Tätlicher Angriff auf tschechischen Journalisten aus NPD-Umfeld?

Dresden. Einer der Angreifer, die am Rand der Auseinandersetzungen um den ausgefallenen “Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten einen Foto-Journalisten brutal attackierten, wird dem engen Umfeld der sächsischen NPD zugerechnet.

Der so genannte “Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten (JN) gilt quasi als Ersatzveranstaltung für das vormalige Deutsche-Stimme-Pressefest. Anfang August 2007 zelebrierte die JN mithilfe ihrer Mutterpartei und diverser rechtsextremistischer Strukturen den ersten – mitnichten nur musikalischen – “Sachsentag“ in der dörflichen Peripherie der sächsischen Landeshauptstadt.

Nachdem der NPD-Jugend für den diesjährigen 21. Juni der “Sachsentag“ im Dresdner Ortsteil Pappritz untersagt worden war und auch anderswo im Stadtgebiet verwehrt blieb, kam es im Laufe des Tages bei so betitelten Spontanaktionen in der Innenstadt durch Rechtsextremisten zu Rangeleien und körperlichen Übergriffen. Unter anderem erlitt dabei ein Angestellter des städtischen Ordnungsamtes Rippenbrüche, als er von Rechtsextremisten niedergeschlagen wurde.

Nachfolgend teilte am 23. Juni die Dresdner Polizei mit, dass im Umfeld der rechtsextremen Randale im Innenstadtgebiet an jenem Samstag “auch ein tschechischer Staatsangehöriger (…) durch einen tätlichen Angriff verletzt“ wurde. Dieser habe die “Teilnehmer des nicht genehmigten Aufzuges fotografiert“. Zwei Deutsche und ein Tscheche hätten den Fotografen daraufhin angegriffen. “Polizisten nahmen die Angreifer in Gewahrsam und stellten deren Identität fest. Gegen die Angreifer wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt“, so die Polizeidirektion Dresden.

Der attackierte Foto-Journalist schilderte kurz danach selbst den Neonazi-Angriff gegen sich sowie weitere Begleitumstände besagten Tages (“Und dann umkreisten sie mich“).

Am 3. Juli erklärte dann die Dresdner Polizei, dass der Staatsschutz bezüglich des Angriffs nunmehr “gegen insgesamt fünf Tatverdächtige“ ermittelt, die “dem journalistisch tätigen 36-Jährigen Prellungen und Abschürfungen zugefügt [hatten], die medizinisch versorgt werden mussten“. Drei der Angreifer – ein 20-jähriger Sachse, ein 18-Jähriger aus Mecklenburg-Vorpommern und ein 27-jähriger tschechischer Staatsangehöriger – hätten bereits am Tatort identifiziert werden können. Die Identität der beiden weiteren Verdächtigen werde “voraussichtlich anhand des vorliegenden Bildmaterials festgestellt werden“, teilte die Pressestelle der Polizei mit.

Bereits am 2. Juli veröffentlichte allerdings das Antifa Recherche Team Dresden (ART) Erkenntnisse, die mindestens einen der Angreifer auf den tschechischen Pressefotografen dem unmittelbaren Umfeld des sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten René Despang und des Dresdner Kreisverbandsvorsitzenden der Partei, Jens Baur, zuordnen lassen.

So sei auf einem bei YouTube veröffentlichten Video “deutlich zu erkennen, wie sich die betreffende Person an dem Übergriff auf den schon am Boden liegenden Journalisten beteiligt“ habe. Der besagte Angreifer wäre darüber hinaus bereits “in der Vergangenheit regelmäßig an Aktivitäten der Dresdner Neonaziszene“ sowie der regional verflochtenen rechtsextremistischen Strukturen beteiligt gewesen. Der Video-Clip ist zwar mittlerweile bei YouTube “aufgrund eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen entfernt“ worden, liegt redok allerdings vor.

Wiederholt und nicht erst in jüngster Vergangenheit erfolgte körperliche Angriffe von Rechtsextremisten auf Journalistinnen und Journalisten lassen sich nicht löschen, retuschieren oder gar schön lesen – entsprechende Recherche-Resultate über die rechtsextremistische Szene noch viel weniger.

[Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Rechtsextremisten attackieren erneut Homosexuellen-Parade

Budapest. In der ungarischen Hauptstadt ist es am gestrigen Samstag zu schweren Ausschreitungen rechtsextremistischer Gruppierungen gegen die CSD-Parade-Teilnehmer und die Polizei gekommen. Bereits in der Nacht zum Mittwoch war ein Homosexuellen-Lokal mit Brandbomben angegriffen worden.

Gestern nun wurden Polizeikräfte, die den “Marsch der Würde“ zu schützen versuchten, von Rechtsextremisten unter anderem mit Molotowcocktails beworfen. Ein Polizei-Kleinbus brannte aus, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Die rund 1.500 Umzugsteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden von militant-rechtsextremistischen Gruppierungen zudem mit Steinen, Eiern und Flaschen unter Beschuss genommen. Nach einem indymedia-Bericht wurde darüber hinaus auch ein Polizei-Fahrzeug angegriffen, in dem die europäische Abgeordnete Katalin Levai saß; die Abgeordnete sei bei der Attacke unverletzt geblieben.

Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Angreifer in Schach zu halten beziehungsweise zurück drängen zu können. Nach Angaben der Polizei wurden zehn Menschen verletzt und 45 festgenommen (AFP).

Ein Konzert einer Jazz-Sängerin, das den Budapester Christopher Street Day (CSD) hätte beenden sollen, wurde wegen der Ausschreitungen abgesagt. Das Präsidiumsmitglied des ungarischen liberalen Bundes Freier Demokraten, Gabor Horn, wurde unmittelbar im Anschluss an die Vorfälle nach eigenen Angaben von Neonazis bespuckt, geohrfeigt und mit Bier übergossen (dpa).

Nachdem der CSD in Budapest nunmehr seit zwölf Jahren stattfindet, war es im vorigen Jahr erstmals zu größeren Übergriffen durch Rechtsextremisten gekommen. In der Woche vor der diesjährigen Parade wurden in Budapest zwei Homosexuellen-Lokale mit Brandsätzen attackiert, berichtet die Schweizerische Depechenagentur. Zudem hätten Beiträge in rechtsextremen Internet-Foren zur Gewalt gegen die “widernatürlichen Perversen“ aufgefordert.

Vor einer Woche waren bereits in Brno (Tschechien) und Sofia (Bulgarien) Homosexuellen-Paraden von Rechtsradikalen angegriffen worden. Gegen eine Homosexuellen-Bar in Budapest erfolgte in der Nacht zum Samstag der vorigen Woche ein Angriff mit einem Molotow-Cocktail. Ein weiteres Lokal, die Homosexuellen-Sauna “Magnum“, war in der Nacht zum Mittwoch dieser Woche mit vier Brandbomben attackiert worden, dabei wurde ein Angestellter leicht verletzt, mehrere Möbel verbrannten.

[Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Update: “Sturm 34“-Prozess

Dresden. Bei der heutigen Prozessfortsetzung gegen führende Köpfe der militant-rechtsextremistischen Kameradschaft stellten Vertreter der Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen einen der Schöffen. Nach bisheriger Planung soll der Prozess in der nächsten Woche zu Ende gehen.

Die Verteidigung zitierte gegenüber der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden nach Darstellung der Nachrichtenagentur ddp aus einem medizinischen Gutachten, wonach der besagte Schöffe körperlich nicht in der Lage gewesen sei, dem seit 10. April diesen Jahres laufenden Verfahren länger als täglich zwei Stunden aufmerksam zu folgen. Diese gesundheitliche Beeinträchtigung des Schöffen wiederum hatte während der bisherigen Gerichtsverhandlungen zu lediglich einer – allerdings formal zulässigen – Unterbrechung des Prozesses geführt.

Darüber hinaus saß heute die Freundin des mitangeklagten Matthias R. (Staatsschutz-“Joker“) im Zeugenstand, der seit Juli 2007 eine zweijährige Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verbüßt. Die junge Frau gab an, “dass ein Teil der Angeklagten an mehreren Überfällen teilgenommen habe“ (ddp).

Der Prozess gegen die führenden Kader der Ende April 2007 vom sächsischen Innenminister offiziell verbotenen Kameradschaft – deren Personenzusammenhänge offenbar nichtsdestotrotz quasi als Märtyrer der Bewegung weiter aktiv sind – soll nach den bisherigen Planungen in der nächsten Woche abgeschlossen werden.

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Ergänzung vom 10. Juli 2008:

Wie der Vorsitzende Richter Martin Schultze-Griebler heute gegenüber der Nachrichtenagentur ddp äußerte, wird das Urteil voraussichtlich am 18. August gesprochen.

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[Dieser Artikel wurde – vorerst ohne Ergänzung – ursprünglich am 3. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Razzien wegen des Verdachtes auf Propagandadelikte

Sachsen-Anhalt/Niedersachsen. In Halberstadt und Seesen wurden bei Hausdurchsuchungen offenbar strafrechtlich relevante Materialen der rechtsextremen Szene beschlagnahmt.

So seien bei Razzien von mehreren Wohnungen und Ladengeschäften in beiden Städten diverse verbotene Tonträger, verfassungswidrige Propagandamittel und Kennzeichen wie Hakenkreuze, Hitlerbüsten und SS-Runen sichergestellt worden.

Hintergrund der am gestrigen Dienstag durchgeführten Aktion ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Magdeburg, Zweigstelle Halberstadt, wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, berichtet die Nachrichtenagentur ddp mit Bezug auf die zuständigen Landeskriminalämter. Ermittelt wird gegen eine 47-jährige Frau aus Halberstadt und einen 42-jährigen Mann aus Seesen.

An den gestrigen Durchsuchungsaktionen waren insgesamt 15 Polizeibeamte beteiligt, die bezüglichen Untersuchungen dauern aktuell an.

[Dieser Artikel wurde am 2. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Gay-Paraden attackiert

Tschechien/Bulgarien. In Brno und Sofia wurden am heutigen Samstag Homosexuellen-Paraden von Rechtsradikalen angegriffen.

So berichtet die Nachrichtenagentur CTK von mindestens zwanzig Verletzten während eines Tränengas-Angriffs von augenscheinlichen Rechtsextremisten auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der “Regenbogenparade“ in Brno. Bereits vor Beginn der Veranstaltung seien drei Personen festgenommen worden, als Feuerwerkskörper in die Menge der sich versammelnden Schwulen und Lesben geworfen wurden. Laut einer Meldung des Fernsehsenders CT24 wurden insgesamt sieben Rechtsextreme festgenommen. Die von rechten Gruppierungen, wie der “Nationalen Partei“ und der “Nationalen Wiederauferstehung“, beantragten Veranstaltungen gegen die erste größere Homosexuellen-Parade in Tschechiens Geschichte waren zuvor von den Behörden der Stadt Brno offiziell abgelehnt worden.

Wie das bulgarische Innenministerium mitteilte, nahm die Polizei während der ersten Homosexuellen-Parade in Sofia 60 Skinheads aus dem Umfeld nationalistischer Gruppierungen fest, die versucht hatten die dortige Veranstaltung zu stören. Auch in der bulgarischen Hauptstadt wurden die Schwulen und Lesben von den Rechtsextremisten mit Pyrotechnik beschossen und mit Steinen und Flaschen beworfen. Nach Angaben der Polizei konnte sie ernsthafte Verletzungen verhindern.

Die Gay-Pride-Parade in Warschau verlief nach Medienberichten ohne größere Zwischenfälle. Lediglich zu Beginn des dortigen Umzugs hätten rund hundert Anhänger nationalistisch-radikaler Organisationen, wie der Allpolnischen Jugend und des National-Radikalen Lagers (ONR), versucht die Demonstration zu stören. Die Polizei konnte jedoch eine Konfrontation verhindern.

[Dieser Artikel wurde am 28. Juni 2008 bei redok veröffentlicht.]

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