Archiv der Kategorie: BallScene

Ist der FSV Zwickau noch zu retten?

Nicht erst seit gestern rumort, kriselt und führungsschwächelt es beim FSV Zwickau (Oberliga NOFV-Süd) vor sich hin. Im Mai 2009 trat kurz vor dem Ende der Saison 2008/09 der gesamte Verwaltungsrat zurück. Vorausgegangen war ein kolportierter Schuldenberg in Höhe von 70.000 Euro, von einer angeblichen Zahlungsunfähigkeit der Westsachsen war die Rede. Dem Verwaltungsrat wurde die Einsicht in Bilanz-Unterlagen verwehrt und nach einem Hausverbot konnte das Kontrollgremium letztendlich nicht mehr in den Geschäftsräumen des Vereins tagen. Zum damaligen Zeitpunkt bezifferte der FSV Zwickau die Lücke im Etat offiziell mit 80.000 Euro.

Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juni 2009 gab das Präsidium die aktuelle Etatlücke dann mit 200.000 Euro an. Gemunkelt wurde außerdem, auch bei den Berufsgenossenschaften würde zudem noch eine Summe im fünfstelligen Bereich fehlen. Nach dem damals vorgelegten Etatentwurf wollte der FSV Zwickau in der Saison 2009/2010 rund 1,4 Millionen Euro erwirtschaften, die Hälfte davon sollte der Schuldentilgung dienen. Zwischenzeitlich wurde im Oktober 2009 – wegen “sportlichem Misserfolg in der bisherigen Saison und anhaltender Kommunikationsprobleme“ – Trainer Matthias Zimmerling entlassen, dessen Vertrag mit dem FSV Zwickau allerdings noch bis 2011 datiert sein soll. Die Nachricht, dass das Westsachsenstadion mit Fördermitteln des Freistaates Sachsen bis 2012 saniert werden wird, war zum Jahresende 2009 zumindest in dieser Hinsicht ein Lichtblick.

Indes ist der FSV Zwickau ohne Präsidium und Trainer. Nach Michael Luther und Ingo Heinicke sind nunmehr auch die bislang verbliebenen Präsidiumsmitglieder Matthias Weichsel und Karsten Vogel zurückgetreten. Trainer Dirk Barsikow hat gekündigt. Als Interimstrainer agiert derzeit Mannschaftskapitän Khvicha Shubitidze. Erklärungen zu den neuesten Rücktritten gibt es bisher nicht, auch die offizielle Homepage des Vereins hüllt sich dahingehend nach wie vor in Schweigen. “Die Verbindlichkeiten des FSV sollen, so ist aus Vereinskreisen zu hören, bereits in siebenstelliger Höhe liegen“, berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Sollte beim FSV Zwickau wirklich ein Insolvenz-Drude die Geschäfte übernehmen? Eingeschaltet worden sei mittlerweile auch die Spielergewerkschaft VDV. “Manche Fußballer haben seit drei bis vier Monaten kein Geld gesehen“, so Lars Kindgen, der stellvertretende VDV-Geschäftsführer.

Wie aktuell der MDR meldet, hat unterdessen die Spielergewerkschaft VDV beim FSV Zwickau “das Heft des Handelns übernommen“. So sei mittlerweile beim zuständigen “Amtsgericht die Einsetzung eines Notvorstandes bei dem Oberligisten“ beantragt worden. Der VDV wolle so “zumindest vorerst den Spielbetrieb aufrechterhalten“.

[Dieser Artikel wurde am 26. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Erste Reaktionen auf Polizei-Gewaltexzesse bei Hansa Rostock vs. Union Berlin

Nur wenige Stunden nach den Krawallen beim Ostderby zwischen dem FC Hansa Rostock und dem 1. FC Union Berlin gibt es – zum Teil erstaunliche – öffentliche Statements zu den Vorfällen am 24. Februar in und um das Ostseestadion. Wie berichtet wird, hat außerdem in Rostock fast umgehend bereits am Morgen des 25. Februar ein erstes Auswertungsgespräch um die Geschehnisse am Vorabend zwischen Verein und der Polizei stattgefunden.

Wie der FC Hansa Rostock nach diesem Gespräch auf seiner Website mitteilt, sei “der Polizeieinsatz (…) anders geplant“ gewesen. Und weiter: “Laut Rostocker Polizei-Chef Peter Mainka sollten sich die Beamten im Hintergrund halten. Durch ’individuelle Fehlleistungen einzelner Polizisten’ (O-Ton Mainka) konnte dieses Konzept jedoch nicht umgesetzt werden“. Darüber hinaus habe der Verein das im Stadiongelände beim Veranstalter liegende Hausrecht “auf Grund der polizeilichen Maßnahmen (…) nicht wahrnehmen“ können. “Im Gespräch mit der Polizei machte Peter Mainka deutlich, dass es dafür keinen Grund gab. Daraus entstand eine Situation, die nicht akzeptabel war. Das Fanverhalten war nicht der Auslöser für diesen massiven Polizeieinsatz.“ – “So ein Spiel habe ich noch nie erlebt“, formulierte es ein Augenzeuge im ultras.ws-Forum.

Das “Konzept der strikten Fantrennung“, so jedenfalls im ersten offiziellen Polizeibericht, “wurde beibehalten“. Immerhin “bedauern“ Polizei – “Glanzvoll (…) in Sachen Desorientierung und Planlosigkeit“ [turus.net] – und auch der FC Hansa Rostock mittlerweile “die Vorkommnisse“.

[Dieser Artikel wurde am 25. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden: Positionspapier zu Stadionkosten und Lizenz-Gefahr

Die Vereinsführung der SG Dynamo Dresden (SGD) ist im nach wie vor schwelenden Streit mit der sächsischen Landeshauptstadt um die Betreibungskosten und Nutzungsverträge des neuen Rudolf-Harbig-Stadions in die Offensive gegangen und hat “als Zusammenfassung der vorliegenden Informationen“ nunmehr ein aktuelles Positionspapier “zur Information der Dresdner Stadträte und der Öffentlichkeit“ zusammen gestellt. Damit hoffe man “einen weiteren Beitrag zur Transparenz und zu einer fairen Diskussion leisten zu können“ (SGD-Pressesprecher Enrico Bach).

Das vorliegende Papier umfasst auf 45 Seiten folgende Inhalte:

  1. Zusammenfassung der Positionen Finanzverwaltung Landeshauptstadt Dresden ./. SG Dynamo Dresden incl. Bewertung/Aufarbeitung der vorliegenden Präsentation von Herrn BM Vorjohann
  2. Übersicht über die Finanzentwicklung und wirtschaftliche Konsolidierung des Vereins im Zeitraum der Spielzeiten 2007/2008 bis 2010/2011
  3. Überblick über die Kosten- und Vergleichsanalyse 3. Liga des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) incl. schriftlicher Bestätigung des vorliegenden Zahlenmaterials durch den DFB-Direktor, Herrn Helmut Sandrock
  4. Überblick über den Zeitplan des anstehenden Lizenzierungsverfahrens für die Saison 2010/11

Neben durchaus bereits in der Öffentlichkeit kolportierter Zahlen bezüglich der Kostenrechnungen für das Rudolf-Harbig-Stadion ist es der SGD in dem Positionspapier noch einmal wichtig darauf hinzuweisen, dass seitens der Landeshauptstadt “durch Mehrerträge und die lediglich geringfügige Mehrbelastung im Zusammenhang mit dem neuen Stadion die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation“ der SGD suggeriert werden solle. Zudem sei die Betrachtung “unvollständig“, es wäre “nicht mit den absoluten Zahlen der Spielzeiten gearbeitet“ worden. Die städtische Analyse vernachlässige “durch die oberflächliche Betrachtung die tatsächlich vorhandenen Kostenstrukturen und insbesondere die vorgenommenen Sparmaßnahmen der SG Dynamo Dresden“. Das Ergebnis sei “eine schwer zu durchschauende, in einem Detail auf Schätzungen beruhende, Aufstellung einzelner Erlöspositionen der SGD“. Ein weiterer SGD-Kritikpunkt wird dahingehend formuliert, dass für “die Bestimmung eines wirtschaftlichen, marktgerechten und fairen Mietzinses […] ein objektives Gesamtbild nötig“ sei, das nur durch “eine vollständige Betrachtung der wirtschaftlichen Gesamtsituation“ vermittelt werden könne.

In Auswertung der Kosten- und Vergleichsanalyse der 3. Liga durch den DFB kommt die Vereinsführung der SGD zu dem Fazit, dass “die strukturelle Benachteiligung der SG Dynamo Dresden gegenüber ihren Wettbewerbern evident“ ist. Während beispielsweise 2008/2009 zirka fünf Prozent der Gesamtaufwendungen der SGD in die Stadionnutzung flossen, steige dieser Beitrag 2009/2010 auf 18 Prozent und letztendlich 2010/2011 auf ungefähr 30 Prozent. Vergleichbare Vereine der 3. Liga investieren den vorgelegten DFB-Angaben zufolge durchschnittlich rund 7 Prozent in die reine Nutzung des Stadions.

Ziel seitens der SGD ist auch aus diesem Grund “eine gemeinsame faire, marktgerechte und langfristige Lösung zwischen Landeshauptstadt und Verein gemäß folgender Prämissen:

Einerseits eine Anpassung der Stadionkosten, die
• den Rahmenbedingungen der Liga Rechnung trägt,
• die Leistungsfähigkeit des Hauptmieters berücksichtigt,
• die eingeleitete Konsolidierung des Vereins unterstützt und
• sich an erfolgreichen Modellen anderer Standorte orientiert.
Andererseits weitere Sparmaßnahmen des Vereins, flankiert von anhaltendem
• seriösen und den Bedingungen angepassten Wirtschaften,
• transparenten und regelmäßigen Informieren der Partner sowie
• Aufarbeiten und Korrigieren der Verfehlungen der Vergangenheit“.

Ein weiteres Fazit des vorliegenden Papiers lautet allerdings: “Ohne eine grundsätzliche strukturelle Veränderung kann der Verein die Zulassungsvoraussetzungen des DFB für die Spielzeit 2010/2011 unter keinen Umständen erfüllen. Die Folge wäre der Ausschluss vom Spielbetrieb der 3. Liga und die Insolvenz der SG Dynamo Dresden“.

Die Lizenz-Unterlagen für die kommende Saison müssen bis 1. März, 15:30 Uhr, beim DFB vorliegen. Unter Umständen durch den DFB gesetzte Auflagen für die letztendliche Lizenz-Erteilung müssten bis zum 3. Juni erfüllt werden.

[Dieser Artikel wurde am 23. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden – “Endlich mal klar denken“?

Bei der SG Dynamo Dresden (SGD) mehren sich auch in diesem Jahr – allerdings augenscheinlich dramatischer als in den Vorjahren – Existenzängste im Vorfeld der Lizenzerteilung. Neu in diesem Jahr allerdings ist, dass um die Nutzungsverträge des neuen Rudolf-Harbig-Stadions mittlerweile nunmehr offenbar “die Schlammschlacht beginnt“ (Dresdner MoPo, 17. Februar). Schon seit einiger Zeit wird der “Ton zwischen Dynamo und Stadt rauer“ (MDR, 16. Februar). Fast ständig gibt es mittlerweile neue Streitrunden zwischen Stadt und Verein, zwischen Verein und Stadt.

“Das ist ein tatsächlich besorgniserregender Zustand“, sieht Stephan Beutel, designierter Sportdirektor der SGD, in einem Interview (Sächsische Zeitung, 17. Februar) den Streit mit der Stadt in der Kostenfrage des Stadions, “wenn man die nackten Zahlen sieht, ist man erst einmal erschrocken“. Der vormalige Sportdirektor, Ralf Minge, hatte wohl aus gerade diesem Grund bereits während der hochwohl gefeierten Unterzeichnungen der Stadionverträge – damals von vielen unverstanden – seit Amt zur Verfügung gestellt, mit der Begründung, der SGD keinen Schaden zufügen zu wollen. “Offenbar hat sich der Drittligist mit dem neuen Stadion etwas übernommen“ (goal.com, 13. Februar).

Der Vorstand der SGD drängt nunmehr mit Blick auf das unmittelbar anstehende Lizenzierungsverfahren auf einen veränderten Mietvertrag für das Rudolf-Harbig-Stadion. Bis zum 1. März müssen die finanziellen Planungen beim DFB eingereicht werden. Der Dresdner Stadtrat jedoch beabsichtigt derzeit, wohl erst im März über eventuell neue Nutzungsverträge abzustimmen.

Und zwischen all den gegenwärtig durch den medialen Raum schwirrenden Zahlen hinsichtlich Verlust oder Gewinn, Einrechnung oder Nichtbeachtung von Zusatzeinnahmen gegenüber der Stadion Dresden Projektgesellschaft, verlautbarte die Vereinsführung der SGD am 16. Februar nunmehr, man nehme “mit Erstaunen und Befremden zur Kenntnis, dass Vertreter der Landeshauptstadt Dresden in der Stadionfrage den Weg der seriösen Verhandlung, der vertrauensvollen Kommunikation und der fairen Zusammenarbeit verlassen haben“.

Die im Dissens zwischen Verein und Stadt stehende letztendliche Stadionmiete kann der SGD allerdings durchaus die Lizenz kosten. So könne der Verein selbst “die Kosten von 2,1 Millionen Euro pro Jahr nicht stemmen. Im Etat für die kommende Saison klafft derzeit ein Loch von fast zwei Millionen Euro“ (MDR, 13. Februar). Derzeit geht SGD-Hauptgeschäftsführer Stefan Bohne davon aus, “dass das Stadion für uns in der 3. Liga nicht finanzierbar ist“ (kicker.de, 15. Februar). Der weitere Gang der Dinge jedenfalls, inklusive markiger Schuldzuweisungen an die jeweils andere Seite, ist derzeit eher offen.

“Alles war bekannt, wurde schon mehrfach beschrieben (…) Wieder einmal muss geholfen werden, weil vorher wieder einmal die entscheidenden Fehler gemacht worden. Und alle fragen sich, wie denn diesmal die Geschichte ausgehen wird?“, fragt Gert ’Zimmi’ Zimmermann in seiner WochenKurier-Kolumne vom 16. Februar und legt als Prognose auch gleich den Uralt-Spruch von Oliver Kahn auf das Tablett: Weiter, immer weiter, es geht immer weiter! – “Nun bleibt (…) nur noch die Frage: Aber wie? Endlich mal klar denken.“

[Dieser Artikel wurde am 17. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Fußball-Gewalttaten in Sachsen offiziell rückläufig

Auf einer Konferenz am 4. Februar in Dresden wurde für den sächsischen Freistaat durch Vereine, das Innenministerium und den Fußballverband ein deutlicher Rückgang von Krawallen in Fußball-Stadien bilanziert. Allerdings könne diesbezüglich längst noch keine Entwarnung gegeben werden, wurde seitens des Innenministers, Markus Ulbig (CDU), betont. Darüber hinaus sieht Klaus Reichenbach, Präsident des Sächsischen Fußballverbandes (SFV), besagtes Problem “noch nicht aus der Welt“. Besonders die Oberliga werde weiterhin als Sorgenkind gesehen – “dort wo auch bei Ortsderbys klassische Rivalitäten ins Spiel kommen“. Dahingehend oder überhaupt konkret zu beziffernde Fallzahlen des bilanzierten Berichtszeitraumes wurden allerdings nicht öffentlich vorgelegt – lediglich angeblich aktuelle Angaben zu gewalttätigen Fußball-Fans publiziert.

So habe sich deren Anzahl bei einigen Vereinen mittlerweile reduziert. Beispielsweise wären beim 1. FC Lokomotive Leipzig in der Saison 2006/2007 noch 300 Fans der “Kategorie B“ gelistet gewesen, derzeit seien noch 200 erfasst worden; die “Kategorie C“ enthalte statt vormals 150 noch 80 Personen. Beim FC Sachsen Leipzig werden 60 “B“’ler und 30 “C“’ler, beim FC Erzgebirge Aue 200 “B“’ler sowie 30 “C“’ler und beim Chemnitzer FC neben 80 Fans der “Kategorie B“ ebenso 60 in der “Kategorie C“ verortet. Sachsenweit die meisten Gewalttäter würden aus dem Umfeld der SG Dynamo Dresden stammen, mit registrierten 500 “B-Fans“ und 75 “C-Fans“.

In der amtlich offiziösen Einteilung gelten in der “Kategorie A“ Menschen als friedliche Fans, die nur das Spiel sehen wollen. Die “Kategorie B“ umfasst die so genannten “gewaltbereiten“ Fans, die nicht mit der Absicht kommen, Gewalt auszuüben, aber Aggressionspotenzial in sich tragen. In der “Kategorie C“ wiederum werden die “gewaltsuchenden“ Fans erfasst, die weniger an den Fußballspielen als an Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans und der Polizei interessiert sindeine eher starr schablonenhafte Kategorisierung größerer Personengruppen. Die Polizei, so jedenfalls ein Fazit der Dresdner Konferenz, bleibe “in Sachsens Fußballstadien auch künftig der ’zwölfte Mann’“.

[Dieser Artikel wurde am 4. Februar 2010 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]