Schlagwort-Archive: Hooligans

Dynamo Dresden und die Fans

Berichten zufolge hat der sächsische Drittligist auf die jüngsten Vorfälle beim Freundschaftsspiel gegen SK Rapid Wien am 23. Januar reagiert und “unter anderem die Freiheiten der Fans eingeschränkt“, so der Mitteldeutsche Rundfunkt (MDR).

Wie die SG Dynamo Dresden (SGD) selbst mitteilte, wurden “folgende Sofortmaßnahmen ergriffen, um künftig das organisierte Umgehen des Verbots von Pyrotechnik und des Zeigens verbotener Banner im Stadion zu verhindern:

  • Die Arbeitskarten von Fanvertretern werden gesperrt und nur in reduzierter Zahl an überprüfte Berechtigte, deren Lichtbilder und Personaldaten dem Verein vorliegen, wieder ausgegeben.
  • Die Jahresarbeitskarten aller Dienstleister und ihrer Mitarbeiter werden ebenfalls gesperrt. Die Neuausgabe erfolgt ausschließlich nach Hinterlegung von Lichtbild und Personaldaten.
  • Personen- und Taschenkontrollen werden in Zukunft auch bei allen Arbeitskarteninhabern (z.B. Catering, Reinigung, usw.) durchgeführt.
  • Die Aufhänghöhe der Zaunfahnen vor dem K-Block wird in der Stadionordnung auf Oberkante der Betonmauer festgeschrieben, der Zaun bleibt für Blicke von außen frei.
  • Es wird nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Stadion ein Vermummungsverbot gilt. Verstöße dagegen werden kompromisslos mit einem Hausverbot und einer Ordnungswidrigkeitsanzeige geahndet.
  • Verbotene Banner werden in der Stadionordnung eindeutig festgeschrieben.
  • Ausgesetzte bundesweite Stadionverbote, die an den Vorfällen beteiligte Personen betreffen, werden wieder eingesetzt und verlängert.
  • Der Ordnungsdienst wird angewiesen, die Kontrollen am Einlass weiter zu intensivieren und jede Person, unabhängig von Alter und Geschlecht, akribisch zu kontrollieren.
  • Die Gespräche mit der Polizeidirektion Dresden werden intensiviert, um einen schnelleren Austausch von Personaldaten und damit ein unmittelbares Aussprechen von Stadionverboten zu erreichen und überführte Täter für den dem Verein entstandenen Schaden haftbar zu machen.
  • Die Polizeidirektion Dresden wird aufgefordert, sich mit der Stadt Dresden und der Stadion-Dresden-Projektgesellschaft auseinanderzusetzen und die Videoüberwachung im Innenraum des Rudolf-Harbig-Stadions auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

Diese Maßnahmen wurden den Vertretern verschiedener Fangruppen in einer gemeinsamen Sitzung (…) mitgeteilt.“

Darüber hinaus teilte die SGD mit, dass bisher sieben an den Vorfällen bei der Begegnung gegen SK Rapid Wien beteiligte Personen identifiziert worden seien, davon drei aus dem Dresdner K-Block sowie vier aus dem Wiener Gästebereich; zudem würden weitere diesbezügliche vereinsinterne Ermittlungen fortgesetzt werden. Wie der MDR berichtet, betonte der Dresdner Drittligist “die Kommunikation mit den Fangruppen weiter fortführen zu wollen“.

Außer einigen Bildern auf diversen Internet-Plattformen scheint es allerdings auch nach wie vor noch “keine offiziellen Stellungnahmen, weder vom Stadionsicherheitsdienst noch der Polizei, zu den Geschehnissen hinter dem K-Block in der Halbzeitpause des Spiels [gegen SK Rapid Wien]“ zu geben.

[Dieser Artikel wurde am 28. Januar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden – Risse im Fan-Vertrauen

Auf die Pyro-Einlagen im Dresdner K-Block beim Freundschaftsspiel am 23. Januar gegen SK Rapid Wien reagierte die Vereinsführung des bundesdeutschen Drittligisten nachfolgend unter anderem mit der Feststellung, man müsse “(…) zur Kenntnis nehmen, dass unsere Dialogbereitschaft und die Appelle an die Fans nicht zum Erfolg führen. Daraus werden wir Konsequenzen ziehen (…)“. Zugleich wurde betont, dass “(…) das wiederholte Ignorieren von Verboten, der Missbrauch von Zugeständnissen, das tätliche Angreifen von Ordnern und Sicherheitskräften, das Sympathisieren mit Kriminellen (…)“ nicht der Verein als solcher selbst sei. Während des Spiels war von Dresdner Anhängern auch ein Zauntransparent mit der Aufschrift “Hooligans Elbflorenz – Der K-Block steht hinter euch!!“ präsentiert worden.

Kaum war der Pyro-Rauch an jenem Samstag im Dresdner Stadion verflogen, attestierte eine auflagenstarke deutschsprachige Boulevard-Tageszeitung, “(…) Dynamos ’Schmusekurs’ mit Fangruppen wie den Ultras ging offensichtlich nach hinten los (…)“, um zugleich zu fordern, dass dahingehend “(…) härtere Bandagen (…)“ nunmehr dringend nötig seien.

Wie aktuell die Sächsische Zeitung berichtet, entziehe nunmehr der Verein offenbar “(…) seinen Fans nach den Ausschreitungen das Vertrauen“. Zitiert wird dahingehend Martin Börner als hauptamtlich amtierender Fan-Beauftragter der SG Dynamo Dresden: “Es sieht so aus, als wäre der Weg der Kommunikation und des Vertrauens gescheitert“. Bislang, so Börner weiter, sei man “(…) davon ausgegangen, dass es sich um Einzeltäter handelt. Gegen Wien war es aber eine größere Gruppe“. Den von der Zeitung unterstellten Verdacht, “dass das Störfeuer von den ’Ultras Dynamo’ ausging“, wollte Börner nicht kommentieren.

Außer einigen unkommentierten bewegten Bildern auf diversen Internet-Plattformen gibt es bislang auch keine offiziellen Stellungnahmen, weder vom Stadionsicherheitsdienst noch der Polizei, zu den Geschehnissen hinter dem K-Block in der Halbzeitpause des Spiels.

Die Vertreter von Fangruppierungen sollen, so jedenfalls Martin Börner, Gelegenheit haben, sich gegenüber der SG Dynamo Dresden zu den Vorfällen am 23. Januar zu äußern. Bis zum 28. Januar, 12 Uhr, muss die Vereinsführung von Dynamo Dresden beim DFB eine schriftliche Erklärung bezüglich der Ereignisse im Rudolf-Harbig-Stadion einreichen.

[Dieser Artikel wurde am 26. Januar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Razzia gegen Hooligans Elbflorenz

Dresden. Unter dem Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung gehen Polizei und Staatsanwaltschaft gegen eine Fangruppierung des Fußball-Drittligisten Dynamo vor. Ausgangspunkt der Ermittlungen waren Angriffe auf Dönerläden in Dresden. Die Ermittler sprechen von einem Mix aus unpolitischen, gewaltbereiten Männern und erklärten Rechtsextremisten.

So durchsuchten im Laufe des 15. Dezember Polizeibeamte insgesamt 58 Objekte – Wohnungen, Geschäftsräume, Fahrzeuge sowie eine Sporthalle – in Dresden, Pirna, Freital und anderen sächsischen Städten. Dabei wurden unter anderem Computer, Handys und Bekleidung konfisziert, vereinzelt seien auch Waffen sichergestellt worden. Medienberichten zu Folge waren an dem Einsatz rund 350 Beamte verschiedener sächsischer Polizeidirektionen, des Landeskriminalamtes Sachsen und der Bereitschaftspolizei beteiligt. Begleitend unterstützt wurde die Maßnahme außerdem von etwa 45 Mitarbeitern der Städte und Gemeinden.

Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen 45 Personen im Alter zwischen 20 und 33 Jahren. Gegen 13 Personen wurde auf Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft Haftbefehl erlassen. Die Beschuldigten sollen der Gruppierung “Hooligans Elbflorenz“ angehören. Wie der Sachsenspiegel des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) berichtete, werde die Auswertungen der sichergestellten Beweismittel einige Zeit in Anspruch nehmen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war offenbar die militante Attacke auf einige Dönerläden in der Dresdner Neustadt unmittelbar im Anschluss an das Europameisterschaft-Halbfinale der bundesdeutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Türkei im Sommer 2008. Gerade erst Ende Juli 2009 erhielten zwei der dahingehend drei Angeklagten einen Freispruch vor dem Dresdner Amtsgericht vom Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs, da es dem Gericht an der zu einer Verurteilung “nötigen Sicherheit“ gefehlt habe. Zuvor war im März 2009 einer der offensichtlichen Drahtzieher besagten Überfalls wegen Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden. Den rassistischen Hintergrund der Tat wollten die Richter bei der Urteilsverkündung allerdings nicht erkannt haben.

Allen Angeklagten wurden damals seitens des AntifaRechercheTeams Dresden (ART) “enge Verbindungen zum Hooligan- und Fanszenesumpf von Dynamo Dresden“ attestiert. War im potentiellen Umfeld des Fußball-Drittligisten, mit zuweilen postulierten Ansprüchen einiger Anhänger, scheinbar nicht erst seit gestern nicht immer alles nur Forza Dynamo?

Der für die aktuellen Ermittlungen zuständige Oberstaatsanwalt Christian Avenarius sagte gegenüber dem MDR, bei den “Hooligans Elbflorenz“ handele es sich um einen “gefährlichen Mix“ aus weitgehend unpolitischen, aber gewaltbereiten und eindeutig rechtsextremistisch gesinnten Personen. Zudem gebe es Hinweise auf “mafiaähnliche Verhaltensweisen“. Der Kriminaldirektor der Dresdner Kriminalpolizei, Thomas Uslaub, betonte, so die Sächsische Zeitung, bezüglich des Gruppenzusammenhangs: “Unpolitische, aber dafür leicht beeinflussbare, gewaltbereite junge Männer ließen sich von erklärten Rechtsextremisten für deren Ziele einspannen“.

[Dieser Artikel wurde am 16. Dezember 2009 bei redok veröffentlicht. Nachpublizierung u.a. bei Publikative.org, 16. Dezember 2009]

“Die Kirche im Dorf lassen“

Nach erneuten Ereignissen um Fußball-Begegnungen wird dem Phänomen Ultras und Gewalt zum Teil wieder nur populistisch begegnet

“Krawalle, Pyro und Ausschreitungen“ (ultrafans.de) prägten am ersten März-Wochenende dieses Jahres mehrere Partien von der Bundesliga bis zur Regionalliga. Die Rauchschwaden sind kaum verzogen, körperliche und materielle Lädierungen noch nicht geheilt sowie sportrechtliche Nachwehen gerade erst angekündigt. Fast umgehend wird allerdings der Fußball-Fan als solcher und – Hooligans gleich mit in den Topf werfend – die Spezies Ultra im besonderen nahezu reflexartig und gleichwohl kaum differenzierend mit teilweise martialisch anmutenden Reaktionen aus gesellschaftlichen Höhenlagen bedacht.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, verlangte, Spiele notfalls ohne Publikum zu veranstalten: “So extrem muss das möglich sein“. Nach Ansicht von Freiberg sei es nur eine Frage der Zeit, dass es beim Fußball Todesopfer geben werde. Gleichzeitig wurde die Forderung nach einem Reiseverbot von so genannten Problem-Fans zu Auswärtsspielen erhoben. Aus den Reihen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) folgte der Vorschlag für die Möglichkeit von Präventivinhaftierungen “für Hooligans“. Rainer Wendt, DPolG-Bundesvorsitzender, erklärte, “notorische Krawallmacher“ ließen sich mit Reiseverboten oder Meldeauflagen kaum von den Stadien fernhalten. “Diese Schwerkriminellen beeindruckt nur, wenn sie die Spieltage hin und wieder in der Zelle verbringen“. Bereits im April 2008 hatte Fan-Forscher Gunter A. Pilz festgestellt: “Für viele Ultras ist ein Gefängnisaufenthalt sogar die bessere Perspektive als das bisherige Leben“.

Der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Helmut Spahn, bezeichnete die GdP-Befürchtung, künftig sei bei Fußball-Ausschreitungen mit Toten zu rechnen, als “völlig unseriös“. Zwar wolle er diesbezüglich “nicht von geistiger Brandstiftung reden, aber es ist nicht weit davon entfernt“.

Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) resümiert aktuell allerdings schon eine “problematische Entwicklung in den Fan-Kulturen“. Erst vor wenigen Tagen dokumentierte der Tagesspiegel die teilweise Entwicklung der bundesdeutschen Ultra-Szene von bedingungslosen Fans ihres Vereins hin zum Gang-Verhalten außerhalb der Stadien. Darin sieht Gunter A. Pilz jetzt seine vor rund drei Jahren aufgestellte These vom “Hooltra“ (Ultras, Hooligans, Hooltras?) bestätigt, nach der er damals prognostizierte, dass in den weitgehend friedlichen Ultra-Gruppen verstärkt gewaltbereite Teilgruppen entstehen würden.

Wie genau sich Gunter A. Pilz in der Ultra-Szene auskennt, verdeutlichte er beispielsweise wenige Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, als er innerhalb nur weniger Interview-Zeilen feststellte: “Die eingefleischten Fans, die Ultras, bekunden kein besonders großes Interesse an der Nationalmannschaft. Für sie sind diese Spiele ein Ausbund des Kommerzes. In Deutschland demonstrierten Ultras vor der WM gegen das Turnier, weil ihre Kreativität und Fankultur keinen Platz hatten (…) In Deutschland ist ein Teil der Ultra-Szene in den letzten Jahren gewalttätig geworden, vor allem in den neuen Bundesländern. Es handelt sich meist um Jugendliche mit wenig Bildung und Perspektiven, die ihre Ohnmacht mit Gewalt kompensieren. Weil diese Ultras politisch Rechtsextreme sind, identifizieren sie sich mit der Nationalmannschaft und provozieren Ausschreitungen (…)“. Und die seit gut einem Vierteljahr sagenumwobene Spezies des Hultra (Ultras? Hooligans? Hultras?) erforscht Gunther A. Pilz scheinbar noch, zudem vermutlich allein im Osten der Bundesrepublik.

Der KOS-Leiter Michael Gabriel sieht durchaus begründet nach den jüngsten Geschehnissen auch die Polizei in der Verantwortung, die ihre Einsatzkonzepte hinterfragen müsse, denn “das Arsenal, das man mal für die Hooligans entwickelt hat, ist Eins-zu-Eins auf die Ultras angewandt worden“. Die hauptsächlichen Ursachen für die vermehrt erscheinende Gewaltakzeptanz unter Ultras liegt für Gabriel in “zu wenig Wertschätzung von Seiten der Vereine“ und im Verhalten der Polizei, “die teilweise zu massiv und unverhältnismäßig gegen die Ultras vorgeht“. Diese Gängelungen hätten letztendlich gewaltbereite Gruppen bei den Ultras, “die mit positiven Absichten in die Stadion gekommen sind und mit Choreographien und anderen Dingen die Stimmung verbessern wollen“, gestärkt.

“Die Zunahme der Gewalt ist eine Art selbsterfüllende Prophezeiung“, bilanzierte Gabriel noch Anfang März. Auch nach den Vorfällen in letzter Zeit ist sich Gabriel sicher, “dass wir diese Phase positiv überstehen“. Gleichfalls seien alle Fans in der Pflicht: “Die Fan-Szenen müssen stärker Verantwortung übernehmen, für das, was in den Kurven passiert. Der große Rest der Kurve muss sich zu Wort melden“.

Man müsse definitiv keine Angst vor einem Gang ins Fußball-Stadion haben, stellte er zudem nach den Geschehnissen des ersten März-Wochenendes klar. “Ich finde, man muss ein bisschen die Kirche im Dorf lassen“, verlangte Michael Gabriel hinsichtlich des Begehrens nach Präventivhaft und Reiseverbot. In der vorjährigen Saison noch scheiterte der Versuch, den gesamten Anhang eines Vereins der damaligen Regionalliga-Nord unter Generalverdacht zu stellen und allen Anhängern den Besuch eines Auswärtsspiels zu verwehren (Der Fußball-Fan als Persona non grata). Aus den momentanen Äußerungen seitens der Gewerkschaften spreche, so der Frankfurter KOS-Leiter, “mindestens Hilflosigkeit“, zudem würden die Vorfälle “politisch instrumentalisiert“. Das in der Bundesrepublik recht stabile Verhältnis zwischen Vereinen, Fangemeinschaften und der Polizei werde durch die Polizeigewerkschaften mit ihren Äußerungen jetzt beiseite gewischt.

In der laufenden Saison ist es schon wiederholt zu Zwischenfällen in den bundesdeutschen Ligen gekommen. Resultierend hat der DFB die Geldstrafen gegen beteiligte Vereine drastisch erhöht und verschärfend auch bereits in mehreren Fällen Begegnungen unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden lassen. Spiele ohne Zuschauer seien für die DFL nur “als äußerste Sanktion“ gegen einen Verein vorstellbar, so Holger Hieronymus, Geschäftsführer Spielbetrieb der Deutschen Fußball Liga (DFL). Allerdings habe nicht der Fußball Hooliganismus und Rechtsextremismus zu verantworten. Den Forderungen der Polizeigewerkschaften widersprechend betonte Hieronymus, dass die Sicherheits- und Fanbeauftragten in ständigem Kontakt mit der Polizei stünden – gleichwohl könne der Fußball nicht die Aufgaben der Polizei übernehmen oder diese gar finanzieren.

Im gerade in letzter Zeit stark frequentierten ultras.ws-Forum wird der zitierte Begriff der Hilflosigkeit allerdings mit Inkompetenz übersetzt, die Beobachtungen zufolge bei “unkoordinierten Polizeieinsätzen in der Vergangenheit bei Fußballveranstaltungen an den Tag gelegt wurde“. In Folge dessen sei “das Verhältnis zum Ultra/Fan in der Kurve auf ein Höchstmaß strapaziert“. Die von den Polizeigewerkschaften geforderten Maßnahmen werden mit “Auch eine Idee, den Hass weiter zu schüren“ kommentiert. Fast schon philosophisch lautet das Online-Fazit: “Nun hat die Krise den Staat auch in seinem eigenen Machtinstrument eingeholt …“.

Der Ball wird weiter rollen und die Wahrheit, jedenfalls nach Otto Rehhagel, auf dem Platz liegen. Die andere Wahrheit sieht allerdings immer stärker anders aus. Das Magazin für Fußball-Kultur 11Freunde bilanzierte in seiner Ausgabe vom Dezember 2008:

“Nun ist es ja so, dass der heutige Profifußball für jeden Fan, ganz egal ob Kuttenträger, Normalo oder Ultra, mitunter nur sehr schwer zu ertragen ist. All die falschen Emotionen auf dem Platz, der Super-Sonntag im DSF … Reinhold Beckmann, horrende Eintrittspreise, die absurden Gehälter der Spieler und bis zur Unkenntlichkeit zerpflückte Spielpläne …“

Zudem hätten Vereine und Polizei “in den Jahren zuvor jede nur erdenkliche Anstrengung unternommen, um aktiven Fans den Aufenthalt im Stadion gründlich zu verleiden“. Was also wird letztendlich aus den Fans jeder Provenienz und dem Fußball im eigentlichen Sinne des Sports?

[Dieser Artikel wurde am 14. März 2009 – bebildert – bei Telepolis veröffentlicht.]

Realitätsverlust bei der Jungen Union

Rostock/Bad Doberan. Die CDU-Jugendorganisation wirft der Internetplattform endstation-rechts.de “eine beschämende Verknüpfung von Fußball und Rechtsextremismus“ vor.

Bei endstation-rechts.de bestehe offensichtlich ein “Mangel an Informationen“, zudem sei der objektive journalistische Anspruch parteipolitischen Zielen gewichen, erklärte am heutigen Tag der Rostocker Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU), Mathias Kühl. So würden “besonders die Rostocker Fußballfans und unser hiesiger Verein F.C. Hansa Rostock unter der irreführenden Berichterstattung“ leiden.

Beispielsweise wären “Vorkommnisse“ bei der Zweitliga-Begegnung FC Hansa Rostock gegen FC St. Pauli am Abend des 26. September 2008 durch endstation-rechts.de einseitig und ohne Not mit dem Deckmantel des Rassismus und des Rechtsextremismus verhüllt und darüber hinaus der Rostocker Fanszene verstärkt rechtsextremes Gedankengut unterstellt worden, attestierte Marco Krüger als stellvertretender Landesvorsitzender der JU Mecklenburg-Vorpommern.

Gleichzeitig warnte die JU Rostock (“Damit Du informiert bist“) gemeinsam mit der JU Bad Doberan jetzt vor einem “üblen Imageschaden“ für den Fußball, die Stadt und das ganze Land, “wenn weiterhin eine Phantomjagd nach Rechtsradikalen“ stattfinden würde. MVregio.de übernahm die JU-Erklärung lediglich gänzlich unkommentiert im Original. Nur wenige Wochen nach den Rostocker Ausschreitungen (FC Hansa Nazi?) eine nicht wenig bezeichnende Artikulation der JU aus dem Nordosten der Bundesrepublik.

“Es ist nichts ungewöhnliches, dass Neonazis beim Fußball auftauchen, das ist nicht schön, kommt aber des Öfteren vor“, so der Journalist Patrick Gensing in einer Nachbetrachtung zu besagten Rostocker Ausschreitungen – mitnichten alle Hansa-Fans als Nazis bezeichnend. Allerdings stellt er fest: “Das Erschreckende in Rostock ist das (Nicht-)Verhalten der Masse der Zuschauer gegenüber Nazis und Schlägern, nicht einmal gab es Unmutsbekundungen über die aggressiven Pöbeleien“. Gensing sah darin durchaus Zeichen einer “volksgemeinschaftlichen Abwehrreaktion“, noch dazu im augenscheinlich praktizierten Verbund mit agierenden “rechten Hools [als] die Speerspitze und Vollstrecker des Hansa-Willens“. Botschaften, die der FC Hansa Rostock so wohl nicht sehr gerne lesen dürfte, resümierte damals telepolis.de – und die Junge Union?

[Dieser Artikel wurde am 12. Januar 2009 bei redok veröffentlicht.]