Neonazi-Sites – mitunter eher down als off

World_Wide_Web/Sachsen. Der sich so bezeichnende Nationale Beobachter Leipzig stellt seine Online-Tätigkeiten in Kürze ein. Ein durchaus als ersatzweises Neu-Angebot zu verstehendes rechtsextremes Info-Portal nullt bereits seit einiger Zeit in den virtuellen Startlöchern vor sich hin.

Oft ist die Rede von der Gefährlichkeit rechtsextremistischer Web-Sites, die ob ihrer Inhalte mitnichten in Abrede gestellt werden soll. Wer sich allerdings hier und da etwas aufmerksamer durch die braunen Sümpfe des Internet klickt, registriert dort schon eine sehr weit verbreitete Nutzung von copy and paste hinsichtlich einer virtuellen Vorgaukelung fehlender oder nur spärlicher eigener aktueller Inhalte auf besagten Sites.

Scheinbar war beim Nationalen Beobachter Leipzig nicht einmal copy and paste als Pseudo-Arbeitsgrundlage vorhanden. Jedenfalls kündigte der Betreiber kürzlich an, die Site “ab dem Juli 2007“ zu schließen. In der Begründung zu diesem Schritt wird – in fälschlicher Anwendung der deutschen Rechtschreibung – zudem die augenscheinliche Passivität der eigenen Szene bewehklagt: “… Am Anfang waren wie immer alle Feuer und Flamme, doch leider fehlte mir in der Vergangenheit und für die Zukunft, die notwendige Unterstützung sowie die Quellen um diese Seite aufrecht zu erhalten … Traurig fand ich vor allem, dass selbst von unseren Kameraden keine Unterstützung kam …“. Scheinbar ist sogar copy and paste mitunter doch nicht so einfach zu händeln.

Derweil verlautbarte die rechtsextremistische Freie Offensive Sachsen am 9. Juni vollmundig, eine neue Info-Web-Site für verschiede Regionen des vorrangig süd-östlichen bundesdeutschen Raumes sei bereits “seit mehreren Wochen online“. Sogleich wurde “den Aktivisten vor Ort alles Gute für die zukünftige Arbeit“ anheim gewünscht sowie “die Bereicherung, vor allem was die freie und revolutionäre Arbeit in Westsachsen bis hinein nach Thüringen und Sachsen-Anhalt betrifft“ bereits vorab bejubelt.

Aktuell dokumentiert in besagt neuem rechtsextremistischen Pool beispielsweise die Sektion Leipzig nunmehr schon seit geraumer Zeit deutlich, wie weit selbsternannte national-revolutionäre Beobachter bereit sind zu gehen – oder auch nur, wie schlecht sie anscheinend nicht einmal nur simpelstes copy and paste beherrschen.

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(Daily update … | Screenshot: O.M.)

[Dieser Artikel wurde am 19. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]

Urteile unter gefordertem Strafmaß

Hainichen/Mittweida. Sechs mutmaßliche Mitglieder des Sturm 34 sind wegen rechtsextremer Straftaten schuldig gesprochen worden. Dabei wurden die Anträge der Staatsanwaltschaft mit Urteilen nach dem Jugendstrafrecht deutlich unterschritten.

Das Amtsgericht Hainichen erachtete am 12. Juni im von der Freien Presse so betitelten “Neonazi-Prozess“ die rechtsextrem motivierten Taten der sechs Angeklagten – alle dem Sturm 34 zugeordnet – als erwiesen. So ging das Gericht davon aus, “dass sämtliche Angeklagten während einer so genannten ’Stadtstreife’ an einem Überfall auf einen Döner-Imbiss in Mittweida im Februar 2005 beteiligt waren“ (Freie Presse). Die Angeklagten hätten “bewusst und gewollt gehandelt“, so die Richterin.

Dennoch blieb das Gericht mit seinen Urteilen nach dem Jugendstrafrecht deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Der als Anführer geltende Tom W. erhielt eine neunmonatige Haftstrafe, für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Für ihn hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten ohne Bewährung beantragt. Die fünf Mitangeklagten wurden zu Geldstrafen beziehungsweise gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Hier wiederum forderte die Staatsanwaltschaft für Marcel P. zehn Monate ohne Bewährung und für die restlichen Angeklagten Bewährungsstrafen von sechs bis acht Monaten. Ob Staatsanwaltschaft oder Verteidigung gegen die gefällten Urteile in Berufung gehen, bleibt abzuwarten. Der Verteidiger von Tom W. hatte ursprünglich auf Freispruch für seinen Mandanten plädiert. Sebastian S. – der wie alle, außer Tom W., auf einen Rechtsbeistand verzichtet hatte – kündigte noch im Gerichtssaal Berufung gegen sein Urteil an.

Die militant rechtsextreme Kameradschaft Sturm 34 wurde am 26. April dieses Jahres vom sächsischen Innenministerium nach dem Vereinsrecht als kriminelle Vereinigung verboten. Auch nach dem Verbot gab es infolge verschiedenster Aktivitäten im und aus dem Umfeld der rechtsextremen Gruppierung wiederholt Festnahmen aufgrund der Verbots-Missachtung durch die regionale Neonazi-Szene.

[Dieser Artikel wurde am 13. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]

Offenbar rechte Attacke gegen “Nix Gut“

Winnenden. Der punkige Laden und Versandhandel in Baden-Württemberg wurde Opfer von Schmierereien mit rechtsradikalen und antisemitischen Inhalten.

Wie die Nachrichtenagentur ddp mitteilt, ist in der Nacht zu heute die Außenfassade der Firma “Nix Gut“ an ihrem Firmensitz in Winnenden verunstaltet worden. Auf Grund des Tatbestandes gehen Ermittler davon aus, dass die Täter aus der rechtsextremistischen Szene stammen.

So wurden nach Angaben der Polizei “die Schaufenster mit einem Hakenkreuz, einem Judenstern, dem Schimpfwort ’Rote Sau’ und dem Begriff ’raus’ beschmiert“. An der Eingangstür zur Firma wurden Aufkleber einer nicht näher bezeichneten rechten Jugendorganisation vorgefunden. Der Staatsschutz hat Ermittlungen wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidrigen Organisationen gegen Unbekannt aufgenommen.

Die Firma “Nix Gut“ bietet unter anderem die unterschiedlichsten Erzeugnisse mit durchgestrichenen Hakenkreuzen an, die ursprünglich eine Widerstandshaltung gegen rechtsextremistische Umtriebe artikulieren. Mitte März diesen Jahres hatte der Bundesgerichtshof (BGH) das so betitelte “Hakenkreuz-Urteil“ des Landgerichtes Stuttgart aufgehoben und den 32-jährigen Betreiber von “Nix Gut“ frei gesprochen.

[Dieser Artikel wurde am 12. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]

“Eine Mehrzahl von Fehlleistungen“

Halberstadt. Erst über zwei Tage nach dem Überfall von mutmaßlichen Neonazis auf eine Theatergruppe gesteht die Polizei nunmehr “Fehlleistungen“ ihrerseits ein. Der hauptverdächtige Neonazi-Schläger sitzt mittlerweile in Haft.

Immerhin seien die ersten Beamten eine Minute nach ihrer Alarmierung am frühen Morgen des 9. Juni am Tatort gewesen, betonte Halberstadts Polizeipräsidentin Christiane Marschalk. Nach einem Augenzeugen-Bericht auf indymedia ist die Polizei allerdings erst nach fünf bis zehn Minuten eingetroffen. Der weitere Einsatz jedenfalls, so Marschalk heute gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, “war geprägt von einer Mehrzahl von Fehlleistungen“.

So hatte die Polizei nach dem brutalen Überfall zwar die Personalien des mutmaßlichen 22-jährigen Haupttäters überprüft, sich aber mit ihm zunächst nicht weiter befasst. Der junge Mann ist unter anderem wegen des Verwendens von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung vorbestraft. Nach Informationen der Volksstimme aus Magdeburg handelt es sich bei besagtem 22-jährigen um Christian E., “einen polizeibekannten Halberstädter Neonazi“. Mithin befindet Polizeipräsidentin Marschalk im Nachgang der Ereignisse, dass “der hinlänglich bekannte Haupttäter hätte festgenommen werden müssen“.

Der für die Ermittlungspanne zuständige Dienstgruppenleiter ist mittlerweile versetzt und von seinen Aufgaben entbunden worden. Gut 40 Stunden nach der Tat wurde der Hauptverdächtige dann nach doch noch polizeilichen Fahndungsmaßnahmen gefasst. Einem Bericht der Nachrichtenagentur ddp zufolge allerdings habe der 22-Jährige “sich selbst gestellt“. Nach den übrigen sieben Schlägern wird weiterhin “gesucht“ (dpa). Entsprechende Ermittlungen durch den Staatsschutz werden fortgesetzt. Die Überfallopfer vom Ensemble des Nordharzer Städtebundtheaters werfen der Polizei zudem vor, diese hätte sich zu lange mit ihren Personalien befasst, statt die insgesamt acht Täter dingfest zu machen, die sich nach dem Überfall “zumindest teilweise noch in der Nähe des Tatortes aufgehalten“ hätten.

Bei dem Überfall am frühen Samstagmorgen waren in Halberstadt fünf der Ensemblemitglieder aus Sachsen-Anhalt nach einer Premierenfeier zur “Rocky Horror Show“ brutal zusammengeschlagen worden. Dabei erlitten die 19- bis 32-jährigen Opfer Rippen- und Kieferverletzungen, Nasenbeinbrüche und Augenverletzungen. Berichten zufolge hätten vor Ort anwesende Passanten den überfallenen Theaterleuten nicht gegen die Schläger beigestanden.

[Dieser Artikel wurde am 11. Juni 2007 bei redok veröffentlicht.]