Im Prozess um die mutmaßlichen Anführer der Hooligans Elbflorenz hatte in der vorvorigen Woche Staatsanwalt Ingolf Wagner in seinem Plädoyer vor dem Dresdner Landgericht harte Haftstrafen für alle fünf Angeklagten gefordert. Unterdessen plädierten am 16. April beim nunmehr 89. Prozesstag die Verteidiger – und forderten Freisprüche.
“(…) Erstmals stehen Fußball-Hooligans in Deutschland wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hält die Vorwürfe für erwiesen und plädierte (…) auf unbedingte Haftstrafen zwischen knapp zwei und dreieinhalb Jahren (…)
Verteidiger Endrik Wilhelm dagegen bezweifelt, dass es eine solche kriminelle Vereinigung überhaupt gegeben hat (…) Er sagte, schon der gesetzlich geforderte Zweck einer kriminellen Vereinigung – die Begehung von Straftaten, von denen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht – sei nicht erfüllt (…)“ [Sächsische Zeitung, 17. April]
Denn der Zweck der “Sportgruppe“ der Angeklagten seien lediglich Kämpfe, “Matches“, mit anderen Hooligans gewesen – einvernehmlich, nach Regeln, mit Schiedsrichtern, abseits der Zivilisation. Dazu brauche es Absprachen und etwas Logistik zum Training und für die Planung solcher Treffen. Niemand sei zudem zur Teilnahme gezwungen worden. “Wenn 20 Einbrecher einen Fußballverein gründen, ist das noch kein Einbrecher-Verein“, zitiert die Sächsische Zeitung den Anwalt. Endrik Wilhelm bemängelte darüber hinaus, im Fall der Dresdner Fan-Klientel werde im Prozess nicht genug differenziert (Sächsische Zeitung).
Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Der Prozess könnte noch im April dieses Jahres zu Ende gehen, wird nunmehr Richter Peter Lames, Vorsitzender der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden, zitiert.
[Dieser Artikel wurde am 23. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]
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