“perplex“ – die Staatsanwaltschaft ermittelt

Dresden. Die auch als NPD-Schülerzeitung bezeichnete neue Jugendzeitung der Jungen Nationaldemokraten aus Sachsen kommt eher bunt als braun daher, lässt aber vom Inhalt kaum etwas an politischen Deutungen offen.

Überraschend ist das Auftauchen einer “Jugendzeitung für Sachsen“ keineswegs, der Zeitpunkt relativ kurz nach Schuljahresanfang kommt ebenso nicht von ungefähr. Zumal das Entstehen dieser Publikation in einschlägigen Kreisen nicht gerade ein Geheimnis darstellte. So warnte immerhin vor gut einer Woche sogar das Sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) “vor einer Schülerzeitung der rechtsextremistischen NPD“. Nach Einschätzungen der Behörde werde mit einer solchen Schrift seitens der NPD und der Jungen Nationaldemokraten (JN) versucht, “Jugendliche zu ködern und auf versteckte Art und Weise rechtsextremistische Anschauungen und Feindbilder zu transportieren. Ziel dürfte sein, Jugendliche sowohl für rechtsextremistische Positionen allgemein zu gewinnen, als auch zukünftiges Wählerpotenzial zu erschließen“ (AP).

“Ganz kostenlos“ und “jung – frech – deutsch“ schlägt perplex auf 16 Seiten einen comic-ähnlich gehaltenen Bogen vom “linksextremen Bildungsdesaster“ über die “drohende Entvölkerung Mitteldeutschlands“ hin zur “Handreichung für eine brisante, spannungsgeladene Geschichtsstunde an Deiner Schule“. Bei letzterem geht es beispielsweise schlicht und ergreifend um herbei zitierte Argumentationshilfen der Art, “dass Hitler vor seinem Einmarsch in Polen verzweifelt versucht hat, den Frieden zu retten“, wobei natürlich – nach Duktus der perplex-Redaktion – auch der vorgebliche “Friedensflieger“ Rudolf Heß keinesfalls unbeachtet rechts liegen gelassen wird. Die letzten Textzeilen dieser Postille dürften allerdings bezüglich eines – zugegeben unterstellten – inhaltlich-politischen Zusammenhangs nicht nur beim plakativ anvisierten Klientel einige Verwirrung hinterlassen: “… damit die Sonne, schön wie nie, über Deutschland scheint!“ – DDR reloaded?

Darüber hinaus ist das Heft, redok vorliegend, gespickt mit teaserhaften Einsprengseln von politischen Kurz-Botschaften à la “Jetzt Nationalen Widerstand organisieren!“, “Haken gegen die linken Spießer an den Schulen und im Fernsehen!“, “Das System hat keine Fehler, das System ist der Fehler!“ bis hin zu “Mach Deinen Schulhof zur national befreiten Zone!“. Garniert wird das Ganze mit einem Bericht über den JN-Sachsentag vom August in Dresden-Pappritz als “Grundlage für weitere Großveranstaltungen der Nationalen Jugend“.

Als der NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen W. Gansel am 20. September vor einem Dresdner Berufsschulzentrum mit mehreren seiner Kameraden die Druckschrift verteilen wollte, konfiszierte die Polizei 150 Exemplare. Über die letzten Tage sind allerdings nicht nur an einer Bildungseinrichtung in der Region besagte Druckschriften gesichtet worden. Das Sächsische Staatsministerium für Kultus hatte bereits vorab darauf hingewiesen, dass das Verteilen “dieser Zeitung“ auf dem Schulgelände verboten sei, auftauchende Hefte würden beschlagnahmt und der Polizei übergeben.

Gansel selbst hat die Auflage von perplex auf 30.000 beziffert. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden gegen die herausgebende JN – als Verantwortlicher im Sinne des Presserechtes zeichnet Jens Steinbach mit ostsächsischer Adresse – wegen des Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz. Gansel ist bis dato durch seinen Status als Landtagsabgeordneter geschützt – “gegen ihn kann die Behörde wegen der Immunität nicht vorgehen“ (AFP).

[Dieser Artikel wurde am 24. September 2007 bei redok veröffentlicht.]

Planungen nicht nur für nächsten NPD-Bundesparteitag

Coswig/Dresden. Die rechtsextreme Partei hat offenbar auch eine gastro-kulturelle Einrichtung nahe der sächsischen Landeshauptstadt als zukünftigen Tagungsort in engere Erwägung gezogen.

Wie das Dresdner Antifa Recherche Team (ART) bereits vor einigen Tagen mit Bezug auf eine regionale Tageszeitung darstellte, gab es seitens der NPD augenscheinlich Bestrebungen, den nächsten Bundesparteitag am 27./28. Oktober 2007 bei Dresden abhalten zu wollen. Im Fokus diesbezüglicher Planungen der rechtsextremistischen Partei sei dabei das nach Eigenwerbung “erste Haus am Platz“, die Börse in Coswig.

Nach Einschätzung des ART sei allerdings die lobenswerte Ablehnung des Ansinnens der NPD durch die Betreiber der Börse beziehungsweise ein verwaltungsrechtlicher Verhinderungsversuch dieser Partei-Veranstaltung der ganz besonderen Art allein nicht ausreichend.

Erst zum letzten NPD-Landesparteitag im März diesen Jahres hatten sich die Rechtsextremisten letztendlich in die Räume eines Beruflichen Schulzentrums in der Kreisstadt Pirna eingeklagt, um dortselbst dann rechtsextreme Schulstunden über ihr eigenes Gesellschafts- und Menschenbild zelebrieren zu können. Auch bei der Coswiger Börse handelt es sich um öffentliche Räume, in denen bereits Partei-Veranstaltungen stattgefunden haben. Die Begründung des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen zur Ermöglichung des NPD-Landesparteitages am 4. März in der Aula besagten Berufsschulzentrums in Pirna-Copitz fußte auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Parteiengesetz.

ART Dresden verweist allerdings auch darauf, “dass es typisch für die NPD ist, für derlei Großveranstaltungen mehrere Lokalitäten anzumieten, um für eventuelle juristische Streitigkeiten mit den Vermietern zusätzlich gewappnet zu sein“. Im offiziellen Online-Terminkalender der NPD für Oktober 2007 ist bis dato nur eine einzige “Saalveranstaltung in Leipzig mit Stefan Lux“ zu finden. Der letzte NPD-Bundesparteitag fand im November 2006 in Berlin statt.

Gleichwohl ob der nächste rechtsextreme Bundesparteitag in Coswig stattfindet oder nicht, hat die NPD bereits für den 31. Mai 2008 – mit acht möglichen Ausweichterminen in jenem Monat sowie sämtlichen Freitagen und Samstagen im April – eine Wahlveranstaltung in der Coswiger Börse schriftlich im Rathaus der Gemeinde eingereicht.

[Dieser Artikel wurde am 19. September 2007 bei redok veröffentlicht.]