Archiv der Kategorie: PoliticalScene

Niedersachsen: Alle Jahre wieder

Eschede. Seit mehr als 20 Jahren zelebrieren Rechtsextremisten in der Lüneburger Heide, allerdings zunehmend weniger unbehelligt, ihre Sonnenwendfeiern. Bei der letzten dieses Jahres registrierte die Polizei Teilnehmer aus der rechtsextremistischen Szene mehrerer Bundesländer.

So kamen nach Angaben der Polizeiinspektion Celle bis in die Morgenstunden des vierten Advents auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in Eschede 160 Personen der rechtsextremen Kameradschaftsszene aus dem gesamten norddeutschen Raum, angrenzenden Bundesländern und aus Bayern zusammen.

Wie schon bei einer Sommersonnenwendfeier im Juni und einer Erntedankfeier im September stellte auch an diesem letzten Adventswochenende des Jahres “ein ortsansässiger Landwirt, der seit Jahren Kontakte zur rechtsextremen Szene unterhält und bei den kommenden Landtagswahlen in Niedersachsen für die NPD kandidiert“ (Polizei Celle), sein Anwesen für die als Wintersonnenwendfeier bemäntelte braune Szene-Veranstaltung zur Verfügung. Bei besagtem Landwirt handelt es sich um Joachim Nahtz, so die Cellesche Zeitung, bei dem sich “seit mehr als 20 Jahren Rechtsextremisten zu Sonnenwendfeiern treffen“. Auf seinem Hof hatte sich im Frühjahr die “Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) zu einem Pfingstlager getroffen, wobei es nach Aussagen eines Polizeibeamten “auch militärisch“ zuging.

Unter den an diesem Wochenende nach Eschede angereisten Rechtsextremisten wurden mit Dennis Bührig und Klaus Hellmund auch die beiden NPD-Landtagskandidaten der Wahlkreise Celle und Bergen gesichtet. Nahtz selbst kandidiert für die am 27. Januar 2008 in Niedersachsen stattfindende Landtagswahl als NPD-Vertreter im Wahlkreis Uelzen.

Der am Nachmittag des 22. Dezember direkt vor dem Veranstaltungsgelände hauptsächlich vom “Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ getragene Protest von zirka 15 Antifaschisten gegen die braune Sonnenwendfeier sei vom dort zuständigen Einsatzleiter der Polizei als “unerlaubte Demonstration“ bezeichnet worden (Cellesche Zeitung). Wie die Polizeiinspektion Celle am 23. Dezember mitteilte, wurde “ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gegen den Leiter der Kundgebung eingeleitet“. Darüber hinaus bilanzierte die Polizei, “mit Ausnahme der kurzen Kundgebung“ habe “die Wintersonnenwendfeier keinerlei Außenwirkung“ erzielt.

[Dieser Artikel wurde am 25. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Übergriffe in Sachsen-Anhalt und Sachsen

Halberstadt/Dresden. In der Nacht zum 22. Dezember erfolgten in beiden Städten gewalttätige Attacken von augenscheinlichen Rechtsextremisten. Dabei erlitt in Halberstadt eine 19-Jährige schwere Verletzungen, in Dresden wurden zwei 21-jährige gebürtige Sudanesen und ein 20-jähriger Dresdner leicht verletzt.

Die junge Frau war in der Nacht in einem Halberstädter Park einer Gruppe begegnet und von jener als “Zecke“ beschimpft worden. Von einer 21-jährigen Frau sowie zwei 24 und 27 Jahre alten Männern wurde sie mehrfach ins Gesicht geschlagen, getreten und sexuell belästigt. Dadurch erlitt das Opfer schwere Verletzungen und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Die drei – der Polizei bekannten und eindeutig der rechten Szene zuzuordnenden – Tatverdächtigen wurden kurz nach der Tat dingfest gemacht. Laut Agenturberichten hat die 21-jährige noch auf dem Weg zum Polizeirevier den Hitlergruß gezeigt. Gegen die drei Rechtsextremisten wurden Haftbefehle erlassen.

In der gleichen Nacht wurden vor einer Dresdner Diskothek zwei Sudanesen von 10 bis 15 Unbekannten angegriffen. Nach Polizeiangaben beschimpften die Angreifer die beiden jungen Männer wegen ihres Aussehens. Im Weiteren wurde ein zu Hilfe eilender Dresdner ebenfalls attackiert. Die drei Opfer erlitten leichte Verletzungen. Nach ersten Ermittlungen soll es sich bei den Angreifern um Personen handeln, “die auch im Umfeld von Fußballspielen durch Gewalttätigkeiten auffallen“. Das zuständige Staatsschutzdezernat und szenekundige Beamte der Dresdner Kriminalpolizei haben in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung mit fremdenfeindlichem Hintergrund aufgenommen.

[Dieser Artikel wurde am 23. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Treffen des “Sturm 34“ verhindert

Mittweida. Nur mit einem Großaufgebot der Polizei konnte in der westsächsischen Stadt am gestrigen Abend ein größeres Treffen der rechtsextremen Szene unterbunden werden. Mitglieder der verbotenen Neonazi-Kameradschaft “Sturm 34“ wurden in Gewahrsam genommen.

So hatten Polizeikräfte an den Zufahrtstraßen zur Stadt Kontrollpunkte eingerichtet sowie zusätzliche Streifen im Stadtgebiet eingesetzt. Im Laufe des Abends wurden 13 mutmaßliche Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft “Sturm 34“ wegen Verstoßes gegen das Vereinigungsverbot in Gewahrsam genommen. Darüber hinaus erhielten weitere 59 Personen an den Kontrollstellen und in der Stadt Platzverweise. Der “Sturm 34“ war im April vom sächsischen Innenminister verboten worden.

Im Einsatz waren Beamte der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge sowie der Bereitschaftspolizeien Sachsens und des Nachbarlandes Thüringen. Nach einem indymedia-Bericht sind bei der Aktion mindestens zwei Polizeihundertschaften beteiligt gewesen. Abseits der Polizeipräsenz habe es Übergriffe seitens der Rechtsextremisten gegeben, “die gezielt auf der Jagd nach Alternativen und Linken waren“. Das Polizeirevier Mittweida wollte sich gegenüber redok dazu nicht äußern, die Polizeidirektion Chemnitz verwies auf die Berichterstattung des MDR.

Erst am 8. Dezember erfolgte in Mittweida durch rund 150 Rechtsextremisten ein brauner Adventsauftritt. Kurz danach resümierte auch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) eine “neue Qualität bei der Vernetzung rechtsextremistischer Szenen im Freistaat Sachsen“. Laut indymedia waren die Rechtsextremisten gestern Abend koordiniert unter anderem aus Chemnitz sowie den Regionen Döbeln und Zittau nach Mittweida angereist.

[Dieser Artikel wurde am 22. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

“White Power“ gegen einen Dunkelhäutigen

Mannheim. Augenscheinlich drei Rechtsextremisten sollen einen 28-jährigen dunkelhäutigen Mann zunächst verbal und dann körperlich attackiert haben. Die Polizei wurde erst Tage später durch das Opfer selbst informiert.

Wie das Polizeipräsidium Mannheim heute mitteilte, ereignete sich der Vorfall bereits am 14. Dezember gegen 23 Uhr auf dem Neumarkt im Ortsteil Neckarstadt. Dabei habe ein Unbekannter den Geschädigten – wohl auf Grund dessen dunkler Hautfarbe – “zunächst beschimpft und aufgefordert Deutschland zu verlassen“. Danach sei ein Angriff mit einer Bierflasche in Richtung des Kopfes versucht worden, der vom Opfer abgewehrt werden konnte. Während der folgenden Rangelei zwischen den Beiden seien zwei weitere Männer hinzugekommen, die das Opfer mit einer Stange auf den Rücken schlugen. In Folge des Angriffs wären dem 28-jährigen Mann Prellungen an der Wirbelsäule und im Gesicht zugefügt worden.

Wie die Mannheimer Polizei weiterhin verlautbarte, “kamen dem Farbigen unbekannte 4 Männer, vermutlich türkischer Nationalität, zur Hilfe, worauf die 3 Tatverdächtigen flüchteten“. Der mutmaßliche Haupttäter habe schwarze Kleidung und Springerstiefel getragen, auf seinem Shirt sei zudem White Power zu lesen gewesen. Das zuständige Dezernat Staatsschutz der Kriminalpolizei ermittelt.

[Dieser Artikel wurde am 21. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Ich muss an meinem Weltbild arbeiten“

Dresden. Das Landgericht hat einen bekennenden Rechtsextremisten wegen tätlicher Angriffe auf Ausländer und vom Täter als linksgerichtet eingeschätzte Menschen zu drei Jahren Haft verurteilt. Er war in der Straßenbahn von der Videoüberwachung bei seinen Attacken aufgenommen worden.

Der 27-jährige hatte bereits im Dezember 2006 einen 22-Jährigen in einer Straßenbahn mit einem Ziegelstein attackiert und verletzte dabei sein Opfer schwer. “Knapp fünf Monate später schlug er einem anderen Studenten mit der Faust ins Gesicht“, berichtet die Sächsische Zeitung. Den beiden deutschen Studenten seien dabei allein ihre Rastalocken zum Verhängnis geworden.

In einer Julinacht dieses Jahres ging der Schläger – wiederum in einer Straßenbahn – zielstrebig auf einen Inder zu, “beugte sich zu dem Sitzenden hinunter und sagte zu ihm, dass er aussteigen solle. Der Student lehnte das ab. Daraufhin schlug der Mann zu“ (Polizei Dresden) und benutzte dabei mehrfach einen Schlagring. Als “unverständlich“ bezeichnete Thomas Herbst, Dresdens Polizeisprecher, damals den Vorgang schon allein deswegen, weil auf den Videoaufzeichnungen aus der Straßenbahn weitere Fahrgäste zu sehen waren, von denen allerdings niemand einschritt und auch die Polizei nicht informiert wurde.

Der Täter wurde nach der Veröffentlichung der Bilder aus der Straßenbahn-Videoüberwachung dingfest gemacht. Bei einer Wohnungsdurchsuchung seien zudem rechtes Propagandamaterial sowie diverse Schlagwerkzeuge sichergestellt worden.Der nunmehr vor dem Landgericht Dresden wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagte Christian Schrack gehört nach eigenen Angaben der rechtsextremen Szene an und legte zum vorgestrigen Prozessauftakt ein Geständnis ab.

Der Vorsitzende Richter befand in der Verhandlung, dass Schrack “das Opfer allein wegen seiner Hautfarbe angegriffen“ habe. Außerdem sah es das Gericht “als erwiesen an, dass er bereits zuvor zwei deutsche Studenten wegen ihrer langen Haare angegriffen hatte“ (Reuters).

Christian Schrack – der nach eigenen Angaben Kontakte unter anderem auch zur NPD pflegt – wurde heute rechtskräftig zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Dresdner Morgenpost zitiert den Rechtsextremisten, angeblich in Schlussfolgerung einer von ihm praktizierten Denkphase in der Untersuchungshaft: “Prügeln ist keine Lösung … So geht das nicht. Ich muss an meinem Weltbild arbeiten.“ Noch vor Gericht hatte er angegeben, “aus Hass auf Ausländer und Linke“ (Reuters) sowie “aus Fremdenhass und Frust gehandelt zu haben … Aus der rechten Szene aussteigen will er jedoch nicht“ (Sächsische Zeitung).

[Dieser Artikel wurde am 19. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]