[Fundstück] Elke Schmitter, “Pyromania Germaniae“, DER SPIEGEL, 7. Januar 2017 –
(…) Aufgrund seiner hohen Wirksamkeit, die sich ohne Training oder Fachkenntnisse erzielen lässt – Knall, Schreck und bunter Regen für kleines Geld -, empfiehlt sich das pyromanische Haushaltsset naturgemäß für die Begrüßung des neuen Jahres (…) und weil die Kinder nicht bis Mitternacht warten sollen, fängt das säkulare Opferfest schon lange vorher an. Es steigert sich kontinuierlich, bis in der Notaufnahme die Alkoholversehrten mit den Brandverletzten um Aufmerksamkeit konkurrieren (…) Eine höhere Steuerbelastung taugt nicht zur Eindämmung des Phänomens, denn schon heute werden die billigen Feuerwerkskörper übers Netz aus Ländern geordert, denen TÜV und DIN böhmische Dörfer sind, weshalb der eine und andere Finger den sparsamsten Pyrotechnikern zum neuen Jahr nun fehlt.
Man soll diese Volksseelensache ja nicht überstrapazieren, aber dass sich in Deutschland ein paramilitärischer Ritus durchgesetzt hat, der auf Krach, Schock und Überwältigung zielt, ist doch immerhin bedauerlich (…)