Hooligans Elbflorenz: Bundesgerichtshof?

Mittlerweile sind vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden in Sachen Hooligans Elbflorenz weit mehr als zwölf Monate eines Jahres vergangen. “Fünf Angeklagte, zehn Verteidiger, fünf Richter, zwei Ersatzrichter, ein Staatsanwalt – und viele, viele Sitzungstage“, zog zwischenzeitlich die Sächsische Zeitung zum Jahrestag des Prozesses im August dieses Jahres Bilanz.

“Neben Körperverletzung und Landfriedensbruch müssen sich die Hooligans auch wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor der Staatsschutzkammer verantworten. Das macht den Prozess zu etwas Besonderem. Noch nie wurden Hooligans in Deutschland wegen eines solchen Organisationsdelikts verurteilt“, so die Sächsische Zeitung in ihrer Print-Ausgabe vom 3. November.

“(…) Viele Zeugen wurden gehört. Soziologen referierten über ’modernen Hooliganismus’ und gewaltbereite Fußball-Fans, Techniker analysierten die Strahlrichtung von Handy-Funkmasten, um etwa den Aufenthaltsort von Angeklagten zu rekonstruieren, die in der [Dresdner] Innenstadt bei den Döner-Überfallen [nach dem EM-Halbfinale Deutschland vs. Türkei am 25. Juni 2008] miteinander telefonierten.

Bemerkenswert ist, dass es nie eine öffentliche Kritik an dieser Funkzellen-Abfrage der Polizei nach dem Überfall gab. Es könnte daran liegen, dass den Tätern ein rechtsextremes Motiv unterstellt wird (…)“ (Sächsische Zeitung)

Für den nunmehr 66. Verhandlungstag am 8. November wurde vorab angekündigt, drei der fünf Angeklagten würden sich ihrerseits auf persönliche Erklärungen einlassen wollen. Hintergründlich schien die politische Verortung der vor Gericht stehenden so genannten Rädelsführer Auslöser zu sein.

Doch dann kam es an besagtem Verhandlungstag anders als gedacht. Die Angeklagten äußerten sich nicht. “Anlass dafür ist die im Oktober bekannt gegebene Einschätzung der Staatsschutzkammer, dass alle fünf Angeklagten eine mehr oder weniger stark ausgeprägte rechte bis rechtsextreme Gesinnung verbinde“, berichtete am 9. November die Sächsische Zeitung. Der angebliche Vize-Chef der Hooligans Elbflorenz bedauere nunmehr, “dass er Familie und Freunden, darunter ein Afrikaner, eine Leumundsaussage vor Gericht zugemutet habe“. Und auch der mutmaßliche Anführer der mehr oder weniger elbflorenzianischen Hooligans überlege, ob er sich noch äußern werde, so jedenfalls die Sächsische Zeitung. “Ein Polizist, der seit 20 Jahren mit Fußball-Gewalt zu tun hat, sagte, er kenne die beiden Hooligan-Chefs – eine angeblich rechte Gesinnung dieser beiden sei ihm nicht bekannt.“

Durchaus bedeutungsschwanger werden übrigens Verteidiger der Angeklagten dahingehend zitiert: “Wir hoffen nun, dass es beim Bundesgerichtshof Richter gibt, die bereit sind, den Sachverhalt in seiner Gänze zu erfassen“.

[Dieser Artikel wurde am 12. November 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden und die “Freiheit“ des MDR

Die “Freiheit“ der 5. Liga wurde am 30. Oktober 2007 beim Online-Magazin Telepolis publiziert und beschäftigte sich im weiteren Sinne mit den Ereignissen anlässlich der fußballerischen Begegnung am 28. Oktober 2007 in der damaligen Sachsenliga zwischen den Amateuren der SG Dynamo Dresden und der Mannschaft von 1. FC Lokomotive Leipzig –

(…) Das Sachsenliga-Spiel war zwar von dauernden Böllern, Raketen und Rauchschwaden begleitet, wurde allerdings nicht unterbrochen, geschweige denn abgebrochen (…) Und danach geschah das, was alle ja schon vorher gewusst haben könnten und was nunmehr zusammengepuzzelte Fernsehbilder mehr schlecht als recht zeigen – Gewalt im Osten. Straßenschlachten in der Dresdner Innenstadt: Raketen, Böller, Steine, Gewalt, Verletzte, Festnahmen in Größenordnungen von mehreren Hundert – Einsatz von weit über 1.000 Polizisten; Wasserwerfer, Hunde, Pferde, Hubschrauber vor Ort (…) Die Gazetten schreiben und tun so, als ob sie berichten und Ursachen suchen würden. Die Video-Portale quellen über von Sequenzen von diesem Tag in Dresden (…)

Nicht nur Video-Portale und TV-Kanäle wurden dazumal quasi geflutet von den Ereignissen rund um diesen Dresdner Oktobertag, auch Print- und besonders Bild-Agenturen füllten die Nachrichten-Ticker. Original-Fotos sind Dokumente.

Heutzutage nun spielt der amtierende Zweitligist Dynamo Dresden mit seinem Profi-Kader beispielsweise auswärts bei Hannover 96 um den DFB-Pokal. Und in der nachbetrachtenden Berichterstattung des MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) zum 31. Oktober 2012 gleicht plötzlich ein angeblich aktuelles Bild irgendwie einem früheren Schnappschuss – Zufall? Absicht? Journalistische Schlamperei?

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(Screenshot – Ultras.ws)

(…) Im Rahmen der Sendung “Sachsenspiegel“ am 1. November verwendete die Redaktion für die Anmoderation zu einem Beitrag über die Randalen ein Symbolbild mit aufgebrachten Fans. Eine darauf abgebildete Person wurde vom “Sachsenspiegel“ zwar unkenntlich gemacht, das Problem ist jedoch das wie: Die Grafiker legten dem Mann nämlich nachträglich ein Bengalo in die Hand (…)

Fans fanden das Originalbild und teilten es in einer Gegenüberstellung zur bearbeiteten Version aus dem Sachsenspiegel. Dynamo Dresden bezog dazu ebenfalls Stellung. Der Club beschwerte sich beim Sender und schrieb auf der eigenen Seite, man habe “mit Nachdruck auf das Unverständnis der SG Dynamo Dresden und vieler Anhänger über die als äußerst unsensibel, dramatisierend und journalistisch fragwürdig empfundene Bearbeitung eines fünf Jahre alten Fotos für die Anmoderation hingewiesen.“

Der MDR antwortete in einer Stellungnahme: “Nach ausgiebiger Diskussion sind auch wir zu der Auffassung gelangt, dass diese Grafik nicht optimal ist und zu Missverständnissen führen kann. Wir bedauern das und werden daraus intern Konsequenzen ziehen.“ (…) [meedia.de]

“Die Gazetten schreiben und tun so, als ob sie berichten und Ursachen suchen würden.“ Gibt es Zufälle? “Auch der Zufall ist nicht unergründlich – er hat seine Regelmäßigkeit“ (Novalis).

Nach ausgiebiger Diskussion ist Ostfussball.com zu der Auffassung gelangt, dass die wie zufällig scheinende Stellungnahme des MDR nicht optimal ist und durchaus zu weiteren Missverständnissen führen könnte. Ostfussball.com bedauert das und wird daraus intern aber keine Konsequenzen ziehen, warum auch? Der Ball liegt sinnBILDlich bengalobeleuchtet beim MDR.

[Dieser Artikel wurde am 9. November 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden: Boris Pistorius hat einen Plan

Der Medien-Wald rauscht mächtig gewaltig oder tickert online heftig vor sich hin nach der letztmittwöchlichen DFB-Pokalbegegnung zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden.

Wer glaubt, hier und da noch nicht genug gelesen sowie gesehen und sich entsprechend geBILDet zu haben, der kennt Boris Pistorius nicht. Boris Pistorius? Herr Pistorius hat seine Verortung in der SPD – Ressort Innenpolitik – und möchte nach einem eventuellen Wahlsieg der SPD in Niedersachsen dortselbst zukünftig gern den Innenminister spielen. Boris Pistorius kennt sich scheinbar aus wie Bolle und hat auch einen Plan …

“Nach einem solchen Vorfall reichen Geldstrafen als Sanktion nicht mehr aus“, zitiert dapd aktuell den Politiker, der zudem von einer “gezielten und geplanten Gewalt einiger hundert sogenannter Fans“ spricht. Pistorius zufolge sei ein dreijähriger Ausschluss der Dresdner Mannschaft aus dem Pokalwettbewerb deshalb richtig.

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(Hannover, 31. Oktober 2012 – Foto: bultras.net)

Wie war doch nach besagtem Oktobertag  in Hannover – hier und da – lesend zu sehen?

(…) Angeführt von den Ultras Dynamo zogen rund 1.400 stimmgewaltige Elbflorenzer durch das frühabendliche Hannover. Um nicht ganz im Dunkeln den Marsch zu vollziehen, erstrahlten hier und da Bengalische Lichter. Die Polizei in Alarmbereitschaft hielt einen dampfenden Wasserwerfer für eine mögliche Ausnahmesituation bereit. Er dampfte jedoch nur den gesamten Abend vor sich hin.

Vor Ort am Stadion ergab sich ein kurioser Anblick. Mit Pferdestaffel und lautstarken Anweisungen machten die Beamten am Südeingang auf sich aufmerksam. Fans wurden weggeschoben. Zaunelemente wurden von der Polizei umgerissen und teilweise weggeschleudert. Dort standen rund anderthalb Stunden vor dem Anpfiff etwa 400 Gästefans vor verschlossenen Toren. Nach dem Skandieren von “Wir sind das Volk!“ und “Die Mauer muss weg!“ ergriffen einige entnervte Fans die Initiative und kletterten über ein Dach in Richtung Stadiongelände. Daraufhin kam der Trupp der Sicherheit und sorgte für die geschilderte Situation. Gewiss eine vermeidbare Situation, begründet damit, dass bereits um die 200 Fans ohne Eintrittskarte ins Stadion gestürmt seien.

Einen Eingang weiter am Südwest-Tor zählten einige Fans auf null herunter und sorgten höchstwahrscheinlich bei dem einen oder anderen Sicherheitsbeamten für Schweiß auf der Stirn. Was passiert war? Nichts! Reibungslos verlief an dieser Stelle der Einlass (…)

(…) Die sicherlich aus Sicht zahlreicher Ultragruppierungen wohl am besten durchgeführte Heimpyroshow dieser Saison wurde gestartet. In grünen Farben im Unterrang und roten Farben im Oberrang erstrahlte die Fankurve der 96er. Gegenüber in der Südkurve, die an diesem Tag allein und in voller Größe den Gästefans zur Verfügung stand, ließ man sich nicht lange bitten und sorgte mit Bengalos und “Pyrotechnik ist kein Verbrechen“-Gesang für eine Solidarisierung beider Fanlager (…)

(…) Rund 200 Dresdner rannten ihren Helden entgegen, wurden jedoch von Polizei und Ordnern gestoppt. Eine Leuchtkugel flog, diese blieb jedoch das Fünkchen einer möglichen “Randale“. Völlig friedlich erfolgte der Rückzug (…)

Vor dem Stadion ertönte indes alle gefühlten zehn Sekunden ein “Achtung, Achtung hier spricht die Polizei!“ Hier und dort fanden ein paar kleinere Scharmützel statt. Die Polizei zeigte jedoch massive Präsenz auf den Straßen, so dass schon recht bald Ruhe einkehren konnte (…) [turus.net, 1. November].

(…) Während des Spiels zündeten Gäste- sowie auch Heimfans vereinzelt Pyrotechnik wie sogenannte “Bengalo-Feuer“. Zu weiteren Ausschreitungen kam es nicht (…) Kurzfristig begaben sich zirka 200 Dynamo-Fans auf den Platz, um mit ihren Spielern zu sprechen. Sie kamen der Aufforderung der Polizei, in ihren Block zurück zu kehren unverzüglich und ohne Widerstand nach (…) [Polizeidirektion Hannover, 1. November].

Gut, dass Boris Pistorius das auch so sehend gelesen zu haben scheint – oder doch nicht?

“Leider haben die Dynamo-Fans den Empfehlungen der Polizei nicht immer Folge geleistet, so dass sie wieder nichts dazu beigetragen haben, um ihr schlechtes Image zu verbessern“ [Polizeidirektion Hannover].

Das war jetzt aber deutlich. Herr Pistorius – übernehmen Sie!

[Dieser Artikel wurde am 2. November 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden: BILDen wir uns mal wieder ein Vorurteil

Journalismus ist zuweilen scheinbar relativ einfach. Einmal abgespeicherte Textbausteine lassen sich hernach fast beliebig oft und thematisch noch beliebiger einsetzbar verwenden, egal wofür und noch egaler, wie moosbewuchert die Recherche mittlerweile sein mag beziehungsweise vordem schon war – allein die stichwortliche Quote, die Auflage, die Online-Klickrate zählt.

“Köln zittert vor der Faust des Ostens“ titelzeilte eine auflagenstarke Boulevardzeitung jüngst vor dem Auswärtsspiel der SG Dynamo Dresden beim 1. FC Köln zum diessaisonalen 9. Spieltag der 2. Liga. Eine daraus suggeriert vorverurteilende Berichterstattung könnte ja durchaus Zufall gewesen sein. Wir merkten uns aber vorsichtshalber einmal einige der dazumal angewandten Textbausteine.

Nun spielt besagtes Boulevardblatt (’Angst, Hass, Titten und Wetterbericht’) genau dieses pseudo-journalistische Spielchen wiederholt. Zufall? Oder nur zufällig wie auch immer erneut unter das Volk zu streuende – quasi auf Halde liegender – Textbausteine nach der journalistisch bemäntelten Devise, sportpolitische Bildungsarbeit verrichten zu wollen, ja – regelrecht zu müssen?

Und so darf die Leserin und der Leser nunmehr vor dem aktuell anstehenden DFB-Pokal-Spiel der Dresdner Dynamos bei Hannover 96 großbuchstabig über die “Festung Hannover“ lesen, von “1000 Polizisten gegen Pokal-Hooligans“, der “Alarmstufe Rot in Hannover“ und nicht zuletzt auch wieder von “der berüchtigten ’Faust des Ostens’“. Vermutet da etwa jemand nur fast beliebige Textbausteine oder etwa sogar Recherchen, mit welchem Ziel auch immer? – Fragen über Fragen.

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(Screenshot: 30. Oktober 2012, 01:00)

“Welches Presseerzeugnis könnte denn beispielsweise so durch und durch investigativen Journalismus betreiben und diesen darüber hinaus auch noch so überaus journalistisch handwerklich korrekt publizieren?“, wurde erst Anfang Oktober dieses Jahres als Frage in den Raum gestellt (1. FC Köln vs. Dynamo Dresden: BILDer-Rätsel vorab) – ein Textbaustein?

[Dieser Artikel wurde am 30. Oktober 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

DPV, DFL, Akkreditierungen

Es mag in den letzten Monaten zuweilen einigen Journalistinnen und Journalisten – eigentlich legitimiert durch einen gültigen Presseausweis – so ergangen sein, dass ihre Akkreditierungsersuche für gewisse Rasenballsportereignisse, besonders in den zwei Oberhäusern des bundesdeutschen Fußballs, von den Presseverantwortlichen der dahingehend angefragten Vereine abschlägig beschienen wurden. Mitunter lautete nachfragend am Telefon die freundlich bestimmte Ansage einfach: Falscher Presseausweis.

Falscher Presseausweis? Nämlich scheinbar, wenn Deutscher Presse Verband (DPV) auf der ’Carte de Presse’ stand, dann war eine Akkreditierung letztendlich irgendwie außen vor.

Auf eine dahingehende Anfrage an den Deutschen Presse Verband bezüglich des so richtlinienenbestimmt praktizierten Akkreditierungsausschlussverfahrens durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) resümierte nunmehr der DPV aktuell Anfang Oktober 2012 durchaus richtungsweisend –

(…) Nach erheblicher Intervention unsererseits hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Durchführungsbestimmungen zu den Medienrichtlinien für die Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga seit dem 01.08.2012 geändert. Seitdem ist die Vorlage “eines von einem Berufsverband ausgestellten, nationalen Presseausweises nachzuweisen“. Dazu zählt der von uns ausgestellte Presseausweis. Die einzelnen Bundesligavereine orientieren sich an diesen Durchführungsbestimmungen.

DPV-Journalisten können sich in Zukunft entsprechend über den Presseausweis als Akkreditierungsmittel bei den Bundesligavereinen bzw. über die DFL als Pressevertreter akkreditieren lassen (…)

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(dpv.org – Screenshot: O.M.)

Falscher Presseausweis? Bei Akkreditierungsersuchen im Verantwortungsbereich der DFL fortan wohl eher eine presseunfreiheitliche Sage …

[Dieser Artikel wurde am 14. Oktober 2012 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

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