Obskures Objekt der Beobachtung

Dresden. Nach angeblich eigenen Erkenntnissen sieht sich die Landtagsfraktion der NPD unter anhaltender Observation durch den Verfassungsschutz und klagt deswegen nunmehr vor dem sächsischen Verfassungsgericht.

Im Umfeld der Einreichung der Organklage beim Verfassungsgericht in Leipzig attestierte der Fraktionsvorsitzende Holger Apfel einen “fortgesetzten Verfassungsbruch durch die Staatsregierung“. So geht die rechtsextreme Parlamentsvertretung davon aus, dass “eine ständige Beobachtung der NPD-Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter sowie der Fraktion als ganzes“ durch den Verfassungsschutz stattfindet. Als schwerwiegende – mithin einzige – Indizien dafür wertet Apfel eine allerdings längst offensichtliche nähere Betrachtung der Fraktionszeitschrift “Klartext“ sowie von Fraktionsveranstaltungen wie beispielsweise den Neujahrsempfängen im Landtag. Mit entsprechenden Bezugnahmen gebe – so Apfel schlussfolgernd – “der Innenminister in seinen Antworten auf verschiedene parlamentarische Anfragen ganz offen zu, dass die Fraktion beobachtet wird“.

Nicht nur am Rande geht es den rechtsextremen Parlamentariern mit ihrer Klage auch “um die verfassungsrechtliche Beurteilung der Umstände beim Austritt von drei Abgeordneten aus der NPD-Fraktion“. Im Dezember 2005 hatten innerhalb weniger Tage Klaus Baier, Mirko Schmidt und Jürgen Schön Fraktion und Partei verlassen, “von denen zwei beim Ausstieg die Hilfe des Verfassungsschutzes in Anspruch genommen haben sollen“ (ddp) – und die braune Schwindsucht an der Elbe ihren dann auch öffentlich sichtbaren Anfang nahm.

Für das anstehende Gerichtsverfahren wurde der – nach NPD-Darstellung – “liberale Rechtsanwalt Andreas Wisuschil aus Rosenheim“ bevollmächtigt. Zwischenzeitlich verlautbarte das sächsische Innenministerium, hinsichtlich einzelner Beobachtungen von Personen grundsätzlich keine Stellung zu nehmen. “Selbstverständlich wird die NPD als Partei beobachtet“, erklärte ein Ministeriumssprecher gegenüber der Nachrichtenagentur ddp.

[Dieser Artikel wurde am 29. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

In die Mitte der Gesellschaft

Dresden. Die sächsische NPD-Landtagsfraktion beabsichtigt Berichten zufolge Ende diesen Monats eine neue öffentliche Anlaufstelle für rechtsextreme Propaganda als so genanntes Bürgerbüro zu eröffnen.

Am 22. Mai veröffentlichte das Dresdner AntifaRechercheTeam eine Mitteilung, nach deren Inhalt der NPD-Landtagsabgeordnete Renè Despang am 31. Mai im Ortsteil Pieschen ein so bezeichnetes Bürgerbüro eröffnen werde. Der ehemalige NPD-Kreisvorsitzende ist neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter zudem in Dresden-Cotta Ortsbeiratsmitglied für das sich selbst so betitelnde örtliche Nationale Bündnis. In den Landtag rückte Despang für den tödlich verunglückten vormaligen “Mäzen der Skinheads Sächsische Schweiz“, Uwe Leichsenring, nach.

Dieser außerparlamentarische Geschäftsraum Despangs wäre die gegenwärtig fünfte dahingehend aktive Dienststelle der NPD in Sachsen, während in letzter Zeit drei als Bürgerbüro betitelte Einrichtungen im Zusammenhang mit der Aufgabe der sächsischen NPD-Zentrale im Dresdner Lockwitzgrund ihre Tätigkeiten nach und nach weitesgehend einstellten. Erst Anfang Mai wurde – nachdem wohl sogar der NPD selbst der eigentlich geplante Eröffnungstermin zum 20. April als zu heikel erschien – in Zwickau eine, nach NPD-Verlautbarung, “Anlaufstelle nationaler Politik“ unter der Verantwortung des Landtagsabgeordneten Peter Klose in Betrieb genommen.

Nach Darstellungen der Dokumentations-Website Nazis in den Parlamenten (NiP) zielen Despang und Kameraden mit ihren nunmehr allerdings bereits vorab bekannt gewordenen augenscheinlichen Neu-Rekrutierungsabsichten für die so genannte nationale Sache mitten in ein soziales und politisches “Problemviertel“ der sächsischen Landeshauptstadt. Wie Kanal8 berichtet, gebe es hingegen seitens der NPD “momentan keine Auskunft“ bezüglich besagter Immobilie in Dresden-Pieschen.

[Dieser Artikel wurde am 25. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Wiederholte Festnahmen in Folge des “Sturm 34“-Verbotes

Mittweida/Burgstädt. Die strukturellen Zusammenhänge der rechtsmilitanten Kameradschaft sind augenscheinlich nach wie vor intakt, wie mehrere polizeiliche Maßnahmen gegen weiterhin aktive Rechtsextremisten aus der Region nach dem Verbot des Sturm 34 dokumentieren.

Bereits am Abend nach der Groß-Razzia wurden in Mittweida noch am 26. April vier 19- bis 23-jährige Mitglieder der rechtsextremistischen Kameradschaft wegen offensichtlicher Missachtung des Sturm 34-Verbotes vorübergehend festgenommen.

In den Abendstunden des 5. Mai erregten dem peripheren Umfeld des Sturm 34 zugeordnete Sympathisanten durchaus überregional mediales Aufsehen, als während eines augenscheinlichen Versuches, einen ihrer Gesinnungskameraden aus dem Polizeigewahrsam freipressen zu wollen, zeitweise das örtliche Polizeirevier in Rochlitz blockiert wurde. Sechs Rechtsextremisten verbrachten daraufhin die Nacht zum 6. Mai in Haft.

Im direkten Umfeld einer am 12. Mai in Mittweida stattgefundenen antifaschistischen Demonstration mit gut 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern inhaftierte die Polizei eigenen Angaben zufolge wiederum 24 Rechtsextremisten. Nach Darstellung der Sächsischen Zeitung gehörten davon “sieben zu der verbotenen Kameradschaft“, die sich entgegen der Verbotsverfügung des sächsischen Innenministers gegen den Sturm 34 zwischenzeitlich in dem westsächsischen Ort zusammengefunden hatten. Zwei 19-jährige Frauen und fünf 18- bis 29-jährige Männer verbrachten die Nacht zum 13. Mai in Polizeigewahrsam.

Auf einer öffentlichen Veranstaltung am gestrigen so genannten Himmelfahrtstag in Burgstädt (Landkreis Mittweida) wurden erneut “fünf Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft ’Sturm 34’ in Gewahrsam genommen“ (dpa). Die “fünf Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren“ seien “zuvor an Schlägereien innerhalb einer 50-köpfigen Gruppe aus dem rechtsextremen Spektrum beteiligt gewesen“ (ddp). Heute Morgen wurden die fünf Rechtsextremisten wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Gegen sie sei “von Amts wegen Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz“ erfolgt. Einem 18-jährigen jungen Mann – bei dem ein Ring mit eingraviertem Hakenkreuz sowie mehrere Hakenkreuzaufkleber gefunden wurden – wird zudem die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt.

[Dieser Artikel wurde am 18. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Wenn nicht nur der Postmann zweimal klingelt

Augsburg. Gegen ein führendes Mitglied des örtlichen NPD-Kreisverbandes wird unter anderem wegen Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde gestern eine größere Menge Nazi-Propagandamaterial sichergestellt.

Der 20-jährige NPD-Kader hatte in den USA das Material mit Hakenkreuz-Emblemen und “eindeutig rechtsradikalem Aufdruck“ bestellt, wie die Augsburger Polizei heute mitteilte. Ermittlungen führten vom Zoll in Frankfurt/Main über ein Augsburger Postfach schließlich zu dem beschuldigten jungen Mann. Dieser stehe nunmehr unter dringendem Tatverdacht, “Propagandamittel wie CDs, DVD-Filme, T-Shirts und Aufkleber im Ausland bestellt und im hiesigen Raum weiter verteilt zu haben“, so die Polizeimeldung. Bei der Wohnungsdurchsuchung sei der Rechner des Verdächtigen beschlagnahmt und zudem zehn Patronen Präzisionsmunition für ein Jagdgewehr sichergestellt worden. Außerdem könne Erwerb sowie Besitz von geringen Mengen LSD und Ecstasy nachgewiesen werden.

Gegen den rechten Jung-Funktionär wurde bereits seit Dezember 2006 ermittelt. Schon damals hätte das Hauptzollamt Frankfurt/Main eine Sendung aus den USA kontrolliert, die “880 Flyer mit eindeutig rechtsradikalem Aufdruck und Hakenkreuz-Emblemen“ enthielt. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei – auch zum Umfeld des Beschuldigten – sind noch nicht abgeschlossen, der NPD-Funktionär allerdings habe bereits “bei den ersten Vernehmungen gestanden“.

[Dieser Artikel wurde am 16. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Nazi-Demo versus Christopher-Street-Day?

Leipzig. Nach verschiedenen Medien-Berichten plant der Hamburger Rechtsextremist Christian Worch am 21. Juli in der westsächsischen Stadt offensichtlich den Versuch einer Neu-Auflage seiner vordem etwas ins Hintertreffen geratenen Aufmärsche.

Bereits vor gut zwei Wochen meldete die Leipziger Volkszeitung, dass Christian Worch mit seinen rechtsextremistischen Kameraden aller Couleur “voraussichtlich am 21. Juli in Leipzig“ erneut eine Demonstration durchzuführen beabsichtige. Zum 1. Mai diesen Jahres hatte Worch erstmals seit vielen Jahren seine fast schon obligatorische eigene Anmeldung für einen Aufmarsch in Leipzig zurück gezogen, um gleichzeitig für diesen Tag die NPD-Demonstration in Dortmund zu unterstützen.

Mittlerweile berichtet auch die Dresdner Morgenpost von einem geplanten Nazi-Aufmarsch am 21. Juli, “ausgerechnet an dem Tag, an dem in Leipzig traditionell hunderte Schwule den Christopher-Street-Day (CSD) begehen wollen“. Darstellungen von so genannten Sicherheitsexperten zufolge könnte der Worch-Aufzug zudem “die Hinrichtungen (21. Juli 1944) der Hitler-Attentäter würdigen wollen“. Das bisher bekannt gewordene Nazi-Demo-Thema für den 21. Juli lautet “Arbeit in der Heimat für gerechten Lohn“.

Der zuständige Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal erklärte bezüglich des sich scheinbar ämterintern bereits mehr als nur andeutenden Nazi-Aufzuges, die Stadt Leipzig sei derzeit “in der Prüfungsphase, ob ein Verbot oder zumindest Auflagen möglich sind“. Aktuell wird bisher für den Leipziger 21. Juli weder vom sich so betitelnden Freien Widerstand, noch von Christian Worch selbst – dessen letzte Online-Neuigkeit immerhin auf den 1. Mai datiert – mobilisiert.

[Dieser Artikel wurde am 14. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]