Schlagwort-Archive: Rechtsextremismus

In die Mitte der Gesellschaft

Dresden. Die sächsische NPD-Landtagsfraktion beabsichtigt Berichten zufolge Ende diesen Monats eine neue öffentliche Anlaufstelle für rechtsextreme Propaganda als so genanntes Bürgerbüro zu eröffnen.

Am 22. Mai veröffentlichte das Dresdner AntifaRechercheTeam eine Mitteilung, nach deren Inhalt der NPD-Landtagsabgeordnete Renè Despang am 31. Mai im Ortsteil Pieschen ein so bezeichnetes Bürgerbüro eröffnen werde. Der ehemalige NPD-Kreisvorsitzende ist neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter zudem in Dresden-Cotta Ortsbeiratsmitglied für das sich selbst so betitelnde örtliche Nationale Bündnis. In den Landtag rückte Despang für den tödlich verunglückten vormaligen “Mäzen der Skinheads Sächsische Schweiz“, Uwe Leichsenring, nach.

Dieser außerparlamentarische Geschäftsraum Despangs wäre die gegenwärtig fünfte dahingehend aktive Dienststelle der NPD in Sachsen, während in letzter Zeit drei als Bürgerbüro betitelte Einrichtungen im Zusammenhang mit der Aufgabe der sächsischen NPD-Zentrale im Dresdner Lockwitzgrund ihre Tätigkeiten nach und nach weitesgehend einstellten. Erst Anfang Mai wurde – nachdem wohl sogar der NPD selbst der eigentlich geplante Eröffnungstermin zum 20. April als zu heikel erschien – in Zwickau eine, nach NPD-Verlautbarung, “Anlaufstelle nationaler Politik“ unter der Verantwortung des Landtagsabgeordneten Peter Klose in Betrieb genommen.

Nach Darstellungen der Dokumentations-Website Nazis in den Parlamenten (NiP) zielen Despang und Kameraden mit ihren nunmehr allerdings bereits vorab bekannt gewordenen augenscheinlichen Neu-Rekrutierungsabsichten für die so genannte nationale Sache mitten in ein soziales und politisches “Problemviertel“ der sächsischen Landeshauptstadt. Wie Kanal8 berichtet, gebe es hingegen seitens der NPD “momentan keine Auskunft“ bezüglich besagter Immobilie in Dresden-Pieschen.

[Dieser Artikel wurde am 25. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Wiederholte Festnahmen in Folge des “Sturm 34“-Verbotes

Mittweida/Burgstädt. Die strukturellen Zusammenhänge der rechtsmilitanten Kameradschaft sind augenscheinlich nach wie vor intakt, wie mehrere polizeiliche Maßnahmen gegen weiterhin aktive Rechtsextremisten aus der Region nach dem Verbot des Sturm 34 dokumentieren.

Bereits am Abend nach der Groß-Razzia wurden in Mittweida noch am 26. April vier 19- bis 23-jährige Mitglieder der rechtsextremistischen Kameradschaft wegen offensichtlicher Missachtung des Sturm 34-Verbotes vorübergehend festgenommen.

In den Abendstunden des 5. Mai erregten dem peripheren Umfeld des Sturm 34 zugeordnete Sympathisanten durchaus überregional mediales Aufsehen, als während eines augenscheinlichen Versuches, einen ihrer Gesinnungskameraden aus dem Polizeigewahrsam freipressen zu wollen, zeitweise das örtliche Polizeirevier in Rochlitz blockiert wurde. Sechs Rechtsextremisten verbrachten daraufhin die Nacht zum 6. Mai in Haft.

Im direkten Umfeld einer am 12. Mai in Mittweida stattgefundenen antifaschistischen Demonstration mit gut 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern inhaftierte die Polizei eigenen Angaben zufolge wiederum 24 Rechtsextremisten. Nach Darstellung der Sächsischen Zeitung gehörten davon “sieben zu der verbotenen Kameradschaft“, die sich entgegen der Verbotsverfügung des sächsischen Innenministers gegen den Sturm 34 zwischenzeitlich in dem westsächsischen Ort zusammengefunden hatten. Zwei 19-jährige Frauen und fünf 18- bis 29-jährige Männer verbrachten die Nacht zum 13. Mai in Polizeigewahrsam.

Auf einer öffentlichen Veranstaltung am gestrigen so genannten Himmelfahrtstag in Burgstädt (Landkreis Mittweida) wurden erneut “fünf Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft ’Sturm 34’ in Gewahrsam genommen“ (dpa). Die “fünf Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren“ seien “zuvor an Schlägereien innerhalb einer 50-köpfigen Gruppe aus dem rechtsextremen Spektrum beteiligt gewesen“ (ddp). Heute Morgen wurden die fünf Rechtsextremisten wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Gegen sie sei “von Amts wegen Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz“ erfolgt. Einem 18-jährigen jungen Mann – bei dem ein Ring mit eingraviertem Hakenkreuz sowie mehrere Hakenkreuzaufkleber gefunden wurden – wird zudem die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt.

[Dieser Artikel wurde am 18. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Wenn nicht nur der Postmann zweimal klingelt

Augsburg. Gegen ein führendes Mitglied des örtlichen NPD-Kreisverbandes wird unter anderem wegen Volksverhetzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde gestern eine größere Menge Nazi-Propagandamaterial sichergestellt.

Der 20-jährige NPD-Kader hatte in den USA das Material mit Hakenkreuz-Emblemen und “eindeutig rechtsradikalem Aufdruck“ bestellt, wie die Augsburger Polizei heute mitteilte. Ermittlungen führten vom Zoll in Frankfurt/Main über ein Augsburger Postfach schließlich zu dem beschuldigten jungen Mann. Dieser stehe nunmehr unter dringendem Tatverdacht, “Propagandamittel wie CDs, DVD-Filme, T-Shirts und Aufkleber im Ausland bestellt und im hiesigen Raum weiter verteilt zu haben“, so die Polizeimeldung. Bei der Wohnungsdurchsuchung sei der Rechner des Verdächtigen beschlagnahmt und zudem zehn Patronen Präzisionsmunition für ein Jagdgewehr sichergestellt worden. Außerdem könne Erwerb sowie Besitz von geringen Mengen LSD und Ecstasy nachgewiesen werden.

Gegen den rechten Jung-Funktionär wurde bereits seit Dezember 2006 ermittelt. Schon damals hätte das Hauptzollamt Frankfurt/Main eine Sendung aus den USA kontrolliert, die “880 Flyer mit eindeutig rechtsradikalem Aufdruck und Hakenkreuz-Emblemen“ enthielt. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei – auch zum Umfeld des Beschuldigten – sind noch nicht abgeschlossen, der NPD-Funktionär allerdings habe bereits “bei den ersten Vernehmungen gestanden“.

[Dieser Artikel wurde am 16. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Nazi-Demo versus Christopher-Street-Day?

Leipzig. Nach verschiedenen Medien-Berichten plant der Hamburger Rechtsextremist Christian Worch am 21. Juli in der westsächsischen Stadt offensichtlich den Versuch einer Neu-Auflage seiner vordem etwas ins Hintertreffen geratenen Aufmärsche.

Bereits vor gut zwei Wochen meldete die Leipziger Volkszeitung, dass Christian Worch mit seinen rechtsextremistischen Kameraden aller Couleur “voraussichtlich am 21. Juli in Leipzig“ erneut eine Demonstration durchzuführen beabsichtige. Zum 1. Mai diesen Jahres hatte Worch erstmals seit vielen Jahren seine fast schon obligatorische eigene Anmeldung für einen Aufmarsch in Leipzig zurück gezogen, um gleichzeitig für diesen Tag die NPD-Demonstration in Dortmund zu unterstützen.

Mittlerweile berichtet auch die Dresdner Morgenpost von einem geplanten Nazi-Aufmarsch am 21. Juli, “ausgerechnet an dem Tag, an dem in Leipzig traditionell hunderte Schwule den Christopher-Street-Day (CSD) begehen wollen“. Darstellungen von so genannten Sicherheitsexperten zufolge könnte der Worch-Aufzug zudem “die Hinrichtungen (21. Juli 1944) der Hitler-Attentäter würdigen wollen“. Das bisher bekannt gewordene Nazi-Demo-Thema für den 21. Juli lautet “Arbeit in der Heimat für gerechten Lohn“.

Der zuständige Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal erklärte bezüglich des sich scheinbar ämterintern bereits mehr als nur andeutenden Nazi-Aufzuges, die Stadt Leipzig sei derzeit “in der Prüfungsphase, ob ein Verbot oder zumindest Auflagen möglich sind“. Aktuell wird bisher für den Leipziger 21. Juli weder vom sich so betitelnden Freien Widerstand, noch von Christian Worch selbst – dessen letzte Online-Neuigkeit immerhin auf den 1. Mai datiert – mobilisiert.

[Dieser Artikel wurde am 14. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Holger Apfel auf Kurs der NSDAP

Dresden. Innerhalb von drei Tagen beweist der NPD-Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag wiederholt, in wessen Geistes Gefolgschaft er sich und seine Kameraden sieht.

Erst am 9. Mai hatte Holger Apfel im Dresdner Landesparlament die Feststellung, dass unter scheinbarer Ägide von “überfremdungspolitischen Ungeheuerlichkeiten der schwarz-rot-gelb-grünen Volksabwickler“ das Ziel verfolgt werde, eine “entwurzelte Masse ethnokultureller Kastraten … schaffen“ zu wollen, auf das rechtsextrem-populistische Schild seiner Partei gehoben. Dabei führte der “’Wohlstandsnazi’ Apfel“ (Telepolis) unter anderem aus:

“… Wer nur noch – völlig unterschiedslos – ’Menschen’, aber keine Deutschen mehr kennt, den kann es auch nicht empören, wenn er in westdeutschen Großstädten verarmte deutsche Rentner in Mülleimern nach Pfandflaschen angeln sieht, während hinter ihnen staatsalimentierte orientalische Großfamilien oder arrogante Wohlstands-Neger daherstolzieren! Für wen das alles nur unterschiedslos ’Menschen’ sind, der vermag das schreiende Unrecht dieser Alltagsszene aus der ’Bunten Republik Deutschland’ nicht mehr zu erkennen …“

In der heutigen Landtagssitzung folgte nunmehr durch Holger Apfel eine “Verhöhnung von Gegnern der Nazi-Diktatur“ (n-tv). Der NPD-Fraktionsvorsitzende befand das 1933 stattgefundene Eintreten der damaligen SPD gegen das so genannte NSDAP-Ermächtigungsgesetz als “peinlich“. Zudem habe der Abgeordnete Otto Wels die Folgen dieses Gesetzes damals lediglich – so Apfel – als “larmoyant bejammert“. In besagter Rede gegen das NSDAP-Ermächtigungsgesetz hatte Wels seinerzeit unter anderem betont:

“… Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht … Wir Sozialdemokraten wissen, dass man machtpolitische Tatsachen durch bloße Rechtsverwahrungen nicht beseitigen kann … Aber auch das Rechtsbewusstsein des Volkes ist eine politische Macht, und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewusstsein zu appellieren … Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten …“

In einer ersten Reaktion auf den erneuten Eklat-Auftritt von Apfel stellte der Abgeordnete Johannes Lichdi (Bündnis 90/Die Grünen) fest, die NPD-Fraktion “hat sich in der heutigen Landtagssitzung offen zu ihren nationalsozialistischen Wurzeln bekannt“. Der bündnisgrüne Parlamentarier betonte, die Rede von Otto Wels erinnere stets an die Verpflichtung, “die neuen Nationalsozialisten auf das Härteste zu bekämpfen“. Dagegen schlössen “die zynischen Bemerkungen Apfels unmittelbar an die Häme Adolf Hitlers in derselben Reichstagssitzung an. Offenbar identifiziert er sich mit den damaligen Nationalsozialisten“, so Lichdi.

[Dieser Artikel wurde am 11. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]