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Urteile unter gefordertem Strafmaß

Hainichen/Mittweida. Sechs mutmaßliche Mitglieder des Sturm 34 sind wegen rechtsextremer Straftaten schuldig gesprochen worden. Dabei wurden die Anträge der Staatsanwaltschaft mit Urteilen nach dem Jugendstrafrecht deutlich unterschritten.

Das Amtsgericht Hainichen erachtete am 12. Juni im von der Freien Presse so betitelten “Neonazi-Prozess“ die rechtsextrem motivierten Taten der sechs Angeklagten – alle dem Sturm 34 zugeordnet – als erwiesen. So ging das Gericht davon aus, “dass sämtliche Angeklagten während einer so genannten ’Stadtstreife’ an einem Überfall auf einen Döner-Imbiss in Mittweida im Februar 2005 beteiligt waren“ (Freie Presse). Die Angeklagten hätten “bewusst und gewollt gehandelt“, so die Richterin.

Dennoch blieb das Gericht mit seinen Urteilen nach dem Jugendstrafrecht deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Der als Anführer geltende Tom W. erhielt eine neunmonatige Haftstrafe, für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Für ihn hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten ohne Bewährung beantragt. Die fünf Mitangeklagten wurden zu Geldstrafen beziehungsweise gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Hier wiederum forderte die Staatsanwaltschaft für Marcel P. zehn Monate ohne Bewährung und für die restlichen Angeklagten Bewährungsstrafen von sechs bis acht Monaten. Ob Staatsanwaltschaft oder Verteidigung gegen die gefällten Urteile in Berufung gehen, bleibt abzuwarten. Der Verteidiger von Tom W. hatte ursprünglich auf Freispruch für seinen Mandanten plädiert. Sebastian S. – der wie alle, außer Tom W., auf einen Rechtsbeistand verzichtet hatte – kündigte noch im Gerichtssaal Berufung gegen sein Urteil an.

Die militant rechtsextreme Kameradschaft Sturm 34 wurde am 26. April dieses Jahres vom sächsischen Innenministerium nach dem Vereinsrecht als kriminelle Vereinigung verboten. Auch nach dem Verbot gab es infolge verschiedenster Aktivitäten im und aus dem Umfeld der rechtsextremen Gruppierung wiederholt Festnahmen aufgrund der Verbots-Missachtung durch die regionale Neonazi-Szene.

[Dieser Artikel wurde am 13. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]

Wiederholte Festnahmen in Folge des “Sturm 34“-Verbotes

Mittweida/Burgstädt. Die strukturellen Zusammenhänge der rechtsmilitanten Kameradschaft sind augenscheinlich nach wie vor intakt, wie mehrere polizeiliche Maßnahmen gegen weiterhin aktive Rechtsextremisten aus der Region nach dem Verbot des Sturm 34 dokumentieren.

Bereits am Abend nach der Groß-Razzia wurden in Mittweida noch am 26. April vier 19- bis 23-jährige Mitglieder der rechtsextremistischen Kameradschaft wegen offensichtlicher Missachtung des Sturm 34-Verbotes vorübergehend festgenommen.

In den Abendstunden des 5. Mai erregten dem peripheren Umfeld des Sturm 34 zugeordnete Sympathisanten durchaus überregional mediales Aufsehen, als während eines augenscheinlichen Versuches, einen ihrer Gesinnungskameraden aus dem Polizeigewahrsam freipressen zu wollen, zeitweise das örtliche Polizeirevier in Rochlitz blockiert wurde. Sechs Rechtsextremisten verbrachten daraufhin die Nacht zum 6. Mai in Haft.

Im direkten Umfeld einer am 12. Mai in Mittweida stattgefundenen antifaschistischen Demonstration mit gut 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern inhaftierte die Polizei eigenen Angaben zufolge wiederum 24 Rechtsextremisten. Nach Darstellung der Sächsischen Zeitung gehörten davon “sieben zu der verbotenen Kameradschaft“, die sich entgegen der Verbotsverfügung des sächsischen Innenministers gegen den Sturm 34 zwischenzeitlich in dem westsächsischen Ort zusammengefunden hatten. Zwei 19-jährige Frauen und fünf 18- bis 29-jährige Männer verbrachten die Nacht zum 13. Mai in Polizeigewahrsam.

Auf einer öffentlichen Veranstaltung am gestrigen so genannten Himmelfahrtstag in Burgstädt (Landkreis Mittweida) wurden erneut “fünf Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft ’Sturm 34’ in Gewahrsam genommen“ (dpa). Die “fünf Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren“ seien “zuvor an Schlägereien innerhalb einer 50-köpfigen Gruppe aus dem rechtsextremen Spektrum beteiligt gewesen“ (ddp). Heute Morgen wurden die fünf Rechtsextremisten wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Gegen sie sei “von Amts wegen Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz“ erfolgt. Einem 18-jährigen jungen Mann – bei dem ein Ring mit eingraviertem Hakenkreuz sowie mehrere Hakenkreuzaufkleber gefunden wurden – wird zudem die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last gelegt.

[Dieser Artikel wurde am 18. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Missachtung des “Sturm 34“-Verbotes

Mittweida. Am Abend nach dem Verbot der rechtsextremen Kameradschaft wurden im Ort vier Neonazis wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz vorübergehend festgenommen.

Das gestrige Verbot der rechtsmilitanten Kameradschaft Sturm 34 scheint sich – trotz erfolgter Zustellung der Verbotsverfügung an den harten Kern der Gruppe – augenscheinlich noch nicht bei allen Kameraden herumgesprochen zu haben. Oder die regionalen Rechtsextremisten nehmen das ihnen zugegangene Verbot genau so ernst, wie weiland die Skinheads Sächsische Schweiz.

Jedenfalls mussten kurz nach der Großrazzia am 26. April gegen den Sturm 34 und dem Verbot durch den sächsischen Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) erneut Polizeibeamte in Mittweida aktiv werden. Wie zuerst Sachsen-Fernsehen und hernach auch mdr-info berichteten, wurde an besagtem Donnerstag-Abend gegen Mitglieder des Sturm 34 Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz erstattet.

Den Berichten zufolge hatten sich vier 19- bis 23-jährige Mitglieder des verbotenen Sturm 34 im Ort versammelt. Damit allerdings “verstießen sie gegen die ihnen am Vormittag übermittelte Verbotsverfügung“ (Sachsen-Fernsehen). Die vier jungen Männer wurden vorübergehend festgenommen. Drei darüber hinaus vor Ort Anwesende erhielten Platzverweise. Nach Angaben von mdr-info sind die gestern Abend festgenommenen Sturm 34-Mitglieder mittlerweile wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

[Dieser Artikel wurde am 27. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Sturm 34“ verboten

Mittweida/Dresden. Das sächsische Innenministerium hat heute die rechtsextreme Kameradschaft Sturm 34 verboten. In den Morgenstunden durchsuchten rund 200 Beamte in West-Sachsen Räumlichkeiten von mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe. Ermittelt wird gegen den Sturm 34 aus dem Raum Mittweida bereits seit fast einem Jahr.

Bei der heutigen Großrazzia in Wohnungen mutmaßlicher Sturm 34-Mitglieder in den Landkreisen Mittweida, Chemnitzer Land und Stollberg sind laut dem sächsischen Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) Schreckschusswaffen, Würgehölzer, Helme, Masken, Hakenkreuzfahnen, rechtsextremistisches Propagandamaterial und Computer sichergestellt worden.

Der Sturm 34 wurde nach dem Vereinsrecht als kriminelle Vereinigung verboten. Buttolo sagte, die Gruppe habe eine klare Nähe zur Ideologie des Nationalsozialismus und verfolge rassistische Ziele. Seit der Gründung im März 2006 bestehe das Ziel des Sturm 34 darin, die Region Mittweida von politisch Andersdenkenden und Ausländern zu “befreien“ und zur “National befreiten Zone“ zu machen.

Die Gesinnung komme schon durch die Namenswahl der Gruppe zum Ausdruck. Während der Herrschaft des Nationalsozialismus habe es im Raum Chemnitz eine SA-Brigade gleichen Namens gegeben. Bereits 2005 sei die Gruppe mit Straftaten in Erscheinung getreten, offiziell gegründet wurde sie im März 2006. Der Verfassungsschutz des Landes sieht Parallelen zu den Skinheads Sächsische Schweiz, die im April 2001 verboten wurden. Bei beiden Gruppen seien klare, hierarchische Strukturen mit Führungspersonen aus der Region erkennbar.

Gegen einzelne Mitglieder des Sturm 34 ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Landfriedensbruchs, Volksverhetzung und Körperverletzung.

In den letzten Wochen hatten sich rechtsextrem motivierte Übergriffe im Raum Mittweida gehäuft. Laut Innenministerium hat die Kameradschaft in den vergangenen Monaten mehrfach Döner-Imbisse überfallen und ausländische Studenten angegriffen. Nach Angaben der sächsischen Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linkspartei.PDS) hatte es seit Jahresbeginn mehr als 50 nachgewiesene Übergriffe durch Neonazis im Kreis Mittweida gegeben. Nach einem erneuten rechtsextremistischen Übergriff vor einer Woche in Mittweida wurden sechs Tatverdächtige vorübergehend festgenommen. Gegen einen mutmaßlichen Rädelsführer erging am 23. April Haftbefehl.

Bereits vor neun Monaten hatte es eine groß angelegte Razzia gegen den Sturm 34 gegeben. Vor einem Monat wurden die Ermittlungen gegen 26 Verdächtige im Alter von 17 bis 48 Jahren abgeschlossen. Die Verbotsverfügung wurde heute 24 Personen zugestellt, die laut Innenminister zum harten Kern der Gruppierung zählen. Zum Sturm 34 zählte ein engerer Kreis von etwa 40 bis 50 Personen und rund hundert Sympathisanten aus allen sozialen Schichten; ein Drittel davon sollen Frauen sein. Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl der rechtsextremen Kameradschaften in Sachsen auf etwa 20 bis 30, die auch mit der NPD zusammenarbeiteten. Laut Innenminister Buttolo wird derzeit geprüft, ob es Verbindungen zur rechtsextremen NPD gibt.

Nach Angaben des sächsischen Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi (Bündnis 90/Die Grünen) diente ein Haus des Immobilienhändlers Rudolf Schlotter als Treffpunkt von Sturm 34. Bei dem aus Bayern stammenden Schlotter soll es sich laut der Sächsischen Zeitung vom 21. Juli 2007 um den früheren NPD-Chef Mittweidas handeln.

[Dieser Artikel (Olaf Meyer/Albrecht Kolthoff) wurde am 26. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Sturm 34“ offenbar Schoß für rechtsextreme Gewalt

Mittweida. Scheinbar unbeeindruckt von einer Razzia gegen die rechtsextremistische Kameradschaft Sturm 34 vor knapp einem Jahr reißt die Kette von Attacken wider politisch Andersdenkende sowie als Nicht-Deutsch Vermutete in West-Sachsen nicht ab. Gegen einen mutmaßlichen Rädelsführer erging jetzt Haftbefehl.

Im Juli 2006 wurden im westsächsischen Raum insgesamt 27 Objekte von vermutlich dem Sturm 34 zugehörigen Personen durch die Polizei durchsucht. Dabei seien beispielsweise Rechner, Handys, Tonträger sowie als Waffen geeignete Gegenstände sichergestellt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem gegen 26 mutmaßliche Mitglieder dieser Kameradschaft unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ähnlich wie die Skinheads Sächsische Schweiz etwas weiter südöstlich in Sachsen soll Verlautbarungen nach der Sturm 34 das Ziel verfolgen, die Region Mittweida im weitesten Sinne von politisch Andersdenkenden und Ausländern “befreien“ zu wollen. Die eigens so gewählte Namensgebung des Sturm 34 wird verschiedentlich mit den politischen Legenden um den 1934 stattgefundenen so genannten Röhm-Putsch in Verbindung gebracht. Darüber hinaus – und dahingehend wohl eindeutiger – wird kolportiert, der unterstellt szenebewusst assoziierende Bezug auf eine zur damaligen Zeit im nahe gelegenen Chemnitz stationierte so titulierte SA-Brigade 34 sei seitens des Sturm 34 so nicht gerade unbeabsichtigt gewählt worden.

Kurz nach besagter Razzia bilanzierte bereits im November 2006 die Sächsische Landjugend e.V. im Rahmen ihres Projektes “Mobile Jugendclubbetreuung im ländlichen Raum des Landkreises Mittweida“ weiterhin “aktive Mittweidaer Rechtsextremisten im Landkreis“. Dabei sei allerdings nunmehr eine “neue Strategie“ der Rechtsextremisten festzustellen: “Scheinbar werden vor allem selbstverwaltete Jugendclubs im Landkreis Mittweida von der Kameradschaft ’besucht’, um herauszufinden, in welchen Jugendclubs Informationsmaterial und Aufkleber gegen rechte Umtriebe zu finden sind und wo Jugendliche gegen rechtsextrem orientierte Gewalt eingestellt sind“. Bei diesen “Auftritten“ werde durch die Rechtsextremisten gleichzeitig auch “Angst und Schrecken“ verbreitet und zudem versucht deutlich zu machen, “dass Initiativen und Aktionen gegen Rechtsextremismus im Landkreis mit Gewalt beantwortet werden“.

Die aktuelle “Chronik rechter Aktivitäten“ von AMAL dokumentiert allein für den Landkreis Mittweida im Jahr 2007 bisher 24 Einträge. Auch das mittlerweile gegründete Bündnis Mittweida (“für Menschenwürde – gegen Rechtsextremismus“) führt nunmehr eine eigene Chronik über bekannt gewordene Angriffe – so beispielsweise wiederholt auf ein PDS-Bürgerbüro sowie gegen Döner-Geschäfte und das örtliche Studentenwohnheim. In der zweiten April-Woche dieses Jahres schließlich veröffentlichten AntifaschistInnen aus der Region bei indymedia die Dokumentation “Mittweida – das braune Herz Sachsens“.

Nach dem zuletzt in Mittweida stattgefundenen rechtsextremistischen Übergriff ist nunmehr die Justiz erneut aktiv geworden. Wie die Generalstaatsanwaltschaft am 23. April mitteilte, ist gegen einen Tom W. Haftbefehl erlassen worden. Dieser “sei der rechtsextremistischen Kameradschaft ’Sturm 34’ zuzurechnen“ (epd). Zudem arbeite – so zitierte die Freie Presse Ende März 2007 Oberstaatsanwalt Jürgen Schär – die Staatsanwaltschaft Dresden mit “höchster Priorität“ am Verfahren gegen den Sturm 34. Schär terminierte beim damaligen Stand der Ermittlungen erste Anklageerhebungen noch auf voraussichtlich Mitte April.

[Dieser Artikel wurde am 25. April 2007 bei redok veröffentlicht.]