Droht der Untergang des Abendlandes?

In Sachsen wurde gerade der christliche Bildungsauftrag im Schulgesetz verankert. Die schon immer mit Vehemenz geführte Diskussion um die Neutralität der Schulen erhält dadurch neue Wallungen

Die politische Debatte wurde ausführlich und kontrovers geführt. Letztendlich war aber die Beschlussfassung im von der CDU dominierten Landtag von Dresden dann bei den dort vorherrschenden politischen Mehrheiten fast nur noch eine Formsache. Sachsen hat nun seit einigen Tagen ein neues, modifiziertes Schulgesetz. Nach über zwölf Jahren mit dem vorher geltenden Gesetz eigentlich nicht unbedingt ein herausragendes Ereignis in der Bildungsgesetzeslandschaft der Bundesrepublik. Der Beschluss zum neuen Schulgesetz zeigt allerdings schon jetzt nachhaltige Wirkung, auch über die Freistaatsgrenzen hinaus. Dabei ging es in der Landtagsdebatte nicht hauptsächlich um die Inhalte des neuen Schulgesetzes, beziehungsweise lag darüber allgegenwärtig der Schatten einer schon vorab heftigen Diskussion um den umstrittenen Grundsatzparagrafen.

So heißt es zum Bildungsauftrag der sächsischen Schulen nunmehr im Gesetzestext:

(…) Diesen Auftrag erfüllt die Schule, indem sie den Schülern insbesondere anknüpfend an die christliche Tradition im europäischen Kulturkreis Werte wie Ehrfurcht vor allem Lebendigen, Nächstenliebe, Frieden und Erhaltung der Umwelt, Heimatliebe, sittliches und politisches Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeit und Achtung vor der Überzeugung des anderen, berufliches Können, soziales Handeln und freiheitliche demokratische Haltung vermittelt, die zur Lebensorientierung und Persönlichkeitsentwicklung sinnstiftend beitragen und sie zur selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Anwendung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten führt und die Freude an einem lebenslangen Lernen weckt. (…)

Die so allein auf Werte-Grundsätze der christlichen Tradition gesetzlich festgeschriebene Ausrichtung des wahrlich nicht erst seit der Pisa-Studie sensiblen Bildungsbereiches rückt die Neutralitätsfrage für Schule und Bildung erneut in den Focus der Aufmerksamkeit. Es kann in diesem Zusammenhang durchaus erwähnt werden, dass schon mit dem Grundgesetz entschieden wurde, staatliches Schulwesen und Kirche grundsätzlich zu trennen. Unstrittig, wohl auch in Sachsen, steht nach Artikel 7, Absatz 1 Grundgesetz, das gesamte Schulwesen unter Aufsicht des Staates. Zudem wurde diesbezüglich den Kirchen kein Recht auf Bestimmung der Ziele und Inhalte von Unterricht und Erziehung eingeräumt. Abgesehen davon, welche Kirche oder welche Religion das auch immer sein sollte.

Der Streit um die vorgeblich so christlichen Werte des sächsischen Abendlandes erfüllt zumindest einen politischen Zweck. Wirklich dringende Fragen – um beispielsweise Schullandschaftsstrukturen und Klassenstärken sowie um den in Sachsen bereits nach dem vierten Grundschuljahr erfolgenden Wechsel in Mittelschule, für den Hauptschul- oder Realschulabschluss, oder Gymnasium – bleiben weiterhin nach wie vor im bildungspolitischen Hintergrund.

Derweil werfen sich SPD- sowie PDS-Opposition und CDU-Regierung lieber gegenseitig vor, die Pisa-Studie jeweils nicht verstanden zu haben. Schlagworte wie “Missionsauftrag der Schule“ und “Zwangschristianisierung der Schüler“ beherrschen seitens der PDS den sächsischen Bildungsbereich. Eine durch die SPD-Fraktion initiierte Umfrage ergab, dass 81 Prozent der Interviewten eine weltanschaulich neutrale Schule, und 16 Prozent eine Schule auf Basis christlicher Weltanschauungen favorisieren würden. Die PDS-Fraktion hat zudem bereits eine Verfassungsklage gegen das neue Schulgesetz angekündigt, der die CDU wiederum “erhobenen Hauptes“ entgegen sieht. Hätte es im neuen sächsischen Schulgesetz der Bezug auf allgemeingültige humanistische Traditionen nicht auch getan?

Die nun zu diesem Zeitpunkt aus Sachsen heraus beflügelte Diskussion um die religiöse – sowie in diesem Zusammenhang auch politische – Neutralität von Schule und Bildung wird, wie schon so oft, holzschnittartige Ergüsse mit sich bringen. Der als Bürgerrechtler bekannt gewordene Theologe Friedrich Schorlemmer diagnostizierte in diesem Zusammenhang bereits “Pawlowsche Reflexe einer tief sitzenden Antikirchlichkeit und jahrzehntelanger Atheismus-Propaganda“. Und die Schüler? Die Lehrerinnen und Lehrer? Wem soll dieser sächsische Freilandversuch letztendlich nützen? Wohin geht die so politisch instrumentalisierte religiöse Bildungsreise für bundesdeutsche Schulen?

[Dieser Artikel wurde am 23. Januar 2004 bei Telepolis veröffentlicht.]

Der Weihnachtsosterhase

Eine ungewöhnliche Jahresendkartenaktion mit dem landeseigenen Ministerpräsidenten soll Aufsehen erregend für Sachsen werben

Zur Zeit kann man dem sächsischen Ministerpräsidenten, Georg Milbradt (CDU), kaum entgehen, obwohl die politische Weihnachtszeit auch in Sachsen fast schon angebrochen ist. Vielleicht liegt es aber am relativ bescheidenen Bekanntheitsgrad des CDU-Politikers Milbradt, dass die eine oder andere mit seinem Gesicht nicht unbedingt sofort einen Zusammenhang herstellen kann. Im Gegensatz jedenfalls zu seinem Vorgänger, Kurt Biedenkopf (CDU), der ja bekanntlich seiner Titulierung als “Landesvater“ gar geschmeichelt und gar nicht ablehnend gegenüberstand.

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(Faksimile: O.M.)

Nun steht, liegt oder hängt in vielen Gaststätten, Kinos und weiter derart prädestinierten Orten der sonst kaum so omnipräsente aktuelle sächsische Ministerpräsident, quasi als “Landespappi in immer noch Lauerstellung“. Damit aus dem “Landespappi“ vielleicht auch mal ein “Landesvater“ werden kann, wurden garantiert schlaue Taktiken in Erwägung gezogen, wieder verworfen, um dann durch noch geschicktere PR-Kampagnen den eher dürftigen politischen Inhalt schönend unters Wahlvolk zu bringen. Und mit so einem PR-Produkt werden nun beispielsweise unschuldige Kneipenbesucher und Kinogänger wie aus heiterem Weihnachtshimmel, sagen wir, konfrontiert, um die Worte “erschreckt“ oder “irritiert“ an dieser Stelle tunlichst doch zu vermeiden.

Sie sehen einen etwas krampfhaft grinsenden Ministerpräsidenten unter dem Weihnachtsbaum, der ihnen ein “Frohes Fest“ wünscht. So weit, so noch ganz gut. Für den vielleicht, der diese als City-Card angelegte propagandistische Fest-Botschaft per Post an die lieben Verwanden ins nicht CDU-regierte Ausland zu versenden beabsichtigt. Doch etwas mag den Betrachter, auch im CDU-regierten Sachsen, dann doch leicht stutzig machen: Im Arm des sächsischen Ministerpräsidenten kuschelt sich, unterm Weihnachtsbaum, ein Osterhase. Was will uns Herr Milbradt, was will uns die sächsische Union damit sagen?

Politische Geschenke vielleicht, zu jeder Zeit fürs Wahlvolk, ob Weihnachten oder Ostern? Die diese Karte zudem zierende Botschaft “Sachsen – wieder einen Schritt voraus“, macht eine treffende Erklärung auch nicht unbedingt einfacher. Aufhellende Auskunft erfährt der politinteressierte Weihnachtsosterforscher dann über die Website der CDU Sachsen. Die so genannte “WOster-Karte“, selbstredend online als “originell“ bezeichnet, “soll zeigen, dass Sachsen ein besonders innovatives und vorausschauendes Völkchen ist“.

[Dieser Artikel wurde am 24. Dezember 2003 bei Telepolis veröffentlicht.]

Bis zur Unkenntlichkeit autorisieren

Neun bundesdeutsche Tageszeitungen wehren sich mit einer Aktion gegen zunehmend restriktiv gehandhabte Interview-Autorisierungen, Besserungen sind wohl nicht zu erwarten

Die gängige Praxis ist bekannt: Nach einem Interview liest der Befragte seine Aussagen Korrektur und erteilt dem Journalisten quasi die Autorisierung zur Veröffentlichung. In den meisten Fällen werden so kleinere journalistische Verständigungsfehler vermieden. So weit, so gut. Allerdings hat sich im Laufe der Zeit diese Praxis derart zu einer Unsitte entwickelt, dass in immer mehr Fällen eher ein genehm redigierter Monolog des Befragten – das eigentliche Interview nicht selten mehr als schönend – das Licht der Öffentlichkeit erreicht.

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Für die Berliner “tageszeitung“ lief das journalistische Fass jetzt über, als sie wegen eines geplanten Interviewabdrucks mit SPD-Generalsekretär Olaf Scholz seitens der Parteizentrale im folgenden mit zu erwartendem Informationsboykott konfrontiert wurde. Daraufhin erschien die “taz“ am 28. November aufsehenerregend mit lediglich einer geschwärzten Version des Scholz-Interviews auf ihrer Titelseite. Der Kritik am immer mehr um sich greifenden Missbrauch des Autorisierungsvorbehaltes als Druckmittel von Interviewpartnern gegenüber Journalisten – von “taz“-Chefredakteurin Bascha Mika als “Betrug am Leser“ tituliert – haben sich weitere Zeitungen angeschlossen. Und so betreiben “Berliner Zeitung“, “FAZ“, “Financial Times Deutschland“, “Frankfurter Rundschau“, “Kölner Stadt-Anzeiger“, “Süddeutsche Zeitung“, “Tagesspiegel“, “Welt“ und “taz“ eine gemeinsame Protestaktion, die in ihrer Geschichte wohl einmalig sein dürfte: Kampf der missbräuchlichen Autorisierung.

Zwar ist es bei bundesdeutschen Printmedien – im Gegensatz zu anderen Ländern – durchaus üblich, Interviewtexte durch den Gesprächspartner autorisieren zu lassen. Allerdings würden dabei ursprüngliche Interviewpassagen des öfteren “bis zur Unkenntlichkeit verändert“ beschreibt beispielsweise die “Süddeutsche Zeitung“ das Übel eines beeinflussten Journalismus. Die “Financial Times Deutschland“ hat dahingehend in ihrem so genannten Stil-Buch entsprechende Grundregeln festgehalten: “Was im Interview gesagt wird, ist öffentlich – es darf keinen Unterschied machen, ob ein Befragter live im Fernsehen oder vor dem Diktiergerät eines Print-Journalisten spricht.“ Natürlich, und so ist es landläufig üblich, seien Aussagekorrekturen vor Ort sowie Vertraulichkeit davon unbenommen. Allerdings gelte der journalistische Grundsatz: “Was ’on the record’ gesagt wurde, bleibt öffentlich.“

Durch die von der “taz“ initiierte Interview-Zensur-Kampagne ist zumindest Bewegung in die bis dato schon mehr und mehr betonierten Zustände gekommen. Als immerhin “sinnvolle Debatte für beide Seiten“ bezeichnete Regierungssprecher Bela Anda die Diskussion um den missbräuchlichen Autorisierungsvorbehalt. Wobei Anda die eigentliche Ursache der journalistischen Kritik nicht unbedingt erfasst zu haben scheint. Dass allerdings allein von Politikern – mehr oder weniger erfolgreich – Versuche einer gefälligen Medienbeeinflussungen unternommen werden, glauben wohl nur die allerwenigsten. Und die nächste Interview-Autorisierung wartet schon.

[Dieser Artikel wurde am 1. Dezember 2003 bei Telepolis veröffentlicht.]

Ein Datenraub mit Folgen

Der Online-Diebstahl von “Half-Life 2“-Programmcodes wird nicht nur die Weihnachtsumsätze der PC-Branche beeinflussen

Im Jahr 1998 landete das Software-Entwicklungsstudio Valve wie aus heiterem Himmel einen Hit, der die Spielewelt nachhaltig verändern sollte: Half-Life avancierte innerhalb nur kurzer Zeit zu einem der Hits unter dem riesigen Angebot von PC-Spielen und hat mittlerweile längst Kult-Status erreicht.

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(Screenshot aus Half-Life 2)

Gut fünf Jahre nach dem Start von “Half-Life“ sollte die Erfolgsstory mit “Half-Life 2“ ihre Fortsetzung finden. Mutmaßungen und vage Ankündigungen machten die Runde, versprachen vorab viel über das avisierte Top-Game 2003. “Valve“ verstand es geschickt, aus allem um “Half-Life 2“ ein mindestens mittelgroßes Geheimnis zu machen. Und dann wurde auf der letzten Spiele-Messe E3 in Los Angeles zu aller Gamer-Freude und -Überraschung ein fast fertiges “Half-Life 2“ aus der Kiste gelassen.

Die Fachwelt war schon zu diesem Zeitpunkt nur noch begeistert. Auf NBC Europe überschlugen sich die “Giga“-Gamer vor Euphorie, die Zeitschrift “pc games“ veröffentlichte flugs einen 24-seitigen Sonderdruck zu Story, Leveldesign, Charakteren, Benchmarks und all den zu erwartenden Extras von “Half-Life 2“. Trotz einiger kleinerer – nicht immer näher spezifizierter – Entwicklungsverzögerungen schien alles so gut wie bereit für das letztendliche let’s play.

Und dann kam im Früh-Herbst 2003 der unvermittelte Stopp, vorerst das Aus für “Half-Life 2“, ein regelrechter Schock für viele. “Valve“-Chef Gabe Newell trat mit einer dramatischen Verlautbarung vor die Online-Gemeinde:

Etwa ab dem 11. September dieses Jahres griff jemand anderes auf meinen Email-Account zu. (…) Kurz danach begann mein Computer, sich merkwürdig zu benehmen. Ich war nicht in der Lage, einen Virus oder Trojaner auf meinem Computer zu finden, formatierte meine Festplatte neu und installierte die Software neu. (…) Um den 19. September herum zog sich jemand eine Kopie des ’Half-Life 2’-Source-Verzeichnisses. Zu irgendeinem Zeitpunkt wurde Software zur Aufzeichnung von Tastatureingaben auf verschiedenen Computern bei Valve installiert. Unsere Vermutung ist, dass dies über einen Buffer-Overflow in der Voransicht-Anzeige von Outlook geschah.

Mit einem lakonischen “Well, this sucks“ beendete Newell seine für den geplanten “Half-Life 2“-Start verheerende Erklärung.

Seit dem veröffentlichten Source-Code-Diebstahl hüllt sich “Valve“ mehr oder weniger in Schweigen. Zudem gibt es nur Vermutungen, in welchem genauen Umfang Daten aus dem Firmennetzwerk des Software-Entwicklers gesaugt wurden und ob davon eventuell auch noch weitere Produkte von “Valve“ betroffen sind. Immerhin wurde nach Medienberichten kurz nach dem Diebstahl-Hack eine nicht autorisierte, aber durchaus spielbare Version von “Half-Life 2“ in den Weiten des Internet gesichtet. Beim Auktionshaus ebay soll zu dieser Zeit ebenfalls kurzzeitig eine so bezeichnete Beta-Version von “Half-Life 2“ im Angebot gestanden haben.

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(Screenshot aus Half-Life 2)

Mittlerweile ist das Erscheinen von “Half-Life 2“, durch die Entwickler allerdings nicht definitiv bestätigt, für Ende April 2004 avisiert. Die Firma “Ati“ hat derweil Käufern der Grafikkarten 9600XT und 9800XT ein kostenloses “Half-Life 2“ zugesagt, mit dem deutlich einschränkenden Zusatz allerdings: “sobald es fertig ist“. Eine “Ati“-Pressekonferenz war es ja schließlich auch, auf der “Valve“ – vor dem Datenklau – Benchmark-Werte und Grafiks von “Half-Life 2“ einer staunenden Öffentlichkeit präsentierte. Dass diese Präsentation damals ausgerechnet auf der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz zelebriert wurde, hat im Nachhinein für einigen Spott in der Branche gesorgt. Denn zumindest Alcatraz galt landläufig als ausbruchsicher.

Welche Folgen der Schweif dieses spektakulären Datendiebstahls im Umfang nach sich ziehen wird, kann nach Lage der Dinge und Veröffentlichungen gegenwärtig noch nicht abschließend vollständig eingeschätzt werden. Wenn neben den “Half-Life 2“-Programmcodes, wie mittlerweile in einigen Medien vermutet, auch Level- und Grafik-Daten sowie Quellcodes und Scripts von weiteren “Valve“-Entwicklungsprodukten Opfer der Online-Piraterie geworden sein sollten, dann steht wohl nicht nur das Weihnachtsgeschäft unter einem schlechten Stern.

Schließlich liefen einige Hardware-Produkte in der PC-Branche parallel zur Entwicklung von “Half-Life 2“ und sollten – wegen der angestrebten komfortableren Game-Performance zum Beispiel Grafik-Karten von “Ati“ – auch hier den Verkauf ankurbeln. Die Unterstellung, dass der direkte Grafik-Karten-Konkurrent von “Ati“, die Firma “Nvidia“, direkt oder indirekt am Hack-Angriff gegen “Valve“ involviert gewesen sei, wird zwar in einigen Kreisen heftig diskutiert, gehört aber nach wie vor ins Bereich der unbewiesenen Verschwörungstheorien.

Der Konkurrenz-Ton in der Branche ist nach dem vorläufigen “Half-Life 2“-Stop aber schon wieder einen Tick schroffer geworden. Und zudem spricht der stattgefundene Code-Klau auch nicht unbedingt für das technische Geschick von selbst ernannten Hackern, sondern eher für grobe Nachlässigkeiten bei allgemeinen Sicherheitsstandards der Software-Entwickler von “Valve“.

[Dieser Artikel wurde am 22. November 2003 bei Telepolis veröffentlicht.]

“Wir sind das Volk“

Bringt die Gründung der “Partei des Ostens“ mehr als nur einen weiteren Farbtupfer in die bundesdeutsche Parteienlandschaft?

Die Ziele sind hoch gesteckt, die Losungen freilich nicht ganz neu: “Es ist Zeit für gerechte Veränderung“, “Mit uns in die Zukunft“, “Wir sind das Volk“. Wer nun, zumindest nach letzterem Axiom, die Urheberin dieser gebündelten Plakative im Osten der Bundesrepublik vermutet, liegt durchaus richtig. Partei des Ostens (PDO) nennt sich eine Vereinigung, die jüngst im sächsischen Chemnitz aus der Taufe gehoben wurde.

Trotz der Namensgebung sieht die PDO ihr Wählerpotential nicht nur allein östlich der Elbe. Strategisch soll der Weg dieser neuen Partei vorerst aus Chemnitz über das Vogtland nach ganz Sachsen führen. Bereits zur Landtagswahl 2004 will die PDO auf den Stimmscheinen in den sächsischen Wahllokalen zu finden sein. Die letztendliche Orientierung zeigt durchaus bundespolitische Ambitionen. Wenn die vorrangig gestellte Hauptaufgabe – “Abbau der Benachteiligungen des Ostens gegenüber dem Westen“ – erreicht sei, “dann wird sich die Ausrichtung unserer Politik auch auf die alten Bundesländer ausdehnen können“, so die PDO in Selbstauskunft. Jedenfalls hat die PDO bereits bei der Parteigründung fürsorglich einen Bundesvorstand gewählt, der ebenso wie der sächsische Landesvorstand in Chemnitz beheimatet ist.

Schon in der Präambel ihres Grundsatzprogramms bedient die PDO Forderungen zur Veränderung fast aller nur möglich scheinenden landläufigen Unzufriedenheiten: Bürokratie, Politikverdrossenheit, soziale Ungerechtigkeit, innere Sicherheit, sind da beispielsweise die Schlagworte. Daneben gibt es den Ruf nach einem “bundeseinheitlichen Bildungssystem“ und der “Umgestaltung der Bundeswehr in eine moderne Berufsarmee“. Nicht zuletzt verlangt die PDO die “Begrenzung der Einwanderung sowie Ausweisung von ausländischen Straftätern“.

Ob nun die PDO zu einer etwa ernstzunehmenden Konkurrenz für die PDS werden wird, bleibt abzuwarten. Gleichzeitig stellt sich allerdings auch die Frage, ob dies von der PDO so politisch überhaupt gewollt wäre. Trotz einer angeblich gerade stattfindenden Werbekampagne hält sich die Besucherzahl der immer noch im Aufbau befindlichen PDO-Website bis jetzt in sehr überschaubaren Größen. Und wer beispielsweise den Suchbegriff “Partei des Ostens“ googelt, bekommt gegenwärtig nur Resultate zu einer anderen Partei als der PDO aufgelistet.

[Dieser Artikel wurde am 12. November 2003 – bebildert – bei Telepolis veröffentlicht.]

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