[Fundstück] Tim Wolff, “Wer waren die Grünen?“, konkret, 12/2022 –
Deutsche wissen, was man mit Geschichte machen muss: bewältigen. Man muss Geschichte so lange bearbeiten (…), bis sie bestätigt, dass das, was ist, gut ist.
Das wissen auch die Grünen, jene FDP fürs Greenwashing-Bürgertum, die gerade ihre zweite Zeit als Regierungspartei nutzt, um die letzten paar Ideale (oder “Gründungsmythen“) zu verraten, die die erste Regierungszeit an der Seite des ehemaligen “Genossen der Bosse“ und heutigen Kriegsclowns Gerhard Schröder übrig gelassen hat (…) Ist doch alles gut so, wie es ist (…)
Die Grünen sind geschehen. Und es gibt sie immer noch (…)
Körperlich-authentisch sich für die Sorgen der Menschen auf der ganzen Welt ehrlich zu interessieren, das ist die Esoterik, mit der die Grünen in die Mitte der Gesellschaft kamen. Und wenn man der Graphic Novel folgt, ist selbst der so stilprägende (und jüngst beendete) Kampf gegen die Atomkraft auf dem Ressentiment gegen Wissenschaft gegründet, das die Grünen auch zur Partei der Homöopathie macht (…)
Die Grünen, das war zu Beginn ein Sammelbecken für des Schmutzes und der Härte der Zivilisation Überdrüssiger, für die Gescheiterten der 68er-Rebellion, für enttäuschte K-Gruppen-Hengste, übereifrige sexuelle Befreier und sonstige jugendliche Revoluzzer und Revoluzzerinnen, die etwas benötigten, um an die Stellen der Gesellschaft zu gelangen, an denen sich das falsche Leben doch noch gut leben lässt. Ein Aussteigerprogramm für alle mit irgendwie linken Jugendsünden also, mit späterem Anschluss bis in die Aufsichtsräte von Autobauern, Waffenlieferanten und Kohle- und Kernkraftfirmen. Kein einfaches Unterfangen, das alles unter einen Hut zu bringen, also einigte sich der betont bunte Haufen im wesentlichen darauf, den deutschen Wald retten zu wollen und so oft “Frieden“ zu sagen, dass es sogar evangelischen Jugendpfarrern peinlich gewesen wäre. Das ging nicht lange gut (…)
Die Startbahn für die üblichen Politmacker war freigegeben, die das grüne Unternehmen zu dem machen konnten, was es werden musste, um in der Mitte der deutschen Gesellschaft zu bleiben: eine schamlos neoliberale Partei mit einem höchst flexiblen Markenkern, der problemlos erlaubt, dass man von der Parteiarbeit direkt zu RWE wechseln kann (…)
(…) Es ist halt so, wie es ist. Und gut so.
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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.
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