Archiv der Kategorie: Hooltras

Datei “Gewalttäter Sport“ – Datenspiele

Seit Jahren schon speichert das Bundeskriminalamt (BKA) Informationen über Personen, die bei Sportereignissen, vor allem beim Fußball, auffällig geworden sein sollen. In einer so genannten Datei “Gewalttäter Sport“, inoffiziell auch “Hooligan-Datei“ genannt, wurden – nach dazumal ersten Verlautbarungen durch verschiedene Medien-Angaben – rund 10.000 Menschen aufgelistet und quasi katalogisiert.

Bereits im Dezember 2008 befand allerdings das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, dass besagter Datei eine Rechtsgrundlage fehle (abendblatt.de, 18. Dezember 2008). Unter den dahingehend registrierten Peronen “waren zweifellos viele Hooligans und Straftäter, aber offenbar auch Fans, deren Personalien lediglich festgestellt worden waren, weil sie sich in der Nähe einer Schlägerei aufhielten oder an einer Demonstration teilnahmen. Eine Verurteilung vor Gericht war und ist für eine Registrierung nicht notwendig, es reichen Hinweise von Polizeibeamten“ (spiegel.de, 15. Januar 2009).

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(Foto: O.M.)

Nachfolgend hat im April 2010 das Verwaltungsgericht Karlsruhe erneut die fehlende rechtliche Grundlage der Verbunddatei “Gewalttäter und Sport“ moniert. Angaben zufolge umfasste die bundesweite Datei “Gewalttäter und Sport“ dann schon zirka 11.000 Einträge (Sachsen: Aktuell rund 300 Menschen in der ’Kategorie C’ für Hooligans).

Im Juni 2010 stimmte der Bundesrat dem Entwurf für eine Verordnung des Bundesinnenministeriums zu, mit dem die umstrittene Datensammlung “Gewalttäter Sport“ nebst vielen anderen Warndateien des BKA auf eine rechtliche Grundlage gestellt werden sollte (heise.de, 4. Juni 2010). “Eine Beratung der neuen Rechtsverordnung auch im Bundestag hielt das Innenministerium nicht für nötig.“ In gewissen Online-Foren kursierte im Februar 2011 die Information, zitierend aus einer am 15. November 2010 publizierten Erhebung des BKA, dass in besagter Verbunddatei “Gewalttäter Sport“ bundesweit nunmehr 16.799 Datensätze über insgesamt 12.800 Personen gespeichert seien – und der Status quo?

Stiller Status quo? Das Vorfeld der Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine wirft nicht erst seit gestern mitunter einige durchaus andeutungsvoll martialischen Bilder voraus.

Von alledem vielleicht abseits, aber scheinbar sowieso generell, dürfen sich in den Euro-12-Wochen Fußballfans – deren Daten in der beim BKA nach wie vor geführten Datei “Gewalttäter Sport“ gespeichert sind – auf Ausreiseverbote, Meldeauflagen während der Europameisterschaft und andere unerfreuliche Maßnahmen einrichten.

“Aber man muss nicht unbedingt Hooligan sein, um in die Datei aufgenommen zu werden“ – denn, “wessen Personalien … einmal im Rahmen der ’Gefahrenabwehr’ kontrolliert worden sind, findet Eingang in die Datei ’Gewalttäter Sport’ und sieht sich strafrechtlicher und zivilrechtlicher Anfeindung ausgesetzt“ – “Schlimmer geht es nimmer! Dieses System lässt jedem Datenschützer die Haare zu Berge stehen!“, wird aktuell auf der Website anwalt.de resümiert.

[Dieser Artikel wurde am 2. März 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Winternebel oder Frühlingsklarheit?

Es ist merklich ruhig geworden um den Prozess gegen die Hooligans Elbflorenz, fast schon auffällig still. Die anfänglich durchaus höheren Wellen der Berichterstattung plätschern mittlerweile eher nur noch flach vor sich hin, medial aktuell kaum noch wahrnehmbar.

(…) Fünf Männer stehen seit Mittwoch [24. August] unter anderem wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor dem Gericht. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo Dresden verantwortlich sein. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, die “Hooligans Elbflorenz“ gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo verantwortlich sein (…) Für den Mammut-Prozess sind 30 Verhandlungstage angesetzt (…) Nach Aussage der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den “Hooligans Elbflorenz“ um eine straff und regelrecht militärisch durchorganisierte Gruppierung. Ihr Ziel sei es, gemeinsam schwere Straftaten zu begehen, die sich nicht mehr nur auf das Umfeld von Fußballspielen konzentrieren (…) [25. August 2011]

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In Folge des bisherigen Gerichtsverfahrens wurden der Playboy und die Sittlichkeit als solche bemüht, die gerichtliche Rechtsauslegung hin und her gewendet, Feldforschungen vor Gericht betrieben und die Zeitläufe der Geschehnisse mehr oder weniger wissend erörtert.

Nicht viel Neues verkündete indes der in diesem Verfahren beim Landgericht Dresden zuständige Richter Peter Lames pseudo-aktuell offiziell zum Jahreswechsel: “Da liegt viel in einer Grauzone. Das wollen wir versuchen zu erhellen“.

(…) Bisher wurden Zeugen vernommen, Videos der Schlägereien angesehen, Kampfsportsachverständige gehört. Lames ließ sämtliche Akten der insgesamt 49 Beschuldigten des Komplexes “Hooligans Elbflorenz“ vorlesen, um sich ein Bild zu machen. Auf manchen Blättern tauchte plötzlich der Vermerk “Nicht für die Gerichtsakte bestimmt“ auf (…) [Dresdner Morgenpost, 2. Januar 2012]

Wie war das doch gleich noch mal …

(…) Zahlreiche Telefonate wurden über einen Zeitraum von wahrscheinlich mehr als zwölf Monaten abgehört, mindestens ein verdeckter Ermittler wurde eingeschleust, es wurden Observationen durchgeführt und Hausdurchsuchungen vorgenommen. Dass man in Sachsen manchmal zu einer speziellen Rechtsauslegung neigt, ist nicht neu (…) So wurden im Ermittlungsverfahren nach Angabe des Rechtsanwaltes Rolf Franek die Gespräche zwischen Verteidigung und Mandanten vom LKA abgehört und protokolliert. Bei der ersten Akteneinsicht seien diese Protokolle noch zugänglich gewesen, inzwischen seien sie entfernt worden (…) [8. September 2011]

Zudem wurden im Zusammenhang besagter Ermittlungen “Telefonüberwachungen (TÜ) mit Aussagen eines V-Mannes genehmigt. Seine Angaben wurden aber nie überprüft, später verlor er seinen V-Mann-Status. Trotzdem hörte die Polizei mit“, so berichtet jedenfalls die Dresdner Morgenpost.

Herr Lames – aus welchen Grauzonen lassen Sie sich denn eigentlich vorlesen; etwa zufällig aus “entfernten“ Akten oder noch zufälliger aus pi-pa-po weniger als mehr irregulär abgehörten Telefonaten? Ist da etwa jemand als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet? Fragen über Fragen …

[Dieser Artikel wurde am 7. Januar 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden in Dortmund: Fans, Medien und der Mainstream

Während am Wochenende, wenige Tage nach den Begegnungen in der 2. Runde im diessaisonalen DFB-Pokal, in den Ligen wieder um Punkte gespielt wurde – “Ein Feiertag für Fußball-Dresden“ (Morgenpost am Sonntag) – nachwehten Betrachtungen besonders um die Pokal-Partie zwischen Borussia Dortmund und Dynamo Dresden nach wie vor durch die verschiedensten Informationskanäle.

Ersten Medienartikeln zum Dortmunder Pokal-Abend folgte im Nachgang dann viel und noch mehr allseitig zu lesendes in Print- und Online-Zeitungen, Blogs sowie Fan-Foren. Zwischenzeitlich wurden eine Stellungnahme der Fangemeinschaft Dynamo (27. Oktober) und ein ’Rückblick’ seitens Ultras Dynamo (28. Oktober) veröffentlicht.

Gleichfalls abseitig des Medien-Mainstreams gab es verschiedenste Verlautbarungen und Betrachtungen der Szenerie, aus denen exemplarisch einige, wie auch immer, herausragten.

Besonders der zuletzt angeführte Beitrag von publikative.org hat nachfolgend eine durchaus breite Kontroverse ausgelöst. “(…) Die Publikative versucht daher noch einmal, die unterschiedlichen Diskussionsstränge zu entwirren. Einerseits, weil wir das Gefühl haben, dass Teile der ursprünglichen Argumentation entweder nicht verstanden oder absichtlich ignoriert wurden, andererseits weil unsere Kritik an einer bestimmten Art von Journalismus täglich aufs Neue bestätigt wird (…)“ –

(…) Und wir sympathisieren keinesfalls mit den Tätern im Dresdner Anhang. Aber das ist schlicht und ergreifend nicht das Ende der Geschichte. Viele weitere Fragen schließen sich an: War das Sicherheitskonzept ausreichend für ca. 13.000 Gästefans? Hätte die Polizei den abgesprochenen (und auf ihren Wunsch hin umverlegten) “Marsch“ der Dresdener besser absichern müssen? Ging das in Dortmund verfolgte Konzept, keine Fantrennung durchführen zu wollen, möglicherweise nicht auf? Wie kann es sein, dass einerseits Bürgerkriegsszenarien heraufbeschworen werden, andererseits aber die polizeilich und (sport-)politisch Verantwortlichen sich (zumindest im ZDF) nicht einer kritischen Nachfrage stellen müssen? Weil man zwar Demonstrationen von 100.000 Castor-Gegnern einigermaßen polizeilich und medial begleiten kann, aber keine 13.000 Dresdner Fans? (…)

(…) Wer ausschließlich Vereinspräsidenten, Sportfunktionäre, Polizeisprecher und Sicherheitspolitiker zu Wort kommen lässt, hat die andere Seite schlichtweg nicht gehört. Wer darüber hinaus die ohnehin schon dominanten Stimmen der genannten Autoritäten in einem medialen Diskurs auch noch verstärkt, leiht seine Stimme daher auch nicht denjenigen, die keine haben, sondern denjenigen, die ohnehin schon in gesellschaftlichen Machtpositionen mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet sind (…)

(…) Auch, dass es bei den Zweitliga-Ostderbys zwischen Dresden, Rostock und Cottbus zu Beginn der Saison mehr oder weniger ruhig blieb, wird weitgehend ausgeblendet. Stattdessen werden schamlos alle verfügbaren Klischees bedient, um damit die Forderung nach Zero Tolerance und harten Strafen zu verbinden – und zwar bitte ohne großes soziologisches oder sonst wie analytisches Gequatsche. Knüppel aus dem Sack und gut. Wie sehr diese Rhetorik der Logik des unverbesserlichsten Teils der Fanszenen in die Hände spielt, lässt sich kaum überschätzen. Die radikalsten Teile der Ultras werden in ihrem “Wir gegen alle – keine Kompromisse“-Weltbild so massiv bestätigt, wie es eben gerade geht. In der pauschalen Zuschreibung von “Gewalt“ an bestimmte Gruppen oder Fanszenen besteht die größte Gefahr einer Eskalation eben dieser (…)

(…) Mit anderen Worten: Wer “große Teile“ der Dresdner Fanszene zu vorerst nicht mehr resozialisierbaren Gewalttätern erklärt, treibt die gemäßigten Teils der Fans in die Arme der gewaltbereiten. Warum sollten sich erstere weiterhin in Dialoge und Initiativen einbringen, wenn sie hinterher doch nur medial verteufelt und polizeilich behandelt werden? (…) [Etwas Besseres als diesen Journalismus – publikative.org, 30. Oktober 2011]

“(…) was passierte wirklich in Dortmund (…)“, lässt unterdessen die sonntägliche Dresdner Morgenpost durch Dirk Löpelt nunmehr ansatzweise nachfragen. Also mittlerweile wirklich plötzlich Fragen über Fragen, scheinbar? Nun, die Antworten des DFB, der DFL werden – mehr oder weniger plakativ? – folgen …

[Dieser Artikel wurde am 30. Oktober 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dresden: Erneute Attacke gegen Glücksgas-Stadion

Bereits schon in der Nacht zum 24. Juli 2011, unmittelbar vor dem Ost-Derby in der diessaisonalen 2. Bundesliga zwischen der SG Dynamo Dresden und dem FC Hansa Rostock, wurde das Stadion an der Dresdner Lennéstraße zum ersten Mal beschädigt. Wie Stadionmanager Hans-Jörg Otto darstellte, sind damals gegen 1:45 Uhr 10 bis 15 Männer aus den Gebüschen gegenüber des Stadioneinganges gekommen und haben den Schriftzug glücksgas stadion sowie die verglaste Außenfassade mit Teerbeuteln und Steinen beworfen. Dabei gingen mehr als ein Dutzend Fensterscheiben zu Bruch, der Schriftzug am Stadion wurde stark beschädigt und zudem sei weiterhin erheblicher Sachschaden entstanden. Die Polizei nahm die Personalien von acht Verdächtigen wegen des Verdachtes hinsichtlich Landfriedensbruchs auf.

Der neue Schriftzug am Dresdner Stadion war erst wenige Tage zuvor, nach den Spielen der Fußball-WM der Frauen, an der Fassade angebracht worden. Die Dresdner Polizei ging bei dem damaligen Anschlag davon aus, dass sich die Attacke nicht gegen das Stadion selbst, sondern gegen den Schriftzug glücksgas stadion gerichtet habe. Die Heimspielstätte der Dresdner Dynamos hieß als solche bis 2010 Rudolf-Harbig-Stadion.

Wie die Polizeidirektion Dresden aktuell mitteilt, haben Unbekannte am Abend des 13. Oktober 2011 nunmehr das Dresdner Stadion erneut beschädigt. Festgestellt wurde “schwarze Farbe an dem Schriftzug und der Glasfassade“. Zudem seien bei dem zielgerichteten Bewerfen des Schriftzuges ein vor dem Stadion stehender Pkw Daihatsu und ein Pkw Audi mit Farbe beschädigt worden. Zur Höhe des Sachschadens gibt es derzeit noch keine Angaben.

[Dieser Artikel wurde am 14. Oktober 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dresden: Den Wessi-Ultras aufs Maul

Nach quasi einer Erwärmungsphase in der 2. Bundesliga scheint es in einigen Gebieten des Einzugsbereiches dieser Liga langsam beginnend mehr und mehr zu grummeln, sagen des aufmerksamen Beobachters Rundblick nach hier und da sowie ebenso sein Bauchgefühl. Dabei fokussiert sich das Augenmerk nunmehr aktuell eher auf den südlichen Teil des Osten an die Elbe in das Umfeld der SG Dynamo Dresden (“Hohes Potential an fanatischen Kaffeesachsen“) und nicht – wie auch öfters plakativ seitens der Medien – Richtung Ostseeküste zum zweiten Liga-Aufsteiger FC Hansa Rostock (“Die Fans gelten als die wildesten im Osten“; Frank Willmann in ZONENFUSSBALL). Die oft kolportierten Vorgeschichten sind hinlänglich bekannt.

Beim jüngsten Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt glänzten die Dresdner Ultras mit der durchaus grandiosen Präsentation eines spektakulär großen Banners im K-Block des Rudolf-Harbig-Stadions. Einige Zeit vor Abpfiff der 1:4-Partie wurden im besagten Block dann nach und nach fast alle Zaunfahnen abgehangen. Dafür erschien dort ein bereits weit vorzeitlich bekanntes Banner aus Schals anderer Vereine neu – mittlerweile um einiges erweitert und nunmehr fast über die ganze Block-Länge reichend: “… Den Wessi-Ultras aufs Maul!“ Der mediale Nachgang rund um diese Begegnung konzentierte sich eher auf andere Dinge. Gab es da etwa irgendwo irgendwie Zusammenhänge, verklausulierte Botschaften?

(…) seit April mischen sich wieder verstärkt gewaltbereite Hooligans unter die Fans von Dynamo Dresden, wie ein szenekundiger Beamter (…) sagte. “Die Szene war jahrelang vom Fußball weg, weil ihre Vertreter 2004 bei einer Auseinandersetzung in Frankfurt/Main erwischt wurden und langjährige Stadionverbote erhielten, die jetzt ausgelaufen sind.“ (…) [dnn-online.de, 6. Oktober 2011]

Unterdessen kursiert nunmehr auf einigen Internet-Plattformen ein nicht eindeutig zuordenbarer Flyer …

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(ultras.ws, 7. Oktober 2011, 13:30)

… inhaltlich wahrlich ein absoluter Testosteron-Knüller, sprachlich mit Trilliarden Orthographie-Fehlern unterirdisch artikuliert, gewissermaßen nach Alfa-Telefon Münster schreiend (“Schreib dich nicht ab. Lern lesen und schreiben!“), und so wohl kaum jemanden bange machend – oder gerade deswegen?

[Dieser Artikel wurde am 7. Oktober 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]