Strafe soll bekanntlich helfen. Verfehlungen bewusst machen. Sagt schon der landläufige Volksmund. Zudem sollten Strafen gerecht sein. Differenziert. Lehrreich sowieso. Für den oder die Bestraften. Wofür und womit auch immer fehlgegangen wurde – und wo.
Wohlan nun, frei nach der Devise: Finde den Fehler …
Vor einigen Tagen schon, am 26. November, publizierte die Sächsische Zeitung ein Gespräch mit Uwe Waurich, Leiter des Dresdner Polizeiveviers Südost.
Und im Interview war dann auszugsweise folgendes zu lesen.
Herr Waurich, in Prohlis gab es kürzlich heftige Krawalle. Sind Sie als Chef des Polizeireviers dabei auch selbst vor Ort im Einsatz?
Wenn es nötig ist, gehe ich natürlich mit raus und unterstütze meine Kollegen. Der Kontakt mit den Bürgern ist wichtig, denn nur dadurch bekomme ich mit, welche Stimmung im Stadtteil herrscht und wo es Probleme gibt. Ich war auch bei den Ausschreitungen am 9. Oktober vor der geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Boxberger Straße dabei – das kam für uns allerdings nicht überraschend.
Wieso denn das?
Diese Krawalle hätten verhindert werden können. Wir haben den Organisatoren des Willkommensfestes von der Veranstaltung abgeraten, denn es war absehbar, dass etwas passiert. Für die Asylgegner im Stadtteil war das eine Provokation.
Mithin fragte Nora Domschke für die Sächsische Zeitung nach: “Hilfsbereitschaft als Grund für Ausschreitungen – ist das Ihr Ernst?“ Gleichwohl lassen wir das bis hierhin einfach mal so stehen. Unzulässig verkürzt? Sei’s drum.
War die polizeiliche Botschaft nicht deutlich? – Spiel nicht mit den Flüchtlingen, den Asylbewerbern. Oder nur, wenn Rechtsextremisten jeder Provenienz nichts dagegen haben, sich nicht provoziert fühlen. Und dann nicht ohne Wurfgeschosse respektive Molotowcocktails?
Alles klar soweit im Wohngebietskiez? In Dresden? Noch Fragen?
– Update –
(…) Dresdens Polizeichef Dieter Kroll hat inzwischen ein ernstes Wort mit Waurich gesprochen (…) Kroll nannte die Aussagen seines Revierleiters einen Fehler. Waurichs Meinung spiegle nicht die der Polizeidirektion wider. “Die Sichtweisen und Bewertungen des Beamten zum Willkommensfest teile ich als Polizeichef so nicht“, erklärte Kroll. Zu disziplinarrechtlichen Bewertungen werde er sich jedoch nicht öffentlich äußern (…) [Eine Provokation mit Folgen, Sächsische Zeitung, 3. Dezember 2015]
(…) Crystal Meth wiederum macht größenwahnsinnig, paranoid und gewalttätig. Man braucht nicht zu spekulieren, welcher Menschenschlag sich von letzterem angesprochen fühlt, der Europäische Drogenbericht 2015 liefert harte Fakten. Unter 42 Großstädten, deren Abwässer auf Rückstände verschiedener Rauschmittel untersucht wurden, belegt Dresden (gemeinsam mit Oslo) den Spitzenplatz im Konsum der Droge. Und, ei verbibbsch, der höchste Wert wird regelmäßig dienstags gemessen, wenn in der Kläranlage ankommt, was am Pegida-Montag so im sächsischen Volkskörper zirkuliert.
Man kann Crystal Meth also getrost als Nazi-Droge bezeichnen, und das nicht nur wegen seiner Wirkungen und Konsumenten. Gerade in Sachsen verdienen Neonazis durch ihre Verbindungen zur organisierten Kriminalität auch selbst am Handel – in einem Bundesland, in dem Polizeibeamte schon mal interne Informationen an Mitglieder rechter Rockergangs durchstecken, scheint auch der Verfolgungsdruck nicht allzugroß zu sein.
Gemessen an ihrem historischen Vorbild sind die Nazis von heute allerdings Kleindealer (…)
Mario Kallnik, Sportdirektor beim 1. FC Magdeburg, legte sich zum Start der aktuellen Drittliga-Saison vorab ganz schön konkret fest. Und wurde auch zitiert. Naja, von der (Unvergessen: Tatort-Kommissar Stoever) “BLÖD-Zeitung“, aber immerhin. Wir erinnern uns.
Am 10. Spieltag der Liga – rauchflackernde Bilder von den Rängen des Ostseestadions vor Augen – legte der Kallnik Mario nach. Konkreter.
Viel Nichts um Rauch? Theatralischer Sprach-Akt? Die Rasenball-Saison war noch relativ jung.
Während des 17. Spieltags in der 3. Liga dann fühlten sich wohl einige Magdeburger Anhänger wiederum provoziert, vermutlich von der herbstlich kühlen Aspacher Landluft. Die kämpferischen Bilder aus dem Stadion der SG Sonnenhof Großaspach abseits des Spiels auf dem Rasen sind bekannt.
Nun konnte der FCM-Sportdirektor gar nicht anders. Er berief sich auf seine eigene Ansage, konkret auf die aus dem Juli dieses Jahres. Und konkretisierte.
Angenommen, Duktus und Tempi behalten im weiteren Verlauf der rasenballerischen Theatersaison ihren ganz eigenen blau-weißen Rhythmus. Dann wäre um den 24. Spieltag herum die Magdeburger Punkte-Suppe zum dampfenden Abschenken in der Kelle. Mit Ansage. Ganz konkret. Vielleicht.
’Wenn auf dem eigenen Parkplatz am Stadion von unseren Parkplatznutzern gegenüber anderen Parkplatznutzern Gewalt ausgeht, behält sich der 1. FC Magdeburg vor, dem DFB zu empfehlen, die Parkplatzordnung als geschenkt zu betrachten.’ (à la)
Am 24. Spieltag absolviert der 1. FC Magdeburg übrigens einen Auswärtsauftritt beim Chemnitzer FC. Also würde die Empfehlung für eine knallhart konkrete Warnung nicht helfen, an jenem Tag jedenfalls. Da muss dringend eine neue Sprachregelung gefunden werden. Für auswärts. Irgendetwas. Konkreter als konkret. Irgendwann.
So eine Drittliga-Saison hat 38 Spieltage. Irgendwo. Irgendwie. “Die Wahrheit ist immer konkret“ (Wladimir Iljitsch Uljanow). Mario Kallnik, übernehmen Sie?
[Fundstück] Philipp Ruch, interviewt in DER SPIEGEL, 19. November 2015 –
(…) Die Entzauberung des Menschen ist das stilprägende Projekt der Gegenwart. Mir geht es um den psychologischen Wert gewisser Vorstellungen. Die Naturwissenschaften haben in den letzten einhundert Jahren wenig über den Menschen enthüllt, was vergangene Zeiten nicht längst gewusst haben. Kein Mensch mit Verstand kommt umhin, seine Bedeutung zu relativieren angesichts der titanischen Dimension des Universums. Ein Blick in den Himmel genügt, und wir sehen doch die Nichtigkeit der menschlichen Welt. Mich interessiert, was es aus dem Menschen macht, wenn er auf die Straße tritt und sich als Bündel von Chemie, Fleischmasse und Trieben wahrnimmt. Je mehr wir durch die Brille der Naturwissenschaften die Zufälligkeit und Bedeutungslosigkeit des Menschen zu erkennen meinen, desto zufälliger und bedeutungsloser werden wir (…)
ElbsandsteinPolemik
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