Schlagwort-Archive: Jörg Hartmann

MedienScreen # 320 [Words of Jörg Hartmann]

[Fundstück] Jörg Hartmann, interviewt in Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 23. März 2024 –

(…) Es ist ein großes Problem in unserem Land, dass man nicht mehr wahrnimmt, was alles Gutes passiert ist und noch passiert. Man ist schnell dabei, nur das Negative zu sehen. Wenn ich jetzt die Wahlen vor mir sehe, wird mir angst und bange. Der Gedanke, dass eine rechtsextreme Partei vielleicht sogar die Landesregierung stellen könnte, ist ganz, ganz furchtbar (…)

MedienScreen # 74 [Baukultur als solche?]

[Fundstück] Jörg Hartmann, “Haben wir verlernt, schön zu bauen?“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 18. Januar 2016 –

(…) Warum diese Sehnsucht? Um Gottes willen, dachte ich, darf das denn sein!? Ich war doch ein junger Mensch, allem Neuen gegenüber aufgeschlossen! Oder etwa nicht?

Mir war klar, ich musste eine Therapie machen. Also ging ich durch unsere modernen Städte und schaute sie mir alle an, die lieblos hingerotzten Kisten und Container. Ich las die Gebrauchsanweisungen ihrer Erbauer, und ich dachte: Mit ihrer Hilfe wirst du die Schönheit der Bauten erkennen. Ich las die Gesänge der Feuilletonisten, die die klar reduzierte Formensprache bejubelten. Und ich dachte: Ja, gleich hab ich’s. Gleich werde ich den Würfelhusten lieben.

Ich wanderte weiter durch unsere Städte und hämmerte mir ein: Du musst versuchen, den städtebaulichen Bruch zu lieben. Du musst akzeptieren, dass unsere Städte zerstört und hässlich wieder aufgebaut wurden. Wir alle haben den Krieg zu verantworten, auch du, Jörg Hartmann! Wir alle büßen für unsere Schuld städtebaulich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

Ich sagte mir: Glas, Beton und Stahl sind unverdächtig und frei von jeder Schuld. Wer damit baut, ist Demokrat. Basta. Putz, Stein und Satteldach sind traditionelle Scheiße – und deshalb: Hände weg davon! Ich lernte, das Flachdach zu lieben. Die nicht kaschierte, ehrliche Haustechnik auf ebenem Kies. Und ich begriff: Wir leben in einem freien Land, und jeder darf bauen, wie er will. Seit den traumatischen Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur wissen wir: Regeln sind scheiße. Warum also Regeln im Städtebau? – Nein! Stopp!

Es tut mir leid, aber ich befürchte, die Therapie hat nicht viel gebracht. Natürlich sehe ich einzelne moderne Bauten, die mich begeistern, aber ich traue der Moderne keine schönen Stadträume zu. Und doch wünsche ich mir nichts mehr, als dass unsere Zeit es endlich schafft, schöne Stadträume zu kreieren. Wie kriegen wir das hin? (…)

[Die Sächsische Zeitung publizierte a.a.O. die gekürzte Fassung einer Rede von Jörg Hartmann beim Symposium “Baukultur als Renditefaktor“ am 12. Januar 2016 im Dresdner Hygienemuseum.]

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MedienScreen # 69 [Kunst am Bau]

[Fundstück] Jörg Hartmann, zitiert in Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 31. Dezember 2015 –

Schauen Sie sich die Geldkassetten-Architektur von heute an. Oder den grünen Ökowahn mit der Wärmedämmung. Blinder Aktionismus, der Hausbesitzer zwingt, ihre Häuser mit Styroporchemie zu verpacken. Haben wir verlernt, schön zu bauen?

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