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MedienScreen # 204 [Dynamo Dresden. Und ein erlebnissportlich orientiertes Eck.]

[Fundstück] Cornelius Pollmer, “TOHUWABOCKWURST“, Stadtluft Dresden (# 3, Print) –

(…) Willkommen am Straßburger Platz, willkommen bei Acki’s, willkommen also an einem jener Orte Dresdens, die Touristen besonders schlecht zu erklären sind. Das Acki’s ist ja nicht nur eine “Sportsbar“, wie es blätternd an einer Fassade steht. Es ist, an den Spieltagen von Dynamo, ein ultimativer Durchlauferhitzer. Eine Tankstelle für alle, die vor oder nach der Schlacht im Stadion “eens naschen“ wollen. Oder zwee. Oder neune.

Von weitem muss das Acki’s auf Touristen wirken, als hätte ausgerechnet in Dresden ein indigener Stamm bis in die Gegenwart überlebt. Wie von der Zeit vergessen liegt die kleine Hütte da, unweit vom Großen Garten und vom Stadion, eingekesselt von der Moderne. Von Gläserner Manufaktur und sprießendem Wohneigentum auf der Cockerwiese. Über dieser Hütte steigt Dunst auf, vielleicht sind es ja auch Rauchzeichen. Könnte ja sein, dass da keine zufälligen Wölkchen über dem Grill stehen, könnte ja sein, dass ich hier Zeuge eines stummen und vorzeitlichen Wechselgesangs werde, mit einem Widerpart irgendwo draußen, außerhalb der Stadt. Dy-na-mo (…)

(…) Billige Beats platzen ins Geschnatter, man hört beim Herumtapern nur Schlagworte: Regensburg. Ausländer. Walpurgis. Stadionverbot. Mingus. Umhau’n. Kunde. Am Grill werden im Sekundentakt Fleischprügel gewendet. Das dicht geknüpfte Netz an Leergutkästen kann den Pfand gerade so aufnehmen. Auch auf den Stehtischen sammeln sich solidarische Verbünde leerer Bierflaschen. Das Regiment Radeberger.

All dies ist getragen von dieser eigentümlichen Vorfreude, die sich vor jedem Spiel aufbaut und die, wie sich herausstellt, nicht nur im Stadion bald nach Anpfiff erstirbt.

Bei Acki’s zu sein, das heißt ja in aller Regel, vor der Bar herumzustehen und dünne zu quatschen (…)

(…) Im Gehen drehe ich mich noch einmal um, ein atmosphärisches Leuchten liegt über dem Stadionkessel, ein kalter Sternennebel (…)

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“’Stadtluft Dresden’ ist eine unabhängige Publikation – frei von PR und Schönfärberei – über die Stadt, über die man sich sowohl im besten als auch im schlechten Sinne immer wieder wundern muss. Gerade im Jahr 2018 hat die sächsische Landeshauptstadt einmal mehr negativ von sich reden lassen. Allerhand mediale Sonderthemen über Dresden (beispielsweise vom ZEIT-Magazin oder vom Magazin der Süddeutschen Zeitung) versuchten in diesem Jahr die Stadt zu erklären. “Stadtluft Dresden“ nähert sich mit journalistischen sowie literarischen Innen- und Außensichten der Frage, weshalb die Stadt mit ihren Widersprüchen so ist wie sie ist.“ [flurfunk-dresden.de, 29. November 2018]

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Riss im SPIEGEL?

Der einen oder dem anderen mag es vielleicht bekannt vorkommen. Erdkundlich betrachtet. Und auch sonst. DER SPIEGEL spiegelt wider. Faktenreich. Mehr oder weniger. Geopolitisch. Städtebaulich. Fußballerisch. Politisch. Irgendwie.

“(…) Eine zierliche, blonde Studentin geht am helllichten Tag in eine Dresdner Plattenbausiedlung, dorthin, wo Dunkeldeutschland vielleicht am dunkelsten ist (…) Sie betritt Acki’s Sportsbar, die wegen rechter Krawalle berüchtigte Kneipe des Fanclubs von Dynamo Dresden. Das Stadion liegt nebenan, Aldi gegenüber, Spielautomaten dudeln, über dem Tresen hängt kalter Rauch (…)“ [DER SPIEGEL, 4. Februar 2017].

Begeben wir uns doch einmal selbst ganz vorsichtig an den Straßburger Platz in der sächsischen Landeshauptstadt. Und schauen. Ringsherum. Aldiplattenbausiedlerischer Anblick. So liest Frau oder Mann jedenfalls.

ackis_google_maps
(Elderly Screenshot by Google Maps? – O.M.)

Und jetzt haben alle Beteiligten noch ’eine Stunde Zeit’ – do you remember the month of may 2014? – um ihr Wissen über die Dresdner Dynamo-Fanszene zu aktualisieren. Update läuft.

Besagte SPIEGEL-Kolumne von Fiona Ehlers in der Rubrik “Eine Meldung und ihre Geschichte“ wurde übrigens mit “Auf die Fakten!“ übertitelt. Quasi Fakten, Fakten, Fakten im Focus. Plaktativ angelesenes Hintergrundwissen, in guter Absicht?  Von damals. Vielleicht.

Aber wabert da nicht kalter Rauch über den Tresen der Geschichte? How ever.

Werte Fiona Ehlers, sollten wir reden? Über innerstädtische Orientierung? Oder über mehr? Irgendwas. Irgendwie. Vielleicht. Irgendwann. An einem hellichten Tag. Eine Stunde Zeit?

Post Scriptum – Wir sehen uns in der angeblichen Plattenbausiedlung am Straßburger Platz? Gegenüber der Gläsernen Manufaktur? Bei Aldi? Oder doch im Ackis? Auf der Cockerwiese vielleicht? Hoffentlich verfehlen wir uns nicht. In Dresden? Ja?

Post Post Scriptum – Als Erkennungszeichen werde ich eine sich hellicht spiegelnde Blume, Insider*innen bekannt als ’Rosa Quasi Factotum’, in einem noch old school gedruckten Dresdner Stadtführer dabei haben. Haben Sie auch so einen Führer*innen-Plan? Ich bin schon aufgeregt, bisschen … Capice?

Mehr als nur Forza-Dynamo in der Fankneipe

Dresden. In “Ackis Sportsbar“ unweit des Rudolf-Harbig-Stadions treffen sich offenbar nicht allein Anhänger des runden Leders regelmäßig.

Die Fankneipe – auch als Ackis Bierstube geläufig – geriet spätestens bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft in den öffentlichen Fokus. Nach dem EM-Halbfinalspiel zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland am 25. Juni attackierten vermummte Angreifer in der Dresdner Neustadt mehrere Döner-Läden und türkische Einrichtungen. Nachdem die Polizei den für sie überraschenden Tat-Hergang rekonstruiert und den Angriff schließlich auch öffentlich als gezielt vorbereitete Aktion eingeschätzt hatte, wurde publik, dass “sich die Täter in einer Kneipe am Straßburger Platz, nahe des Dynamo-Stadions, getroffen“ hätten, um von dort aus ihren Angriff jenseits der Elbe zu starten.

Im Juli erfolgte die erste Festnahme eines Tatverdächtigen, eines durchaus szenebekannten Dynamo-Hools, der “fest in der rechten Szene der Stadt Dresden verankert“ ist und bis dato zudem auch als Angestellter für die Sicherheitsfirma “Ihre Wache“ tätig war. Besagte Firma zeichnet unter anderem für die sicherheitstechnischen Aspekte bei Heimspielen der SG Dynamo Dresden verantwortlich.

“Als Kellner kriegst du nicht mit, wenn plötzlich welche gehen“, so einer der Betreiber der Fankneipe noch am 3. November gegenüber der Sächsischen Zeitung. Ein aktueller Blick auf “Ackis Sportsbar“ wirft allerdings schon die Frage auf, ob es in der Nacht vor einer antifaschistischen Demonstration am 18. Oktober in Dresden nötig schien, das “Ackis“ auch von bekannten Rechtsextremisten “bewachen“ zu lassen. In dieser Nacht hat sich Beobachtungen zufolge – abgesehen von anderen – auch ein Vorstandsmitglied des NPD-Kreisverbandes vor Ort befunden. Am 18. Oktober selbst sind zudem augenscheinlich erneut organisierte Nazis zum vorgeblichen Schutz des “Ackis“ vor Ort gewesen. In Erscheinung getreten ist dabei unter anderen ein bekannter “Nazi aus dem Umfeld des hiesigen NPD-Kreisverbandes“, welcher am 21. Juni diesen Jahres in Dresden an einem brutalen Angriff auf einen tschechischen Journalisten beteiligt gewesen ist.

“Ackis Sportsbar“ – so resümiert aktuell zusammenfassend das Dresdner AntifaRechercheTeam (ART) – ist für denjenigen, der es sehen will, offenbar nicht nur Forza Dynamo, sondern auch ein “Treffpunkt von organisierten Nazis“.

[Dieser Artikel wurde am 8. November 2008 bei redok veröffentlicht.]