Ultras: Nur Kurvenrebellen?

Kurz vor dem kalendarischen Jahresende sollte ein 2013 veröffentlichtes Büchlein mitnichten links liegen geblieben sein. Christoph Ruf’s “Kurvenrebellen“ wird auf erstaunlich vielen Ultra-Websites erwähnt und dortselbst teilweise auch beworben. Warum?

Weil der Mann ganz gut schreiben kann? Weil – neben anderen Büchern, Publikationen und aktuell bezüglichen Artikeln – schon allein sein “Occupy Sesame Street“ im 2012 erschienenen Buch “Ultras im Abseits?“ mehr als nur nebenbei lesenswert war?

Weil der Mann vielleicht Ahnung von der Materie hat? Weil der Mann sich durchaus auskennt rund um die Szenerie und fast alle Facetten detailgenau beschreibt? – Ja. Und das ist selten; inside des Boulevards sowieso, im sich seriös gebenden bundesdeutschen Fußball-Journalismus traurigerweise fast noch mehr als nur ausnahmsweise.

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(An der BAB 9, Sommer 2013 – Foto: O.M.)

In der Einleitung zu “Kurvenrebellen“ ist unter anderem zu lesen –

“(…) Doch erstaunlicherweise wird öffentlich weder die Kreativität der Ultras, ihr politisches Engagement noch ihr Engagement für den Verein öffentlich gewürdigt. Eine brennende Bengalfackel genügt zuweilen, um eine ganze Kaskade von Negativschlagzeilen über eine Szene auszuschütten, die bundesweit aus mehreren zehntausend Menschen bestehen dürfte (…)“

Weiterhin war Christoph Ruf “positiv überrascht, dass die allermeisten Szenen (…) bereit waren, sich gegenüber dem Angehörigen einer Berufsgruppe zu öffnen, aus deren Reihen allein im Jahre 2012 Verzerrungen und Unwahrheiten transportiert wurden, die eigentlich ein Fall für den Presserat sind“.

Ja, der fußballerische Journalismus in der Bundesrepublik Deutschland ist weit gekommen – journalistisch kaum noch vertretbare Grenzen anschnüffeln und diese dann gleichwohl pseudo interessiert oberflächig übertreten, what ever?

Da tut ein Buch wie “Kurvenrebellen“ fast schon wieder gut. Leider fehlt “Kurvenrebellen“ bei seiner erzählerischen Akribi ein Register im Anhang. Aber ansonsten ist das Teil schon lesenswert, für jemanden, der in Zusammenhängen hinterfragend lesen möchte –

“(…) Man mag einiges an den Ultras auszusetzen haben, vieles davon wird (…) genauso thematisiert wie all das, was die Ultra-Szene zur vielleicht faszinierendsten Jugend-Bewegung dieser Tage macht. Eines steht aber fest: Die Ultras sind die Besten ihrer Generation …“

Ja, lesen bildet, und auch ein Stadionbesuch bildet, vor allem auswärts. Erfahrungen, die Frau/Mann gemacht haben sollte, allerdings abseits der VIP-Bereiche. War Christoph Ruf in jenen geschützten Zonen? Wohl eher nicht, oder manchmal vielleicht auch. Sein Fokus ist direkter, so liest es sich jedenfalls. Und es liest sich zugegeben gut – für die, die es sowieso schon kennen.

Und eben dies ist auch ein Problem von Büchern wie “Kurvenrebellen“. Es wird wohl hauptsächlich von denen gelesen werden, die sowieso irgendwie dabei sind, Wochenende für Wochenende, Spieltag für Spieltag; egal auf welcher Seite der imaginären Barrikade.

Aber nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass es Bücher wie “Kurvenrebellen“ gibt. Denn möglicherweise bildet lesen ja wirklich, hier und da, vielleicht.

Danke, Christoph Ruf, für diesen weiteren journalistisch kurvenrebellischen Anlauf. Denn ein solcher ist immer noch besser als gar keiner.

* Christoph Ruf * Kurvenrebellen – Die Ultras – Einblicke in eine widersprüchliche Szene * Verlag Die Werkstatt

[Dieser Artikel wurde am 28. Dezember 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]