Archiv der Kategorie: FoundPieces

MedienScreen # 139 [Schimi. You remember?]

[Fundstück] Cordt Schnibben, “Wo waren Sie um 20.15 Uhr? – Auf 1000 ’Tatorte’ hat es die erfolgreichste Sendung des deutschen Fernsehens gebracht, seit 46 Jahren erledigen die Kommissare sonntags Mörder. Und erzählen von einem Land, in dem das Verbrechen blüht und der Staat verzweifelt.“, DER SPIEGEL, 5. November 2016 –

(…) Zum Robin Hood der Kommissare wurde Horst Schimanski alias Götz George, Arbeitersohn aus Duisburg, Beschützer der Schwachen, Jäger der Mächtigen, einer, der mehr Anarchist ist als Polizist. Schimanski brach mit allen Regeln, nach denen fast alle Kommissare vor ihm ermittelt hatten. Die halbe Nation diskutierte am Tag nach seinem ersten Auftritt in “Duisburg-Ruhrort“: Darf es einen solchen Polizisten geben in Deutschland?

Horst Schimanski war antiautoritär, er war der Traumkommissar der Achtundsechziger in den Rundfunkanstalten, wenn schon Polizist, dann so einer (…)

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[Heroes Of The 80s, YouTube.com, 28. Juni 2016]

MedienScreen # 138 [Es vaatzt]

[Fundstück] Wolfgang Schaller, Kolumne “Satirischer Nachschlag“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 29. Oktober 2016 –

(…) Warum nimmt die rechte Gewalt im Lande so erschreckend zu? Die Linken sind schuld. Goebbelssprüche bei Pegida, die völkische Frau Petry, der AfD-Gauland, der den Volksverrätern in der Regierung eine Quittung für den Vaterlandsverrat geben will, oder der Glatzkopf, der mal so aus Spaß einen Neger durch den Kakao zieht, oder der smarte Coole von der Identitären Bewegung, der wieder deutsches Blut trinken will, also dieses ganze linke Pack.

So jedenfalls sieht es sicher CDU-Bundestagsfraktionsvize Arnold Vaatz, aus dessen Kopf auf eine Seite von Superillu etwas getropft ist, was er Gedanken nennt, und zwar zum Thema “Warum sinkt die Hemmschwelle?“ Er weiß die Antwort: “Durch die gewalttätige Linke“, die “die Hemmschwelle aus dem Weg geräumt hat“, durch die Graffitischmierer und durch “Gewalttäter und Gewaltsympathisanten“ von Joschka Fischer bis Ströbele, die einen “einzigartigen Erfolg hatten“ (…)

Herr Vaatz hat mir mal gesagt, er ärgere sich manchmal über mich, und ich antwortete, dass sei nichts im Vergleich, wie oft ich mich über ihn ärgere, doch wir einigten uns, dass wir uns aushalten müssen. Aber ich gestehe nach diesem Artikel, dass ich Herrn Vaatz schwer aushalte. Wenn an dem Rechtsruck in diesem Land die Linken schuld sind, dann sind am Zweiten Weltkrieg die Kleingärtner schuld. “Herr Ober, die Kartoffelsuppe ist versalzen!“ “Das liegt an den Nudeln.“ Ich würde gern mit Zahlen, wie stark Justiz, BND und Verfassungsschutz in der alten BRD von Nazis durchsetzt waren, Herrn Vaatz auf den rechten Weg bringen, aber ich glaube, da ist er schon (…)

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MedienScreen # 136 [Ein Stern, der Sachsens Namen trägt]

[Fundstück] Peter Stawowy, “Stern: ’Sachsen, ein Trauerspiel’“, flurfunk-dresden.de, 20. Oktober 2016 –

(…) Bei dem aktuellen Titelbild des Stern, einst eine journalistische Instanz in der Bundesrepublik, verkneifen wir uns mal jeglich Kommentierung.

Nur soviel: Das hilft nicht.

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– Nachschiebsel –

(…) Seit Jahrzehnten gibt es ein Fachblatt für Buntes und lange Fotostrecken, das gelegentlich auch ins seriöse Fach ausgreift, etwa, wenn es gilt, den Sexismus eines angeschickerten Rainer Brüderle zu enthüllen. Ganz gelegentlich schreibt der “Stern“ auch mit Verve Geschichte um beziehungsweise neu, zuletzt die des “kleinen Bundeslandes am äußersten rechten Rand“, nämlich Sachsen (…) [Alexander Wendt, “Sachsen, ein Trauerspiel der Berichterstattung“, uebermedien.de, 27. Oktober 2016].

MedienScreen # 135 [Hannes]

[Fundstück] fanzeit.de, 13. Oktober 2016 –

Nach dem Tod von Hannes, einem 25-Jährigen Fan des 1. FC Magdeburg, der Anfang des Monats aus einem fahrenden Zug stürzte und nun seinen Verletzungen erlag, steht die Fanszene des Vereins unter Schock.

“Die Situation geht uns sehr nahe und wir sind immer noch mehr als erschüttert“, heißt es auf der Website des Block U. “An Fußball und alles, was das Fanleben ausmacht, ist momentan absolut nicht zu denken.“

Daher sehen sich die FCM-Fans um die Ultras der Blue Generation bis auf Weiteres “nicht in der Lage, die Mannschaft wie gewohnt zu unterstützen“ (…)

Darüber hinaus ruft der Block U “trotz aller Rivalität und der aufgewühlten Gefühlslage zur Besonnenheit aller Clubfans auf, um jegliche Verschärfung der aktuellen Situation zu verhindern!“ Vor seinem Sturz war Hannes im Zug mit Fans des Rivalen vom Halleschen FC aneinandergeraten. Der genaue Hergang der Ereignisse ist jedoch weiter unklar und Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen.

Auch die Fanszene des Halleschen FC schließt sich in einer gemeinsamen Erklärung dem Aufruf zur Besonnenheit des Block U an und bekundet ihr Mitgefühl.

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(blue-generation.de – Screenshot: O.M.)