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Wie im Mittelalter: Innenminister fordert Stadion-Pranger

Vor gut einem Monat konnten noch die ersten Sonnenstrahlen des warmen Frühlings 2011 als Auslöser für den damaligen Vorstoß des amtierenden sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) vermutet werden, in Zukunft seien doch bitteschön wie auch immer geartete Polizeieinsätze bei – auf welcher Grundlage auch immer so titulierten – Risikospielen in den Fußball-Ligen aller Couleur von den Fans schon vorab bereits selbst mitzubezahlen.

Nun, da die vormals eher noch zaghaften Sonnenstahlen des Frühlings langsam aber sicher in eine eher sommerliche Sonneneinstrahlung übergehen, lässt des populistisch politischen Schwachsinns nächste Runde fast schon erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten.

Vielleicht döste Herr Ulbig in den letzten durchaus wärmer als frühlingshaften Tagen ein wenig vor sich hin, las dabei gewissenhaft wissenschaftliche Abhandlungen, ackerte noch gewissenhafter parlamentarische Vorgänge durch und entspannte sich nach dem anstrengend gewissenhaften Tagesgeschäft hernach über einem historischen Roman oder bei geschichtsträchtig verfilmt bewegten Bildern. Und in dieser psychologisch so wichtigen Entspannungsphase muss sich, so ist zu vermuten, eine historische Begrifflichkeit auf seiner internen Festplatte quasi unauslöschlich eingebrannt haben, nunmehr neuzeitlich auf Wiederbelebung und zugleich politisch stringente Umsetzung harrend –

(…) Pranger (…) war ein Strafwerkzeug in Form einer Säule, eines Holzpfostens oder einer Plattform, an denen ein Bestrafter gefesselt und öffentlich vorgeführt wurde. Zunächst Folter-Werkzeug und Stätte der Prügelstrafe (…), erlangten Pranger ab dem 13. Jahrhundert weite Verbreitung zur Vollstreckung von Ehrenstrafen. Der Pranger diente den Städten auch als äußeres Zeichen der Gerichtsbarkeit.

Die Strafe bestand vor allem in der öffentlichen Schande, welche der Verurteilte zu erdulden hatte und die vielfach ein “normales“ Weiterleben in der Gemeinschaft unmöglich machte oder sehr erschwerte. Auch war der Bestrafte den Schmähungen der Passanten ausgesetzt, die für ihn nicht ungefährlich waren (…) [wikipedia.org]

Wie auch immer, dachte wohl der vom allgemeinen Volk gewählte und zudem wohlig entspannt vor sich hin dösende Minister Markus Ulbig aus der Christlich Demokratischen Union, dieses mittelalterliche Instrument der Macht hat etwas, vielleicht auch heute noch, jedenfalls zumindest irgendwie –

“Künftig müssen Stadionverbote noch konsequenter als bisher ausgesprochen und umgesetzt werden. Dazu würden für mich auch Fotos der Betreffenden am Stadioneingang gehören.“ [lvz-online.de, 10. Juni 2011]

Bitte frage jetzt niemand – gar noch so kurz nach dieser zeitlos glorreichen ministeriellen Gedankenäußerung – etwa nach der aktuellen Geschichtsperiode. Bitte frage niemand den Minister nach dem im jetzigen Zeitalter angeblich so hoch gehaltenen Datenschutz. Bitte frage niemand nach dem demokratietheoretischen Ansatz dieses staatsministeriellen Verlautbarungsfurzes. Bitte frage niemand Herrn Ulbig nach elementaren Persönlichkeitsrechten, nach Rechtsschutz, nach dem Schutz der eigenen Privatsphäre. Bitte frage niemand danach, unter welch bekanntermaßen zum Teil skurrilen Umständen Stadionverbote durchaus zustande kommen können.

Wahrscheinlich empfiehlt es sich sowieso, besser nicht weiter geradezu bei Minister Markus Ulbig (CDU) nachfragen zu wollen. Der Herr döst unter Umständen vielleicht eben wieder tiefenpsychologisch entspannend über einem historischen Roman beziehungsweise einer mehr oder weniger pompösen Verfilmung eines geschichtsträchtigen Stoffes – und der kalendarische Sommeranfang mit noch etwas mehr zu erwartender Sonneneinstrahlung steht erst noch bevor …

[Dieser Artikel wurde am 13. Juni 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden: Foto-Magazin zum Aufstieg – und wie weiter?

Nur gut eine Woche nach dem – letztendlich über die Relegationsspiele gegen den VfL Osnabrück – geglückten Aufstieg der SG Dynamo Dresden (SGD) in die nächstsaisonale 2. Bundesliga kann sich nun der mehr oder auch weniger interessierte Fußballfan die vielleicht schönsten und ebenso aufregendsten Fotos dieses Ereignisses in aller Ruhe gedruckt in den Händen haltend betrachten, zu Gemüte ziehen und dabei noch einmal in quasi erst kurz zurückliegenden Erinnerungen schwelgen.

Der Dresdner Sport-Fotograf Frank Dehlis (dehli-news.de) hat gemeinsam mit Stefan Großmann, für Redaktion und Layout verantwortlich zeichnend, ein zeitnahes Foto-Magazin über Dynamos Aufstieg (“Die SGD ist wieder da …“) geschaffen, welches ab sofort beim jeweiligen Händler des eigenen Vertrauens erhältlich ist. Direkt bestellbar sind “Die Bilder des Erfolges“ zum Preis von fünf Euro gleichfalls über dynamo-wochenkalender.de, der Homepage zum bereits seit Jahren schon publizierten “kleinen Dicken“, dem jährlichen Dynamo-Jahreskalender.

Nach dem ganzen Erinnerungsschwelgen dann könnte man aktuell allerdings schon durchaus fragen wollen, wohin denn die Reise der SGD in der 2. Bundesliga gehen soll – vor allem auch auf dem Rasen. Bislang mindestens elf offiziell bestätigten Abgängen aus dem “Aufstiegshelden“-Kader 2010/11 stehen derzeit lediglich hier und da kolportierte zweieinhalb Neuverpflichtungen entgegen.

Die Dresdner Morgenpost jedenfalls resümierte am 4. Juni, dass Dynamos Mannschaft nach dem Aufstieg das halbe Gesicht verloren habe (“Konstanz sieht anders aus“) und zitierte zudem dahingehend SGD-Chefscout Hans-Jürgen ’Dixie’ Dörner: “Es ist sicher nicht normal, dass so viele weggeh’n“ – wie immer so eine Aussage auch gemeint ist und zu werten sein mag.

[Dieser Artikel wurde am 4. Juni 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 7 [Fern gesehenes Relegationsspiel, NDR, MDR, Medien]

[Fundstück] “Realität – nur eine Frage der Regie“, politplatschquatsch.com, 27. Mai 2011 –

(…) Die Realität, sie ist noch stets nur eine Frage der Regie. Als Dynamo Dresden im Relegationsspiel in Osnabrück kurz vor dem größten Erfolg der letzten Jahre stand, waren sie natürlich auch wieder da. Eine Handvoll Irrer, die die Gelegenheit passend fanden, genau jetzt die mitgebrachten bengalischen Feuer zu zünden, um ihrer Freude auf eine Weise Ausdruck zu verleihen, die – ein wenig bösen Willen vorausgesetzt – den Schiedsrichter auch hätte veranlassen können, das Spiel abzubrechen. Osnabrück wäre dann in der 2. Liga geblieben, Dresden in der 3.

Sehen konnte das Ausmaß der Ausschreitungen allerdings nur, wer als Osnabrück-Anhänger die Übertragung des NDR sah. Der MDR, der den sächsischen Traditionsklub mit einem eigenen Team nach Norden begleitet hatte, um den Fans zu Hause einen landsmannschaftlich-begeisterten Kommentar zu bieten, reagierte schnell. Solche Bilder will man daheim nicht sehen, entschied die Regie. Solche Bilder muss daheim auch keiner sehen. Wie sieht das denn aus? Und zeigte statt der brennenden Dynamo-Kurve, der herumirrenden Spieler und des heftig diskutierenden Schiedsrichters minutenlang unverfängliche Wiederholungen von Spielszenen. Das Live-Bild mit dem, was wirklich geschah in Osnabrück, packte die Sendeleitung in ein kleines Kästchen am Bildschirmrand.

Ausschreitungen? Immer dasselbe mit den Fans von der Elbe? Aber woher denn! Das große Dynamo-Herz der MDR-Verantwortlichen ließ den peinlichen Eklat genau auf dieselbe Art zu einer Marginalie schrumpfen, wie ihr aufklärerisches Engagement seinerzeit die blödsinnigen “antisemitistischen“ (MDR) “Juden Jena“-Rufe von HFC-Fans zu einer Staatsaffäre aufgeblasen hatten.

Welche Verwunderung muss in Dresden herrschen, wenn der DFB nun ein “Nachspiel“ der “Jagd- und Prügelszenen am Rande des Relegationsspiels zwischen dem VfL Osnabrück und Dynamo Dresden“ ankündigt, wo doch großartige Jagd- und Prügelszenen beim Nachfolgesender des DDR-Fernsehens gar nicht zu sehen waren? Und die “Sächsische Zeitung“ auch nur sehr sparsam darüber berichtet? “Bereits während der Partie hatten Dynamo-Anhänger auf der Tribüne Fahnen angezündet und Feuerwerkskörper abgebrannt“, weiß man immerhin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (…)

Der Schiri habe die Partie aus Sicherheitsgründen einige Sekunden vor dem Ablauf der regulären Spielzeit abgepfiffen, weil Dynamo-Fans aufs Spielfeld drängten. Beim Sturm der Fans kam es dann zu “Tritten und Schlägen gegen Beamte, Ordner und Fotografen, im Stadion wurden Kameras, Werbebanden und Sitzschalen zerstört“. Sätze, die laut Google-News keine Ostzeitung auch nur sinngemäß druckt. Dafür aber alle West-Medien. Hier die Angst, dem Fußballstandort zu schaden. Dort die klammheimliche Freude, dem ballspielenden Osten alle Klischees als völlig korrekt unter die Nase reiben zu können.

“Ostklubs sind eine Bereicherung“, höhnt das Hamburger Abendblatt. Von “Hunnen oder Wandalen in der Völkerwanderungszeit“, sieht eine Zeitung in Offenbach. Die Blätter im Osten dagegen schweigen (…) Nicht einmal der MDR, der ja dabei war, findet auf seiner Homepage ein Plätzchen, Bilder der Ausschreitungen zu zeigen (…)

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Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im vollständigen Original.

[Dieser Beitrag wurde am 27. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]

Chemnitzer FC: Aus, aus, das Spiel ist aus!

Vor dem diessaisonal vorletzten 33. Spieltag in der Regionalliga Nord stand die simple Frage: “Gelingt dem CFC heute der Aufstieg?“ (Freie Presse). Und irgendwann gegen kurz nach Viertel vier ostdeutscher Zeitrechnung am 21. Mai 2011 lautete die einfache Antwort: Ja!

Der letztendlich verbliebene Mitfavorit um den Aufstieg, die Amateure des VfL Wolfsburg, gewannen zwar ihr Spiel beim Halleschen FC (HFC) mit 0:2 (0:1), aber bei der Konstellation vor diesem Spieltag war klar, wenn der Chemnitzer FC gegen RasenBallsport Leipzig gewinnt, dann sind die “Himmelblauen“ in der nächsten Saison in der 3. Liga dabei. Das nunmehr vor Saisonende in der Regionalliga Nord vorzeitig entscheidende Tor auf der Chemnitzer Fischerwiese erzielte Benjamin Förster in der 46. Spielminute. Vorort im Stadion an der Gellerststraße waren offiziell 12.837 Zuschauer.

(…) Die CFC-Fans zeigten sich schon vor dem Spiel in Feierlaune: Jubelnd haben sich am Samstagmittag rund 1.000 Anhänger zum Stadion begeben, um die wohl wichtigste Partie des Vereins in den vergangenen zehn Jahren zu erleben (…) [freiepresse.de]

Und nach dem Abpfiff der Partie durch Schiedrichter Georg Schalk war im Live-Ticker des Chemnitzer FC nur noch zu lesen: “Aus, aus, das Spiel ist aus!“

[Dieser Artikel wurde am 21. Mai 2011 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 6 [Dynamo-Fans, Hunnen, Wandalen, Ossis]

[Fundstück] “Klagende Unschuldslämmer“, Thomas Kirstein, op-online.de, 19. Mai 2011 –

(…) Der Ruf, der Anhängern des Fußballclubs Dynamo Dresden vorauseilt, steht kaum dem von Hunnen oder Wandalen in der Völkerwanderungszeit nach. Allerdings waren die Stämme frei vom Rassismus, den ein Teil der Elb-Hooligans pflegt.

Wer im Internet nach “Dresden“ und “Fans“ sucht, wird mit einer Fülle von Berichten über Krawalle und antisemitische Hetze bedient.

Beim Spiel Offenbach gegen Dresden gilt also höchste Alarmstufe, zumal in einer Baustelle. Nachdem es dann tatsächlich zu Konfrontationen gekommen ist, gehen die als Provokateure geltenden Sachsen in die mediale Offensive. Die Methode ist bekannt: erst Krawall machen, dann die Unschuldslämmer mimen (…)

[Fundstück] “Augenzeuge – der Wochenrückblick der Fangemeinschaft Dynamo“, fangemeinschaft-dynamo.de, 18. Mai 2011 –

(…) Länger im Gedächtnis bleiben werden den Offenbachreisenden allerdings auch die katastrophalen Rahmenbedingungen des Spiels. Selten, so waren sich alle dynamischen Auswärtsfahrer einig, hatte man ein derartiges Chaos erlebt, wie in Offenbach. Von einem Konzept nicht die leiseste Spur, dafür gab es völlig hilflose Ordner zu bestaunen und Polizisten, die den Einsatz im und am Stadion offensichtlich mit einem Kampfsportseminar verwechselten. Das die Unfähigkeit von Veranstalter und Sicherheitskräften, sowohl im Heimbereich des Stadions als auch am und im Gästeblock nicht zu richtigen Katastrophen führte, war an diesem Nachmittag einzig und allein dem unglaublich besonnenen Verhalten der schwarzgelben Fans zu verdanken. Die Fangemeinschaft Dynamo zollt dafür allen Dynamos ihren größten Respekt (…)

[Dieser Beitrag wurde am 19. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]