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Hooligans Elbflorenz – eine sommerliche Episode

’Kommt eine Kronzeugin geflogen’ – hätte vielleicht vorab zwitschernd leise summend kolportiert werden können – ’flattert zum Gerichtsfenster herein, hat einen Zettel im Schnabel, könnte irgendwie eine Brieftaube sein’. Manchmal geht einem so ein leicht abgwandeltes Kinderliedchen nicht mehr aus dem Sinn …

Jedenfalls glich “im Mammutprozess gegen die mutmaßlichen Hooligans Elbflorenz“ das Landgericht Dresden am 31. Juli wohl eher einem Hochsicherheitsgebiet, als einem beschaulichen Plätzchen in der sächsischen Landeshauptstadt.

So rückte “das LKA im Großaufgebot an: Beamte im Kampfanzug hockten vor, Personenschützer im Saal. Draußen patroullierten Zivilbeamte, parkten drei T4. Ein Gang im Gericht wurde verdunkelt und abgesperrt. Sogar ein Sprengstoffhund schnüffelte vor der Verhandlung durch den Saal (…) der Vorsitzende Richter [Peter Lames] sorgte dann auch per Verfügung dafür, dass (…) auf keinen Fall fotografiert würde. Handys mussten in den Taschen bleiben. Einzig die Juristen durften Laptops nutzen“, berichtete die Dresdner Morgenpost am Tag danach.

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(Zunehmend verschwimmende Bilder? – Foto: O.M.)

Es darf durchaus gefragt werden: Warum dieser Aufwand? Wegen eines weniger als mehr anonymen Brieftäubchens, von der MoPo berichterstattend ’Vertrauensperson’ geheißen? Nach interner Mitteilung des LKA im Vorabbereich des Verhandlungstages habe “im Fall der Entdeckung der Zeugin, Gefahren für Leib und Leben“ bestanden.

Etwas aberwitzig offenbarte sich dann allerdings, dass besagte ’Vertrauensperson’ wohl frank und frei “im Netzwerk ’Facebook’ präsent ist – mit Foto“, sich aber “ausgerechnet von einem anderen V-Mann bedroht“ fühle (“Das LKA blieb zum Schutz für die Zeugin trotzdem“). Nach Bekanntwerden der Facebook-Präsenz der so genannten Kronzeugin unterbrach Peter Lames “erst die Sitzung, hob dann seine Verfügung auf“. Die ’Vertauensperson’ erkannte die im Prozess Angeklagten “übrigens nicht wieder“ (MoPo).

[Dieser Artikel wurde am 3. August 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Wabernder Frühlingsnebel

Weniger oder mehr in Vergessenheit geraten stehen bekanntlich seit nunmehr August 2011 in Dresden nach wie vor fünf Männer vor Gericht, unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung – der Hooligans Elbflorenz.

Mehr als zwei Monate nach zuletzt registrierten Verlautbarungen der regionalen Dresdner Medien, welche zuvorderst Interesse an der Berichterstattung zu diesem – allerdings auch bundesweit beachteten – Präzedenzfall schon aus Aktualitätsgründen haben, zwischenresümierte nun die Dresdner Morgenpost am 16. März: “Muster-Prozess droht Musterpleite“.

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(“… Der K-Block steht hinter euch!!“ – *Foto: O.M.)

Dem MoPo-Bericht zufolge sagten kürzlich Stuttgarter Zeugen in Dresden vor Gericht aus – “Männer, die in gleicher Sache freigesprochen wurden, weil die dortigen Richter weder strafbare Handlungen noch kriminelle Vereinigungen erkannten“. “Uns sagte ein szenekundiger Beamter im Stadion: ’Schlagt Euch auf der grünen Wiese. Da interessiert es keinen’. Das haben wir gemacht“, wird einer der Zeugen zitiert.

“Demnach herrschten bei den ’Matches’ Regeln des Fightclubs: Um Verletzungen vorzubeugen, finden derlei Keilereien nur auf Wiesen und Waldwegen statt. Die Truppstärke muss gleich sein. Leichtes Schuhwerk ist Pflicht. Gekämpft wird Mann gegen Mann. Liegt der Gegner am Boden, ist Schluss. Hernach reicht man sich die Hände. Filmer und Schiedsrichter dokumentieren und ahnden Verstöße. So wurden schon Schläger ausgeschlossen, die zu brutal austeilten“ (MoPo Dresden).

Zu der sächsisch selbsterkorenen Titulierung als Hooligans Elbflorenz zitiert die MoPo einen Zeugen aus dem Raum Stuttgart: “Die hatten keinen Namen. Bei uns im Westen hießen sie ’Ackertruppe’. Sie waren beliebte Gegner, weil sie gute Kämpfer hatten“. Und – “Ein Großteil unserer Leute sind Ausländer. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir gegen die Dresdner gekämpft hätten, wenn da auch nur ein Nazi dabei gewesen wäre?“

Wie weiter berichtet wird, haben die Verteidiger der angeklagten “Hools & the Gang“ (MoPo) nach der zugänglichen Aktenlage des laufenden Verfahrens zwischenzeitlich bislang vier – wie auch immer agierende – V-Männer erkennen können. “Das bedarf einer Klärung“, so einer der Anwälte.

“Ist da etwa jemand als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet?“, fragte Ostfussball.com schon bereits kurz nach dem Helau in das 2012’er Jahr. Der besagte Prozess am Landgericht Dresden ist mittlerweile vorerst aktuell bis Ende Mai terminiert.

[*Foto: Rudolf-Harbig-Stadion, SG Dynamo Dresden vs. SK Rapid Wien, Testspiel, 23. Januar 2010]

[Dieser Artikel wurde am 19. März 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Winternebel oder Frühlingsklarheit?

Es ist merklich ruhig geworden um den Prozess gegen die Hooligans Elbflorenz, fast schon auffällig still. Die anfänglich durchaus höheren Wellen der Berichterstattung plätschern mittlerweile eher nur noch flach vor sich hin, medial aktuell kaum noch wahrnehmbar.

(…) Fünf Männer stehen seit Mittwoch [24. August] unter anderem wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor dem Gericht. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo Dresden verantwortlich sein. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, die “Hooligans Elbflorenz“ gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo verantwortlich sein (…) Für den Mammut-Prozess sind 30 Verhandlungstage angesetzt (…) Nach Aussage der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den “Hooligans Elbflorenz“ um eine straff und regelrecht militärisch durchorganisierte Gruppierung. Ihr Ziel sei es, gemeinsam schwere Straftaten zu begehen, die sich nicht mehr nur auf das Umfeld von Fußballspielen konzentrieren (…) [25. August 2011]

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In Folge des bisherigen Gerichtsverfahrens wurden der Playboy und die Sittlichkeit als solche bemüht, die gerichtliche Rechtsauslegung hin und her gewendet, Feldforschungen vor Gericht betrieben und die Zeitläufe der Geschehnisse mehr oder weniger wissend erörtert.

Nicht viel Neues verkündete indes der in diesem Verfahren beim Landgericht Dresden zuständige Richter Peter Lames pseudo-aktuell offiziell zum Jahreswechsel: “Da liegt viel in einer Grauzone. Das wollen wir versuchen zu erhellen“.

(…) Bisher wurden Zeugen vernommen, Videos der Schlägereien angesehen, Kampfsportsachverständige gehört. Lames ließ sämtliche Akten der insgesamt 49 Beschuldigten des Komplexes “Hooligans Elbflorenz“ vorlesen, um sich ein Bild zu machen. Auf manchen Blättern tauchte plötzlich der Vermerk “Nicht für die Gerichtsakte bestimmt“ auf (…) [Dresdner Morgenpost, 2. Januar 2012]

Wie war das doch gleich noch mal …

(…) Zahlreiche Telefonate wurden über einen Zeitraum von wahrscheinlich mehr als zwölf Monaten abgehört, mindestens ein verdeckter Ermittler wurde eingeschleust, es wurden Observationen durchgeführt und Hausdurchsuchungen vorgenommen. Dass man in Sachsen manchmal zu einer speziellen Rechtsauslegung neigt, ist nicht neu (…) So wurden im Ermittlungsverfahren nach Angabe des Rechtsanwaltes Rolf Franek die Gespräche zwischen Verteidigung und Mandanten vom LKA abgehört und protokolliert. Bei der ersten Akteneinsicht seien diese Protokolle noch zugänglich gewesen, inzwischen seien sie entfernt worden (…) [8. September 2011]

Zudem wurden im Zusammenhang besagter Ermittlungen “Telefonüberwachungen (TÜ) mit Aussagen eines V-Mannes genehmigt. Seine Angaben wurden aber nie überprüft, später verlor er seinen V-Mann-Status. Trotzdem hörte die Polizei mit“, so berichtet jedenfalls die Dresdner Morgenpost.

Herr Lames – aus welchen Grauzonen lassen Sie sich denn eigentlich vorlesen; etwa zufällig aus “entfernten“ Akten oder noch zufälliger aus pi-pa-po weniger als mehr irregulär abgehörten Telefonaten? Ist da etwa jemand als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet? Fragen über Fragen …

[Dieser Artikel wurde am 7. Januar 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 14 [Hooligans Elbflorenz, Zeitläufe, Gerichtsrauch]

(…) Schon seit August stehen fünf Männer im Alter von 19 bis 35 Jahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung am Landgericht Dresden – die mutmaßliche Führungsriege der “Hooligans Elbflorenz“. Doch inhaltlich ist die Staatsschutzkammer in der Beweisaufnahme noch nicht weit vorangekommen. Gestern [4. Oktober] flimmerten wieder Videobilder einer Schlägerei bei Obersuhl in Hessen, bei der ein Hooligan der “Brigade Nassau 96“ aus Frankfurt/Main schwerst verletzt wurde. Heraus kam bislang nur, dass Sachverständige zu allen Videos demnächst angehört werden sollen.

Noch immer streiten sich die bis zu zehn Verteidiger mit dem Staatsanwalt, ergreifen jeden Anlass, das Gericht mit Befangenheits-, Aussetzungs- oder Unterbrechungsanträgen zu beschäftigen. Ihre Argumentation ist: Einvernehmliche Schlägereien sind nicht strafbar.

Der Vorsitzende Richter Peter Lames sieht das anders und reagiert in der ihm eigenen Weise (…) erst vergangene Woche gab er den Hinweis, dass die “Hooligans Elbflorenz“ nicht erst vor den Dönerüberfällen in der Neustadt – nach dem EM-Halbfinale Deutschland gegen Türkei im Juni 2008 – sondern im Jahr zuvor in Erscheinung traten. Ein szenekundiger Polizist berichtete von einem “Testmatch“ der Dresdner Hooligans im Juli 2007.

“Die Tendenz ist erkennbar, dass der Tatzeitraum so erweitert werden soll“, vermutete ein Verteidiger. So könnte auch die größte Dresdner Randale der letzen Jahre ins Visier der Richter rücken: Am 28. Oktober 2007 hatten Hunderte Gewalttäter nach einem Dynamo-Spiel gegen Lok Leipzig [*] in der St.-Petersburger-Straße gewütet und Polizisten angegriffen. Zu klären ist nun wohl, welche Rolle die Angeklagten bei diesen schweren Landfriedensbrüchen gespielt haben (…)

[Quelle – “Viel Rauch um nichts bislang im Hooligan-Prozess“, sz-online.de, 5. Oktober 2011]

[*] SG Dynamo Dresden (A) vs. 1. FC Lok Leipzig – Die “Freiheit” der 5. Liga (30. Oktober 2007)

[Dieser Beitrag wurde am 5. Oktober 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 13 [Hooligans aus Elbflorenz, Feldforschung vor Gericht]

(…) Deutschland hat am 3. Juni das Qualifikationsspiel für die Fußball-Europameisterschaft in Wien gegen Österreich mit 2:1 gewonnen. Am Rande des Spieles gab es einen weiteren Sieg: Deutsche Hooligans schlugen im wahrsten Sinne des Wortes Gleichgesinnte aus Österreich im Vergnügungspark “Prater“. Rund 60 junge Männer von jeder Nation prügelten aufeinander ein.

“Erst standen sie sich gegenüber und machten sich mit Dehnübungen warm. Dann sind die Fäuste geflogen. Das Ganze dauerte zwei bis drei Minuten. Danach sind alle in Windeseile verschwunden“, erklärte (…) ein Polizist aus Nürnberg als Zeuge im Landgericht Dresden. Der Beamte ist einer von 14 Polizisten in der deutschen Delegation, die die Spiele der Nationalmannschaft begleiten. Den Spuk verhindern konnte er nicht. “Die uniformierten österreichischen Polizeikräfte waren mit rund 500 deutschen Hooligans in der Innenstadt beschäftigt.“ (…)

Ob Hooligans aus Dresden in Wien mitgemischt haben, ist nicht bekannt. Bei den schweren Krawallen am Rande des Länderspiels gegen die Slowakei am 1. September 2005 in Bratislava waren aber 30 Dresdner Hooligans mit dabei, sagte ein szenekundiger Polizeibeamter aus Dresden aus. Es sei zu befürchten, dass es bei der Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr in Polen und der Ukraine nicht nur Länderspiele auf dem Rasen gibt. Sondern auch ein Kräftemessen zwischen den Hooligan-Gruppierungen der für die Endrunde qualifizierten Staaten, mutmaßte der Nürnberger Polizist.

Seit Ende August verhandelt die Staatsschutzkammer des Landgerichts (…) gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der Gruppierung “Hooligans Elbflorenz“ wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Gestern verschaffte sich die Kammer einen allgemeinen Überblick über die Hooligan-Szene in Deutschland und Dresden. Nach den Angaben des fränkischen Beamten hat fast jeder Bundesligist einen Hooligan-Trupp, der sich regelmäßig außerhalb des Stadions zu sogenannten Drittort-Auseinandersetzungen mit den Hooligans anderer Vereine trifft (…)

Auch die “Hooligans Elbflorenz“ sollen bei solchen “Matches“ fleißig mitgemischt haben. Rund 75 gewaltbereite Hooligans gibt es im Umfeld von Dynamo Dresden, dazu 450 zur Gewalt neigende Anhänger, die sogenannten “Ultras“. Die meisten “Ultras“ seien politisch dem linken Spektrum zuzuordnen. Eine Untergruppierung namens “Faust des Ostens“ stehe aber dem rechtsextremen Lager nahe, so der Dresdner Beamte.

(…) Der Prozess wird voraussichtlich bis ins Frühjahr 2012 fortgesetzt.

[Quelle – “Dynamo-Hooligans: Problemfall in der Liga und bei Länderspielen“, Dresdner Neueste Nachrichten, 29. September 2011]

[Dieser Beitrag wurde am 29. September 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]