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Sie spielen doch nur …

Braunschweig/Volkmarode. Nachspiel zu einem überregionalen Fußball-Turnier rechtsextremer Gruppen: Neonazis und Burschenschafter trafen sich auf dem Bolzplatz, die Polizei weiß von nichts.

Wie die DIE Linke.Braunschweig am 2. April veröffentlichte, hat bereits am 22. März auf dem städtischen Bolzplatz Bärenkamp in Volkmarode ein überregionales “Nazi-Fußballturnier“ stattgefunden. Organisiert worden sei diese Veranstaltung durch die Burschenschaft Thormania aus Braunschweig – bei google-search erstaunlicherweise unter thormania88 (“Im Glauben Unerschütterlich“) gelistet.

Nach Angaben der Burschenschaft selbst haben an diesem Fußball-Turnier (“dem Wetter zum Trotz“) die Autonomen Nationalisten Wunstorf, die Bürgerinitiative für Zivilcourage Wolfsburg, die Autonomen Nationalisten Ostfriesland, die Freien Kräfte Gifhorn sowie die NPD Braunschweig teilgenommen.

Die Polizei wiederum mag im Nachhinein nicht bestätigen wollen, dass dieses Turnier überhaupt stattgefunden hat. “Uns liegen keinerlei Hinweise oder Beschwerden vor. Es gab keinerlei Außenwirkung. Wir haben aus der Pressemeldung der Linken erfahren, dass es so ein Turnier gegeben haben soll“, so ein Polizeisprecher.

Die staatlichen Ordnungsbehörden erklärten darüber hinaus, ohne konkrete Verfehlungen, etwa verbotene Propaganda oder das Tragen verbotener Nazi-Symbole, sei es nicht möglich, “so ein Freizeit-Turnier“ zu unterbinden. Allerdings verlautbarte ein kommunaler Sprecher: “Das Turnier bedeutet sicher auch einen Imageschaden für die Stadt“.

Nun muss also nur noch die Kommune der Polizeibehörde erklären, dass das Turnier wirklich stattgefunden hat. Es wäre nicht das erste Mal, dass Fußball-Nazis neu entdeckt würden. Ein in der Braunschweiger Zeitung zitierter Szenekundiger Beamter (SKB) jedenfalls scheint sich da ja immerhin ziemlich sicher zu sein: “Die rechte Szene in Braunschweig ist überschaubar. Wir haben sie im Griff“.

[Dieser Artikel wurde am 5. April 2009 bei redok veröffentlicht.]

Realitätsverlust bei der Jungen Union

Rostock/Bad Doberan. Die CDU-Jugendorganisation wirft der Internetplattform endstation-rechts.de “eine beschämende Verknüpfung von Fußball und Rechtsextremismus“ vor.

Bei endstation-rechts.de bestehe offensichtlich ein “Mangel an Informationen“, zudem sei der objektive journalistische Anspruch parteipolitischen Zielen gewichen, erklärte am heutigen Tag der Rostocker Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU), Mathias Kühl. So würden “besonders die Rostocker Fußballfans und unser hiesiger Verein F.C. Hansa Rostock unter der irreführenden Berichterstattung“ leiden.

Beispielsweise wären “Vorkommnisse“ bei der Zweitliga-Begegnung FC Hansa Rostock gegen FC St. Pauli am Abend des 26. September 2008 durch endstation-rechts.de einseitig und ohne Not mit dem Deckmantel des Rassismus und des Rechtsextremismus verhüllt und darüber hinaus der Rostocker Fanszene verstärkt rechtsextremes Gedankengut unterstellt worden, attestierte Marco Krüger als stellvertretender Landesvorsitzender der JU Mecklenburg-Vorpommern.

Gleichzeitig warnte die JU Rostock (“Damit Du informiert bist“) gemeinsam mit der JU Bad Doberan jetzt vor einem “üblen Imageschaden“ für den Fußball, die Stadt und das ganze Land, “wenn weiterhin eine Phantomjagd nach Rechtsradikalen“ stattfinden würde. MVregio.de übernahm die JU-Erklärung lediglich gänzlich unkommentiert im Original. Nur wenige Wochen nach den Rostocker Ausschreitungen (FC Hansa Nazi?) eine nicht wenig bezeichnende Artikulation der JU aus dem Nordosten der Bundesrepublik.

“Es ist nichts ungewöhnliches, dass Neonazis beim Fußball auftauchen, das ist nicht schön, kommt aber des Öfteren vor“, so der Journalist Patrick Gensing in einer Nachbetrachtung zu besagten Rostocker Ausschreitungen – mitnichten alle Hansa-Fans als Nazis bezeichnend. Allerdings stellt er fest: “Das Erschreckende in Rostock ist das (Nicht-)Verhalten der Masse der Zuschauer gegenüber Nazis und Schlägern, nicht einmal gab es Unmutsbekundungen über die aggressiven Pöbeleien“. Gensing sah darin durchaus Zeichen einer “volksgemeinschaftlichen Abwehrreaktion“, noch dazu im augenscheinlich praktizierten Verbund mit agierenden “rechten Hools [als] die Speerspitze und Vollstrecker des Hansa-Willens“. Botschaften, die der FC Hansa Rostock so wohl nicht sehr gerne lesen dürfte, resümierte damals telepolis.de – und die Junge Union?

[Dieser Artikel wurde am 12. Januar 2009 bei redok veröffentlicht.]

Fußball-Nazis – neu entdeckt

Thüringen. Nicht erst seit gestern buhlen ausgewiesene Rechtsextremisten, ob in West oder Ost, um die Sympathie von Teilen der Fanszene im Umfeld von Fußballvereinen – ein exemplarischer Blick nach Hildburghausen offenbart einiges.

Oft und immer wieder wird aus dem thüringischen Schleusingen die Begebenheit kolportiert, als sich vor einiger Zeit der dortige Bürgermeister, Klaus Brodtführer (CDU), im falschen Film wähnte: Eines Tages stand in seinem Büro ein damals noch minderjähriger Neonazi und teilte ihm mit, er werde ihn in naher Zukunft aus dem bürgermeisterlichen Rathaussessel verdrängen. Der Bürgermeister hielt diese Ansage für naiv, woraufhin der auftretende NPD-Nachwuchskader Tommy Frenck ankündigte, schon bald wolle er in die Freiwillige Feuerwehr des Ortes eintreten und seine Gefolgsleute in den städtischen Sportvereinen wirksam werden lassen. Frencks Eintritt in die Feuerwehr konnte verhindert werden, weil alle anderen Mitglieder für diesen Fall ihren Austritt ankündigten. Im städtischen Sportverein “seien die Neonazis so isoliert gewesen, dass sie schnell das Weite gesucht hätten“ (ddp, 21. Januar 2008).

Im Thüringer Innenministerium gibt es keine statistischen Erkenntnisse zur Unterwanderung von Organisationen. Wenn Rechtsextreme sich in Vereinen engagierten, sei das zwar ärgerlich, aber noch keine Straftat, und tauche deshalb nicht in der Kriminalstatistik auf (ddp, 21. Januar 2008).

Anfang September 2007 berichtete eine sich selbst so bezeichnende Antifaschistische Gruppe Südthüringen zu Hildburghausen und “Sport und Spaß ganz Rechts“. Zuvor bilanzierte Der Rechte Rand, dass Thüringer Neonazis den Sport als Einfallstor zur Verbreitung ihrer Ideologie zu nutzen versuchen.

Bereits Ende August 2007 publizierte sport inside vom Westdeutschen Rundfunk (WDR): Die rechtsextreme Partei [NPD] nutze den Massensport für ihre ideologischen Zwecke. “Sie [die NPD] hat [allerdings] erkannt, ’dass die Bundesliga kein Feld für ihre politische Agitation ist’. ’Was sollen wir auf Schalke? Bei deren Fanarbeit bekommen wir ohnehin kein Bein auf den Boden’, sagt Klaus Beier (…). Dennoch will sie [die NPD] den Fußball – die liebste Freizeitbeschäftigung der Deutschen – nutzen, um in die ’Mitte der Gesellschaft’ einzusickern.“ Das funktioniere vor allem in Ostdeutschland, bei kleineren Clubs und im Amateurfußball, so die damalige WDR-Dokumentation.

Pseudoaktuell bemüht sich nunmehr der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) – “Die Sportsendung des MDR macht auch vor brisanten Themen nicht halt“ – darüber zu berichten, dass “Rechtsextremisten ein Hintertürchen gefunden [haben], um unter dem Deckmäntelchen eines Vereins aktiv in den Sport eingreifen zu können“. Durchaus zweifelhaften Ruhm hat der MDR übrigens in der näheren Vergangenheit beispielsweise durch undifferenzierte Berichte über angebliche Pistolenschüsse sowie ebenso herbei zitierte körperliche Übergriffe gegen Vereinsspieler auf dem Gelände der SG Dynamo Dresden erlangt. Auch die antisemitisch ausufernde Plakatierung von so genannten Fußball-Fans im Vorfeld eines Spieles in der Sachsenliga Ende Oktober 2007 schien dazumal – allerdings nicht nur – am MDR vorbei gegangen zu sein.

Frenck übrigens ist in das nahe gelegene thüringische Hildburghausen verzogen und hat dort mittlerweile schon vor einiger Zeit den so betitelten Fußballverein SV Germania Hildburghausen gegründet; zudem agiert er als Kreisvorsitzender und Verantwortlicher der Internetpräsenz des örtlichen NPD-Kreisverbandes. “Manche Neonazis ’spielen einfach nur gerne Fußball’“ (Frankfurter Rundschau).

Der MDR lässt derweilen Tommy Frenck unkommentiert verlautbaren: “Der Verein wird weiter wachsen – wir beabsichtigen auch Volleyball und Handball zu spielen“.

[Dieser Artikel wurde am 6. März 2008 bei redok veröffentlicht.]