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Abbitte, Hans Kreische? Oder wer verarscht wen?

Vor gut vier Wochen machte die Nachricht die Runde, dass ein gewisser Hans-Jürgen Kreische offiziell ab dem 1. April als so genannter Chefscout – zuständig für die Bereiche Scouting, Spielbeobachtung und Spielvorbereitung – beim einem Verein namens RasenBallsport Leipzig tätig sein wird.

Unter leiser Anteilnahme, aber durchaus emotionalen Erinnerungen – zugegeben historisch wohl nicht ganz so korrekt flankiert von Pawel Kortschagin, den vier Panzersoldaten mit dem Hund, Pittiplatsch und Schlapperplapper – vollzog sich für den Einen oder die Andere da irgendwie ein wie bislang spätpubertär verdrängt anmutendes endgültiges erwachsen werden im auch in den unteren Spielklassen durch und durch profitorientierten Fußballzeitalter des Spätkapitalismus (“Ach, Hansi Kreische“).

Es scheint bei etwas näherer Betrachtung ja doch quasi letztendlich egal, ob ein Herr Kreische – was immer er früher als Dresdner Fußballer auch darstellte – in seinem jetzigen Leben im bezahlten Dienst beim Hamburger SV, bei RasenBallsport Leipzig oder bei der SG Dynamo Dresden steht, business as usual. Auch Kreisch’se Äußerungen wie “RB Leipzig tut dem Fußball im Osten und in der Region gut. Und warum sollte es kein Miteinander mit Dynamo geben …“ passen nahtlos in diesen Kontext, whatever.

Rund einen Monat nach seiner bekannt gewordenen beruflichen Neuorientierung gibt Hans-Jürgen Kreische nunmehr nachträglich aktuell einige Details preis, Interview-Erkenntnisse um jeden Preis? Klappern gehört ja schließlich zum Handwerk, falls es später doch anders kommt als gedacht?

(…) Mussten Sie [bezüglich des Angebotes von RasenBallsport Leipzig] lange überlegen?

Eine Weile schon, denn mir lag zur gleichen Zeit auch eine Anfrage von Dynamo Dresden vor.

Hatten Sie sich dort als zweiter Geschäftsführer beworben?

Nein. Es gab Leute im Aufsichtsrat, die mich angesprochen hatten, ob ich beratend bei der Sichtung der Bewerber wirken könnte. Das habe ich getan, und dann wurde ich selbst konkret angesprochen. Es gab aber auch Stimmen, die gesagt haben, den Kreische können wir nicht nehmen, weil der sich nicht beworben hat.

Der Posten wurde bekanntlich nicht neu besetzt …

Gut, aber das wusste ich damals nicht. Ich habe wirklich mit mir gerungen und durchaus mit einer Rückkehr zu Dynamo geliebäugelt (…)

Hätte Dynamo einen Vertrag vorgelegt …

… hätte ich diesen unterschrieben.

[Interview-Auszug, Sächsische Zeitung, 6. April 2010]

Was bleibt? Nachträglich postulierte Glaubensbekenntnisse eines Ex-Spielers? Eine unfähige Vereinsführung? Die hinter die berühmte Fichte geführte Fan-Gemeinde und Öffentlichkeit? Fragen über Fragen. Und keine eindeutige Antwort, wer da wohl wen verarscht. Manche Kapitel des Lebens mag man manchmal irgendwann auch einfach nicht mehr noch öfters lesen wollen.

[Dieser Artikel wurde am 7. April 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Ach, Hansi Kreische

Man weiß eigentlich gar nicht so richtig, wo die Erinnerungen an Dich anfangen. Man hat Dich zuerst einfach nur gesehen, Dich spielen sehen, mitunter etwas ungelenk, aber enorm erfolgreich. Man hat Dir als Jungspund nach jedem Deiner Treffer zugejubelt. Und es waren nicht nur einige Treffer in das Netz der gegnerischen Mannschaften. Keiner, der DDR-Oberliga zu Deiner Spieler-Zeit gesehen hat, wird das vergessen. Keiner, der Europa-Pokal zu DDR-Zeiten gesehen hat, wird das vergessen. Auch wird niemand Deine Auftritte in der DDR-Nationalmannschaft vergessen, obwohl das ja zu Ossis-Zeiten aus Dresdner Sicht eher irgendwie doch nicht ganz so wichtig schien. Es gab ja damals schließlich im später vielbeschriebenen ’Tal der Ahnungslosen’ Dynamo Dresden – und Dich. Besser gesagt: Auch Dich, denn wir wollen schließlich die anderen Fußball-Kämpen aus jenen Jahren bitteschön nicht unter den Teppich kehren. Aber, gab es zu Ossis-Zeiten Idole – also neben Pawel Kortschagin, den vier Panzersoldaten mit dem Hund und Pittiplatsch? Ja, es gab sie wohl, wer weiß das nicht mehr? Keine offiziell verordneten Idole, aber unsere Idole. Wobei Pittiplatsch wohl schon immer einer von uns war und Schlapperplapper später dann sowieso, allerdings streng konspirativ versteht sich. Es war halt nicht alles schlecht, der Fußball und die Szene schon gar nicht.

Die Elbe floss weiter vor sich hin. Du nahmst, aus welchen Gründen auch wirklich, Deinen Abschied als Spieler. Es gab einiges zu lesen, über Dich und auch von Dir selbst – noch später dann, als endlich jeder über jeden und auch über sich selbst so gut wie alles medial verbreitete, was eben so raus musste nach all den gefühlten Jahrhunderten in der DDR. Einiges davon war durchaus mit Erkenntnisgewinnen lesbar und interessant für weiterhin selbst denkende Menschen in Neu-Fünf-Land, aber eben nur einiges.

Noch später dann, die Elbe floss immer noch vor sich hin und Deine offiziell beschriebenen Funktionen im Fußball-Umfeld waren mal jene und mal diese, sah man Dich auch zuweilen wieder auf der Pressetribüne im alten sowie auch neuen Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion. Wenn man Dich erkennt, anspricht, erwiderst Du freundlich die Grüße, wechselst einige Sätze. Und wer in Dresden erkennt Dich nicht, immer noch? Meistens kamst Du, wenn Du denn erschienst, allerdings später, gingst dafür eher – und irgendwann entschlüpfte Dir dann auch mal der launige Spruch, wenn Du guten Fußball sehen wölltest, würdest Du eh woanders hin gehen.

Tja – und jetzt gehst Du wohl wirklich, woher aus Deinem aktuellen Leben auch immer kommend. Wie mehrere Medien berichten, wandelst Du, lieber Hans-Jürgen ’Hansi’ Kreische, in Richtung eines Vereins namens RasenBallsport Leipzig. Wie vermeldet wird, sollst Du ab 1. April mit einem Zweijahresvertrag bei besagtem NOFV-Süd-Oberligisten als Chefscout agieren, zuständig für die Bereiche Scouting, Spielbeobachtung und Spielvorbereitung.

Du selbst, schreiben zumindest LVZ-Online und die angeblich auflagenstärkste deutschsprachige Boulevardzeitung unisono, freust Dich auf Deinen neuen Job bei RB Leipzig, bist der Meinung: “RB Leipzig tut dem Fußball im Osten und in der Region gut. Und warum sollte es kein Miteinander mit Dynamo geben …“.

Ja, werter Herr Hans-Jürgen Kreische: Man weiß eigentlich gar nicht so richtig, wo die Erinnerungen an Dich angefangen haben. Erinnerungen werden aus gewissen Sichtwinkeln später doch manchmal eher farblos und beliebig, sehr beliebig mitunter; irgendwie schade eigentlich. Und die Elbe fließt weiter.

[Dieser Artikel wurde am 2. März 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]