befreiungsbewegungen drängt sich der Schluss auf, dass Pitti mitnichten ein Kobold sondern vielmehr ein zu Ausbildungszwecken in die DDR verschickter Afrikaner ist. Ethnisch gesehen ist Pittiplatsch wahrscheinlich ein Bantu. Mit Pitti (vermutlich von Suaheli “Pitia“ = “Vorbeikommen“) kommt Jahre vorm westdeutschen Gastarbeitermitfühl-Hit “Griechischer Wein“ die Migrantenproblematik im (ost!)deutschen Fernsehen zur Sprache. Denn Pittiplatsch erweist sich selbst als außerordentlich schwer integrierbar. Obschon er versucht, sich äußerlich seiner deutschen Umgebung anzupassen (Filzpantoffeln!), verleitet ihn seine typisch afrikanische Impulsivität und sein Hang zu Schabernack immer wieder zu Disziplinverstößen und sehr undeutschen Eigenmächtigkeiten, um die sich die Großzahl aller Märchenwaldgeschichten drehen. Ein weiteres Indiz seiner afrikanischer Abkunft ist sein ausgesprochener Familiensinn. Anders als die meisten deutschen, sonderbar verwandtenlosen Märchenwaldbewohner (ein Hinweis auf die zerrissenen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Ost und West?) hat Pittipatsch eine ausgedehnte Familie von ähnlich pflichtvergessenen, der protestantischen Leistungsethik abgewandten Radaubrüdern und -schwestern, die er mindestens einmal im Jahr besucht.

Schnatterinchen

Im scharfen Kontrast zu Pittiplatsch steht Schnatterinchen: Eine gelbe, damit – wie das Federkleid verrät – noch sehr junge, aber schon sichtbar korpulente und unaufgefordert altkluge Ente. Schnatterinchen, das fleischgewordene Hausbuch, die gegen alles, was spannender ist als Aufräumen und Stühlehochstellen, erhebliche Bedenken trägt, zeigt den jungen Fernseh-Zuschauern drastisch, was aus einem werden kann, wenn man die sozialistischen Moralgebote wirklich verinnerlicht. In ihrer demonstrativen Fadheit steht Schnatterinchen für einen asexuellen FDJ-Kreisleitungstypus, der auf die Beschränkungen des real existierenden Sozialismus reagiert, in dem er seine Individualität quasi wegpackt, und im hegelschen Sinne lieber “heiß auf Langeweile“ wird. Es ist sicher diesem abtörnenden Role Model zu verdanken, dass sich die allermeisten Mädchen in der DDR später dafür entschieden, keine “Schnattchen“ zu werden, wie die öde Flauschente in Kurzform hieß, sondern lieber “Schnittchen“.

Mischka

Die Ersetzung der braven deutschen Teddyfigur Bummi durch den russischen Schwarzbären Mischka Anfang der 70er Jahre, macht nun auch den Vorschulkindern klar, dass der Kurs Walter Ulbrichts, die DDR aus dem Status eines Satellitenstaates des russischen Kolonialreichs herauszuführen, auf der ganzen Linie gescheitert ist. Gleichsam mit der von Moskau beförderten Amtseinführung des gehorsameren Honeckers erscheint in der Parallelwelt des DDR-Abendgrußes der Bär Mischka als russischer Beobachter, der seine aufreizende dramaturgische Überflüssigkeit gar nicht zu verbergen sucht. Mischka, der Bär ohne Eigenschaften, der entbehrbare Bär, ist nicht auf Abenteuer und Geschichtchen aus. Er soll den Märchenwaldbewohner nur als Erinnerung dienen, dass es nicht nur den lustigen ostdeutschen Märchenwald gibt, sondern auch weniger lustige, aber dafür ausgedehnte boreale Nadelwaldzonen jenseits des Urals mit sehr unkomfortablen Barackensiedlungen.

[…] Natürlich ist diese kleine Soziologie des DDR-Abendgrußes unvollständig […]