Schlagwort-Archive: Polizei Hamburg

Keine Hansa-Fans bei St. Pauli? Wohin wegweisend?

Der Fußball-Zweitligist FC St. Pauli darf für das Heimspiel am kommenden 22. April gegen Hansa Rostock den Gäste-Fans keine Eintrittskarten zur Verfügung stellen. So hat das Verwaltungsgericht Hamburg am 2. April in einem Eilverfahren einen eingelegten bezüglichen Widerspruch des FC St. Pauli zurück gewiesen, “nachdem die Hamburger Polizei dem Klub untersagt hatte, 2.5000 Sitz- und Stehplatzkarten an Hansa abzugeben“.

In der Urteilsbegründung (Aktenzeichen 15 E 756/12) heißt es unter anderem –

“(…) Es ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es beim Aufeinandertreffen von Problemfangruppen beider Vereine anlässlich des Spiels am 22. April 2012 zu Ausschreitungen kommen wird (…)“, zumal die “(…) zusammengefassten Ereignisse anlässlich der letzten fünf Begegnungen der Mannschaften des Antragstellers und des FC Hansa Rostock mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten [lassen], dass es anlässlich des Spiels am 22. April 2012 erneut zu einer Mobilisierung von mehreren hundert Problemfans kommen wird, die sowohl Angehörige des jeweils rivalisierenden Fanlagers als auch die eingesetzten Polizeikräfte gewalttätig angreifen werden (…) Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es bei dem bevorstehenden Spiel ausnahmsweise zu einer deutlich geringeren Präsenz der Problemfangruppen kommen wird (…)“ [Verwaltungsgericht Hamburg]

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird am 22. April 2012 auch Wetter sein – überall, irgendwo, auch in Hamburg. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird morgens die Sonne aufgehen und abends wieder unter. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden Menschen an diesem Tag morgens aufstehen, den Tag über unterwegs sein und den Abend irgendwo ausklingen lassen, wenn die Sonne untergegangen ist. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird dieser Tag einer unter vielen sein – oder?

“Es ist ein einschneidendes Urteil für den deutschen Fußball“, sagte Paulis Medienleiter Christian Bönig (express.de). “Der FC St. Pauli wird nun gegen dieses Urteil Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Hamburg einlegen“ (fcstpauli.com). “Bei diesem Sachverhalt, der ein Präzedenzfall im Deutschen Fußball bedeuten könnte, bat der F.C. Hansa Rostock mit seinem Rechtsbeistand den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga um Unterstützung bei der Vermittlung“. Darüber hinaus “wird der Plan des FC St. Pauli, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen, begrüßt und erhält die volle Unterstützung des F.C. Hansa“ (fc-hansa.de).

“(…) Einfach Auswärtsfans verbieten? Soll dies die Lösung für die Zukunft sein? Eine Polizei, die sich einfach über die Köpfe der Vereine und des Verbandes hinwegsetzt? Aussperren, statt die Probleme an anderer Stelle anzugehen? Wo soll solch eine polizeiliche Verfügung hinführen? Zu einer Solidarität unter den Fans/Ultras? Ganz nach dem Motto: In den Farben getrennt – in der Sache vereint?! (…) Was ist in Zukunft noch zu erwarten? (…)“ (turus.net, 3. April 2012).

“War der Versuch des Berliner Polizeipräsidenten, generell allen Anhängern von Dynamo Dresden den Zutritt zum Regionalliga-Spiel bei Union Berlin zu untersagen, ein nur vorerst geplatzter Testballon für zukünftige Szenarien?“, wurde bereits schon vor fast genau vier Jahren in die jetzig scheinbar endgültig angebrochene Zukunft gefragt (Der Fußball-Fan als Persona non grata).

Derweil kursieren bereits in diversen Internet-Foren bislang nicht näher konkretisierte Vorschläge für eine eventuell gemeinsame Demonstration der Fan-Lager am 22. April 2012 in Hamburg. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird auch Wetter sein an diesem Tag – in Hamburg, irgendwo, überall …

[Dieser Artikel wurde am 3. April 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

“Null-Lösung“ für Hansa-Fans beim FC St. Pauli?

Eigentlich jedes Mal in den letzten Jahren, wenn der FC Hansa Rostock und der FC St. Pauli aufeinander treffen, wirft diese Begegnung ihre Schatten, meistens vorab bereits schon. Mitunter allerdings auch berechtigte Schatten, denn eigentlich selten in letzter Zeit ging dieses so genannte Nord-Derby ohne größere Auseinandersetzungen zwischen den in tiefer Abneigung verbundenen Fan-Gruppierungen beider Vereine und nicht zuletzt auch den Polizei- und Sicherheitskräften über die Fußball-Bühne.

Vor der nächst anstehenden Partie von St. Pauli und Hansa am 28. März in der 2. Liga warf nun zunächst die Polizei den ersten Schatten. So wurde für dieses Spiel vorab eine so betitelte “Null-Lösung“ aus der Polizeimütze gezaubert, welche gleichbedeutend damit gewesen wäre, dass an diesem März-Tag in Hamburg kein Rostocker Fan irgend eine Chance auf einen Besuch im Millerntor-Stadion gehabt hätte.

Unterdessen wurde – wie berichtet hauptsächlich auf Interventionen des FC St. Pauli – ein vorläufiger Konsens mit den staatlichen Ordnungsbehörden gefunden. Danach erhält Hansa Rostock zwar immer noch keine Stehplatzkarten für seine Anhänger, allerdings könnten Hansa-Fans nun immerhin insgesamt 500 Sitzplatzkarten erwerben – personifiziert, gegen Vorlage eines Ausweisdokumentes.

“(…) Der F.C. Hansa hat diese Entscheidung zur Kenntnis genommen (…)

Bei den Gesprächen mit dem FC St. Pauli (…) hatten beide Vereine Lösungsansätze entwickelt, wie Auseinandersetzungen im und außerhalb des Stadions vermieden werden können.

Der F.C. Hansa Rostock hatte in diesem Gespräch klar zum Ausdruck gebracht, dass der Verein ein Kontingent von 1.400 Tickets anstrebt.

Diese Karten sollten nur an Mitglieder und Dauerkartenbesitzer verkauft werden. Die Eintrittskarten wären erst in Hamburg ausgehändigt worden. Es hätte zudem eine organisierte Anreise gegeben.

Diese Bemühungen scheinen der Hamburger Polizei nicht auszureichen.

Der F.C. Hansa Rostock bedankt sich an dieser Stelle beim FC St. Pauli für das professionelle Gespräch (…)“ [fc-hansa.de, 15. März 2010 – 18:16]

Und die allgemein gültige 10-Prozent-Regelung der Stadionplätze für Fans der Gastmannschaft existiert wirklich immer noch? Vielleicht ist es ja auch nur ein weiterer kleiner schleichender Schritt vom seinerzeitigen Versuch des Berliner Polizeipräsidenten, bereits vor Jahren schon generell allen Anhängern der SG Dynamo Dresden den Zutritt zum damaligen Regionalliga-Spiel beim 1. FC Union Berlin zu untersagen, als vormals “nur vorerst geplatzter Testballon für zukünftige Szenarien“ [Telepolis, 10. Mai 2008] – hin zum “nächsten Schritt zur Aussperrung von Gästefans“ (ultras.ws, 16. März 2010)?

[Dieser Artikel wurde am 17. März 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]