Beim Heimspiel des FC Hansa Rostock in der 3. Liga am 8. August haben Ultras, Fans, Stadionbesucher scheinbar ein Zeichen gesetzt. So “drängten gut 150 Hansa-Fans [eine] etwa 25 Mann starke Abordnung um den NPD-Fraktionsvorsitzenden [Landtag von Mecklenburg-Vorpommern] Udo Pastörs aus dem Stadion (…) die Hansa-Fans auf der neu eröffneten Hintertortribüne hatten auf diese speziellen Gäste augenscheinlich gar keine Lust, so dass sie die NPD-Reisegruppe unter ’Nazis raus’-Rufen aus ’ihrem’ Block drängten. Einige Personen im Stadion meinten gar, die NPD sei regelrecht aus dem Stadion geprügelt worden (…)“ [endstation-rechts.de, 8. August 2010] – wie auch immer, jedenfalls eine Meldung mit bundesweiter Beachtung.
Sogleich wurden hier und da Fragen laut, ob Teile der Rostocker Fan-Szene mittlerweile gar antifaschistisch defilieren würden. Konnte man doch vor nicht all zu langer Zeit beispielsweise noch vom FC Hansa Nazi lesen. Politik im Stadion, beim Fußball? – nicht erst seit dem 8. August 2010 ein wahrlich weites Diskussionsfeld.
(…) Eine schier endlose Debatte – früher im Fanpulk und am Stammtisch, heute oftmals in Internetforen: Viele Fußballfans versuchen durch die Losung “Keine Politik im Stadion“ politische Einflüsse jeder Art von sich zu weisen (…)
[Keine Politik im Stadion? Über das Politische im so genannten Unpolitischen. In: Ballbesitz ist Diebstahl! Fußballfans zwischen Kultur und Kommerz. BAFF (Hrsg.). Göttingen. 2004.]
In ihrer eigenen Reflektierung der Ereignisse vom letzten Sonntag betonen die Suptras Rostock zwar unter anderem –
(…) Jede Politik, erst recht von extremistischer Art, hat bei Hansa Rostock nichts zu suchen!
Und nochmal an alle Erbsenzähler, Klugscheißer und politisch motivierten Spalter: damit sind links- und rechtsaußen gemeint! In Dinge, die aus unserer Sicht unsere Vereinspolitik und uns als Fußballszene betreffen , mischen auch wir uns ein.
Jeder Hansafan und Besucher unserer Tribünen kann und soll denken und meinen, was er will. Jeder Versuch, unseren Verein und seine Fanszene politisch zu beeinflussen oder komplett zu missbrauchen, ist allerdings zum Scheitern verurteilt! Jede Personengruppe, die entsprechendes versucht, hat die Konsequenzen zu tragen! (…)
– um dann allerdings noch ein Sätzchen nachzuschieben, welches den medienseitig konstruierten Kontext durchaus in einer doch noch etwas anderen Beleuchtung funzeln lässt –
(…) Das entschlossene Handeln gegen diese Leute kann man überdies nicht zuletzt auch auf eine kürzlich begangene Dummheit derer zurückführen, denn kein tätlicher Angriff auf einen unserer Mitstreiter, egal aus welchem Grund, bleibt ohne Antwort (…) [Politik & Fußball!, suptras.de, 9. August 2010]
Also war wohl doch eher eine vormalige Dünen-Pöbelei im mecklenburg-vorpommerischen Sand der Auslöser für die fast schon zum Antifa-Event hochgejubelte Anti-NPD-Aktion am 8. August in der Rostocker DKB-Arena? Fragen über Fragen …
(…) Noch dazu ist da die Frage, ob (…) eine Ignoranz rechten Haltungen bis hin zu Gesängen nicht doch Tür und Tor öffnet – und langfristig gesehen auch den neonazistischen Nestbauern (…)
(…) Wenn es politisch ist, seine Aufmerksamkeit oder sein Hirn am Stadioneingang abzugeben, dann sollten Fans nicht davor zurückschrecken, es reinzuschmuggeln, nur weil der Begriff verteufelt ist.
Es geht nicht darum, den Spaß am Fußball zu verderben. Provokationen und Pöbeleien gehören zum Fußball wie das Salz zur Suppe – ganz klar. Aber das Gefühl dafür, wann eine Suppe versalzen ist, sollten Fans nicht verlieren (…)
(…) Auch das Private ist und wirkt politisch. “Football without politics“ ist demnach eine verfängliche Losung, die am besten mit “Fußball ohne Nachdenken“ übersetzt werden sollte. [Ballbesitz ist Diebstahl!, BAFF]
“Muss man links sein, um was gegen Nazis zu haben“ [Forum ultras.ws, 9. August 2010, 01:00]
Für einen Teil der Anhänger von beispielsweise FC St. Pauli, SV Babelsberg 03, Roter Stern Leipzig, auch der SG Dynamo Dresden oder anderen – Ja; aber Hansa Rostock? Fragen über Fragen … Oder man belehre den Autor dieses Artikels eines Besseren.
[Dieser Artikel wurde am 9. August 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]