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Guns N’ Roses – Estranged Is Over?

Gesagt ist gesagt? Druckreif. Fast wie in Stein gemeiselt. Für alle Ewigkeit, schien es. Oder nur auf Papier geschrieben?

“… Das Fass war übergelaufen, und nichts und niemand konnte mich dazu bringen, es noch mal zu probieren … Guns N’ Roses zu verlassen, ist für mich die vernünftigste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich heute nicht mehr leben würde, wäre ich unter den damaligen Umständen bei der Band geblieben …“ (Saul Hudson alias Slash, Die Autobiografie, Edel:Books, Vollständig überarbeitete Ausgabe, 2. Auflage, 2013).

Aber: ”Lebbe geht weider“ (Dragoslav Stepanović). Und Papier ist sowieso geduldig, wird landläufig gesagt.

“… Guns N’ Roses plant einem Bericht zufolge ein Comeback. Erstmals seit 1993 wollen Sänger Axl Rose (53) und Gitarrist Slash (50) beim Coachella-Festival im April wieder gemeinsam auf der Bühne stehen, wie das Musikmagazin ’Billboard’ berichtet. Auf die beiden Auftritte bei dem Festival in Kalifornien könnte demnach eine ganze Tour folgen. Guns N’ Roses verhandele derzeit über 25 Stadionkonzerte in Amerika, hieß es in dem Bericht … Das Bandmanagement wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren …“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 31. Dezember 2015).

Als der bislang letzte originäre Auftritt von Guns N’ Roses gilt ein Konzert am 17. Juli 1993 in Argentinien.

“… Mein Austritt aus der Band hatte nichts mit künstlerischen Differenzen zu tun, wie so viele angeblich wissen wollen. Es ist nicht einfach so, dass man sagen könnte, ’Axl wollte Synthesizer und Slash war Old School’. Es hatte nichts damit zu tun, dass Axl auf digital umsteigen und Slash analog bleiben wollte. Allein der Gedanke, jemand würde eine Band und die Art musikalischer Chemie, wie wir sie zusammen hatten, wegen einer solchen Lapalie auflösen, ist hirnrissig. Ich bin Old School, das stimmt schon, und ich habe es gern einfach, aber engstirnig war ich noch nie. Ich war immer mehr als flexibel und bereit, jede Art von Aufnahmetechnik auszuprobieren, jeden Sound zu erforschen, wenn ich das in einer Band hätte machen können, in der alle gleichberechtigt sind und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten …“ (Slash, a.a.O.).

Guns N’ Roses Reloaded? Sein oder nicht sein? Als GN’R 2.0? Man wird sehen. Und – was? – hören.

“… machen immer mehr Gerüchte um eine Wiedervereinigung von ’Guns N‘ Roses’ in Originalbesetzung die Runde … Letztes Wochenende (26./27.12.) wurde in verschiedenen US-Kinos vor dem Hauptfilm bis zu drei kurze Videos mit der Musik des Hits ’Welcome to the Jungle’ gespielt. Weitere Erläuterungen für den Grund dieser kurzen Clips gab es nicht“ (LooMee TV Online, 1. Januar 2016).

Bis zur Unkenntlichkeit autorisieren

Neun bundesdeutsche Tageszeitungen wehren sich mit einer Aktion gegen zunehmend restriktiv gehandhabte Interview-Autorisierungen, Besserungen sind wohl nicht zu erwarten

Die gängige Praxis ist bekannt: Nach einem Interview liest der Befragte seine Aussagen Korrektur und erteilt dem Journalisten quasi die Autorisierung zur Veröffentlichung. In den meisten Fällen werden so kleinere journalistische Verständigungsfehler vermieden. So weit, so gut. Allerdings hat sich im Laufe der Zeit diese Praxis derart zu einer Unsitte entwickelt, dass in immer mehr Fällen eher ein genehm redigierter Monolog des Befragten – das eigentliche Interview nicht selten mehr als schönend – das Licht der Öffentlichkeit erreicht.

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Für die Berliner “tageszeitung“ lief das journalistische Fass jetzt über, als sie wegen eines geplanten Interviewabdrucks mit SPD-Generalsekretär Olaf Scholz seitens der Parteizentrale im folgenden mit zu erwartendem Informationsboykott konfrontiert wurde. Daraufhin erschien die “taz“ am 28. November aufsehenerregend mit lediglich einer geschwärzten Version des Scholz-Interviews auf ihrer Titelseite. Der Kritik am immer mehr um sich greifenden Missbrauch des Autorisierungsvorbehaltes als Druckmittel von Interviewpartnern gegenüber Journalisten – von “taz“-Chefredakteurin Bascha Mika als “Betrug am Leser“ tituliert – haben sich weitere Zeitungen angeschlossen. Und so betreiben “Berliner Zeitung“, “FAZ“, “Financial Times Deutschland“, “Frankfurter Rundschau“, “Kölner Stadt-Anzeiger“, “Süddeutsche Zeitung“, “Tagesspiegel“, “Welt“ und “taz“ eine gemeinsame Protestaktion, die in ihrer Geschichte wohl einmalig sein dürfte: Kampf der missbräuchlichen Autorisierung.

Zwar ist es bei bundesdeutschen Printmedien – im Gegensatz zu anderen Ländern – durchaus üblich, Interviewtexte durch den Gesprächspartner autorisieren zu lassen. Allerdings würden dabei ursprüngliche Interviewpassagen des öfteren “bis zur Unkenntlichkeit verändert“ beschreibt beispielsweise die “Süddeutsche Zeitung“ das Übel eines beeinflussten Journalismus. Die “Financial Times Deutschland“ hat dahingehend in ihrem so genannten Stil-Buch entsprechende Grundregeln festgehalten: “Was im Interview gesagt wird, ist öffentlich – es darf keinen Unterschied machen, ob ein Befragter live im Fernsehen oder vor dem Diktiergerät eines Print-Journalisten spricht.“ Natürlich, und so ist es landläufig üblich, seien Aussagekorrekturen vor Ort sowie Vertraulichkeit davon unbenommen. Allerdings gelte der journalistische Grundsatz: “Was ’on the record’ gesagt wurde, bleibt öffentlich.“

Durch die von der “taz“ initiierte Interview-Zensur-Kampagne ist zumindest Bewegung in die bis dato schon mehr und mehr betonierten Zustände gekommen. Als immerhin “sinnvolle Debatte für beide Seiten“ bezeichnete Regierungssprecher Bela Anda die Diskussion um den missbräuchlichen Autorisierungsvorbehalt. Wobei Anda die eigentliche Ursache der journalistischen Kritik nicht unbedingt erfasst zu haben scheint. Dass allerdings allein von Politikern – mehr oder weniger erfolgreich – Versuche einer gefälligen Medienbeeinflussungen unternommen werden, glauben wohl nur die allerwenigsten. Und die nächste Interview-Autorisierung wartet schon.

[Dieser Artikel wurde am 1. Dezember 2003 bei Telepolis veröffentlicht.]