Schlagwort-Archive: Pegida

MedienScreen # 117 [Go! Uli Hoeneß! Go!]

[Fundstück] rationalgalerie.de, 11. August 2016 –

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(Screenshot: O.M.)

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[Fundstück] Heinrich Maria Löbbers, “Lieber Uli Hoeneß! – Offener Brief an den entlassenen Häftling, der seine zweite Chance kriegt“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), Magazin, 13. August 2016 –

Sie müssen unbedingt mal wieder nach Dresden kommen, jetzt wo Sie wieder ein freier Mann sind. Hier hat die Heilsarmee vor Kurzem einen Laden aufgemacht, in dem sich Bedürftige gebrauchte Sachen besorgen können. “Zweite Chance“ heißt der Laden – als ich davon hörte, musste ich sofort an Sie denken (…)

(…) Würden Sie nur nicht immer solche Sprüche raushauen. Vor Jahren haben Sie zum Beispiel mal erklärt: “Kriminelle haben im Fußball nichts verloren.“ Und manchmal kümmert eben doch das Geschwätz von gestern (…)

Die sächsische Variante der Resozialisierung können Sie hier (…) Montagabends beobachten. Da jubeln immer noch ein paar Tausend besorgte Bürger  einem ehemaligen Kokain-Kurier und Kleinkriminellen, einem Ex-Knacki, der gegen Flüchtlinge hetzt und von sich selbst behauptet, er sei die wahre Stimme des Volkes.

Sie sehen, eine zweite Chance bekommt hier wirklich jeder Wurstverkäufer – oder er nimmt sie sich. Ob auch jeder sie wirklich verdient hat, darüber müssen wir ein anderes Mal reden.

Ich muss mich jetzt erst mal um ganz andere Sachen kümmern. Das Finanzamt hat sich gemeldet (…)

Im Auge des Krah

Gute Freunde kann niemand trennen, lautet eine landläufige Weisheit. Und Freunde stehen einander bei, besonders in der Not. Wenn sie echt sind. Über Kameradschaft hinaus.

Mehr oder weniger sinnhafte Volksweisheiten gibt es ja einige. Zuweilen nicht einmal von Parteigrenzen aufzuhalten. Da ist einer in der FDP, ein anderer nennt die CDU seine politische Heimat. Passiert.

Nun gut, einer der beiden sieht sich eher parteipolitisch unabhängig. So als amtierender Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt.

Der andere wiederum, so munkelt es hier und da, erwarb Meriten beispielsweise bei Tätigkeiten als “weltweiter Anwalt der Piusbruderschaft“ mit “Kanzleisitz in Dresden“ (Alternative Dresden News, 5. August 2011).

Einer der beiden, Dirk Hilbert, hat Aufmerksamkeit. Welche auch immer. Allein aus seiner Position heraus. Der andere wiederum sucht offenbar noch die ihm letztendlich vorhergesehene Beachtung. Hier und da.

“’Lange Wickelröcke sind unmoralisch, weil hässlich’. Diese provokante These vertritt Maximilian Krah, der sich selbst als Vollblutanwalt, Vollblutkatholik und Vollblutvater bezeichnet“ (Katholische Nachrichten, 6. Oktober 2015). Plakativ flach herbeizitiertes Beispiel? Geschenkt.

Möglicherweise sucht der Mann aber einfach nur Freunde. Auch über Parteigrenzen hinweg. Oder politische Gruppengräben überwindend. Letztendlich kennen sich Maximilian Krah (CDU) und Dirk Hilbert (FDP) eventualiter ja sogar. In Dresden ist einiges möglich …

Apropos Pegida: Da war doch mal diese Kathrin Oertel. Eben jene, die nunmehr offenbar als Mitarbeiterin für die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt (Oppa, hol’ die Flaggen vom Boden) arbeiten möchte. Na hallo, Frau Oertel kann ja mal Leute kennen. Und scheinbar auch gekannt werden. Zart geschützt und verteidigte politische Freundesbande hier und da? Wer weiß.

Kann man sich Freunde aussuchen? Also: politische? Und sprachlich sodann wehrhaft füreinander einstehen? Die selbst gewählte Wagenburg per se verteidigen? Ohne sich zu kennen? Fragen über Fragen …

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(Screenshot Twitter: O.M.)

Eine literarische Anleihe? In aller Freundschaft? Politisch verbrämt? “Was er unter Freundschaft zu verstehen habe, erfuhr er nie“ (Heinrich Mann in Professor Unrat). Historisch ohne Zusammenhang? Schade. Aber einen Versuch war es wert.

“Wer sich als Mann an Schönheit, und dazu gehört nunmal ein gewisser Sex Appeal, nicht still erfreuen kann, muss an sich arbeiten“ (Maximilian Krah, a.a.O.). Billig aus dem Kontext gezerrt? Unpolitisch? Hat mit der Frage von Matthias Meisner nichts gemein? Und mit der Krah’schen Antwort noch weniger? Bleibt aber einfach mal so stehen. Wie auch immer. Sei’s drum.

Erbärmlich ist wohl manches. Hier und da. Aber das wäre dann schon wieder eine andere Geschichte. In Dresden. Oder anderswo.

– Nachschiebsel vom 16. Juli –

“(…) Vorwürfe, er sei rechtslastig, lässt er an sich abprallen. ’Ich bin realistisch’ (…)“ [“Der Provokateur“, Maximilian Krah porträtiert von Andreas Weller, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 16. Juli 2016]

– Nachschiebsel vom 19. September –

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(Screenshots Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 21. September –

(…) Eine Internetseite, auf der offen zum Austritt aus der CDU aufgerufen wird, und wenige Stunden später ein Fax, das den Abgang offiziell macht: Maximilian Krah hat seinen Unmut über die CDU, ihre Asylpolitik und seinen Austritt zelebriert (…) [Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 21. September 2016]

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(Screenshot Twitter: O.M.)

– Nachschiebsel vom 8. Oktober –

(…) Kürzlich trat Krah mit großem Aplomb aus der CDU aus – nun geht er den logischen nächsten Schritt: “Ich werde nächste Woche den Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Dresden treffen und mit ihm die Modalitäten meines Beitritts besprechen“ (…) [“CDU-Refugees Welcome“, DER SPIEGEL, 8. Oktober 2016].

MedienScreen # 95 [German Football Goes Mekka]

[Fundstück] “Islamisierung der Liga: Minges Pilgerfahrt nach Mekka“, politplatschquatsch.com, 19. April 2016 –

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Es war ein Skandal mitten im Aufstiegsjubel, ein Eklat, der zu allem passt, was Fans und Feinde vom Fußball in der 3. Liga erwarten. Dynamo Dresden steigt nach einer grandiosen Saison auf und tut das beim alten Oberliga-Rivalen in Magdeburg. Aber selbstverständlich geht der rein formale Akt vier Spieltage vor Sendeschluss nicht ohne Gewalt von allen Seiten, Prügeleien und Raketenbeschuss aus.

Das Übliche eben in einer Liga, von der Fachblätter wie der “Spiegel“ schon vor Jahren wussten, dass sie die Hauptstreitkräfte von Fußballgewalt und rechtsradikalem Fangesocks beheimatet. Magdeburg, eine von Beamten bewohnte Stadt in der bäuerlichen Börde, trifft auf Dresden, die von Touristen gemiedene Pegida-Hauptstadt, deren Hass auf alles Fremde sprichwörtlich ist.

Es kam, wie es kommen musste. Polizeigewalt. Fangewalt. Gewalt-TV. Und als Ralf Minge, der sächsische Alt-Internationale, der bei Dynamo heute als Sportdirektor dient, dann versucht, sich mit samt seiner Jeansjacke und dem schwarzen Hoodie zwischen Zaun und Einsatzkräfte zu werfen, kommt sie an der Bande ins Blickfeld, die Werbung, die schon wenige Stunden später die rechtspopulistische Partei AfD auf den Plan rufen wird: “Mekka“ steht da in aller Unschuld. Dank Live-Übertragung im mitteldeutschen Gebührenfernsehen eine Botschaft, die bis in den letzten Winkel der Erde dringt.

Ein deutliches Zeichen darauf, wie weit die Islamisierung der 3. Liga bereits vorangeschritten, werden in Hass geschulte AfD-Kader wenig später hetzen. Magdeburg als Mekka, wenn auch der eskalierenden Gewalt? Der MDR tut das Seinige, die Botschaft zu verbreiten, wie immer sie auch gemeint ist: Minutenlang hält die Kamera auf die Werbebande. Mit dem alten Trick, Bewegung im Bild zu erzeugen, sorgt Ralf Minge gemeinsam mit einigen angeblichen Ordnern, die mit ihm eine Festnahme simulieren, für sogenannte Stickyness und ein retardierendes Spannungsmoment, das Tausenderkontakte im Sekundentakt erzeugt. Subkutan dringt die Nachricht in alle angeschlossenen Haushalte: Kein Mensch an der Elbe kennt Ralf Minge. Und Mekka liegt in Magdeburg.

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Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im Original.

Gewagter Ausflug nach “Pegidistan“

Ein Büchlein, das im Stil eines nicht gerade unbekannten Reiseführers daherkommt. Ganze 106 Seiten dünn. Die es dann teilweise wahrlich in sich haben. Bei den Beschreibungen von “Reisen im Land hinter der Mauer“.

Nein, es ist kein geschichtliches Déjà-vu in der Matrix. “Kuba den Kubanern, Indien den Indianern“ bleibt weiterhin Walter Ulbricht zugeschrieben. Historisch ist das Schriftwerk mithin schon. Ansatzweise jedenfalls. In seiner Betrachtung einer mehr oder weniger fiktiven, all zu nahen, Zukunft. Aus der Vergangenheit in der Gegenwart begründet. Wer wird in diesen Tagen, Wochen und Monaten ’Dresden’ nur mit ’Dynamo’, ’Sachsen’ lediglich mit ’Eierschecke’ assoziieren können …

“Armes Deutschland!!!!“ prangt vor dem Beginn der Reise, die Uwe Leuthold durchaus sprachgewaltig über einhundert Kapitel lang vor des Lesers Augen in sächsischer Ungemütlichkeit vorüber spazieren lässt. Denn “Pegidistan bedeutet in der Landessprache soviel wie ’Land des ewigen Spaziergangs’“ und dieser kleine Reiseführer “gibt Tipps, wie man in der fremdenfeindlichsten Region zwischen Polen und Frankreich seinen Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis macht und überlebt“.

Soviel satirischer Sarkasmus darf schon mal sein auf der Tour durch die allgegenwärtige “Pegidische Abendland-Republik Dresden (PRD)“. Gewissermaßen realpolitisch betrachtet.

Einen seiner Höhepunkte hat das Büchlein gleich zu Beginn. In der geografischen Einordnung der PRD mit ihren vier Regionen, “die jede für sich schon eine Reise wert sind“. Als da neben dem eigentlichen “Tal der Ahnungslosen“ wären “Die Elfenbeinturmhänge“, “Die Neustadt“, “Das Schönfärber Hochland“ und nicht zuletzt “Das Hinterland“. Kostprobe?

“… Wenn ein Ort aussieht, als hätten Asylanten ihn zerstört, handelt es sich um Heidenau. Architektonisch erinnert es an eine Raststätte für Sondermüllfahrzeuge. Bedeutendstes Gebäude und gleichzeitig größter Arbeitgeber ist die zentrale Pack-Station.

Freital besticht durch das spröde Flair eines ost-europäischen Straßenstrichs, dem die Nutten abhanden gekommen sind. Berühmt ist die Ortschaft immerhin für die Gedenkstätte ’Grab der unbekannten Weltoffenheit’ …

Von Pirna eröffnet sich der Blick auf die beeindruckenden Felsmassive des Elb-SA-Stein-Gebirges und lenkt ein wenig davon ab, wie die Stadt im braunen Sumpf vermodert …“

Wobei es dem Autor gleichwohl wichtig ist, potenziellen Besuchern ländliche Strukturen zu bebildern, die nicht einmal bodenständig Einheimische wahrzunehmen in der Lage scheinen.

“… Ethisch und moralisch bilden die drei Städte als Hinterland eine Einheit. Die Bevölkerung ist äußerst konservativ. In vielen Tälern und Wäldern wird einer primitiven Urform des Pegidismus – dem Faschismus – gehuldigt. Fremden wird empfohlen, sich in diesen Regionen nur mit einer Führerfigur blicken zu lassen …“

Wohlan denn, sage niemand, er hätte es nicht gewusst, sie wäre nicht gewarnt gewesen. Vor Pegidistan – oder diesem Büchlein.

“… Nur wenige Menschen wagten bisher, was unser Team aus befangenen Überlebenskünstlern und hartnäckigen Schubladendenkern getan hat: Einen Fuß nach Pegidistan zu setzen …“ (Klappentext).

Ein literarischer Bericht à la Goethe ist es indes nicht geworden. Sei’s drum. Lesen bildet. Reisen ebenso. Und wer auf den Gutschein für die angepriesenen fünf Euro Rabatt bei Fahnen Friedrich aus ist, muss sich das Leuthold’sche Werk ohnehin kaufen.

Fahnen Friedrich? Auf nach Pegidistan …

leuthold_pegidistanPegidistan: Reisen im Land hinter der Mauer
Uwe Leuthold
Im Selbstverlag, Dresden 2016

Uwe Leuthold wurde 1976 geboren und lebt in der Dresdner Neustadt und in Berlin. Er hat Politikwissenschaft studiert, arbeitet als freier Autor und Journalist. Bei dem Namen handelt es sich um ein Pseudonym (neustadt-ticker.de, 20. Februar 2016).

Und immer wieder grüßt der Spuckelch [error left]

MedienScreen # 83 [Fischer im Recht. Vereinfachtes Volksempfinden]

[Fundstück] Thomas Fischer, “Lücke oder Lüge – Die Presse berichtet gern über das Strafrecht: Das tatsächliche, das erwünschte, das fiktive. Notfalls erfindet sie es selbst.“, Zeit Online, 16. Februar 2016 –

(…) “Pegida“ und AfD sind wahrlich die Letzten, die das Volk über die Angrenzung von Wahrheit und Lüge, Wirklichkeit und Bewertung aufzuklären in der Lage sind. Dass dies zurzeit von manchen geglaubt wird, ist nicht allein die Schuld des Schicksals, des sächsischen Essens oder der Schwäche der griechischen Volkswirtschaft. “Mitursächlich“ sind vielmehr Systeme der medialen Vereinfachung, Verdummung und Fehlinformation. Sie mögen teilweise, im Bereich der sogenannten Boulevardpresse, auf echten Verschwörungen zur Destruktion beruhen (“alles kaputtschreiben“). Überwiegend beruhen sie aber bloß auf Feigheit, Gewöhnung, Abwehr, Kenntnismangel (…)