MedienScreen # 169 [Fußballfans dürfen so einiges. Noch.]

[Fundstück] “Seid dem DFB doch endlich mal dankbar“, spuckelch.wordpress.com, 29. Juni 2017 –

Neues Urteil des weisesten DFBs aller Zeiten, alte Undankbarkeit. Alle meckern wieder nur rum. Dabei gäbe es genug Gründe zu ausgelassener Freude.

Dynamo Dresden wird die Gnade zuteil für die von seinen Fans gezeigte Fratze Buße zu tun. Im aus Frankfurt (an der DFB Zentrale) zugestellten Ablassbrief ist akribisch aufgelistet, wie die SGD sich von ihren Sünden reinwaschen kann. Und was gibt es? Alte Reflexe der Fanszene. Wieder mal wird nur gemeckert. Die einen nörgeln daran rum, dass der Verein ein paar läppische Zehntausend Euro berappen muss, andere finden den Zuschauerausschluss auf Bewährung total gemein, die nächsten fühlen sich bei der Vergabe personalisierter Auswärtstickets irgendwie überwacht.  Und dann beschweren sich ausgerechnet die diktaturgestählten DDRler, weil in der kommenden Saison Zaunfahnen, -banner und Choreografien schriftlich genehmigt werden müssen. Bei Verstoß oder Pyro gibt es Choreo-Verbot. Na und? Wenn schon bald chinesische Mannschaften am deutschen Spielbetrieb teilnehmen dürfen, können wir doch von deren Sitten profitieren. Die lernen Fußball, wir Zensur. Eine 1a Win-Win-Situation.

Alle sind blind für die Güte des selbstgerechtesten Fußballverbandes der Welt. Dabei lässt er uns Fans noch so viele Freiheiten. Also ärgern wir uns nicht über das, was nicht erlaubt ist, sondern freuen uns verdammt noch mal über das, was uns als Fußballfans nicht verboten ist.

Wir dürfen Kulisse sein.

Wir dürfen jeden Freitag, Samstag, Sonntag, Montag unser Geld ins Stadion tragen.

Wir dürfen aufs Spielfeld schauen.

Wir dürfen versuchen uns mit überbezahlten balltretenden aalglatten Teenies zu identifizieren.

Wir dürfen rhythmisch klatschen.

Wir dürfen im Stadion allein aufs Klo – wenn wir uns danach die Hände waschen.

Wir dürfen im Stadion hüpfen.

Wir dürfen noch stehen.

Wir dürfen Helene Fischer hören.

Wir dürfen uns alkoholfreies Bier hinter die Binde kippen.

Wir dürfen in Erinnerungen schwelgen.

Wir dürfen laut Lieder singen (solange kein Funktionär die Texte versteht).

Wir dürfen fürs Fußballgucken Pay TV erwerben.

Wir dürfen Fahnen schwenken.

Wir dürfen sommermärchen-debil in Stadionkameras winken.

Na also. Jetzt mal ein bisschen mehr Dankbarkeit, für die vielen Freiheiten, die uns Papa DFB gibt. Und sicher wurde an dieser Stelle sehr undankbar noch viel übersehen, was wir alles dürfen.

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Mit Dank & Gruß an den Spuckelch und dortselbst im Original.

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MedienScreen # 168 [Press The Restart Button?]

[Fundstück] Sibylle Berg, “Ausschreitungen und Überwachung – Staatstrojaner brennen nicht so gut wie Autos“, SPIEGEL ONLINE, 15. Juli 2017 –

(…) Brennende Autos sind der absolute super Aufmerksamkeitsgau gegen etwas so Trocknes wie Überwachung. Mit Zeug, das irgendwo unsichtbar passiert, holt man keinen hinter dem Ofen vor. Zumal ja noch nichts passiert ist. Das Sammeln all Ihrer Mails, der besuchten Websites, Ihrer Fitnessdaten und Kaufgewohnheiten, die Gesichtserkennung, die tollen Smart-Geräte, die viele sich selbst kaufen, das ist ein bisschen wie Benzin zur Selbstentzündung zu erwerben. Das süße Netz. Das den Welthandel befeuert hat und Einsame zueinander bringt, müsste im Moment gelöscht und neu gestartet werden (…)