Archiv der Kategorie: Anno 2010

FSV Brandis gegen Roter Stern Leipzig – Alles auf Anfang?

Das Verbandsgericht des Leipziger Fußball-Verbandes (LFV) hat entschieden: Das nach einer militanten Attacke aus augenscheinlich rechtsextremistischen Kreisen am 24. Oktober 2009 abgebrochene Bezirksklasse-Spiel zwischen dem FSV Brandis und Roter Stern Leipzig wird für den 6. Februar 2010 neu angesetzt. Damit wurde die Berufung des Vereins aus Leipzig-Connewitz gegen ein Mitte Dezember 2009 gefälltes Urteil des LFV-Sportgerichts abgelehnt –  Roter Stern Leipzig hatte eine Wertung der damaligen Ansetzung von drei Punkten und 2:0 Toren für sich geltend machen wollen. Bereits damals hatte das zuständige Sportgericht in erster Instanzentscheidung ein Wiederholungsspiel angeordnet; mit der Begründung, bei besagtem Spiel wären gerade erst zwei Minuten absolviert gewesen und da habe noch kein aussagekräftiges Ergebnis vorgelegen.

Nunmehr wurde die aktuelle Entscheidung damit begründet, den Brandisern als Gastgeber könne “nur eine leichte Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht“ vorgeworfen werden. Die auf dem Sportplatz gelagerten Baumaterialien hätten es den Randalierern aus der rechtsextremen Szene ermöglicht, sich zu bewaffnen. Zudem sei die Attacke so plötzlich erfolgt, dass die einheimischen zwölf Ordner nicht rechtzeitig verhindernd eingreifen konnten. Auch habe es vor dem Spiel keine ernsthaften Hinweise auf einen derartigen Angriff gegeben – “Das bestätigte auch das Zeugnis der Polizeidirektion Westsachsen“, zitiert LVZ-Online.

Das “Skandalspiel“ (Spiegel-Online) von Brandis hatte im Herbst des vorigen Jahres medial und auch innerhalb der Fan-Szene weit über die sächsischen Grenzen hinaus wochenlang im Fokus der Aufmerksamkeit gestanden.

Wie Roter Stern Leipzig in einer ersten Reaktion auf das Urteil des LFV-Sportgerichts erklärte, wolle man “in den nächsten Tagen im Verein beraten, ob das Team in Brandis antritt“.

[Dieser Artikel wurde am 28. Januar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden und die Fans

Berichten zufolge hat der sächsische Drittligist auf die jüngsten Vorfälle beim Freundschaftsspiel gegen SK Rapid Wien am 23. Januar reagiert und “unter anderem die Freiheiten der Fans eingeschränkt“, so der Mitteldeutsche Rundfunkt (MDR).

Wie die SG Dynamo Dresden (SGD) selbst mitteilte, wurden “folgende Sofortmaßnahmen ergriffen, um künftig das organisierte Umgehen des Verbots von Pyrotechnik und des Zeigens verbotener Banner im Stadion zu verhindern:

  • Die Arbeitskarten von Fanvertretern werden gesperrt und nur in reduzierter Zahl an überprüfte Berechtigte, deren Lichtbilder und Personaldaten dem Verein vorliegen, wieder ausgegeben.
  • Die Jahresarbeitskarten aller Dienstleister und ihrer Mitarbeiter werden ebenfalls gesperrt. Die Neuausgabe erfolgt ausschließlich nach Hinterlegung von Lichtbild und Personaldaten.
  • Personen- und Taschenkontrollen werden in Zukunft auch bei allen Arbeitskarteninhabern (z.B. Catering, Reinigung, usw.) durchgeführt.
  • Die Aufhänghöhe der Zaunfahnen vor dem K-Block wird in der Stadionordnung auf Oberkante der Betonmauer festgeschrieben, der Zaun bleibt für Blicke von außen frei.
  • Es wird nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Stadion ein Vermummungsverbot gilt. Verstöße dagegen werden kompromisslos mit einem Hausverbot und einer Ordnungswidrigkeitsanzeige geahndet.
  • Verbotene Banner werden in der Stadionordnung eindeutig festgeschrieben.
  • Ausgesetzte bundesweite Stadionverbote, die an den Vorfällen beteiligte Personen betreffen, werden wieder eingesetzt und verlängert.
  • Der Ordnungsdienst wird angewiesen, die Kontrollen am Einlass weiter zu intensivieren und jede Person, unabhängig von Alter und Geschlecht, akribisch zu kontrollieren.
  • Die Gespräche mit der Polizeidirektion Dresden werden intensiviert, um einen schnelleren Austausch von Personaldaten und damit ein unmittelbares Aussprechen von Stadionverboten zu erreichen und überführte Täter für den dem Verein entstandenen Schaden haftbar zu machen.
  • Die Polizeidirektion Dresden wird aufgefordert, sich mit der Stadt Dresden und der Stadion-Dresden-Projektgesellschaft auseinanderzusetzen und die Videoüberwachung im Innenraum des Rudolf-Harbig-Stadions auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

Diese Maßnahmen wurden den Vertretern verschiedener Fangruppen in einer gemeinsamen Sitzung (…) mitgeteilt.“

Darüber hinaus teilte die SGD mit, dass bisher sieben an den Vorfällen bei der Begegnung gegen SK Rapid Wien beteiligte Personen identifiziert worden seien, davon drei aus dem Dresdner K-Block sowie vier aus dem Wiener Gästebereich; zudem würden weitere diesbezügliche vereinsinterne Ermittlungen fortgesetzt werden. Wie der MDR berichtet, betonte der Dresdner Drittligist “die Kommunikation mit den Fangruppen weiter fortführen zu wollen“.

Außer einigen Bildern auf diversen Internet-Plattformen scheint es allerdings auch nach wie vor noch “keine offiziellen Stellungnahmen, weder vom Stadionsicherheitsdienst noch der Polizei, zu den Geschehnissen hinter dem K-Block in der Halbzeitpause des Spiels [gegen SK Rapid Wien]“ zu geben.

[Dieser Artikel wurde am 28. Januar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden – Risse im Fan-Vertrauen

Auf die Pyro-Einlagen im Dresdner K-Block beim Freundschaftsspiel am 23. Januar gegen SK Rapid Wien reagierte die Vereinsführung des bundesdeutschen Drittligisten nachfolgend unter anderem mit der Feststellung, man müsse “(…) zur Kenntnis nehmen, dass unsere Dialogbereitschaft und die Appelle an die Fans nicht zum Erfolg führen. Daraus werden wir Konsequenzen ziehen (…)“. Zugleich wurde betont, dass “(…) das wiederholte Ignorieren von Verboten, der Missbrauch von Zugeständnissen, das tätliche Angreifen von Ordnern und Sicherheitskräften, das Sympathisieren mit Kriminellen (…)“ nicht der Verein als solcher selbst sei. Während des Spiels war von Dresdner Anhängern auch ein Zauntransparent mit der Aufschrift “Hooligans Elbflorenz – Der K-Block steht hinter euch!!“ präsentiert worden.

Kaum war der Pyro-Rauch an jenem Samstag im Dresdner Stadion verflogen, attestierte eine auflagenstarke deutschsprachige Boulevard-Tageszeitung, “(…) Dynamos ’Schmusekurs’ mit Fangruppen wie den Ultras ging offensichtlich nach hinten los (…)“, um zugleich zu fordern, dass dahingehend “(…) härtere Bandagen (…)“ nunmehr dringend nötig seien.

Wie aktuell die Sächsische Zeitung berichtet, entziehe nunmehr der Verein offenbar “(…) seinen Fans nach den Ausschreitungen das Vertrauen“. Zitiert wird dahingehend Martin Börner als hauptamtlich amtierender Fan-Beauftragter der SG Dynamo Dresden: “Es sieht so aus, als wäre der Weg der Kommunikation und des Vertrauens gescheitert“. Bislang, so Börner weiter, sei man “(…) davon ausgegangen, dass es sich um Einzeltäter handelt. Gegen Wien war es aber eine größere Gruppe“. Den von der Zeitung unterstellten Verdacht, “dass das Störfeuer von den ’Ultras Dynamo’ ausging“, wollte Börner nicht kommentieren.

Außer einigen unkommentierten bewegten Bildern auf diversen Internet-Plattformen gibt es bislang auch keine offiziellen Stellungnahmen, weder vom Stadionsicherheitsdienst noch der Polizei, zu den Geschehnissen hinter dem K-Block in der Halbzeitpause des Spiels.

Die Vertreter von Fangruppierungen sollen, so jedenfalls Martin Börner, Gelegenheit haben, sich gegenüber der SG Dynamo Dresden zu den Vorfällen am 23. Januar zu äußern. Bis zum 28. Januar, 12 Uhr, muss die Vereinsführung von Dynamo Dresden beim DFB eine schriftliche Erklärung bezüglich der Ereignisse im Rudolf-Harbig-Stadion einreichen.

[Dieser Artikel wurde am 26. Januar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Tod eines Ghanaers

Russland. Zu einer Mordtat Ende 2009 nahe Moskau gibt es offenbar ein politisch bemänteltes Bekenntnis. Die Mörder eines Ghanaers hatten ein Video von dem Mord ins Internet gestellt.

Wie aktuell die Austria Presse Agentur berichtet, hätten sich nunmehr russische Rechtsextremisten zum Mord an dem Ghanaer nahe Moskau Ende vergangenen Jahres bekannt und zudem auch noch ein Video ihrer Tat ins Internet gestellt. Auf dem Video-Clip, so verlautbarten mehrere russische Medien, sei der Angriff auf den Afrikaner zu sehen, der nach der militanten Attacke am 26. Dezember 2009 in einem Krankenhaus an Dutzenden Stichverletzungen gestorben ist.

Durch die Polizei – so APA – sei mittlerweile bestätigt worden, dass das Video tatsächlich besagten Überfall zeige. Darüber hinaus fordere in Sequenzen der Aufnahme “ein maskierter Mann vor dem Hintergrund einer Hakenkreuz-Fahne seine Gesinnungsgenossen zu weiterem Terror auf“.

Im Sommer 2007 hatte bereits ein ähnliches Mordvideo für Entsetzen gesorgt, das ebenfalls ins Internet gestellt worden war. Damals hatten vermummte Neonazis vor laufender Kamera einen Menschen enthauptet und einen anderen mit einem Genickschuss ermordet.

Laut APA sind in Russland im vergangenen Jahr 74 Menschen aus Rassenhass getötet worden, in diesem Jahr seien es bisher drei gewesen. Anfang Januar hatte die russische Menschenrechtsorganisation SOVA in einer vorläufigen Bilanz des Jahres 2009 von mindestens 60 Menschen gesprochen, die durch Hassverbrechen getötet worden waren.

[Dieser Artikel wurde am 16. Januar 2010 bei redok veröffentlicht.]

Auf Adolf? Auf den Holocaust? – Na, dann Prost!

Huddersfield/WWW. Ausgehend von einer Universität im britischen West Yorkshire wird dem GröFaZ offenbar nicht allein nur virtuell spielerisch gehuldigt, sondern auch exzessiv hochlebend zugetrunken. Schockierend? Ungewöhnlich? Nur ein Trinkspiel?

Ursprünglich, so verschiedene Medienberichte, sei “Hitler – das Trinkspiel“ von einer Studentengruppe der britischen Universität Huddersfield im Norden von England via Facebook im Internet angeboten worden. Bis zur administrativen Schließung durch Facebook selbst hätten sich innerhalb relativ kurzer Zeit knapp 12.000 Anhänger besagten Online-Auftritts zusammen gefunden. Wie der britische Fernsehsender Sky berichtete, veröffentlichten viele Schüler und Studenten dabei auch Fotos von sich, auf denen sie den Hitlergruß zeigten und sich Hitlerbärtchen gemalt hatten (Spiegel-Online).

Bei dem ’Spiel’, so die Anleitung, sei ein Pint-Glas in die Tischmitte zu stellen und außen herum Katen verdeckt in Form eines Hakenkreuzes auszulegen, und zwar “so gerade wie möglich, damit es nicht beschissen aussieht“. Hernach ziehen die Mitspieler eine Karte und müssen Aufgaben – wie beispielsweise den “Überfall auf Polen“, das “Nazi-Verhör“ oder das “Heil-Hitler-Spiel“ – ausführen und erfüllen. Diese enden alle damit, dass Mitspieler schließlich ein oder mehrere Gläser Bier oder Schnaps trinken müssen. So sei etwa bei der Aufgabe “Überfall auf Polen“ durch alle Spieler der Fußboden zu berühren – und der letzte trinkt. Zieht ein Spieler eine Neun, grüßt er mit “Heil“ und ausgestrecktem Arm nach links oder rechts, reihum grüßen die Spieler dann weiter. Grüßt einer mit “Heil Hitler“, wechselt die Richtung, bis einer einen Fehler macht. Sind keine Karten mehr auf dem Tisch, ist das Spiel zu Ende. Das wiederum nennen dann die Autoren “The Holocaust“.

Die besagtes Spiel initiierende Gruppe gehe auf zwei Studenten der Huddersfield Universität zurück, berichtet Sky. Sie selbst würden sich als „Fuhrers“ betiteln. Gegen die Studenten wird nunmehr seitens der Universität ermittelt. Die Gruppe wiederum versichert auf ihrer Web-Site, “dass es sich lediglich um ein Trinkspiel handle und die Mitglieder Adolf Hitler sowie die Ideologien der Nationalsozialisten weder unterstützten noch verbreiteten“ (AFP).

Mittlerweile kursieren ähnliche Seiten unter dem Titel “Hitler – The Drinking Game Tribute“ im WorldWideWeb – an mancher Online-Stelle kurz nach Erscheinen wieder gelöscht, um woanders kurz darauf erneut gepostet zu werden. Durchaus interessant wird zu beobachten sein, wann die durchaus weniger als mehr virtuellen deutschen Adolf-Kameradschaften die Tastenkombination copy and paste auf ihren Tastaturen zu nutzen wissen, um sich dann so angeleitet auch endlich real endzielgerichteten Trinkfreuden hingeben zu können.

“Wir sind geschockt, von diesem Spiel zu hören und sehr beunruhigt wegen der Anschuldigungen gegen Studenten unserer Einrichtung“, erklärte unterdessen die Universität von Huddersfield. Mithin handle es sich um einen “ungewöhnlichen Vorfall“, die Universität sei schließlich “stolz auf ihren multikulturellen Campus“ (AFP). Sky wiederum zitierte Michael Barrie, ein Mitglied eines Verbandes für Holocaust-Überlebende: “Es ist bestürzend, dass ein Spiel zur Belustigung mit einem Ereignis in Verbindung gebracht wird, dem elf Millionen Menschen zum Opfer fielen“.

[Dieser Artikel wurde am 14. Januar 2010 bei redok veröffentlicht.]