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“Patrioten aller Länder, vereinigt euch“

Wien. Nach einem Treffen in der österreichischen Hauptstadt verlautbarten die Vorsitzenden von rechtsgerichteten Parteien aus Österreich, Frankreich, Belgien und Bulgarien Pläne zur Gründung einer “Europäischen Freiheitspartei“.

Bei besagtem Treffen waren – so berichtet die Nachrichtenagentur AP – Vertreter der FPÖ, der französischen Front National, der bulgarischen Ataka sowie vom belgischen Vlaams Belang anwesend. Man sei in diesem Zusammenhang allerdings “weder rechts noch links“, wird der Vorsitzende der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz-Christian Strache, zitiert.

Das Ziel des Zusammenschlusses wäre lediglich “eine Vereinigung der ’patriotischen Kräfte’ Europas zur ’Rettung des europäischen Abendlandes’ vor ’Islamisierung’ und ’Massenzuwanderung’“ (AP). Der EU-Reformvertrag wird von den bislang vier beteiligten Parteien abgelehnt.

Auf einen letztendlichen Namen für die neue Partei habe man sich allerdings noch nicht einigen können. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur APA sind hierfür “Europäische Freiheitspartei“ oder “Europäische Patriotische Partei“ in der engeren Auswahl. Um eine Europapartei anmelden zu können, müssen Mitgliedsverbände aus zumindest einem Viertel der EU-Staaten – also aus sieben EU-Ländern – entsprechend involviert sein.

Der Zusammenschluss sei – so wurde erklärt – offen für ähnlich politisch orientierte Parteien aus den Niederlanden, der Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Zypern, Kroatien und Serbien. Die von Strache ausgegebene Losung lautet: “Patrioten aller Länder, vereinigt euch“.

Vor einem Jahr hatten die jetzigen Parteigründer im Europaparlament eine gemeinsame Fraktion gebildet, die jedoch schon im November wegen eines Zerwürfnisses mit den rumänischen Mitgliedern wieder aufgelöst werden musste. Eine deutsche Organisation ist bei der jetzt projektierten Partei bislang nicht beteiligt. Im September 2007 hatte die mittlerweile aufgelöste rechte Euro-Fraktion Vertreter mehrerer rechtsextremer deutscher Parteien und Gruppen zu einem Treffen in Straßburg versammelt, das jedoch nicht zu einer Bündelung der widerstreitenden Organisationen führte.

[Dieser Artikel wurde am 25. Januar 2008 bei redok veröffentlicht.]

CDU-Provinz-Wahlkampf von Rechtsaußen

Der sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche gefällt sich nicht zum ersten Mal in deutlicher Rechts-Pose

Gerade in Zeiten kurzer Wahlkämpfe gilt es wohl, punktuiert Aufmerksamkeit zu erheischen, für manche Politiker scheinbar auch um fast jeden Preis. Bereits seit einiger Zeit prangt so das Wahlkampfmotto “Arbeit, Familie, Vaterland“ auf der Homepage des CDU-Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche. Dieses scheinbar frei gewählte Motto für Nitzsches Bundestagswahlkampf scheint bei etwas näherer Betrachtung allerdings nicht mehr unbedingt ganz so frei und zufällig.

Allein dagegen stehen frühere pseudo-demokratische Äußerungen Nitzsches (vgl. Die Fahne hoch!), so seine nach wie vor herausragend rassistische Ansage: “(…) Eher wird einem Moslem die Hand abfaulen, als dass er bei der Christlich-Demokratischen Union sein Kreuz auf den Wahlzettel macht.“

Die Parole “Arbeit, Familie, Vaterland“ erhielt ihre ursprüngliche politische Bedeutung unter dem von 1940 bis 1944 mit Nazi-Deutschland kollaborierenden französischen Vichy-Regime. Gut ein halbes Jahrhundert später zog die rechtsextreme Front National unter Führung von Jean-Marie Le Pen 2002 mit “Travail, Famille, Patrie“ in den französischen Wahlkampf. Und das will Nitzsche, der bisher “jeden Bezug zu rechtsextremem Gedankengut zurückgewiesen“ hat (Sächsische Zeitung), bei der Auswahl seines Wahlkampfslogans als gelernter deutscher Politiker nicht gewusst haben?

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) übrigens hielt ihren so betitelten 30. Ordentlichen Bundesparteitag Ende Oktober 2004 im thüringischen Leinefelde ab – unter dem Motto “Arbeit, Familie, Vaterland“. Bereits im Bundestagswahlkampf 2002 hatte die NPD während einer so genannten Hessenfahrt mehrere Veranstaltungen unter der Überschrift “Wir haben eine Zukunftsvision Arbeit – Familie – Vaterland“ angekündigt. Und so verwundert es dann auch nicht weiter, dass sich Holger Apfel (NPD), wie Nitzsche aktueller Bundestagskandidat im Wahlkreis Kamenz – Hoyerswerda – Großenhain, “erfreut“ dazu äußerte, “dass nun sogar unser Parteitagsmotto übernommen wird“.

Trotz mehrerer Anfragen an seine Büros war Henry Nitzsche für eine Stellungnahme gegenüber Telepolis nicht erreichbar. Wie einen willfährig gereicht bekommenen Schutzschild präsentiert er statt dessen mittlerweile auf seiner Website einen Interviewausschnitt der Leipziger Volkszeitung mit dem vormaligen Ministerpräsidenten Sachsens zum eigenen Wahlkampfmotto:

“Was ist daran schlecht? Wer die Verwendung des Wortes Vaterland kritisiert, den kann ich nur bedauern. Hier kommt eine gewisse Deformation des Denkens zum Ausdruck, die den nationalsozialistischen Missbrauch solcher Worte signalisiert. Aber wir müssen uns doch nicht über Generationen hinweg diesen Missbrauch vorhalten lassen.“ (Kurt Biedenkopf)

Für Falk Neubert, Abgeordneter der Linkspartei.PDS im Sächsischen Landtag, ist es “politisch pikant“, wenn Nitzsche nun ausgerechnet Biedenkopf als Kronzeugen für seine “wohl bewusst so gewählte rechtsextrem behaftete Parole“ präsentiert. Schließlich habe Biedenkopf dahingehend nicht immer mit auch nur ansatzweise fundiertem Wissen geglänzt. Neubert bezog sich gegenüber Telepolis dabei auf eine Äußerung von Biedenkopf vom November 2000 als damals amtierender Ministerpräsident:

“In Sachsen haben noch keine Häuser gebrannt, es ist auch noch niemand umgekommen (…) Und die sächsische Bevölkerung hat sich als völlig immun erwiesen gegenüber rechtsradikalen Versuchungen. In Sachsen gibt es keinen Grund, auf der Grundlage des Wahlverhaltens der Bevölkerung von einer Gefahr von Rechts zu reden.“

Neubert betonte im Telepolis-Gespräch weiter: “Herr Nitzsche muss sich in der Summe seiner gemachten Äußerungen schon sehr deutlich fragen lassen, ob er seine politische Heimat eigentlich selbst noch im demokratischen Spektrum sieht.“

“Warum bin ich Mitglied in der NPD?“, fragte übrigens bereits seit 1980 Günter Deckert in seiner “Handreichung für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit“, um “als Nationalist“ gleich auch selbst zu antworten:

“(…) Weil die NPD die grundlegenden Werte des Gemeinschaftslebens wie Arbeit, Familie, Vaterland als verbindend wie verpflichtend für alle Deutschen ansieht. (…)“

[Dieser Artikel wurde am 25. August 2005 bei Telepolis veröffentlicht.]