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Hier wacht der Nationale Widerstand

Brandenburg. Aus gegebenem Anlass dokumentiert redok – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einige Meldungen der letzten Stunden über publik gewordene, offenbar aus dem rechtsextremistischen Spektrum rekrutierte, ’Ordnungshüter’ des täglichen Lebens in der Mitte der Gesellschaft.

(…) Seit 100 Jahren wird Kies im Dorf Zeischa abgebaut, dadurch entstand ein schöner See. Das Dorf, das zu Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) gehört, wirbt im Internet: “Das smaragdgrüne Wasser ist weich, sehr sauber und beim Baden angenehm.“ Derzeit hat der Ort eher ein “braunes“ Problem. Denn auch gestern hieß es wieder: Am See patrouillieren die Glatzen. Seit Tagen herrscht “Neonazi-Alarm“ an dem 100 Hektar großen See, den an heißen Tagen mehr als 5.000 Gäste besuchen. Muskulöse Männer laufen am Strand entlang und verbieten das Baden. Es heißt, sie vertreiben jeden, der nicht in der NPD ist (…)

| berlinonline.de/berliner-zeitung | 8. Juli 2008 |

(…) Die Sonne strahlt über dem 80 Hektar großen Baggersee im südbrandenburgischen Zeischa, doch die Strände sind menschenleer. Neonazis bewachen in dem kleinen Ortsteil von Bad Liebenwerda (Landkreis Elbe-Elster) das Ufer, aufhalten darf sich hier niemand. Seit vergangener Woche versetzen kahlgeschorene, stämmige Wachmänner der NPD die Badegäste in Angst und Schrecken (…) “Wachschutz ist die eine Sache, aber die NPD ins Boot zu holen, ist ungeheuerlich“, sagt Bad Liebenwerdas Bürgermeister (…) Scharfe Kritik am Einsatz rechtsextremer Wachschützer kommt von Brandenburgs Ministerpräsident (…) “Die Entscheidung des Eigners, zum Schutz vor Kriminalität Neonazis anzuheuern, ist ein Tabubruch und durch nichts zu rechtfertigen“ (…) Die laut Medienberichten aus dem sächsischen Pirna stammenden Neonazis hatten mehrere Tage lang mit Schlauchbooten am See patrouilliert und den Strand kontrolliert (…)

| ddp | 8. Juli 2008 |

(…) Der Einsatz der von der sächsischen NPD gestellten Wachschützer sorgt für Verwirrung. Nicht nur bei den Badegästen. Während die Polizei gestern davon ausging, dass sie inzwischen abgezogen wurden, sollen sie sich nach Angaben des Kiesgruben-Betreibers noch dort aufhalten. Die Wachschützer sorgen für Unmut, weil sie seit einigen Tagen im Auftrag des Kiesgruben-Chefs (…) Badende vom Strand vertreiben. Hintergrund sind angebliche Diebstähle auf dem Gelände, gegen die Polizei und Kommune nach Meinung [des Kiesgruben-Betreibers] bisher nicht genug getan haben (…)

| berlinonline.de/berliner-kurier | 8. Juli 2008 |

(…) Der Mann selbst bestritt eine rechtsextreme Einstellung. Er hat die entlassenen Mitarbeiter inzwischen nach Unternehmensangaben vom Montag wieder eingestellt und will die Produktion fortsetzen. In den nächsten Tagen sollen auch die Ordnungskräfte vom Kieswerk und vom Waldbad abgezogen werden (…)

| morgenpost.de | 8. Juli 2008 |

(…) Aus Angst vor Diebstählen lässt ein Brandenburger Unternehmer seinen Kies-See von NPD-Leuten bewachen. Die Partei sieht darin eine Chance, als Ordnungsmacht akzeptiert zu werden (…) Fünf Neonazis aus der Sächsischen Schweiz sind seit Anfang Juli mit dem Boot und zu Fuß auf Patrouille. Zutritt zum See erhalten jetzt nur noch Menschen, die ein NPD-Parteibuch vorzeigen können. Ende Juni erklärte der findige Unternehmer (…) einem Lokalreporter, er sei durch die Diebstähle an den Rand seiner Existenz gedrängt und entließ vor den Augen des Journalisten umgehend elf seiner zwölf Angestellten. Schuld an seiner Misere gab er der Polizei, schließlich habe die versäumt sein Betriebsgelände ausreichend abzusichern (…) Er wolle nur sein Eigentum beschützen.

| taz.de | 9. Juli 2008 |

(…) holte sich in Zeischa (Kreis Elbe-Elster) jetzt ein Unternehmer fünf Wachschützer von der sächsischen NPD zur Aufsicht für seinen Baggersee (…) Verfassungsschutz beobachtet dieses Vorgehen vor allem bei der NPD schon seit längerem. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, bestätigte, dass die NPD versuche, sich in Brandenburg in Städten und Gemeinden flächendeckend zu organisieren und Akzeptanz bei den Wählern zu gewinnen (…) “Das unglaubliche Vorgehen des Grubenbesitzers werten wir als Erpressungsversuch“, sagt der Bürgermeister von Bad Liebenwerda (…) “Wir versuchen, Touristen in die Gegend zu bringen und bekommen dann solche Schlagzeilen.“ Nach Angaben des Bürgermeisters sind die von der NPD gestellten Wachschützer noch vor Ort in Zeischa. Der Unternehmer werde die “Geister“, die er gerufen habe, nicht mehr los. “Ich befürchte, dass sich diese Kräfte jetzt bei uns etablieren“ (…) Die Polizei fährt nach Angaben der Sprecherin des Schutzbereiches Elbe-Elster (…) in unregelmäßigen Abständen am See Streife. Sie weist den Vorwurf der Untätigkeit zurück (…)

| welt.de | 9. Juli 2008 |

(…) “Die Entscheidung des Eigners, zum Schutz vor Kriminalität Neonazis anzuheuern, ist ein Tabubruch und durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Platzeck. Rechtsextremisten dürfen man “keinen Fußbreit Boden“ überlassen (…) Auch gestern waren die Wachschützer nach Angaben von Anwohnern unterwegs. Die Polizei ging unterdessen davon aus, dass sie abgezogen seien (…)

| maerkischeallgemeine.de | 9. Juli 2008 |

(…) Die Stadt Bad Liebenwerda (Brandenburg, Elbe-Elster) hat vom örtlichen Kieswerkbetreiber den Abzug des mit einem NPD-Mitglied besetzten Wachschutzes am Baggersee verlangt (…) “Wir wollen damit ein deutliches Zeichen setzen, dass es so nicht weitergeht.“ (…) Nach mehreren Diebstählen und der teilweisen Zerstörung von Firmenanlagen hatte der ostsächsische Geschäftsführer Ende Juni die Produktion in dem Kies-, Sand- und Betonwerk für einige Tage eingestellt. Er engagierte einige Leute aus der Sächsischen Schweiz für die Bewachung des Betriebsgeländes (…)

| sz-online.de | 9. Juli 2008 |

(…) Nachdem Zeischas Kieswerk-Betreiber (…) nach mehreren Einbrüchen im Firmengelände zwielichtiges Wachpersonal aufmarschieren lässt und der NPD Hausrecht einräumte, ergreift die Stadt Maßnahmen (…)

| lr-online.de | 9. Juli 2008 |

[Dieser Beitrag wurde am 9. Juli 2008 bei redok publiziert.]

“Sturm 34“ – ein politisch missglückter Koitus interruptus?

Dresden/Mittweida. Der sächsische Innenminister hatte für die durch ihn letztendlich plakativ verbotene rechtsextrem-militante Kameradschaft wohl nicht alle Facetten im Blick – zur mittlerweile bekannt gewordenen augenscheinlichen Vorgängerorganisation “Division Sächsischer Sturm“ schweigt er bisher.

Die Freie Presse berichtet aktuell – “Wie aus der ’Division Sächsischer Sturm’ in Mittweida der ’Sturm 34’ wurde“ – nach offenbar neu gesichteten Materialien, dass “die gewalttätigen Aktivitäten von Mitgliedern der Gruppe nicht erst im Jahr 2005, sondern bereits im Jahr 2003“ begonnen hätten.

So zitiert die Zeitung beispielsweise einen Sachstandsbericht der Staatsschutzabteilung der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge vom 15. Mai 2006: “Der Großteil dieser Personen [’Sturm 34’] ist als Gruppe schon seit mehreren Jahren unter dem Namen ’Division Sächsischer Sturm’ zusammen, wo sie bereits gemeinsam Straftaten aus politischer Motivation heraus begangen haben.“

Am 21. Mai 2007 formulierte Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU): “Im Zusammenhang mit der verbotenen rechtsextremistischen Kameradschaft ’Sturm 34’ wird von organisierten Übergriffen ausgegangen, die im Jahr 2006 im Landkreis Mittweida durch Mitglieder der Kameradschaft veranlasst und begangen wurden. Da verschiedene Angehörige dieses Personenzusammenschlusses bereits im Jahr 2005 als gemeinsame Tatverdächtige bei rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten ermittelt wurden, ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch diese Taten gezielt begangen worden sind.“

Ein wenig merkwürdig erscheinen Buttolos dahingehende Äußerungen schon, wenn man sie – wie es die Freie Presse getan hat – mit der von ihm selber unterzeichneten Verbotsverfügung gegen den “Sturm 34“ vom April 2007 vergleicht: “In der Nacht vom 04.03. zum 05.03. wurde die Kameradschaft ’Sturm 34’ gegründet. Sie setzt sich im wesentlichen aus Mitgliedern der ehemaligen ’Division Sächsischer Sturm’ zusammen, die sich aus der rechtsextremistischen Szene Mittweida heraus bildete.“ Laut Angaben der Freien Presse habe ein Insider aus der Szene berichtet, “dass ’Sturm 34’ wohl nur gegründet wurde, um ein Verbot der Division ’Sächsischer Sturm’ zu umgehen“.

In den öffentlich zugänglichen Dokumenten des sächsischen Verfassungsschutzes (LfV) findet sich – so die Freie Presse – nur ein einziger Hinweis auf die “Division Sächsischer Sturm“ – und zwar “in einer Aufzählung über rechtsextremistische Bands“. Nach Recherchen spielte der mutmaßliche Rädelsführer von “Sturm 34“ in einer gleichnamigen Band sowie auch in der Vorgänger-Band mit dem Namen “Division Sächsischer Sturm“ – ebenso wie ein weiteres Mitglied des vor einem Jahr offiziell verbotenen “Sturm 34“.

Allein schon das Text-Repertoire der Bands zeige “die wahren Absichten der Truppe“ (Freie Presse):

“Das Dritte Reich muss wieder auferstehn. Die schwarz-weiß-rote Flagge wird wieder wehen.“

“Marschier für deine Sache, stell die Bonner an die Wand. Wir werden uns organisieren, Skinheads werden die Welt regieren.“

Bedeutend schwerer als diese Liedzeilen wiegen wohl allerdings die Straftaten aus dem Umkreis der “Division Sächsischer Sturm“ sowie nachfolgend des “Sturm 34“, die zudem noch nach der augenscheinlichen Enttarnung eines V-Mannes – mittlerweile “Joker“ genannt – und der ersten großen Razzia im Juli 2006 gegen die Kameradschaftsstrukturen weiter verübt worden sind. Das offizielle Verbot des “Sturm 34“ erfolgte im April 2007. Allerdings sei augenscheinlich “die Skinhead-Kameradschaft bereits seit 2003 aktiv [gewesen] und nicht erst ab 2005, wie Behörden und Staatsregierung bislang erklärten“ (ddp).

Zu Fragen “wieso nicht schon die Gründung von ’Sturm 34’ verhindert [wurde], wo doch bekannt war, dass ein Großteil der späteren ’Sturm-34’-Mitglieder bereits in der ’Division Sächsischer Sturm’ aktiv an politisch motivierten Straftaten beteiligt waren“ (Freie Presse), lehnt Sachsens Innenminister Buttolo bislang jede Stellungnahme ab.

[Dieser Artikel wurde am 8. April 2008 bei redok veröffentlicht.]

Die unendliche Geschichte “Thor Steinar“

Berlin/Dresden. Während Norwegen die Kleidungsmarke “Thor Steinar“ wegen widerrechtlichen Verwendens staatlicher Hoheitszeichen verklagt, erklärt das Dresdner Oberlandesgericht das öffentliche Tragen des früheren “Thor-Steinar“-Logos in Sachsen für straffrei.

Am 14. Februar erklärte der Gesandte von Norwegen, Andreas Gaarder, gegenüber dem Tagesspiegel: “Wir wollen, dass unsere Staatsflagge als Symbol des demokratischen Norwegens nicht weiter in Verbindung mit dem rechtsextremen Milieu gebracht wird“. So sei dahingehend bereits im November 2007 an die Protex GmbH in Brandenburg ein Bußgeldbescheid über 2.000 Euro ergangen. Auf diesem Weg sollte unterbunden werden, dass “die unter Neonazis beliebte Marke“ (dpa) weiterhin die norwegische Flagge auf ihre Textilien druckt und gleichfalls für Werbezwecke missbraucht. Der Geschäftsführer besagter Firma, Uwe Meusel, hat allerdings Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Der Vorgang soll nun am 31. März vor dem Amtsgericht Potsdam verhandelt werden. Nach bundesdeutschem Markengesetz dürfen Staatssymbole nicht zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden.

“Thor Steinar“ wird vom Verfassungsschutz Brandenburg als “identitätsstiftendes Erkennungszeichen“ für Rechtsextremisten eingeschätzt. Nach mehreren – teilweise gegensätzlichen – Gerichtsentscheiden über die strafrechtlich relevante Deutung des “Thor-Steinar“-Logos aus Tyr- und Sig-Rune änderte die damalige Firma Media Tex Anfang des Jahres 2005 das ursprüngliche Logo in eine – nach Eigenwerbung – lediglich “dem Andreaskreuz ähnelnde“ Darstellung.

Fast zeitgleich mit der aktuellen Klage Norwegens gegen “Thor Steinar“ hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden mit einer am 12. Februar verkündeten Entscheidung nunmehr das öffentliche Tragen des bis vor drei Jahren üblichen “Thor-Steinar“-Logos in Sachsen für straffrei erklärt. Damit wies das Gericht Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen Urteile vor dem Amtsgericht Dresden und dem Amtsgericht Leipzig aus dem Jahr 2005 zurück, in denen zwei Angeklagte von dem Vorwurf freigesprochen worden waren, “Thor Steinar“ als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen getragen zu haben.

Der 3. Strafsenat des OLG führte in seinen Urteilen vom 12. Februar (Az.: 3 Ss 89/06 und 3 Ss 375/06) an, “die verwendeten Runenzeichen wiesen zwar einen relevanten Bezug zu verfassungswidrigen Organisationen auf“ – zumal seien “die vorhandenen Farbabweichungen zwischen den verwendeten Runenzeichen und den Originalrunen nicht erheblich“ – hob aber gleichzeitig hervor, “dass hier die Verbindung mehrerer Runen zu einem Zeichen den Straftatbestand des § 86a StGB nicht erfülle, weil kein verbotenes Kennzeichen besonders hervorsteche oder dominiere“. Somit sei “nach geltender Rechtslage das verwendete (zusammengesetzte) Kennzeichen straffrei, weil die Verbindung der Runen hier so gestaltet wurde, dass ein Phantasiekennzeichen entstanden sei, weshalb eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ausscheide“ (juraforum.de).

Das Dresdner OLG sieht sich mit seinen Urteilen in Übereinstimmung mit diesbezüglich ähnlichen Entscheiden des Oberlandesgerichts Braunschweig, des Brandenburgischen Oberlandesgerichts und des Berliner Kammergerichts. In Sachsen-Anhalt dagegen wird beispielsweise das öffentliche Tragen des älteren “Thor-Steinar“-Logos als rechtes Propagandadelikt nach wie vor strafrechtlich verfolgt.

Bereits vor über drei Jahren attestierte die Agentur für soziale Perspektiven (ASP) in der Broschüre “Versteckspiel“ im Zuge damaliger juristischer Auseinandersetzungen um die Marke “Thor Steinar“ dem Szene-Label einen mehr als deutlich rechten Hintergrund.

[Dieser Artikel wurde am 15. Februar 2008 bei redok veröffentlicht.]

Treffen des “Sturm 34“ verhindert

Mittweida. Nur mit einem Großaufgebot der Polizei konnte in der westsächsischen Stadt am gestrigen Abend ein größeres Treffen der rechtsextremen Szene unterbunden werden. Mitglieder der verbotenen Neonazi-Kameradschaft “Sturm 34“ wurden in Gewahrsam genommen.

So hatten Polizeikräfte an den Zufahrtstraßen zur Stadt Kontrollpunkte eingerichtet sowie zusätzliche Streifen im Stadtgebiet eingesetzt. Im Laufe des Abends wurden 13 mutmaßliche Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft “Sturm 34“ wegen Verstoßes gegen das Vereinigungsverbot in Gewahrsam genommen. Darüber hinaus erhielten weitere 59 Personen an den Kontrollstellen und in der Stadt Platzverweise. Der “Sturm 34“ war im April vom sächsischen Innenminister verboten worden.

Im Einsatz waren Beamte der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge sowie der Bereitschaftspolizeien Sachsens und des Nachbarlandes Thüringen. Nach einem indymedia-Bericht sind bei der Aktion mindestens zwei Polizeihundertschaften beteiligt gewesen. Abseits der Polizeipräsenz habe es Übergriffe seitens der Rechtsextremisten gegeben, “die gezielt auf der Jagd nach Alternativen und Linken waren“. Das Polizeirevier Mittweida wollte sich gegenüber redok dazu nicht äußern, die Polizeidirektion Chemnitz verwies auf die Berichterstattung des MDR.

Erst am 8. Dezember erfolgte in Mittweida durch rund 150 Rechtsextremisten ein brauner Adventsauftritt. Kurz danach resümierte auch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) eine “neue Qualität bei der Vernetzung rechtsextremistischer Szenen im Freistaat Sachsen“. Laut indymedia waren die Rechtsextremisten gestern Abend koordiniert unter anderem aus Chemnitz sowie den Regionen Döbeln und Zittau nach Mittweida angereist.

[Dieser Artikel wurde am 22. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Braune Spinne im südlichen Osten

Sachsen. Erst jetzt attestiert auch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) mit einer aktuellen Einschätzung der rechtsextremen Szene eine “neue Qualität der Vernetzung“.

So sei es vormals eher regional agierenden Rechtsextremisten aller Couleur aus Sachsen in letzter Zeit mehrfach gelungen, “unter überregionaler Beteiligung und mit konspirativer Koordinierung öffentlichkeitswirksam in Erscheinung zu treten“. Dahingehend aktiv wirksame Strukturen seien besonders in den angrenzenden Bundesländern des Freistaates zu beobachten. Bei den Aktionen – so das LfV – “wurden sowohl ein hohes Maß an Mobilität als auch ein weiträumiger Aktionsradius erkennbar“.

Eines der vom LfV angeführten Beispiele für die staatlicherseits so als neu proklamierten rechtsextremistischen Vernetzungsaktivitäten bezieht sich auf den 1. Mai diesen Jahres. An diesem Tag “kam es – neben weiteren Szeneveranstaltungen – zu drei nicht angemeldeten, von Rechtsextremisten organisierten Demonstrationen in Roßwein (Landkreis Döbeln), Riesa (Landkreis Riesa-Großenhain) und Oschatz (Landkreis Torgau-Oschatz)“. Das LfV weiß nun, dass die Demos “in enger zeitlicher Abfolge mit überwiegend identischem Teilnehmerkreis und unter Verwendung gleicher Themen und Parolen durchgeführt“ wurden und dass der “Großteil der rund 200 Teilnehmer aus Sachsen und Brandenburg“ stammte. Mehrheitlich soll es sich “nach einem szeneinternen Internetbericht“ um “Freie Nationalisten“ gehandelt haben, teilen die Verfassungsschützer mit. Allerdings thematisierte bereits vor Monaten das Antifa Recherche Team Dresden (ART) – detailliert und ausführlicher, als jetzt vom LfV zu lesen – den rechtsextremistischen Kleinstadtmarathon am 1. Mai in Sachsen.

Das LfV, als staatliches Auge auch auf rechtsextreme Umtriebe, informierte augenscheinlich seit spätestens Mai des Jahres die Öffentlichkeit weniger als mehr aktuell, wenn es erst am 11. Dezember eine nun scheinbar völlig “neue Qualität bei der Vernetzung rechtsextremistischer Szenen im Freistaat Sachsen“ feststellt. Allerdings ist resümierend festzuhalten, dass mittlerweile auch dem Landesamt für Verfassungsschutz die öffentlichkeitsheischenden rechtsextremistisch überregional vernetzten Aktionen gegen Behördengebäude als Rache für ein Demo-Verbot und ein brauner Adventsauftritt nicht verborgen geblieben zu sein scheinen – und von der Behörde jetzt umgehend im entsprechenden Zusammenhang veröffentlicht wurden.

[Dieser Artikel wurde am 12. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]